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Antrag 19/II/2023 Für eine angemessene Mindestlohnerhöhung!

18.08.2023

Wir begrüßen, dass der Parteivorstand angekündigt hat, sich für eine weitere Erhöhung des Mindestlohnes gemäß der Mindestlohn-Richtlinie der Europäischen Union einzusetzen. Als resultierender Wert werden demnach nach aktuellem Stand häufig 14 Euro genannt. Allerdings findet in diesem Rahmen eine Inflationsanpassung keinen Platz, was für die Kaufkraftsicherung der mindestlohn-beziehenden Menschen jedoch enorm wichtig ist.

 

Daher fordern wir von den sozialdemokratischen Mitgliedern der Bundesregierung, insbesondere vom sozialdemokratischen Bundeskanzler sowie dem sozialdemokratischen Bundesminister für Arbeit und Soziales und der gesamten SPD-Bundestagsfraktion sich für eine weitere Erhöhung des Mindestlohnes per Rechtsverordnung auf 15 Euro zum 01.01.2024 einzusetzen

Antrag 66/II/2023 Humanitären Schutz für russische Kriegsdienstverweigerer gewährleisten

18.08.2023

Die SPD möge anstreben, die gegebenen Rechtsgrundlagen des Asyl- und Aufenthaltsrechts zur Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen für russische Kriegsdienstverweigerer in der Regierungsverantwortung voll auszuschöpfen. Die SPD möge prüfen, die Rechtsgrundlagen gegebenenfalls zu erweitern, um ihnen eine Aufenthaltsmöglichkeit in Deutschland zu gewähren.

Antrag 49/II/2023 Wickeltische in öffentlichen Gebäuden und in der Gastronomie gesetzlich garantieren

18.08.2023

Wir fordern eine gesetzlich garantierte Einrichtung von Wickeltischen in öffentlichen Gebäuden und vor allem in der Gastronomie.

 

1. In öffentlichen Gebäuden des Landes und der Bezirke, in denen Publikumsverkehr herrscht, soll zukünftig ein für alle Geschlechter zugänglicher Wickeltisch (inkl. angemessener Beleuchtung und säuglingsgerechter Temperierung bzw. mit Wärmelampe) zur Verfügung stehen. Dies soll in einer gesetzlichen Selbstverpflichtung verbindlich geregelt sein.

 

2. In der Gastronomie soll sichergestellt sein, dass Babys zukünftig zuverlässig gewickelt werden können und Eltern dadurch beruhigt zu Gast sein können. Die Verordnung zur Ausführung des Gaststättengesetzes soll entsprechend geändert und zukünftig jene Gastronomiebetriebe in die Pflicht nehmen, die auch heute schon einer Toilettenpflicht unterliegen:

 

  • Für Gastronomiebetriebe über 50 m2 Schank- und Speiseraumgrundfläche oder mit 10 bis 249 Sitzplätzen sehen wir zukünftig mindestens einen Wickeltisch in angemessener Beleuchtung und säuglingsgerechter Temperierung bzw. mit Wärmelampe vor. Der Wickeltisch kann als platzsparender Klapptisch ausgeführt werden. Dieser Wickeltisch kann in einem sanitären Multifunktionsraum ohne Geschlechtertrennung erfüllt werden. Sollte diese Erfüllung in einem Raum mit Geschlechtertrennung stattfinden, so ist jeweils ein Wickeltisch in den Räumlichkeiten aller Geschlechter zu erfüllen. Die Investitionskosten liegen bei ca. 200-300 EUR.
  • Für Gastronomiebetriebe mit 250 Sitzplätzen oder mehr erfolgt die Festsetzung im Einzelfall, wobei die Regelungen aus 10 bis 249 Sitzplätzen nicht unterschritten werden dürfen.
  • Für Gastronomiebetriebe mit geteilter Toilettenanlage, bspw. in Einkaufszentren, in Markthallen oder in Bahnhöfen, ist die Anzahl der Einzelsitzplätze bzw. die Schank- und Speiseraumgrundfläche zu addieren.
  • Für die Erfüllung im Bestand ist eine Übergangsfrist von 1 Jahr angemessen. Für Neubauten oder für Neueröffnungen mit Sanierung der Sanitäranlagen ist eine Übergangsfrist ausgeschlossen und die gesetzliche Regelung greift sofort. Die gesetzliche Verpflichtung greift auch sofort, wenn eine Nachrüstung für die Sicherstellung der Barrierefreiheit in Bezug auf die Toilettenanlagen ansteht. Sachlich begründete Ausnahmegenehmigungen, bspw. aus feuerpolizeilichen Gründen oder aus Gründen des Denkmalschutzes, sind für 25 Jahre in die Hände der Bezirke zu legen.
  • Gastronomiebetriebe, in denen aus Gründen des Jugendschutzes oder des Nichtraucherschutzgesetzes die Anwesenheit von Säuglingen ausgeschlossen ist, sind von entsprechenden Vorschriften zu befreien.
  • Sollten die baulichen Gegebenheiten die Anbringung einer fest installierten Wickelunterlage verhindern, sind die Gastronomiebetriebe verpflichtet, eine stabile, aber mobile Wickelunterlage (Schaumstoff, Wickelbrett) und Einweg- Wickelunterlagen vorzuweisen.
  • Die sozialdemokratischen Mitglieder in Senat und Abgeordnetenhaus werden aufgefordert, über den Landeshaushalt ein Landesförderprogramm zur Anschubfinanzierung von Wickeltischen aufzulegen.

 

Antrag 62/II/2023 Irrweg der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beenden

18.08.2023

Wir fordern von der gesamten Bundesregierung, insbesondere den sozialdemokratischen Mitgliedern der Bundesregierung, der SPD-Bundestagsfraktion sowie den sozialdemokratischen Mitgliedern des Europäischen Parlamentes, den beim EU-Gipfel der Innenminister im Juni 2023 begonnenen Irrweg der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu beenden und sich im weiteren Verlauf der Verhandlungen sowie im Trilog-Verfahren der Europäischen Union für folgende Punkte einzusetzen:

 

  • Verpflichtende Asylgrenzverfahren für Menschen aus Staaten mit einer geringen Schutzquote sind abzulehnen. Bei einer flächendeckenden Einführung von Grenzverfahren sind haftähnliche Zustände zu befürchten, die wiederum die zivilgesellschaftliche und anwaltliche Unterstützung erschweren und den Rechtsschutz einschränken. Unterbringungen und Camps an Außengrenzen wie in Moria, dürfen sich unter keinen Umständen wiederholen! Daher darf es keine de facto Inhaftierungen geben: Alle Einrichtungen müssen im laufenden Asylprozess jederzeit und an jedem Schritt unverzüglich verlassen werden können.
  • Es müssen jederzeit die rechtsstaatlichen Standards für Asylverfahren gesichert werden. Es darf nicht sein, dass Menschen innerhalb dieser Asylgrenzverfahren kein reguläres Asyl- Verfahren durchlaufen. Das höhlt das Grundrecht auf Asyl grundlegend aus und widerspricht damit auch der Genfer Flüchtlingskonvention. Bei der Prüfung und Entscheidung von Asylanträgen muss weiterhin in jedem Fall ein rechtsstaatliches Einzelfallverfahren stattfinden. Ablehnungen und folgende Abschiebungen von Asylbeantragenden auf Grund von Anerkennungsquoten lehnen wir vehement ab.
  • Es braucht einen echten solidarischen Verteilmechanismus innerhalb der EU.
  • Die vorgesehenen Asylrechts- und Einreiseeinschränkungen für begleitete geflüchtete Kinder dürfen nicht umgesetzt werden. Insbesondere sind dabei Aspekte abzulehnen, die klare Benachteiligungen für Kinder und Jugendliche mit ihren Familien, wie der Gefahr einer Inhaftierung von Minderjährigen und der Ausschluss des Familiennachzuges zur Folge haben.
  • Vulnerabilität muss fachlich adäquat durch unabhängige Stellen geprüft werden. Medizinische und psychologische Betreuung ist dauerhaft sicherzustellen.
  • Analog zur deutschen Regelung sollten Geflüchtete eine unabhängige Verfahrensberatung an die Seite gestellt bekommen. Hilfsorganisationen brauchen jederzeit Zugang zu Orten der Unterbringungen.
  • Es muss ein verpflichtendes Menschenrechts-Monitoring durch Nichtregierungsorganisationen in allen Phasen des Asylprozesses geben. Der Zugang und die Transparenz müssen vollumfänglich gewährleistet sein.
  • Die Bundesregierung muss sich in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten für den Einsatz und Ausbau der Seenotrettung mit ärztlicher Versorgung einsetzen, um das Sterben von flüchtenden Menschen auf dem Mittelmeer ein für alle Mal zu durch humanitäre Maßnahmen zu beenden. Dazu braucht es auch eine staatlich organisierte europäische Seenotrettung. Hilfsorganisationen dürfen nicht kriminalisiert und diffamiert werden; sie sollen aufgenommene Geflüchtete unmittelbar in europäische Häfen ausschiffen dürfen. Es dürfen keine Menschen mehr sterben, weil ihnen eine reguläre Einreise unmöglich gemacht wird.
  • Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen – auch unter Beteiligung von Frontex – müssen aufhören. Solange diese Grenzschutzorganisation besteht, muss die Frontex-Politik an den europäischen Grenzen im Sinne humanitärer Hilfe überarbeitet und geändert werden. Die Bundesregierung muss sich entschieden aktiv gegen Push-Backs einsetzen.
  • Frontex ist gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat rechenschaftspflichtig. Frontex muss von einem ständigen parlamentarischen bzw. unabhängigen Kontrollgremium überwacht werden, nach dem Vorbild von Europol. In diesem muss Frontex regelmäßig, transparent und umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichten und weiteren Berichtswünschen nachkommen.
  • Grundsätzlich sind Rückführungen in nicht sichere Herkunftsländer abzulehnen. Rückführungen in sogenannte sichere Drittstaaten, wie im Kompromiss vorgesehen, in denen Geflüchtete sich auf ihrer Flucht aufgehalten haben, lehnen wir auch ab. Dass nicht mehr der Fluchtgrund, sondern nur noch der Reiseweg über den Ausgang des Verfahrens entscheiden, darf nicht Realität werden. Mindestens muss jedoch gewährleistet sein, dass diese durch die EU zu „sicher“ erklärten Drittstaaten vollumfänglich die Genfer Flüchtlingskonvention anwenden. In diesem Zusammenhang muss auch eine enge Verbindung zwischen Geflüchteten und Drittland bestehen. Methoden, wie die Aufweichung der Einstufung dieser Verbindung, damit die Menschen an einem Asylantrag gehindert werden, müssen strikt unterbunden werden. Grundsätzlich sprechen wir uns jedoch in jedem Fall gegen das aus der Verantwortung ziehen der EU, Asylverfahren an Drittstaaten sowie gegen Asylabkommen mit menschenrechtlich fragwürdigen Partnerstaaten mit aller Klarheit aus.

 

Sollten diese Punkte nicht erfüllt sein, fordern wir sowohl von der Bundesregierung als auch den sozialdemokratischen Abgeordneten des Europäischen Parlamentes, einem etwaigen Kompromiss nicht zuzustimmen. Die angeführten Punkte sind essenzielle Bestandteile für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem, welches den Demokratie- sowie Menschenrechtsstandards der EU entspricht. Ein Unterlaufen dieser Standards muss mit allen Kräften verhindert werden. Sollte die Reform gleichwohl in Kraft treten, fordern wir die Bundesregierung auf, dagegen im Wege der Nichtigkeitsklage vor dem EuGH vorzugehen, um diejenigen Vorschriften zu beseitigen, die mit den europäischen Grundrechten unvereinbar sind. Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion fordern wir dazu auf, darauf hinzuarbeiten, die Bundesregierung gesetzlich zu diesem Schritt zu verpflichten. Falls ein entsprechendes Gesetz an den Koalitionspartner*innen scheitern sollte, so sollen ihre Abgeordneten zumindest eine Subsidiaritätsklage gegen die Reform anstrengen.

 

Langfristig muss die Bundesregierung unmissverständlich Abstand von populistischem Vorgehen und Narrativen nehmen, die die Aufnahme von Geflüchteten verweigert. Sie muss sich klar für die Aufnahme geflüchteter Menschen aussprechen und sich gemäß der sozialdemokratischen Leitlinie „Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität“ und in ihrer Rolle als europäischer Player für dieses Verständnis in der Europäischen Union starkmachen. Eine Fiktion der Nichteinreise ist zu jeder Zeit abzulehnen.

 

Auch auf nationaler Ebene muss umfassend gehandelt werden. Die Kommunen müssen massiv gestärkt werden, was bedeutet, diese angemessen finanzielle, strukturell und personell zu stärken. Gleichzeitig muss die Integration zu einer öffentlichen Pflichtaufgabe werden, wofür eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden muss.

Antrag 37/II/2023 Eine grüne und offene Mitte für Berlin!

18.08.2023

Im Herzen der Berliner Stadtmitte, zwischen Fernsehturm und Spree, befindet sich das 7,2 Hektar große Rathaus- und Marx-Engels-Forum. Geprägt ist diese Fläche nicht nur durch historische Gebäude wie die Marienkirche und das Rote Rathaus, sondern auch durch eine starke Bodenversiegelung und wenig Grün. In einem breiten Bürger*innendialog von 2015 bis 2021 verständigten sich die über 10.000 Teilnehmenden auf zehn Bürger*innenleitlinien, um den Ort erholsamer, bürger*innennäher und klimaresilienter zu gestalten. Ein Planungswettbewerb förderte anschließend einen passenden Entwurf für die Neugestaltung der Fläche zu Tage. Die Vorplanung ist bereits abgeschlossen, Ende 2024 soll mit bauvorbereitenden Maßnahmen begonnen werden. Gebaut werden würde voraussichtlich bis 2030. Die Kosten des Projekts belaufen sich auf 33,9 Millionen Euro, von denen ca. 20 Millionen Euro von der GRW-Bundesförderung getragen werden. Nun droht das Projekt allerdings zu scheitern. Mit dem neuen schwarz-roten Senat verschwand die Unterstützung für das langjährige Vorhaben. Statt einer offenen Fläche, spricht sich die Berliner CDU für die Bebauung des Areals aus, um die „historische Struktur der Berliner Mitte wieder sichtbar zu machen“ (Wahlprogramm der CDU zu den Wahlen 2021 und 2023). Die SPD-Fachgruppe hat sich in den Koalitionsverhandlungen nicht mit ihrem Vorschlag durchgesetzt, das Projekt zügig umzusetzen. Taucht das Projekt nicht im Doppelhaushalt 2024/2025 auf, müsste der Planungsprozess abgebrochen werden, was möglicherweise zum Abbruch des Projekts führen würde.

 

Ein Scheitern des Projekts wäre in vielerlei Hinsicht fatal für Berlin. Der fortschreitende Klimawandel erfordert dringend Anpassungsmaßnahmen, um Hitzewellen und Starkregenereignisse abzufedern. Die geplante offene Mitte begegnet diesen beiden Herausforderungen mit zusätzlichen 160 schattenspendenden Bäumen und einer neu entsiegelten Fläche von 5000qm, auf der Regenwasser versickern kann. Welche klimatische Bedeutung das Areal hat, zeigt auch der Berliner Umweltatlas, in dem das Areal als Fläche höchster Schutzwürdigkeit ausgegeben wird. Das Projekt abzubrechen, wäre ein herber Schlag für den klimaresilienten Umbau unserer Stadt.

 

Öffentlich zugängliche Flächen bieten wichtige Begegnungsräume für alle Menschen. Damit sie gerne genutzt werden, müssen sich diese Räume ständig im Sinne der Bürger*innen weiterentwickeln. Im Entwurf sind ein Spielplatz, Flächen zur Freizeitgestaltung für Jugendliche und Erwachsene und ein neu gestalteter Rathausplatz als Forum der Demokratie geplant. So kann das Areal zu einem Ort des Austausches für alle Alters- und Interessensgruppen wachsen. Mit den Bebauungsplänen der CDU wäre dieser offene Raum bedroht, der öffentliche Zugang wäre mutmaßlich eingeschränkt.

 

Eine lebendige Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen das Gefühl haben, eingebunden zu sein in die Entscheidungsprozesse. Umso fataler ist es jedoch, wenn diese Menschen das Gefühl haben, dass ihre Beiträge und Teilnahme an Beteiligungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Es wäre aus demokratischer Sicht sehr bedenklich, wenn die über 10.000 Teilnehmenden mit ihren Ideen zur Neugestaltung des Rathaus- und Marx-Engels-Forums schließlich nicht gehört würden und ein neuer Ideenwettbewerb ohne eine solch breite Beteiligung in der Bevölkerung ausgelobt werden würde.

 

Zudem wurden bereits kostenintensive Planungsleistungen erbracht. Beim Abbruch des Projekts müssten Verträge mit den Planungsbüros gekündigt werden, was Entschädigungsklagen nach sich ziehen könnte. Somit kann im Falle des Planungsabbruchs auch von einem finanziellen Schaden ausgegangen werden.

Aus diesen Gründen fordern wir,

  • dass die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und der Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sich in den Haushaltsverhandlungen mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Finanzierung und damit der Fortbestand des Projekts gesichert werden.
  • dass die SPD Berlin sich für die Fortsetzung der Neugestaltung des Rathaus- und Marx-Engels-Forums im Sinne einer klimaresilienten und bürger*innennahen Stadtmitte stark macht und dabei eine Bebauung der Fläche entschieden ablehnt.