Archive

Antrag 83.1/II/2021 Sexarbeit ist Arbeit!

9.11.2021

In unserer Gesellschaft denken viele bei “Prostitution” häufig an ein System, das Menschen dazu nötigt, ihren Körper und sexuelle Handlungen zu verkaufen. Dies ist jedoch ein Verständnis, das zu kurz greift. Gemeint ist dann häufig die Zwangsprostitution, welche wiederum strafbar ist. Eine sprachlich korrekte Trennung zwischen diesen beiden Begriffen ist wichtig, um kein fälschliches Bild von selbstbestimmter Sexarbeit zu zeichnen. Darüber hinaus ist es wichtig, eben diese selbstbestimmte Sexarbeit zu entstigmatisieren. Eine Lösung wie das Nordische Modell oder Sexkaufverbot, das lediglich Kund*innen kriminalisiert und dabei Sexarbeiter*innen außenvorlassen möchte, führt allerdings zu vermehrter Illegalität und Verdrängung der selbstbestimmten Arbeit und gefährdet so Sexarbeiter*innen – so ist es in Ländern erkennbar, die diese Regelung eingeführt haben.

 

Gerade im illegalen Bereich, in dem die Sexarbeiter*innen, die diese Arbeit ausüben, nicht selbstbestimmt sind, sind die psychischen Erkrankungen, wie Sucht, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Depressionen signifikant häufiger vertreten als in der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig haben diese Menschen einen deutlich erschwerten Weg ins Hilfesystem oder kommen erst gar nicht dahin. Während der Corona-Zeit hatten außerdem auch Sexarbeiter*innen massive Probleme, sei es durch Einkommensnot oder Berufsverbote mit darauffolgender unvermeidbarer Arbeit im illegalen Bereich. Deshalb gilt es besonders jetzt, erneut darauf hinzuweisen, in welchen prekären Situationen sich Sexarbeiter*innen befinden, und die Gewährleistung einer sicheren Ausübung dieses Berufs zu fordern.

 

Unser Ziel als Jusos ist es, diese Arbeit, wie jede andere auch, bestmöglich zu unterstützen und Sexarbeiter*innen zu schützen. Wir müssen Sexarbeiter*innen helfen, die diese Arbeit nicht zwanglos ausüben können und verschiedene Hilfsangebote schaffen. Die Selbstbestimmung des eigenen Körpers sollte immer unabdingbar sein – dabei dürfen Menschen, die diese Arbeit als ihren Beruf ansehen, nicht ausgeschlossen werden. Durch das Zusammenspiel dieser Aspekte ist die Lösung, alle Menschen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen, zu kriminalisieren, ein Rückschritt für diejenigen, die diesen Beruf ohne Zwang oder sozio-ökonomischen Druck ausüben und bringt sie zudem in Gefahr.

 

Wir wollen alle Sexarbeiter*innen adäquat unterstützen und schützen und deshalb steht für uns fest:
Wir fordern einen Ausbau der finanziellen Förderung von Programmen, die Einsteiger*innen in die Sexarbeit begleiten.
Im Bereich der Sexarbeit gibt es Programme wie z.B. von Hydra e.V., die Treffen und Beratungen organisieren, um die Menschen auf ihren Beruf vorzubereiten. Hier besteht die Möglichkeit, sich offen und ohne Scham über schon bereits gemachte Erfahrungen auszutauschen und zu lernen, wie man sich schützen kann. Es ist unabdingbar, dass in diesem Bereich eine stärkere und bessere Vernetzung stattfinden kann. Deshalb ist eine staatliche Förderung solcher Programme sinnvoll und sollte finanziell ausgebaut werden.

 

Wir fordern eine Förderung der Ausübung selbstbestimmter Sexarbeit, in dem das Meldeverfahren einer solchen Tätigkeit wie für eine Selbstständigkeit reduziert und die gesundheitliche Betreuung vereinfacht wird.

Teile der Sexarbeit sind zwar legal, allerdings kann man diesen Bereich durch vereinfachte Bürokratie und aktive Unterstützung vergrößern. Dabei hilft es z.B., dass angemietete Wohnungen der Arbeiter*innen unkomplizierter als Geschäftsräume akzeptiert und als Arbeitsstelle registriert werden. Des Weiteren sollten regelmäßige ‚Gesundheits-CheckUps‘ auch bei Hausärzt*innen oder Gynäkolog*innen gemacht werden können und nicht nur wie so häufig in gesonderten Stellen. Die allgemeine Absonderung durch das Prostituiertenschutzgesetz berücksichtigt nicht den Fall einer völlig eigenständigen Arbeit, sondern drängt die Menschen wieder in eine Opferrolle.

 

Wir fordern eine Förderung der Entstigmatisierung des Berufs und einer aktiven Aufklärungsarbeit, die schon im Schulunterricht beginnt.

Ein großer Teil der Bevölkerung schließt Menschen mit diesem Beruf aus Teilen des gesellschaftlichen Lebens aus, hat Vorurteile und stigmatisiert diese Menschen. Deshalb ist es unabdingbar schon früh Schüler*innen den Unterschied zwischen selbstbestimmter Sexarbeit und Zwangsprostitution aufzuzeigen. In Verbindung mit Aufklärungsunterricht sollten Programme entwickelt werden, die alle Aspekte der Sexarbeit thematisieren, die Gefahren, aber auch, dass es Menschen gibt, die diesen Beruf selbstbestimmt ausüben. Des Weiteren sollten Menschen, die aussteigen wollen, Unterstützung, auch gesetzlich, gegen Diskriminierung erhalten. Es ist immer noch der Fall, dass ehemalige Sexarbeiter*innen große Lücken in ihrem Lebenslauf bei Bewerbungen in Kauf nehmen, weil sie wissen, dass sie keine Ausbildung oder einen Job bekommen, wenn sie angeben, was sie beruflich gemacht haben. Die gesellschaftliche Entstigmatisierung und Akzeptanz selbstbestimmter Sexarbeit, würde also auch bedeuten, dass Menschen selbstbestimmt aus diesem Beruf aussteigen können und nicht dadurch fürchten müssen, keine Anstellung im Anschluss zu finden.

 

Wir fordern die stärkere finanzielle, materielle und personelle Förderung von Programmen für Aussteiger*innen aus der Zwangsprostitution, Prostitution und Sexarbeit im Rahmen von Notunterkünften und niedrigschwelligen Beratungsstellen.

Ebenfalls ist es eine wichtige Aufgabe, allen Menschen, die diese Arbeit nicht mehr machen wollen oder nie machen wollten, schnelle und einfache Möglichkeiten zu bieten, aus der Prostitution bzw. Sexarbeit auszusteigen. Hierfür gibt es bereits vorhandene Strukturen, die erweitert und staatlich gefördert werden sollten. Beratungsstellen helfen dabei den Sexarbeiter*innen Bewerbungen zu formulieren, sie zu schützen und vor potenzieller Gewalt abzuschirmen. Auch hier wird deutlich das Strukturen wie Frauen*häuser ausgebaut und die Platzzahl erhöht werden muss. Die Beratungsstellen begleiten diese Menschen oft über einen langen Zeitraum, weshalb mehr geschulte Sozialarbeiter*innen in diesem Bereich benötigt werden. Organisationen wie z.B. Olga e.V. (Unterstützung primär bei Drogenabhängigkeit von Frauen*) oder Hydra e.V. sind sehr nah und niedrigschwellig bei Sexarbeiter*innen und können so besser eingreifen und unterstützen. Häufig ist es so, dass eine lange Begleitung notwendig ist, weshalb es umso wichtiger ist Strukturen wie Notunterkünfte, niedrigschwellige Beratungen und Zukunftsperspektiven staatlich zu fördern und die vorhandenen Strukturen auszubauen und zu fördern.

 

Wir fordern eine Änderung des Prostitutionsgesetzes (ProstG), sodass die Eigenständigkeit und Selbstständigkeit von Sexarbeiter*innen stärker herausgestellt und gefördert wird.

2016 wurde das Prostitutionsgesetz novelliert. Das neue Prostitutionsschutzgesetz sieht u.a. eine Kondompflicht, eine Registrierung und regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen vor. Das Gesetz weist allerdings Mängel aus. So fehlt bspw. eine klare Differenzierung zwischen selbstständig ausgeführter Arbeit (einzelner oder Zusammenschlüsse von Sexarbeiter*innen) und Sexarbeit über “Zwischenhändler*innen”. Dabei sollte der Fokus darauf liegen, selbstständige Arbeitsmodelle bzw. selbstständig organisierte Gruppen zu fördern. In der Konsequenz kann das Geschäftsmodell nur als durch Sexarbeiter*innen selbst organisiertes weiter bestehen. Sexarbeiter*innen müssen außerdem Anspruch auf Sozialleistungen erhalten.

 

Wir fordern die Förderung und den Ausbau von professioneller therapeutischer Begleitung im Bereich der Sexarbeit und Prostitution.

Dieser Beruf ist, auch wenn selbstbestimmt, psychisch belastender als viele andere Berufe. Die häufigen Grenzüberschreitungen, die stattfinden können, müssen ähnlich auch wie in anderen Berufen, aufgearbeitet werden. Deshalb sollten es spezielle Begleitmöglichkeiten geben, die Sexarbeiter*innen niedrigschwellig in Anspruch nehmen können. Eine Integration von Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen und approbierte Psychotherapeut*innen, die auf diesen Bereich spezialisiert sind, sollte in den Beratungs- und Vernetzungsstellen etabliert werden. Damit könnten Situationen, in denen Grenzen überschritten wurden, beziehungsweise Arbeit, der nicht selbstbestimmt nachgegangen wird, besser aufgearbeitet und begleitet werden. Durch diese Form der Absicherung, garantiert man erneut, dass Menschen auf absolut freiwilliger Basis und selbstbestimmt in diesem Beruf arbeiten können. Durch therapeutische Maßnahmen können Sexarbeiter*innen ebenfalls lernen, kritische Situationen zu vermeiden.

 

Wir fordern die Erweiterung und Förderung eines niedrigschwelligen Zugangs zur Gesundheitsprävention von vulnerablen Gruppen.

Die bestehende Testpflicht für Sexarbeiter*innen wurde von vielen Sexarbeitsverbänden kritisch gesehen. Dies liegt darin begründet, dass eine Pflicht unterstellt, dass Sexarbeiter*innen zwingend alle Krankheiten hätten, was zur Stigmatisierung der Personen und des Berufs beiträgt. Professionell ausgeführte Sexarbeit findet meist in stark kontrollierten Kontexten statt, in welchen die Sexarbeiter*innen selbst ein hohes Bewusstsein für Hygiene und gesundheitliche Vorsorge haben. Zudem sind sie die einzige Berufsgruppe, bei der diese Art der Testpflicht besteht, was bereits eine Unterstellung und Diskriminierung in sich darstellt.

Durch weniger professionalisierte Bereiche der Sexarbeit treten sexuell übertragbare Krankheiten allerdings immer noch häufiger auf als anderswo.

Um die bestehende Testpflicht für Sexarbeiter*innen zugänglicher und diskriminierungsfreier zu gestalten, ist eine Umgestaltung der Maßnahmen notwendig.

Dafür braucht es die Möglichkeit, sich in regelmäßigen Abständen kostenlos präventiv bei Hausärzt*innen oder Gynäkolog*innen testen lassen zu können. Sexarbeiter*innen sollen Zugang zu regelmäßigen (Selbst-)Tests haben, um sowohl sich selbst schnell testen zu können, als auch potenzielle Kund*innen. Dabei müssen alle Testmöglichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Neben der direkten Testung der Sexarbeiter*innen ist es unabdingbar, auch die Gesamtbevölkerung regelmäßig zu testen. Eine selbstverständliche und kostenlose Testung bei den üblichen ärztlichen Check-Ups führt neben der Entdeckung von Infektion auch zu einer massiven Entstigmatisierung von sexuell übertragbaren Erkrankungen.

 

Ziel unseres politischen Handelns und Tuns, als Jungsozialist*innen, ist die Überwindung des Patriarchats und des Kapitalismus, die ausbeuterische Strukturen ermöglichen und begünstigen. Die im den voraus genannten Maßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag dazu, eine rein selbstbestimmte Sexarbeit zu ermöglichen und sicher zu gestalten. Klares Ziel ist, dass Sexarbeit nur freiwillig ausgeübt wird. Wer dies aber tut, verdient vollständige gesellschaftliche Akzeptanz, keine Benachteiligung und eine vollständige Entstigmatisierung. Denn Sexarbeit ist Arbeit!

Antrag 84/II/2021 Für eine echte Förderung weiblicher und diverser Literatur: Berliner Literaturpreis für Frauen und nicht-binäre Personen!

9.11.2021

Der literarische Kanon ist sehr männlich geprägt. Viele Schüler*innen beenden ihre Schulzeit, ohne als Schullektüre auch nur ein einziges Buch einer Autorin gelesen zu haben. Die Initiative #frauenlesen hat es sich zur Aufgabe gemacht zu untersuchen, wie es um die Repräsentation der Geschlechter in den Medien und der Literaturbranche steht. Die Ergebnisse decken sich mit vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft: Frauen und nicht-binäre Personen werden strukturell benachteiligt. Bei den 13 höchstdotierten Literaturpreisen in Deutschland gewinnen Männer fünfmal häufiger als Frauen*.

 

Die Förderung vielfältiger Literatur muss ein zentrales Anliegen einer modernen und bunten Stadt wie Berlin sein. Was wir lesen prägt unseren Blick auf die Welt. Es ist also an der Zeit, dass im öffentlichen Diskurs nicht mehr überwiegend die Literatur weißer cis-männlicher Personen besprochen wird. Frauen* und nicht-binäre Personen schreiben schließlich von jeher auch; ihren Werken wird nur weniger Beachtung geschenkt. Es ist eben kein Zufall, dass z.B. die Werke Lew Tolstois zur großen Weltliteratur zählen, kaum Leser*innen aber die Bücher seiner Frau Sofja Tolstaja, die selbst eine hervorragende Schriftstellerin war, kennen. Was als literarisch wertvoll gilt, bestimmen Männer seit Jahrhunderten.

 

Die geschlechterspezifischen Unterschiede in der Literaturbranche beginnen schon vor den Preisverleihungen. So werden Bücher von Männern eher im Hardcover veröffentlicht, während jene von Frauen eher im deutlich weniger prestigeträchtigen Format Taschenbuch verlegt werden. Für Literaturpreise werden meist jedoch Bücher nominiert, die als hochliterarisch gelten und im Hardcover erschienen sind. Zudem werden im Feuilleton mehr Bücher von Männern besprochen: Knapp zwei Drittel der Besprechungen drehen sich um Bücher von Männern. Auch die Personen, die die Kritiken verfassen, sind überwiegend männlich. Schließlich sind auch Rezensionen, welche von Männern verfasst werden im Schnitt länger als die von Frauen* und ihnen wird damit mehr medialer Raum gegeben. Schaffen es Bücher von Frauen* allerdings dennoch nominiert zu werden, so zeigt sich das „Genderauge“. Das Phänomen des „Genderauge“ beschreibt, dass am meisten Literaturpreise an Bücher gehen, die sowohl von einem Mann verfasst wurden als auch aus der Perspektive eines Mannes geschrieben sind. Darauf folgen Bücher, die zwar von Frauen* geschrieben wurden, jedoch aus der Perspektive eines Mannes erzählen. Am wenigsten Preise gewinnen solche Bücher, die von Frauen* und über Frauen* sind. Die Welt aus einer männlichen Perspektive wird öfter ausgezeichnet als die aus anderen Perspektiven. So gibt es viel weniger Identifikationsmöglichkeiten für nicht cis-Männer in preisgekrönter Literatur.

 

Auch die Jurys für Literaturpreise sind nicht gerade feministische Vorzeigegremien: Bei den acht höchst dotierten deutschen Literaturpreisen sind zusammen gerechnet gerade einmal 23 % der Mitglieder der Jury weiblich. Darüber hinaus sind nicht-binäre Juror*innen und Rät*innen in den Jurys überhaupt nicht vertreten.

 

Die staatlich geförderten Akademien glänzen auch nicht durch mehr Diversität: Bei der Berliner Akademie der Künste sind etwa nur 22 % der Mitglieder weiblich.

 

Es ist eine staatliche Aufgabe, Chancengleichheit zu fördern. In diesem Fall ist es also notwendig, der Literatur von Frauen* und nicht-binären Personen zu mehr Öffentlichkeit zu verhelfen.

 

Bei Literaturpreisen werden Frauen* und nicht-binäre Personen konsequent zu wenig nominiert und auch ausgezeichnet. Es geht nicht nur um unmittelbare Vorteile wie Ruhm und Geldpreise für Nominierte und Gewinner*innen, sondern auch darum den literarischen Blick auf die Welt diverser zu gestalten und Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken.

 

Es ist höchste Zeit, die männliche Dominanz im Literaturkanon aufzubrechen!

 

Daher fordern wir u. a.

 

  • von der Senatsverwaltung für Kultur eine Schaffung eines Buchpreises ausschließlich für deutschsprachige Werke weiblicher und nicht-binärer Autor*innen, der mit 37.500 € genauso hoch wie der deutsche Buchpreis dotiert ist. Zudem soll eine paritätisch besetzte Jury den Preis verleihen.
  • Außerdem muss für solch einen Preis der Anspruch gelten, auch nicht-weiße Autor*innen und ihre Werke verstärkt zu berücksichtigen.

 

So wird Literatur, die von Frauen* oder nicht-binären Autor*innen verfasst wurde, mehr Raum in der Öffentlichkeit sowie Anerkennung entgegengebracht. Gute Literaturförderung ist auch feministische Literaturförderung.

 

Antrag 85/II/2021 Lebensrealität älterer Menschen beim digitalen Fortschritt berücksichtigen

9.11.2021

Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und die SPD-Mitglieder des Senats werden aufgefordert, landesweit den seniorenfreundlichen Zugang zur digitalen Welt zu fördern. Dabei ist auch älteren Menschen ohne Internetanschluss die Möglichkeit zu geben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

 

Wenn es nur möglich ist, zum Beispiel einen Zoo- bzw. Museumsbesuch mit digitalem Zeitfenster im Internet zu buchen und wenn beispielsweise das Kursbuch der Deutschen Bahn nicht mehr in gedruckter Form vorliegt, ist es nötig leicht erreichbare analoge Zugangsmöglichkeiten in den öffentlichen Bereichen vorzuhalten. Solche Zugangsmöglichkeiten könnten in öffentlichen Bibliotheken und/oder Seniorenfreizeitstätten geschaffen werden. Ältere Menschen, die bereits über ein digitales Gerät verfügen, jedoch über wenig oder keine Vorkenntnisse bzw. Problemlösungskompetenz verfügen, ist leicht zugängliche Unterstützung zur Anwendung digitaler Kommunikation kostenfrei anbieten.

Antrag 86/II/2021 Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Senior:innen u.a.

9.11.2021

Die SPD fordert ihre Mandatsträger:innen im Bundestag und ihre Vertreter:innen in der Bundesregierung auf, sich für gezielte Maßnahmen zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Senior:innen und anderen von Einsamkeit betroffenen Menschen einzusetzen.

 

  • Unterstützung der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung und von Kommunalverwaltungen bei der Zusammenstellung von regionalen Kontaktstellen und Angeboten, bei denen Personen ehrenamtlich tätig werden können
  • Versand der Informationen zusammen mit dem Bescheid der verschiedenen Rententräger bzw. Versorgungsämter
  • Kommunalverwaltungen sollen o.g. Informationen ebenfalls zur Verfügung stellen, wenn eine Ummeldung des Wohnortes erfolgt

 

Antrag 88/II/2021 Gebühren für Informationsfreiheits-Anfragen abschaffen

9.11.2021

Für erfolgreiche Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes und den Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetze der Länder, den Umweltinformationsgesetzen sowie dem Verbraucherinformationsgesetz sollen keine Gebühren erhoben werden. Ausnahmen sollen nur möglich sein, sofern die Anfrage mit Gewinnerzielungsinteresse gesellt wird. In Fällen in denen Anträge nach den genannten Gesetzen wiederholt in missbräuchlicher Art und Weise gestellt werden, soll eine Behörde ebenfalls nach Ankündigung eine Gebühr festsetzen dürfen, gegen die der Rechtsweg offensteht.

 

Die eingangs genannten Gesetze erlauben es allen Menschen, von Behörden die Herausgabe von Informationen zu verlangen, sofern keine schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Belange dem entgegenstehen.

 

Sie sind ein wichtiges Werkzeug, das es der Zivilgesellschaft erlaubt, das Handeln der Exekutive zu kontrollieren. Sie werden regelmäßig von NGOs genutzt, um Missstände in der Verwaltung aufzuklären oder schlicht staatliches Handeln transparent zu machen.

 

Wenn eine Anfrage nach dem IFG erfolgreich ist, so kann die Behörde erfolgreichen Antragsteller*innen Gebühren für den Verwaltungsaufwand in Rechnung stellen, der für das Auffinden, Kopieren und ggf. Schwärzen der angefragten Unterlagen entstanden ist. Die genaue Höhe der Gebühren und und die Umstände unter denen, bei geringem Verwaltungsaufwand, von der Erhebung der Gebühren abgesehen werden kann, variiert von Land zu Land.

 

Diese mögliche Gebührenerhebung stellt ein Problem dar. Die Gebühren, die anfallen, können durchaus im dreistelligen Bereich liegen. Insbesondere wer wenige finanzielle Mittel hat, kann dadurch davon abgehalten werden, von seinem gesetzlich normierten Auskunftsrecht Gebrauch zu machen und sich so aus erster Hand über die Vorgänge im Staat zu informieren, für die er*sie sich interessiert. Schlimmer noch: Die Gebühren werden von Behörden, denen Transparenz eher ein Hindernis als ein erstrebenswertes Ziel ist, genutzt, um Antragsteller*innen zur Rücknahme ihrer Auskunftsersuchen zu bewegen. Wenn sich abzeichnet, dass ihre Anfrage begründet ist, werden Anfragesteller*innen darauf hingewiesen, dass Sie mit hohen Gebühren zu rechnen haben und aufgefordert mitzuteilen, ob sie vor diesem Hintergrund weiter an ihrem Antrag festhalten. Häufig führt die Ankündigung von Gebühren dann zur Rücknahme des Antrags. Da es keine transparente Bemessungsgrundlage für die Berechnung der anfallenden Gebühren gibt, stehen diese oft in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Arbeitsaufwand der Behörden.

 

Dieses Vorgehen widerspricht dem Ziel der Informationsfreiheitsgesetze, allen Menschen Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren und sollte daher unterbunden werden. Dazu sollten die Gebühren für Informationsfreiheitsanfragen grundsätzlich abgeschafft lassen. Lediglich in den Fällen, in denen insbesondere Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht auf staatliches Wissen zugreifen und durch eine Anfrage dafür sorgen, dass öffentliche Ressourcen für die Zusammenstellung des Materials beansprucht werden, sollte dieser Aufwand für die Verwaltung weiterhin durch Gebühren kompensiert werden.

 

Um die Informationsrechte der Bürger*innen weiter zu stärken und Aufwand durch doppelte Anfragen entgegenzuwirken, fordern wir den Ausbau der Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder zu Transparenzgesetzen.