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Antrag 77/II/2021 Ausweitung der Schutzfristen auch bei Fehlgeburten

9.11.2021

Ein Kind nicht lebend zur Welt zu bringen, ist für die Betroffenen eine belastende Erfahrung. Die psychologischen und körperlichen Belastungen verfolgen die Betroffenen oft für eine lange Zeit.

Rechtliner Unterschied in Deutschland

Im deutschen Recht wird zwischen einer Fehlgeburt, Totgeburt unterschieden. Denn im rechtlichen Sinne wird eine Fehlgeburt nicht als Entbindung betrachtet. Eine Fehlgeburt findet statt, wenn außerhalb des Gebärendenleibs keine Lebensmerkmale erkannt werden können, das Geburtsgewichtgewichts weniger als 500 Gramm beträgt und die Entbindung vor der 24. Schwangerschaftswoche stattfindet. Gebärendenschutzrechtliche Folgen, insbesondere die der sogenannte Mutterschutzfrist, finden bei Fehlgeburten kaum statt. Lediglich der besondere Kündigungsschutz von vier Monaten gilt ab der zwölften Schwangerschaftswoche.

Die normalerweise gegebenen acht Wochen Schutzfrist für Gebärende nach der Geburt können also nicht in Anspruch genommen werden. Für eine Auszeit von Erwerbsarbeit werden mit der Voraussetzung, ein ärztliches Attest zur Bescheinigung der seelischen und körperlichen Belastungen zu benötigen, unnötige Barrieren errichtet.

Bei einer Fehlgeburt vor der 12. Schwangerschaftswoche endet der Mutterschutz grundsätzlich mit dem Ende der Schwangerschaft. Da eine Fehlgeburt rechtlich nicht als Entbindung zählt, greift keine Schutzfrist.

Bei einer Totgeburt, bei einem Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm oder einem Geburtstermin ab der 24. Schwangerschaftswoche, gelten die allgemeinen Schutzfristen.

„Die Trauer, die mit einer Fehlgeburt einhergeht, ist keine Krankheit, es ist ein Verlust.“ 

So fasst es die neuseeländische sozialdemokratische Abgeordnete, Ginny Andersen, zusammen. Denn Vorbilder lassen sich im internationalen Vergleich beispielsweise in Neuseeland finden. Unter der sozialdemokratischen Regierung wurde das Gesetz verabschiedet, dass Gebärende und ihre Partner*innen drei Tage bezahlte Auszeit nehmen können. In diesem Gesetz wird auch nicht nach biologischer Elternschaft oder Ehestatus unterschieden.

Auch Indien geht mit einer entsprechenden Gesetzgebung voran: Gebärende können dort bis zu sechs Wochen Auszeit nehmen.

Die seelischen und körperlichen Belastungen lassen sich nicht an dem Geburtsgewicht oder der Schwangerschaftswoche unterscheiden. Wir fordern daher die Ausweitung der Schutzfristen auch bei Fehlgeburten. Dabei fordern wir ebenso ein modernes Verständnis von Elternschaft, indem nicht nach biologischer Elternschaft oder offiziellem Ehestatus unterschieden wird.

Antrag 79/II/2021 “Ich glaub’ meine Katze pfeift” - Stoppt Catcalling!

9.11.2021

Wir fordern:

  • Eine Anpassung des Strafgesetzbuchs, sodass Catcalling explizit einen Straftatbestand nach belgischem, niederländischem oder portugiesischem Vorbild darstellt.
  • eine Aufklärungskampagne zum Thema Catcalling, initiiert von staatlichen Stellen, damit das Thema breitere Öffentlichkeit findet.
  • Zusätzlich zu der öffentlichen Kampagne muss das Thema Catcalling bereits in der Schule thematisiert werden, damit Kinder schon früh lernen die körperliche Autonomie von FLINT* zu respektieren. Insbesondere Jungs sollen dabei bezüglich ihrer Männlichkeitsbilder sensibilisiert werden.

 

Antrag 80/II/2021 Allgemeiner Gleichbehandlungsgesetz

9.11.2021

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll geändert werden.

 

Im Rahmen dieser anstehenden Änderungen soll
1. der in § 1 enthaltene Katalog auch ergänzt werden durch das Verbot der Benachteiligung im Hinblick auf die „Staatsangehörigkeit“.
2. Ein Verstoß gegen das AGG soll künftig von Amts wegen mit einem Bußgeld geahndet werden.
3. Die Fristen für zivilrechtliche Klagen sollen von zwei auf sechs Monate verlängert werden.

Antrag 81/II/2021 Kostenlose Menstruationsprodukte an öffentlichen Einrichtungen

9.11.2021

Am 24. November 2020 verabschiedete das schottische Parlament einen Gesetzesentwurf namens „Period Products (Free Provision) (Scotland) Bill“, der allen menstruierenden Menschen kostenlose Menstruationsartikel wie Tampons und Binden in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Universitäten zuspricht. Als erstes Land der Welt hat Schottland damit die Debatte über die finanziellen Nachteile des Menstruierens und die Normalisierung von Menstruationen gesetzlich aufgegriffen.

In Schottland hat 2020 eine Studie des Young Scott festgestellt, dass mindestens 20% der menstruierenden Schüler*innen und Student*innen Schwierigkeiten mit der Finanzierung von Menstruationsartikeln hatte. Viele der Befragten sahen sich auch nicht in der Lage, ihre Menstruationsprodukte so oft, wie eigentlich angebracht, auszuwechseln. Jede zehnte Person kann sich gar keine Menstruationsprodukte leisten. Laut einer Studie des britischen Portals Money Saving Heroes geben menstruierende Menschen im Jahr im Durchschnitt 552 Euro aus, was sich bei durchschnittlich 456 Perioden im Leben einer menstruierenden Person auf etwa 20.700 Euro addiert. Das führt dazu, dass sich viele Menschen keine oder qualitativ nur minderwertige Menstruationsartikel leisten können.

Dieses Phänomen, bekannt auch als Periodenarmut oder „period poverty“, kann dazu führen, dass die menstruierende Person nicht oder nur eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Periodenarmut ist – wie generell Armut, als auch die Periode betreffende Themen – gesellschaftlich tabuisiert und kann eine enorme psychische Belastung für die Betroffenen darstellen. Die Nutzung von Ersatzprodukten wie beispielsweise Stoffresten, Toilettenpapier oder Socken kann durch Verunreinigung und Bildung von Keimen zudem die Gesundheit der betroffenen Person gefährden.

Deutschland hat zwar die Mehrwertsteuer auf Menstruationsprodukte am Jahresanfang von 2019 auf sieben Prozent gesenkt, diese Maßnahme hat jedoch aufgrund von Preiserhöhungen der Hersteller*innen zu keiner wirklichen Ersparnis geführt. Langfristig günstigere Alternativen wie Menstruationstassen sind oft nicht bekannt und aus biologischen, gesundheitlichen oder anderen Gründen auch nicht für alle Menschen eine Alternative.

Kostenlose Menstruationsprodukte sind eine Frage der Chancengleichheit und wären eine konkrete Maßnahme zur Gleichstellung der Geschlechter. Da menstruierende Student*innen in ihrem Bachelorstudium alleine durchschnittlich 141 Euro für Menstruationsprodukte ausgeben, wären sie gerade für Studierende, die BAföG beziehen und oft unter Periodenarmut leiden, eine große Hilfe. Eine weitere Folge der Anerkennung von Menstruationsprodukten als Teil des grundsätzlichen Hygienebedarfs wäre die Enttabuisierung und Beginn eines gesellschaftlichen Diskurses über Menstruationen. Weitere positive Effekte wären unter anderem eine Verbesserung der mentalen Gesundheit, die Verminderung der Sorge vor der Menstruation und die Erleichterung der Durchführung von Alltagsaktivitäten. Zusätzlich birgt der kostenlose Zugang zu Menstruationsartikeln einen großen Vorteil für alle, die das erste Mal ihre Periode bekommen. Da die Betroffenen meist nicht darauf vorbereitet sind und oftmals keine Hygieneartikel dabeihaben, es ihnen aber ggf. unangenehm sein kann, das erste Mal danach zu fragen, sind kostenfreie Menstruationsartikel eine gute Variante.

In Schottland haben laut einer Studie der Young Scots 87% der Befragten mindestens einmal auf die angebotenen Produkte zurückgegriffen. Kostenlose Menstruationsartikel in öffentlichen Einrichtungen wäre somit eine einfache, vergleichsweise kostengünstige und niederschwellige Chance, die Geschlechter- und Bildungsgerechtigkeit zu verbessern.

Immer öfter entschließen sich einzelne Universitäten, Schulen oder Arbeits- und Ausbildungsplätze, vor Ort Menstruationsprodukte kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Damit dies nicht der einzelnen Entscheidung der örtlichen Verantwortlichen überlassen wird, fordern wir die verpflichtende kostenlose Bereitstellung von Menstruationsartikeln an öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Universitäten, Stadtteilzentren, Bürger*innenämtern, Jugendclubs und Apotheken. Die zuständigen Bezirksämter sollen diese Regelung über die Bezirkshaushalte und ggf. mit finanzieller Unterstützung des Landes umsetzen. Entsprechende Fördermittel des Bundes sollen eingefordert werden.

Antrag 82/II/2021 Sexistische und queerfeindliche Steuerformulare diskriminierungsfrei gestalten

9.11.2021

Die Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, schnellstmöglich die Formulare zur Einkommenssteuererklärung so anzupassen, dass nicht mehr von “Ehemann/Person A” und “Ehefrau/Person B” gesprochen wird, sondern eine vollständig gender- und rollenneutrale Formulierung genutzt wird. Alle anderen offiziellen Schriftstücke der Steuerverwaltung sollen auf Diskriminierungsfreiheit überprüft und entsprechend angepasst werden.

Der aktuelle Aufbau der Steuererklärungen ist nicht mehr zeitgemäß. Weder leben alle Steuerzahler*innen in heterosexuellen Ehen, noch ist anzunehmen, dass ein Ehemann als Hauptverdiener fungiert. Die bestehende Formulierung ist zutiefst sexistisch und queerfeindlich. Sie signalisiert, dass der Staat nur bestimmte Lebensentwürfe als gewöhnlich erachtet und macht dadurch alle anderen Modelle unsichtbar. Es handelt sich nicht um eine rein sprachliche Belanglosigkeit, denn Sprache schafft ein allgemeines Bewusstsein über sich selbst und die soziale Umwelt. Offizielle Schriftstücke, die durch den Staat verwendet werden, müssen die Gesellschaft so abbilden, wie sie ist, damit sie zugänglich für alle sind. Unsere Gesellschaft ist vielfältig und wir sehen es als unsere Aufgabe an, diese Vielfalt zu stärken und allen eine Stimme zu geben.