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Antrag 34/II/2023 Stadtentwicklungsplan Kultur (StEP Kultur)

21.08.2023

Die Mitglieder der sozialdemokratischen Abgeordnetenhausfraktion werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass in Berlin ein Stadtentwicklungsplan Kultur erarbeitet und umgesetzt wird. Die Mitglieder der sozialdemokratischen Abgeordnetenhausfraktion werden zudem aufgefordert, sich für eine regelmäßige Berichterstattung zum Fortschritt des StEP Kultur einzusetzen.

 

Bei der Entwicklung und Stärkung vorhandener und neuer Quartiere und der Schulbauoffensive sollen kulturelle Räume in ausreichendem Umfang verbindlich geplant und entwickelt werden. Dies soll mit einem Stadtentwicklungsplan Kultur sichergestellt werden und konkret in die Stadtplanung aufgenommen werden.

 

Berlin zeugt von einer einmaligen Kulturlandschaft und beherbergt sowohl Kultureinrichtungen von internationaler Bedeutung wie auch eine besonders vielfältige freie Szene, sowie eine sich stetig neu erfindende Kultur- und Kreativwirtschaft. Die Sicherung von Räumen für die Produktion ist in allen Sparten und spartenübergreifend ebenso wichtig wie der Erhalt und die Erschließung neuer Räume für die Präsentation und Vermittlung in die gesamte Bevölkerung Berlins.

 

Ziel soll es sein, existierende Freiräume zu erhalten und neue zu schaffen, der regionalen, nationalen und internationalen Kunst und Kultur einen Raum zur nachhaltigen und freien Entfaltung zu bieten. Und die Vielfalt des Berliner Kulturbereichs langfristig stadtplanerisch zu verankern. Für Berlin als Bundeshauptstadt ist es unerlässlich, die kulturelle Entwicklung der Stadt prospektiv strategisch mitzudenken und mittels eines StEP Kultur fachlich strategisch-räumliche Konzepte sowie stadtplanerische Rahmenbedingungen festzulegen.

 

Dabei soll der StEP Kultur insbesondere folgende Prioritäten setzen:

  • Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft als wichtige Standortfaktoren Berlins auf eine sichere und langfristige stadtplanerische Grundlage stellen
  • Nachhaltige Sicherung bedeutender kultureller Standorte
  • Prüfung und Zulassung neuartiger Flächenkonzepte zur Stärkung und Belebung (inner-)städtischer Räume. Umnutzungsmöglichkeiten von Gebäuden und Flächen müssen unter Anwendung eines weiten Ermessensspielraums geprüft und ausgeschöpft werden
  • Räumliche und bezahlbare Infrastruktur für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft (Festlegung von Quoten im StEP Kultur)
  • Kultur als entscheidender Faktor von Lebensqualität nicht nur in touristischen Zentren sondern auch in Wohngegenden präsent halten, um für die Künstler:innen und Berliner:innen attraktive, kulturell vielfältige und lebendige Bezirke und Kieze sicher zu stellen und um von den positiven Auswirkungen von Kunst und Kultur im städtischen Umfeld – z.B. im Sicherheitsbereich, Förderung des sozialen Zusammenhalts und des Dialogs zwischen gesellschaftlichen Gruppen sowie als Faktor für Wirtschaftsentwicklung – zu profitieren.
  • Darüber hinaus sind die Berliner Bezirke durch das dezentrale Wachstum Berlins geprägt. Der StEP Kultur muss der Individualität der Bezirke Rechnung tragen.
  • Der kulturelle Fokus auf die Berliner Zentren und Innenbezirke geht teilweise zu Lasten der Berliner Außenbezirke, deshalb muss zudem auf eine stärkere, auch dezentrale Verteilung geachtet werden. Wichtig ist z.B. Kultur stadtplanerisch auch stärker in Neubaugebiete einzupreisen und nicht reine Wohngebiete zu konzipieren. Dies trägt zu einer Stärkung der Möglichkeit kultureller Teilhabe in der Gesellschaft bei.
  • Gleichzeitig muss der Schrumpfung kultureller Freiräume in den Berliner Zentren entgegengewirkt werden. Freiräume schaffen neue Entwicklungsmöglichkeiten für moderne, innovative Kunst- und Kulturformen.
  • Erhalt und Entwicklung einer lebendigen Clubszene.
  • Auch für Schaustellergewerbe, Marktkaufleute und Zirkusse sind Flächen zu sichern.
  • Baukultur sowie Kunst im öffentlichen Raum und am Bau müssen als öffentliche Künste im Rahmen von städtebaulichen Planungen besonders, umfangreich und kompetent mitgedacht werden.
  • Kulturpolitische Steuerungsprozesse müssen neu gedacht werden; so müssen z.B. Mechanismen entwickelt werden, die sicherstellen, dass Akteur:innen aus Kunst und Kultur, insb. der freien Szene, und der engagierten Zivilgesellschaft standardmäßig und partizipativ einbezogen werden.
  • Zur effektiven Umsetzung der o.g. Ziele ist es letztlich unerlässlich, dass sich die Landesregierung und Senatsverwaltungen in einem StEP Kultur zu konkreten Zielvereinbarungen und messbaren Parametern bekennen, anhand derer Rechenschaft abgelegt werden muss.

 

Antrag 11/II/2023 Solidarität mit den ostdeutschen Landesverbänden der SPD

21.08.2023

Der Landesvorstand der Berliner SPD setzt sich gegenüber der Bundespartei dafür ein, in enger Kooperation mit den beiden Landesverbänden eine gezielte bundesweite Unterstützungskampagne für die Wahlkämpfe insbesondere in Thüringen und Sachsen zu organisieren, die sowohl Wahlkampfunterstützung wie auch eine gezielte und spezifische Mitgliederwerbekampagne umfasst.

Antrag 29/II/2023 Wende auf dem Wohnungsmarkt – Für eine soziale Umsetzung der Vergesellschaftung des Wohnungsmarktes in Berlin

21.08.2023

Die Expert*innen Kommission zur „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ in Berlin ist in ihrem Abschlussbericht zu einem klaren Urteil gekommen. Eine deutliche Mehrheit der hochkarätig besetzten Kommission stellt fest:

 

„Das Land Berlin hat nach dem Grundgesetz die Kompetenz für eine Gesetzgebung zur Vergesellschaftung in Berlin belegener Immobilienbestände großer Wohnungsunternehmen.“ (Rn. 36).

„Ein Vergesellschaftungsgesetz steht tatbestandlich im Einklang mit den in Art. 15 GG ausdrücklich genannten Voraussetzungen.“ (Rn. 37)

„Nach Auffassung der Kommissionsmehrheit steht das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Vergesellschaftung in Berlin belegener Immobilienbestände großer Wohnungsunternehmen nicht entgegen“ (Rn. 38).

 

Das Ergebnis des Volksentscheids hat eine deutliche Sprache gesprochen und auch die Expert*innen-Kommission war in ihrem Votum deutlich. Der demokratische Staat hat nun seine Handlungsfähigkeit gegenüber Kapitalinteressen zum Wohle der Allgemeinheit unter Beweis zu stellen. Das gilt zumal als andere politische Wege wie der Mietendeckel nicht durchsetzbar waren bzw. Absprachen die auf Freiwilligkeit basierten, wie das „Mietenbündnis“, krachend gescheitert sind.

 

Im Falle eines positiven Votums der Expert*innen-Kommission hat der Landesparteitag der Berliner SPD bereits festgehalten, dass die SPD das Volksbegehren umsetzt. Angesichts des positiven Votums und des beeindruckenden Berichts heißt das für uns, dass unabhängig vom Rahmengesetz schnellstmöglich ein Gesetzesentwurf erarbeitet wird unter folgenden Maßgaben:

  1. Der Zweck einer Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände in Berlin dient der Umstrukturierung der Wohnungswirtschaft zum Wohle der Allgemeinheit unter Einschränkung privatwirtschaftlicher Kapitalinteressen. Dazu ist  eine Aufhebung der Privatnützigkeit von Eigentum und dinglichen Rechten an vergesellschaftungsfähigen Gegenständen zugunsten einer gemeinnützigen Bewirtschaftung im Sinne des Art. 15 S. 1 GG zentral. Außerdem wird mit der Vergesellschaftung angestrebt, dass dauerhaft für einkommensschwächere Schichten leistbare Mietpreise gewährleistet werden, und zwar unmittelbar im vergesellschafteten Bestand, sowie mittelbar im übrigen Bestand, durch Nachverdichtung und Aufstockung im vergesellschafteten Bestand sowie perspektivisch auch durch die Schaffung neuen Wohnraums. Zudem soll eine an den Interessen der Mieter*innen einerseits und des Umwelt- und Klimaschutzes andererseits ausgerichteten Bewirtschaftung angestrebt werden, u.a. durch angemessene Instandhaltungsmaßnahmen und energetische Sanierungen. Auch soll die Mitbestimmung der Mieter*innen bei allen wohnraumrelevanten Entscheidungen, eine diskriminierungsfreie und bedarfsgerechte Vergabe des Wohnraums gewährleistet werden, Obdachlosigkeit durch Räumungen vermieden werden und gemeinwohlorientierte Strukturen in den Quartieren geschützt und ausgebaut werden, insbesondere durch den Schutz von Kleingewerbe, durch Räume für Kunst und Kultur und für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen sowie die Bereitstellung von Schutzräumen vor häuslicher und sexualisierter Gewalt. Die Gesetzgebung muss diese gemeinwirtschaftliche Ausrichtung durch entsprechende Vorgaben sicherstellen.
  2. Die betroffenen Grundstücke müssen durch ein Gesetz abschließend bestimmbar sein.
  3. Die Vergesellschaftung muss durch Gesetz und nicht im Rahmen einer Administrativvergesellschaftung erfolgen.
  4. Das Eigentum an den Wohnungsbeständen ist in eine Form der Gemeinwirtschaft, beispielsweise in eine Anstalt des öffentlichen Rechts, zu überführen.
  5. Die betroffenen Unternehmen sind zu entschädigen. Dabei bestehen andere Anforderungen als bei einer Enteignung. Hierbei sind die drei Wege, welche die Expert*innenkommission als möglich erachtet hat, zu prüfen. Außer Frage steht, dass der Verkehrswert hierbei nicht als Orientierungsrahmen dient bzw. in diesem Falle Abschläge zu machen sind, wie es die Kommission dargestellt hat. Der Verkehrswert einer Sache spiegelt die künftigen möglichen Erträge aus der privatnützigen Verwertung wieder. Gerade dies soll durch die Vergesellschaftung aufgehoben werden. Eine Entschädigung zum Verkehrswert konterkariert dieses in Art. 15 GG und damit verfassungsrechtlich verbürgte Anliegen.
  6. Das Gesetz ist so auszugestalten, dass es den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt. Zum einen ist eine Ausnahme für Bestände genossenschaftlicher, landeseigener und anerkannt gemeinnütziger Wohnungsunternehmen vorzusehen. Zum anderen sollten lediglich Wohnungsunternehmen größerer Bestände einbezogen werden. Hier sind die beiden von der Kommission als zulässig erachteten Optionen zu prüfen. Es kommt in Betracht, Bestände ab 3.000 Wohnungen oder sämtliche Bestände sogenannter kapitalmarktorientierter Unternehmen einzubeziehen.
  7. Wünschenswert wäre, dass es zeitnah ein Transparenzregister gibt, damit der Ist-Zustand, also wieviele Unternehmen wieviele Wohnungen halten, auch für die demokratische Öffentlichkeit sichtbar ist.

 

Mit diesem Vorhaben gehen wir einen Weg, den gerade die sozialdemokratischen Mütter und Väter des Grundgesetzes für uns erstritten und ermöglicht haben.

Antrag 30/II/2023 Für Barrierefreiheit in denkmalgeschützten Gebäuden sorgen – bei Umbauten von Anfang an!

21.08.2023

Die Umsetzung der in unseren Verfassungen, in Konventionen und Gesetzen – Grundgesetz, Berliner Verfassung, UN-Behindertenrechtskonvention, Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG), Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), etc. – gewährleisteten Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen werden weder vom Staat noch von den Parlamenten zufriedenstellend als Querschnittsaufgabe beachtet und tatsächlich umgesetzt. Damit wird der Anschein erweckt, als seien die Rechte der Menschen mit sichtbaren und unsichtbaren Behinderungen auf Selbstbestimmung und uneingeschränkter Teilhabe weniger wert und ihre Nicht-Diskriminierung weniger schutzwürdig als andere Rechte.

 

Im aktuellen Koalitionsvertrag „Das Beste für Berlin“ ist vereinbart: „Die Koalition setzt ein klares Zeichen für ein ressortübergreifendes Disability Mainstreaming: Jede Senatsverwaltung stärkt die Rechte und Belange von Menschen mit Behinderungen bei Maßnahmen eigenverantwortlich und beteiligt sie und die sie vertretenden Organisationen“ und „Die „Landesfachstelle für Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen“ soll gestärkt werden. Auf Landes- und Bezirksebene soll die fachliche Expertise für bauliche Barrierefreiheit einbezogen werden.“ Den Worten sind Taten zu folgen.

 

Das Sanieren von öffentlich zugänglichen, unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden erfordert viel Kompetenz und in der Regel auch sehr viel Steuergeld. Die Verpflichtungen zu barrierefreiem Planen und Bauen für öffentlich zugängliche Gebäude in Berlin, wie zum Beispiel für Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens, sind – unabhängig davon, ob sie unter Denkmalschutz stehen oder nicht – u.a. in der Bauordnung für Berlin, der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen sowie der Allgemeinen Anweisung für die Durchführung von Bauaufgaben Berlin (ABau) geregelt. Hierbei ist das Ziel, umfassende Barrierefreiheit im Sinne des Landesgleichberechtigungsgesetztes (LGBG) her zu stellen. Die zuständige Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen soll nach § 17 LGBG frühzeitig an allen wichtigen Vorhaben, die Fragen von Menschen mit Behinderungen betreffen – wie zum Beispiel die Dringlichkeit einer zukünftig barrierefreien Nutzung eines umgebauten öffentlich zugänglichen Gebäudes – beteiligt werden. Laut Gesetz geben ihr die Senatsverwaltungen frühzeitig vor Beschlussfassung Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln) stellt in § 11 Genehmigungspflichtige Maßnahmen klar, dass die Denkmalbehörden bei ihren Entscheidungen die Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen haben.

 

In der tagtäglichen Realität führt jedoch oftmals allein der Umstand eines Denkmals dazu, dass Planer*innen Maßnahmen zur Barrierefreiheit überhaupt nicht in Betracht ziehen. Auch für die Entscheidungen der Zuwendungsgeber sind zumeist die Abstimmungen der Auftraggeber*innen mit der Denkmalbehörde relevant, nach den gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Barrierefreiheit wird häufig erst gar nicht gefragt. Somit entscheidet die Denkmalschutzbehörde über die Belange der Barrierefreiheit – ohne nachweisen zu müssen, dass eine sachverständige Stelle für Barrierefreiheit am jeweiligen Entscheidungsprozess zuvor überhaupt beteiligt wurde. Das führt zu einem kaum bestreitbaren Interessenkonflikt, der in der Regel zu Gunsten des Denkmalschutzes und zu Lasten von Menschen mit Behinderungen entschieden wird. Mit dem vom Senat immer wieder postulierten Gleichrang der beiden Rechtsgüter Barrierefreiheit und Denkmalschutz ist das nicht zu vereinbaren.

 

Die SPD fordert von ihren politische und administrative Verantwortung für alle Berliner*innen tragenden Amts- und Mandatsträger*innen

  • die Einhaltung und Überprüfung aller in den oben genannten Regularien festgelegten Planungs- und Ausführungsschritte zwecks Sicherstellung einer umfassenden Barrierefreiheit,
  • neben der frühzeitigen Einbeziehung der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen den Ausbau der Kompetenz für barrierefreies Bauen in der zuständigen Senatsverwaltung und deren Bündelung entweder in der Koordinierungsstelle der Senatsverwaltung für Bauen, Stadtentwicklung und Wohnen oder der seit dem 1.1.2022 nur auf dem Papier existierenden Landesfachstelle für Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen (LGBG, § 31). Die Sachverständigen sind auf Landes- und Bezirksebene in alle Planungs-, Genehmigungs- und Ausführungsschritte von Bauvorhaben in Berlin von Anfang an einzubeziehen sowie ihre Stellungnahmen bei Entscheidungen zu berücksichtigen,
  • die Einführung eines geregelten Verfahrens zum Aushandeln und zum Ausgleich der Belange von Menschen mit Behinderungen auf der einen Seite und den Belangen des Denkmalschutzes auf der anderen Seite. Es braucht Lösungen bei Interessenskonflikten zwischen Denkmalschutz und Barrierefreiheit, die allen Interessenslagen zugutekommen. Hier ist die sachverständige Koordinierungs- bzw. Landesfachstelle für Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen zwingend aktiv einzubeziehen. Es ist ein Abwägungsprozess durchzuführen, in dem zuerst geeignete Maßnahmen zur Barrierefreiheit beschrieben werden und anschließend eine denkmalkonforme Umsetzung durch die Denkmalbehörde geprüft wird,
  • die Gewährleistung einer öffentlich einsehbaren Begründung eines Widerspruchs der Denkmalschutzbehörde gegen Maßnahmen der Barrierefreiheit. Hierbei sollte z.B. deutlich werden, worin die denkmalschutzkonstituierenden Eigenschaften bestehen und warum diese Eigenschaften durch Maßnahmen der Barrierefreiheit unzumutbar beeinträchtigt werden und warum nicht zumindest temporäre / wieder umkehrbare Maßnahmen zulässig sind,
  • die Schaffung einer neutralen Entscheidungsinstanz, die bei erfolglosem Abstimmungsprozess eine Lösung herbeiführt.

 

Die SPD fordert von ihren Mandatsträger*innen im Berliner Abgeordnetenhaus einen Auflagenbeschluss zum Disability Budgeting, damit das Disability Mainstreaming auch tatsächlich umfassend im Sinne aller Berliner*innen mit und ohne Beeinträchtigung umgesetzt wird.

 

Antrag 08/II/2023 Zukunft geht nur mit der Partei! Für eine ernstgemeinte Erneuerung der SPD Berlin

19.08.2023

Mit dem Antrag „Luft zum Atmen: Für eine starke Berliner Sozialdemokratie als Motor des gesellschaftlichen Fortschritts” hat die SPD Berlin im Mai 2023 den Grundstein für einen innerparteilichen Erneuerungsprozess gelegt, der unabdingbar  für die Zukunftsfähigkeit der Berliner Sozialdemokratie ist. Für uns steht fest: Ohne einen ernstgemeinten Neuanfang auf inhaltlicher und personeller Ebene wird die SPD Berlin zukünftig keine führende Rolle in der politischen Landschaft Berlins einnehmen und das Ziel eines SPD-Wahlsieges 2026 und unsere Vision eines sozialen und gerechten Berlins gefährden. 

Die deutliche Zustimmung auf dem letzten Landesparteitag zur Forderung dieser Erneuerung hat ausdrücklich gezeigt, dass die Mehrheit unseres höchsten beschlussfassenden Gremiums diesen Weg unterstützt. Nun müssen wir die Weichen stellen, um dem Beschluss konkrete politische Taten folgen zu lassen. Allerdings sind seit dem letzten Landesparteitag bisher keine Signale an die Partei getragen worden, wie dieser Prozess aussehen soll. Daher zeigt dieser Antrag weitere Leitlinien auf, die dazu beitragen sollen, unsere sozialdemokratische Idee (wieder-) zu finden und aus den gemachten Fehlern der Vergangenheit die richtigen Schlüsse für eine erfolgreiche Zukunft zu ziehen – so wie wir es auf dem letzten Parteitag beschlossen haben.

 

Gemeinsam Fehler aufarbeiten geht nicht im Hinterzimmer!

Nach der Wahlniederlage wurde die „Wahlen wieder gewinnen und Parteiorganisation Kommission” seitens des Landesvorstands eingesetzt. Diese Kommission, die größtenteils aus Mitgliedern des Landesvorstands besteht, soll Handlungsempfehlungen erarbeiten, wie die SPD Berlin wieder besser werden kann – sowohl innerparteilich als auch in Bezug auf Wahlergebnisse. Wir wollen der Arbeit der Kommission nicht vorgreifen. Gleichzeitig ist spätestens nach dem knappen Ausgang des Mitgliedervotums über die Regierungskoalition mit der CDU klar, dass die Aufarbeitung des Wahlergebnisses, des Umgangs miteinander besonders auch im Zuge des Mitgliedervotums und auch die inhaltliche Ausrichtung der Partei nicht im Hinterzimmer von einigen wenigen Funktionär*innen vorgenommen werden kann. 

Stattdessen braucht es ausgehend von den Handlungsempfehlungen der „Wahlen wieder gewinnen”-Kommission eine echte Auseinandersetzung mit den Ergebnissen und den Willen zu notwendigen Reformen. Das muss in der Breite der Partei geschehen. Daher muss der Landesvorstand Angebote zur Vorstellung und einer vertieften Diskussion der Ergebnisse in den Gliederungen schaffen. 


Daher fordern wir:

  • eine regelmäßige parteiöffentliche Information über die Arbeit und die Handlungsempfehlungen der Kommission „Wahlen wieder gewinnen und Parteiorganisation”
  • Präsentations- und Diskussionsangebote seitens des (geschäftsführenden) Landesvorstands für die Gliederungen, um über den Bericht der Kommission ins Gespräch zu kommen und diesen (kritisch) zu diskutieren und die Ergebnisse der Diskussionen in die finalen Empfehlungen der Kommission einzuarbeiten.
  • Die zeitnahe Vorlage der Befragungsergebnisse der Umfrage zur Untersuchung des Mitgliedervotums. Die Erkenntnisse der Umfrage stellen eine wichtige Grundlage für den weiteren Debattenprozess dar. Es ist deshalb unabdingbar, dass den Mitgliedern der SPD eine vollständige Zusammenstellung der Antworten zu den einzelnen Fragen vorgelegt wird und keine komprimierte Auswertung der Ergebnisse, die möglicherweise schon Wertungen der Befragung vorwegnimmt. 

 

Partei-Erneuerung beginnt jetzt!

Fest steht, dass wir keine Zeit haben, die Erneuerung unserer Partei hinauszuzögern. Unsere Partei ist nach wie vor in der Öffentlichkeit nicht mit eigenständigen Impulsen sichtbar. Es fehlt an einer zusammenhängenden Idee für die politische Gestaltung unserer Stadt. Es fehlt an einer Vision, die die verschiedenen Politikfelder mit einer sozialdemokratischen Klammer zusammenbringt. Nicht nur viele Bürger*innen, sondern auch unsere Mitglieder wünschen sich aber genau das: ein klares Leitbild, was für uns Sozialdemokratie bedeutet und Instrumente, die diese Erzählung in konkretes politisches Handeln übersetzen. Die vielen Austritte in den letzten Monaten haben gezeigt, dass wir schnell handeln müssen. Solche inhaltlichen Diskussionsräume zu öffnen, ist Aufgabe des geschäftsführenden Landesvorstandes. Da bisher keine Ideen des geschäftsführenden Vorstands vorliegen, bekräftigen und konkretisieren wir hiermit unsere Forderung nach Debattencamps in Anlehnung an die Debattencamps der Bundes-SPD 2018. Diese sollen spätestens mit Beginn des kommenden  Jahres zu spezifischen Themen organisiert werden. Zusammen mit Bündnispartner*innen, Expert*innen, zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und unseren Mitgliedern sollen Diskussionsräume angeboten werden, damit die gesamte Breite der Partei an der inhaltlichen Neuausrichtung teilhaben und diese mit eigenen Impulsen gestalten kann. 

Diese thematische Fokussierung soll zur Schärfung unseres Profil einerseits nach außen (durch z.B. Forderungen) und andererseits nach innen (z.B. Einbindung unserer Mitgliedschaft, Stärkung der Zusammenarbeit mit Bündnispartner*innen) beitragen. Dieser Prozess ist Teil zur Ausarbeitung einer neuen Programmatik, welche vom Landesvorstand zu organisieren ist. Der Zeitpunkt zum Start dieser Debattencamps ist bewusst vor die Parteiwahlen gelegt worden. Nach den Parteiwahlen sind unmittelbar die Wahlen zum Europäischen Parlament, an die sich wiederum die Sommerpause anschließt. Die Erneuerung und inhaltliche Ausrichtung unserer Partei kann aber nicht länger warten!

 

Somit fordern wir:

  • die Ausrichtung von Debattencamps/Kongressen ab spätestens Januar 2024 zu jeweils spezifischen übergeordneten Themen unter Beteiligung von Bündnispartner*innen und der Zivilgesellschaft.
  • eine darauf basierende Erarbeitung einer neuen Programmatik für die Berliner SPD, die eine Vision für die Stadt 2030 zeichnet.

 

Im Mai 2023 haben wir uns auch dazu bekannt, die Begleitung der Arbeit in der schwarz-roten Koalition auf eine breite, Partei-öffentliche Grundlage zu stellen. Es gilt, gemeinsam zu bewerten, wo sozialdemokratische Projekte des Koalitionsvertrags voranschreiten, wo die Arbeit an in der Koalition möglichen Projekten intensiviert werden muss und wo Kernanliegen der Berliner SPD in der Koalition nicht umsetzbar sind. Diese Erkenntnisse sind auch eine wichtige Grundlage für die Debattencamps – denn ein gemeinsames Verständnis von der Umsetzbarkeit sozialdemokratischer Ziele unter den Bedingungen der bestehenden Koalition schärft den Blick für die noch zu klärenden mittel- und langfristigen Linien.

Somit fordern wir:

  • Durchführung von mindestens 4 thematischen Foren zur Begleitung der schwarz-roten Koalition unter Einbeziehung der jeweils involvierten Arbeitsgemeinschaften und Fachausschüsse
  • Aufbereitung der Ergebnisse für die weitere Arbeit in den Debattencamps

 

Update für den Landesvorstand 

Diese beschriebene inhaltliche Erneuerung ist zwingend notwendig, damit die Berliner*innen wissen, wofür die SPD Berlin steht und welche Ideen wir für die Stadt haben. Inhalte allein reichen aber nicht aus, um verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Neben einer mutmachenden und packenden Erzählung für das Berlin der Zukunft brauchen wir auch eine personelle Veränderung an der Spitze unserer Partei. Unsere Stärke liegt in der Vielschichtigkeit unserer Mitglieder. Wir sind so unterschiedlich wie Berlin und können die Stadt auch in unserer Führung abbilden. Repräsentanz der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere solche, die in der Politik bisher unterrepräsentiert sind, spielt dabei eine wichtige Rolle. Aber auch politische Vorhaben für die ehrenamtliche Arbeit in unserer Partei müssen wieder mehr in den Fokus rücken. 

Ein Vorstand, der überwiegend aus Mandatsträger*innen oder im politischen Betrieb Beschäftigen zusammengesetzt ist, verkennt die Lebensrealitäten Berlins. Gleichzeitig muss – wie oben beschrieben – unsere Partei wieder mehr Eigenständigkeit zur Entwicklung neuer politischer Antworten bekommen. Dass diese Antworten nicht immer die Senatslinie unterstützen, ist ein Vorteil, den wir brauchen, um als Partei auch abseits der Regierung und somit abseits unserer Koalitionspartner*innen mit politischen Ideen wahrgenommen zu werden. Nur wenn wir zulassen, dass die SPD Berlin eigenständig politische Ansätze zur Bewältigung gesellschaftlicher Krisen und eine Vision für Berlin entwirft und aktiv nach außen vertritt, können wir erfolgreich werden. Der inhaltliche und personelle Motor ist die Partei. Dass dieser wieder anspringt, ist unsere Aufgabe. Die Bundesebene hat uns gezeigt, wie eine eigenständige und wahrnehmbare Partei zu Wahlerfolgen führen kann.  Die Geschicke der Partei werden auf vielen Ebenen von Ehrenamtlichen geleistet – dass das auch im obersten Führungsgremium gelingt, ist uns wichtig. Deshalb bekräftigen wir den Beschluss, wonach im geschäftsführenden Landesvorstand der SPD künftig nicht mehrheitlich Genoss*innen vertreten sein sollen, die als Staatssekretär*innen, Senator*innen oder Fraktionsvorsitzende die Landesregierung maßgeblich tragen, und keine Doppelspitze aus zwei der genannten Amtsträger*innen gebildet werden soll. 

Die beschriebene notwendige inhaltliche und personelle Vielfalt gilt aber nicht nur für den geschäftsführenden Landesvorstand, sondern auch für die Beisitzer*innen im Landesvorstand. Die Aufgaben, vor denen wir als Partei stehen, sind gewaltig – die zu leistenden Arbeit wird nicht abnehmen. Der gesamte Landesvorstand braucht daher ein Update. Die Wahl des Landesvorstands insgesamt, aber besonders des geschäftsführenden Vorstands, muss wieder ein Wettbewerb der Ideen werden und nicht eine Bekanntmachung per Dienstagsbrief. Auch diese Debatten müssen wieder mehr in die Breite der Partei getragen werden. 

 

Wir fordern, daher 

  • dass die zu wählenden Beisitzer*innen des Landesvorstands mit konkreten Projekten/ Themen antreten sollen. So können Zuständigkeiten im Vorhinein festgelegt und die alltägliche Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden.
  • Mitgliederforen, bei denen sich alle Kandidat*innen für den Landesvorstand sich und ihre Ideen vorstellen und Fragen der Mitglieder beantworten können. Hierbei ist angedacht, dass es mindestens vier Regionalkonferenzen (Ost, West, Nord, Süd) gibt, welche extern moderiert werden.

 

Wir sind überzeugt, dass die Sozialdemokratie nicht nur eine politische Ideologie mit einer langen Tradition ist, sondern auch die entscheidende politische Idee der Zukunft sein kann. Als Sozialdemokrat*innen müssen wir diese Zukunft nicht scheuen, sondern sie gestalten. Mit dem hier skizzierten Beteiligungsprozess machen wir dafür einen weiteren Schritt.