- Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfaktion werden aufgefordert, sich für die Verlängerung des Betrachtungszeitraumes einzusetzen, der für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel herangezogen wird. Statt wie bisher nur Wohnungen zu berücksichtigen, deren Miete in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder geändert wurde, sollen es zukünftig 10 Jahre sein. Zudem soll auch preisgebundener Wohnraum in die Betrachtung einbezogen werden. Dies bedarf einer Änderung bzw. Anpassung des § 558 BGB, Absatz 2, Satz 1.
- Der Berliner Senat sowie die Mitglieder der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus werden aufgefordert, diesbezüglich eine Bundesratsinitiative zu starten bzw. sich dafür einzusetzen.
Archive
Antrag 100/I/2025 Betrachtungszeitraum des Mietspiegels erweitern!
24.04.2025Antrag 93/I/2025 Einführung von Mieter:innenbeteiligung in den Aufsichtsräten großer Wohnungsbaugesellschaften
24.04.2025Die Mitglieder der SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses und die SPD-Mitglieder des Senats sowie die Mitglieder der SPD-Fraktion im deutschen Bundestag und die SPD-Mitglieder in der Bundesregierung werden aufgefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen für:
- Die bundesweite Einführung von Regelungen, die vorsehen, dass sowohl in landeseigenen (wie in Berlin bereits in der Umsetzung) und anderen kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, als auch aus privaten Wohnungsbaugesellschaften ab einer bestimmten Anzahl von verwalteten Wohnungen (Beispielsweise ab 2.000 Wohnungen) gewählte Mieter:innenvertreter:innen als stimmberechtigte Mitglieder in den Aufsichtsrat aufgenommen werden. – Die Anzahl dieser Vertreter:innen soll sich an der Größe des Wohnungsbestandes orientieren.
- Die Organisation der Mieter:innenwahlen: Festlegung, dass die Wahl der Mieter:innenvertreter:innen durch Mieter:innenvereine oder vergleichbare Organisationen organisiert wird; analog zur Rolle von Gewerkschaften bei der Wahl von Arbeitnehmer:innenvertreter:innen.
- Eine angemessene Vergütung der Mieter:innen für ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat, um ihre Unabhängigkeit und professionelle Ausübung zu gewährleisten.
Antrag 80/I/2025 Verbesserung der Transferstrukturen und der Gründungsförderung zur Stärkung des Innovationsstandorts Berlin
24.04.2025Berlin hat in den letzten beiden Jahrzehnten einen beeindruckenden wirtschaftlichen Aufholprozess geschafft, auch wenn der Abstand im Bruttoinlandsprodukt/Kopf zu den anderen Stadtstaaten, aber auch zu Bayern, Baden-Württemberg und Hessen immer noch beträchtlich ist. Getragen wurde dieser Aufholprozess von den Spitzentechnologiesektoren (hier insb. die Informations- und Kommunikationstechnologie und die wissensintensiven Dienstleistungen mit hohem Technologieniveau), in denen in Berlin inzwischen 10 % der Beschäftigten arbeiten – deutlich mehr als in allen anderen Bundesländern. Dieser Vorsprung ist nicht zuletzt einem in diesen Bereichen besonders intensiven Gründungsgeschehen zu verdanken. Hinzu kommt eine herausragende Wissenschaftslandschaft mit einer breiten disziplinären Basis, so dass in Berlin mehr als 18 von 1000 Erwerbstätigen unmittelbar an Forschung und Entwicklung (FuE) beteiligt sind – ein Wert, der nur in Baden-Württemberg und Bayern übertroffen wird. Allerdings wird dort das FuE-Geschehen deutlich stärker von Wirtschaftsunternehmen getragen, die jeweils mehr als 70 % des FuE-Personals beschäftigen (in Berlin: 36 %) und zwischen 72 und 82 % der FuE-Ausgaben tätigen (in Berlin: 35 %, alle Angaben aus Bundesbericht Forschung und Innovation).
Maßgeblich für diesen Unterschied ist, dass in Deutschland das privatwirtschaftliche Innovationsgeschehen (und die entsprechenden FuE-Aktivitäten) immer noch vornehmlich auf Großunternehmen, d. h. vor allem auf große Industrieunternehmen, zurückgeht. Richtig große Privatunternehmen (vor allem aus dem Industriebereich) weist Berlin aber kaum auf. Wenn die Wirtschaft in Berlin sich dennoch innovationsfreudiger zeigt als im Bundesdurchschnitt, so ist dies vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu verdanken, die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt hier häufiger engagiert sind und dabei auch einen höheren Anteil ihres Umsatzes für Innovations- und FuE-Aktivitäten aufwenden. Dementsprechend fällt der Innovationserfolg – gemessen am Umsatzanteil von Produkt- oder gar Marktneuheiten – bei den Berliner KMU höher aus als im Bundesdurchschnitt, während die Berliner Großunternehmen im Vergleich schlechter abschneiden. Festzuhalten ist dabei, dass Berliner Unternehmen in der jüngsten Innovationserhebung (von 2023, Technologiestiftung) an erster Stelle zwar die innovationsimmanenten Wirtschaftlichkeitsrisiken und zu hohe Kosten als Innovationshemmnis anführen (jeweils 39 %), gleich danach aber einen Mangel an Fachpersonal als zweitwichtigstes Innovationshemmnis beklagen (37 % der Unternehmen), gefolgt von Finanzierungsproblemen (33 %) und fehlender Kundenakzeptanz/Marktnachfrage (27 %). Gerade weil Berlin für seine wirtschaftliche Entwicklung so stark auf seine kleinen und mittleren Unternehmen angewiesen ist, kommt hier einer aktiven Gründungsförderung und Transferpolitik und der Prüfung neuer Instrumente der Innovationsförderung, die diesen Hemmnissen Rechnung tragen, eine besonders große Bedeutung zu.
Eine Stärke des Wirtschaftsstandorts Berlin liegt darin, dass weiterhin Menschen aus allen Teilen der Welt hierherziehen, ihre Ideen und Schaffenskraft mitbringen und damit Berlins Innovationskraft kontinuierlich und maßgeblich steigern. Die Chance für die nachhaltige Stärkung der Berliner Wirtschaft als Ganzes liegt in ihrer Innovationskraft. In technologischen wie sozialen Innovationen liegen dabei die Möglichkeiten, die digitale und ökologische Transformation der Wirtschaft und der Arbeitswelt zu gestalten. Mit unserem Politikansatz wollen wir gute Arbeit und Teilhabe am Fortschritt für alle Menschen schaffen, unabhängig von ihrem Bildungsabschluss.
Leitgedanke dieses Antrags ist es, die bereits bestehenden Instrumente zur Unterstützung des Wissens- und Technologietransfers und der Gründungsförderung in der Region Berlin-Brandenburg zu verbessern, weiter auszubauen und Lücken kurzfristig zu schließen. Denn die Potenziale des Wissenschaftsstandorts Berlin für Innovationen zur wissensbasierten Stärkung der regionalen Wirtschaft und zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen werden noch unzureichend genutzt. So fällt auf, dass die innovationsaktiven Unternehmen in Berlin zwar eher als im Bundesdurchschnitt die Kooperation mit einer Hochschule oder einer außeruniversitären Forschungseinrichtung suchen, dies im Vergleich zu anderen Ballungsräumen aber eher seltener tun. Und bei der Gründungsdynamik steht Berlin im Bundesländervergleich zwar immer noch auf Platz 1, Hightech-Gründungen und Gründungen in wissensintensiven Dienstleistungen haben daran aber – wie überall – nur einen geringen Anteil (in Berlin 3,4 % bzw. 10,9 %). Und nicht zuletzt sind die Gründungszahlen auch in Berlin – unbeschadet eines jüngsten Anstiegs – über die letzten Jahre deutlich zurückgegangen (vgl. Studien zum Deutschen Innovationssystem). Ziel des Antrags ist es daher, die Lücken bei der Hebung von Innovationspotenzialen (Innovation Gap) sowie bei der Nutzung von Forschungserkenntnissen (Transfer Gap) besser zu schließen und hierfür auch das Gründungsgeschehen wieder nachhaltig zu beleben und dabei wissensintensive Neugründungen stärker in den Fokus zu nehmen.
Bessere Verzahnung von Transfer- und Gründungsförderung
Grundlage dafür ist ein erweitertes Verständnis des klassischen Transferbegriffs, der vornehmlich auf die unmittelbare Kooperation von Wissenschaftseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen abzielt, wobei es gilt, das Knowhow rascher von der Wissenschaft in die Praxis zu bringen. Dieses „Wasserfallmodell“, wonach Forschung Wissen generiert, das nachfolgend durch Innovationen zur Marktreife gebracht wird, entspricht jedoch nicht der Realität. Vielmehr verlaufen diese Prozesse oft simultan und beruhen auf Gegenseitigkeit: Das Wissen von Entwicklern und Anwendern befruchtet sich gegenseitig, und fruchtbare Forschungsimpulse resultieren nicht selten aus praktischen Erfordernissen. Innovation entstehen dabei nicht ausschließlich in Forschungseinrichtungen, sondern auch in Startups und anderen kreativen Ökosystemen. Etablierte Institutionen und junge Unternehmen können deshalb gleichermaßen von einem offenen Austausch profitieren.
Innovationsfördernd wird Wissenstransfer also vor allem, wenn er in beide Richtungen und im besten Fall als Prozess auf Augenhöhe erfolgt. Deshalb geht es zuallererst um eine bessere, d. h. auch nachhaltigere Vernetzungsstruktur im Sinne eines Ökosystems von Wissenschaft und Wirtschaft, Kreativ- sowie öffentlichem und sozialem Sektor, das einen unkomplizierten wechselseitigen Zugang zum gesuchten Wissen bzw. entsprechenden Partnern ermöglicht. Das setzt zunächst eine möglichst große Transparenz über das verfügbare Wissen und deren Träger voraus. Dies ist Aufgabe einer transferorientierten Wissen(schafts)kommunikation. Auch damit ist es aber häufig nicht getan, vielmehr bedarf es zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung kooperativer Innovationsvorhaben nicht selten auch einer Unterstützung im Kooperationsmanagement. Nicht zuletzt vollzieht sich Knowhow-Transfer aus der Wissenschaft über Köpfe, also über Hochschulabsolvent(inn)en und Wissenschaftler(inn)en, die – sei es in abhängige Beschäftigung oder in unternehmerische Selbständigkeit – in die Praxis wechseln. Zu einer wirksameren Innovationsförderung gehören deshalb neben einer verbesserten Vorbereitung auf eine Unternehmensgründung und einer bedarfsgerechten Unterstützung von Startups vermehrte Anstrengungen um einen entsprechend gezielten Personaltransfer, aber auch erleichterte befristete Übergänge von der Praxis in das Wissenschaftssystem und umgekehrt.
Transferorientierte Wissenschaftskommunikation
Noch nie war der wechselseitige Austausch zwischen Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Medien für die Wissenschaftsmündigkeit unserer demokratischen Gesellschaft und ihre Innovationsfähigkeit durch Desinformation, Populismus und direkte Bedrohung der Forschenden so gefährdet und zugleich so wichtig wie heute.
Für einen erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer kommt der Wissenschaftskommunikation eine zentrale Rolle zu. Wissenschaftler:innen müssen motiviert und befähigt werden, die Erkenntnisse und Methoden ihrer Forschungstätigkeit zielgruppengerecht zu erklären. Konzentriert sich hier die Aufmerksamkeit bislang zumeist auf Adressaten in der wissenschaftlichen Community, so muss es künftig vermehrt darum gehen, gezielt potenzielle Anwender:innengruppen anzusprechen. Darüber hinaus ist es heute wichtiger denn je, auch solche gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, die zunehmend wissenschaftsskeptisch geworden sind. Hier gilt es, in der Breite der Gesellschaft Verständnis für die Bedeutung, Voraussetzungen und Reichweite der Ergebnisse freier wissenschaftlicher Arbeit zu schaffen.
Zugleich sollten die vorhandenen Kommunikationsmaßnahmen von den Hochschulen geprüft und ggfs. ausgebaut bzw. verbessert werden. Das betrifft zum einen die Verbesserung der hochschulinternen Kommunikation über Transferanfragen aus Wirtschaft und Gesellschaft und zum anderen die Vernetzung der wissenschaftlichen Einrichtungen und ihrer Transferstellen untereinander. Die jeweiligen Einrichtungen sollten ihre Aktivitäten regelmäßig evaluieren, um Verbesserungspotenziale aufzudecken und voneinander zu lernen.
Vernetzung und Unterstützungsstrukturen ausbauen und stärken
Vielen, insbesondere kleinen Unternehmen, die durchaus innovationsinteressiert sind, mangelt es an den dafür erforderlichen personellen und sachlichen Kapazitäten. Ebenso fehlen den Kleinunternehmen häufig die personellen Ressourcen, um die teils komplexen Anforderungen einer Förderung zu erfüllen. Entsprechende Kapazitäten aufzubauen, ist ihnen aber nicht selten verwehrt, da der Zugang zu privater Finanzierung (z. B. über Bankdarlehen) schwieriger geworden ist und ein Innovationsvorhaben noch riskanter macht. Wichtig ist daher, die bestehenden Unterstützungsstrukturen nicht zuletzt an den Hochschulen zu sichern und zu stärken. Deren Aufgabe ist es, sich nicht nur als Vermittlungsagentur zwischen den eigenen wissenschaftlichen Kapazitäten und hilfesuchenden Unternehmen und anderen Akteuren zu betätigen, sondern auch stärker eigeninitiativ nach potenziellen Kooperationspartnern (outreach) zu suchen und für das Kooperationsmanagement bereit zu stehen, z. B. über die Etablierung von spezifischen Anlaufstellen für KMU (KMU-Büros).
Unterstützungsstrukturen für Transferaktivitäten der Hochschulen müssen so ausgelegt und finanziert werden, dass diese dauerhaft und mit langen Zeithorizonten planen und arbeiten können. Neben den vorhandenen Transferstellen an den Hochschulen sind insbesondere Qualifizierungs- und Anreizsysteme für Wissenschaftler:innen zu entwickeln, die sich im Transfer engagieren. Dies können beispielsweise Lehrentlastungen oder Transfer-Semester sein. Gleichzeitig sollten bestehende Vernetzungsstrukturen, z. B. in Gestalt von Unternehmensnetzwerken gezielt gefördert und im Sinne von Best Practices sichtbarer gemacht werden.
Ebenso kommt den landeseigenen Unternehmen eine wichtige Rolle zu. Sie sollen stärker in Kooperations- und Transferprojekte eingebunden werden. Sofern noch nicht vorhanden, sollen die Betriebe feste Ansprechpartner:innen benennen und aktiv den Austausch mit den Transferstellen der Hochschulen, der Wirtschaftsförderung des Landes wie der Bezirke sowie mit Projekten wie der gemeinsamen Gründungsinitiative der Berliner und Brandenburger Wissenschaftseinrichtungen (UNITE) und mit der Privatwirtschaft suchen.
Mit der Berliner Startup-Agenda wird bereits das Ziel verfolgt die Vernetzung von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen in der Region weiter voranzutreiben. So leiten sich aus dem Kapitel „Stadt der Kooperationen“ bereits viele konkrete Maßnahmen (Reallabore, Maker Spaces, usw.) ab. Die vom Senat verfolgte kontinuierlichen Weiterentwicklung der Agenda ist deshalb wichtig und richtig.
Das noch im Aufbau befindliche Projekt UNITE kann einen wichtigen Nukleus bilden, indem es Aktivitäten der Akteur:innen aus den unterschiedlichen Bereichen (Startups, etablierte Unternehmen, Unternehmensnetzwerke, Hochschulen und Forschungs-/wissenschaftliche Einrichtungen, usw.) zusammenbringt, bündelt und gleichzeitig mehr Transparenz über das Geschehen im Ökosystem sowie zu den Akteur:innen selbst herstellt.
Der Ansatz durch Innovations- und Wissenschaftsorte (Hubs, Labs, (außer)universitäre Forschungseinrichtungen, usw.) an einem Standort, d. h. auf einem Gelände/Raum, Unternehmen, Startups und Wissensarbeiter:innen zusammenzubringen, hat sich als sehr fruchtbar erwiesen und sollte weiter vorangetrieben werden. Dabei entscheidend ist, dass sich wissenschaftliche Techniken und Methoden im Zusammentreffen mit den Fragestellungen der externen Kooperationspartner:innen gegenseitig verstärken, so dass wechselseitiges Lernen und gemeinsame Entwicklung ermöglicht werden.
Darüber hinaus bilden so genannte Transferlabore oft den Nukleus für erfolgreiche Transferaktivitäten. Transferlabore verfolgen die Zielsetzung, in Kooperation mit der Industrie oder Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen eine wissenschaftliche Technik/Methodik bis zur Anwendung zu erproben und weiterzuentwickeln. Ein Lab sollte auf die Forschungsstärken der wissenschaftlichen Einrichtung aufsetzen und das Potenzial haben, auf Anwendungsgebiete in der Wirtschaft der Region übertragbar zu sein. Für eine dauerhafte Verankerung von Transferlaboren im regionalen Innovationssystem müssen diese langfristig angelegt sein. Dabei ist ausreichend Zeit und eine auskömmliche Finanzierung für den Aufbau einzuplanen.
Auch das Instrument der Reallabore ist hier sehr gut geeignet. Reallabore ermöglichen das Testen und Ausprobieren von Innovationen unter realen Umgebungsbedingungen in einem möglichst frühen Entwicklungsstadium. Sie sind zugleich räumlich wie zeitlich begrenzt und können häufig unter vereinfachten regulatorischen Bedingungen stattfinden. Die aus der Erprobung gewonnenen Erkenntnisse fließen dann sowohl in die Weiterentwicklung der Innovation als auch in die Weiterentwicklung und Ausgestaltung des Rechtsrahmens mit ein. Reallabore leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Innovationstätigkeiten in unserer Region.
Unterstützung wissensintensiver Neugründungen
Professionelle Beratung und Begleitung des Transferprozesses in Bezug auf die Übersetzung einer aus der Wissenschaft heraus geborenen Idee in ein unternehmerisches, wirtschaftliches Geschäftsmodell sind dabei essenziell. Das schließt die Beratung zur Akquise von Gründungskapital (staatliche IBB/KfW-Förderung als auch privates Kapital) mit ein. Hier kann der Ausbau bestehender Kontaktmessen und Beratungsformate maßgeblich unterstützen. Nicht zuletzt sind jedoch auch die Finanzierungsmöglichkeiten, insbesondere in der Gründungsvorbereitungsphase (pre-seed) und für ein angestrebtes Wachstum durch Skalierung des Geschäftsmodells (business development) zu verbessern.
Um die Qualität der Gründungsberatung zu steigern, stellen die Gründungszentren eine sehr gute Ausgangsbasis dar. Sie sollen beim Ausbau ihres Beratungsangebotes sowie bei der Steigerung von Qualität und Quantität der Beratung weiterhin unterstützt werden. In Bezug auf Finanzierung und Anreizsysteme sind eine langfristige Planbarkeit (über die Jährigkeit von Haushaltsansätzen hinaus) bzgl. verfügbarer Fördermittel anzustreben. Je nach Umfang der Unterstützung und nicht zuletzt, wenn Forschungs- und Entwicklungsergebnisse oder Patente maßgebliche Basis der Gründung sind, sollen die Gründungszentren bzw. die jeweilige Hochschule in angemessenem Maße am Erfolg des Startups beteiligt werden (z. B. durch eine prozentuale Beteiligung am Unternehmen oder eine Lizenzgebühr).
Neue Produktideen, vor allem wenn es sich um echte Marktneuheiten handelt, stoßen nicht selten auf Akzeptanzprobleme, weil mögliche Abnehmer an den Vorteilen zweifeln. Das gilt vor allem für junge Unternehmen, bei denen zusätzlich Unsicherheit an ihrer Zuverlässigkeit besteht. Viele Innovationsideen und Gründungen scheitern deshalb an derartigen Marktzutrittsbarrieren. Hier können, wie von der Bundesagentur für Sprunginnovationen vorgeschlagen, öffentlich finanzierte Entwicklungswettbewerbe helfen, die bis zum geprüften Produkt geführt werden und mit einem „Advanced Market Commitment“, d. h. einer Vereinbarung, das Produkt zu kaufen, wenn es dann produziert wird. Unmittelbarer an konkreten öffentlichen Bedarfen ansetzen würde eine stärkere Nutzung der neuen Instrumente im Wettbewerbs- und Vergaberecht, die von der EU schon 2014 eingeführt worden sind. Insbesondere mit der „vorkommerziellen Auftragsvergabe (PCP)“ können durch das öffentliche Beschaffungswesen Innovationen angestoßen werden, die im Erfolgsfall dann auch gekauft (PPI) werden, wodurch der Öffentliche Hand gleichsam auch zum Referenzkunden für neue Produkte und Dienstleistungen – auch von jungen Unternehmen – wird.
Für eine integrierte Transferstrategie
Berlin braucht einen gesamtstrategischen Ansatz in Form einer Transferstrategie, die die vielen Einzelmaßnahmen und Zuständigkeiten systematisiert, nicht nur die Wirtschaft, sondern auch den Sozial- und Kultursektor, die Öffentliche Hand und die Zivilgesellschaft adressiert und den Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen sowie auf wissensintensive Startups, aber auch auf die Nachfolgeproblematik legt. Diese Strategie muss anschlussfähig sein an die Brandenburger Transferstrategie, vor allem aber an die in Überarbeitung befindliche länderübergreifende Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg (InnoBB). Darüber hinaus soll die Strategie eine schlanke Indikatorik beinhalten, um vor allem die Wirksamkeit der verschiedenen Maßnahmen und Strukturen evaluieren zu können.
Eine solche Strategie muss aufbauen auf einer Bestandsaufnahme und auf einem Abgleich der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Potenziale in der Region, wobei an die Profilbildungsprozesse der Hochschulen und an die bestehenden Clusterschwerpunkte angeknüpft werden kann. Ferner wären dabei auch die vordringlichen gesellschaftlichen Bedarfe zu erfassen und die Nachhaltigkeitsziele zu berücksichtigen. Ohne einer solchen Bestandsaufnahme vorzugreifen, kann schon jetzt festgehalten werden, dass die bestehenden Dekarbonisierungsfahrpläne zahlreiche Anknüpfungspunkte für Innovationen und somit für einen intensivierten Wissens- und Technologietransfer bieten. Gleiches gilt für die wachsenden Digitalisierungsherausforderungen, vor denen jeder Bereich steht. Nicht zuletzt hat eine Berliner Innovations- und Transferstrategie zwingend auch eine industriepolitische Komponente zu beinhalten, wie sie der Steuerungskreis Industriepolitik (SKIP) bereits 2021 empfohlen hatte, denn es gilt, einem weiteren Abbau von Industrie durch den Ausbau wissenintensiver Produktion entgegenzuwirken.
Unsere Forderungen an den Berliner Senat sowie die Abgeordneten der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zur Stärkung der Transferstrukturen in unserer Region:
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf, im Rahmen einer Bestandsaufnahme und qualitativen Evaluation bestehender Strukturen und Instrumente des Wissens- und Technologietransfers eine Stärken-Schwächen-Analyse der Kooperationspraxis zwischen öffentlicher Forschung und Entwicklung auf der einen Seite und Wirtschaft, Öffentlicher Hand und anderen Institutionen und Akteuren der Praxis auf der anderen Seite vorzulegen, aus der sich Hinweise zur Verbesserung der Netzwerkarbeit Ferner soll auch berücksichtigt werden, welchen Einfluss die Dynamik von Startups auf die Unternehmenskultur von Institutionen wie Hochschulen, Forschungsinstituten und großen Unternehmen hat.
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf, auf dieser Basis und im Austausch mit den wissenschaftlichen Einrichtungen und der Wirtschaft in der Stadt eine Transferstrategie für Berlin zu entwickeln. Darüber hinaus ist ein kontinuierliches Monitoring der Wirksamkeit in der Region anhand einer einheitlichen, schlanken Indikatorik vorzusehen.
- Wir fordern dabei eine ganzheitliche Transferstrategie zu entwickeln, die einem erweiterten Transferbegriff folgt und nicht allein auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft abzielt, sondern auch die Innovationserfordernisse der Öffentlichen Verwaltung, der landeseigenen Unternehmen, der Berliner Wirtschaft und des sozialen und kulturellen Sektors adressiert und dabei auch den Notwendigkeiten einer erweiterten Wissenschaftskommunikation Rechnung trägt. Diese Strategie sollte anschlussfähig sein an die bereits vorhandene Transferstrategie Brandenburgs, vor allem aber verknüpft sein mit der in Entwicklung befindlichen Forschungsstrategie Berlins sowie der Berlin-Brandenburgischen Innovationsstrategie (InnoBB).
- Die Transferstrategie soll die Voraussetzungen liefern um
- die Strukturen für den gegenseitigen Transfer zu optimieren,
- Transparenz, Zusammenarbeit und Kommunikation aller Akteur:innen zu verbessern,
- zur Verbesserung der Wettbewerbssituation Berliner Unternehmen und der Wachstumschancen der Berliner Wirtschaft beizutragen
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf, auf die aktive Beteiligung der Wissenschaftseinrichtungen an der Weiterentwicklung der Cluster hinzuwirken. Förderprogramme sollen zukünftig auch über die Landesgrenzen hinausgedacht und angelegt werden (u. a. mit Bezug auf die bereits vorhandenen Förderregularien aus der InnoBB).
- Unabhängig von der noch zu erarbeitenden Transferstrategie und unbenommen der vielfältigen bereits bestehenden Transferaktivitäten, fordern wir bereits jetzt die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf, als konkrete Maßnahmen:
- die Transferstrukturen an den Hochschulen mit gezielter und langfristig angelegter Förderung beim Aufbau einer transferorientierten Zusammenarbeit mit Transferpartner:innen zu unterstützen,
- die Fortführung und Weiterentwicklung ergänzender Landesförderprogramme, welche den erweiterten Transferbegriff (z.B. Unterstützung sozialer Innovationen und Wissenschaftskommunikation) abdecken,
- das Thema Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und dessen Wert für die Stadt Berlin noch besser in die Stadtgesellschaft zu kommunizieren und die Sichtbarkeit für die lokalen Transfer-Akteur:innen zu stärken,
- eine Verbesserung bei den Zeitbudgets für TransferaktivitätenB. durch Lehrentlastungen oder Transfer-Semester zu ermöglichen,
- gemeinsam mit den Hochschulen den regulatorischen Rahmen weiterzuentwickeln, welcher Dritten erleichtert, die Infrastruktur an Wissenschaftseinrichtungen (u. a. Räumlichkeiten, Geräte, Labore) kostendeckend zu nutzen,
- den Fachkräfte- und Personaltransfer zu verbessern (Transfer über Köpfe), u. a. durch die Stärkung des dualen Studiums und der Verbundausbildung sowie des Programms „Innovationsfachkräfte“,
- die aktive und systematischere Vermittlung von Qualifizierungs- und Abschlussarbeiten zu institutionalisieren und eine einheitliche Rahmenvorgabe für die Berücksichtigung von Verschwiegenheits- und Geheimhaltungsklauseln, insbesondere bei der Veröffentlichung von Abschlussarbeiten zu verabschieden,
- Programme wie das Berliner Startup-Stipendium, Gründerinnen-Stipendium sowie das Programm ProValid trotz angespannter Haushaltslage fortzuführen und zu verstärken,
- die Errichtung des Berlin-Brandenburger Startup-Factory-Projekts UNITE insbesondere bei der Gewinnung von Partner:innen aus der Berliner Wirtschaft zu unterstützen. Hierbei gilt es, den Bekanntheitsgrad des Projektes zu verstärken und Multiplikator:inneneffekte in Zusammenarbeit mit den Unternehmensverbänden, den Unternehmensnetzwerken, den Transformationsräten und der Wirtschaftsförderung des Landes (Berlin Partner) sowie der Bezirke (bezirkliche Wirtschaftsförderung) zu nutzen
- Ausgründungen aus Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen einen besseren Zugang zu Gründungskapital in der Startphase zu ermöglichen und gleichzeitig angemessene Formen der Erfolgsbeteiligung für die Wissenschaftseinrichtungen zu schaffen,
- das Instrument der Reallabore verstärkt zur Anwendung zu bringen,
- die einschlägigen Möglichkeiten des Vergaberechts (insbesondere der Vorkommerziellen Auftragsvergabe mit anschließender Kaufoption (PCP/PPI)) bei der Öffentlichen Beschaffung offensiv zu nutzen, um dem eigenen Modernisierungsbedarf durch Mobilisierung innovativer Angebote – auch von Jungunternehmen – nachzukommen und damit gleichzeitig beim breiteren Markteintritt zu unterstützen.
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung sowie die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag auf, den bestehenden Ansatz, über Startup Factories die Startup-Ökosysteme zu fördern, fortzusetzen und die Finanzierungszusagen trotz angespannter Haushaltslage einzuhalten.
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat auf, das bereits vorhandene Wissen aus Transfer und Ausgründung in Form von Daten über Startups und erfolgreiche Transferprojekte in Richtung einer anonymisierten Nutzung in öffentlichen Datenbanken
- Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats auf, bei der derzeitigen Praxis in der Unternehmensausgründungsphase folgende Aspekte zu prüfen:
- Verbesserte Zurverfügungstellung von Fördergeldern für die Gründungen und Unternehmen selbst
- Festlegung von Mindeststandards der Höhe der Beteiligungsansprüche öffentlicher Institutionen bei Ausgründungen
- Festlegung von Mindeststandards der Bedingungen im Patentbereich und bei anderen vergleichbaren IP-Rechten
- wie eine bundesweit einheitliche Handhabung dieser Fälle erreicht werden kann.
Antrag 77/I/2025 Wachstum und Wohlstand nachhaltig sichern durch gute Arbeit und einen zukunftsfähigen, ökologischen und innovativen Industriestandort
24.04.2025Wir befinden uns in einer Zeit der Umbrüche. Wie überall ist auch die Berliner Industrie seit Jahren in einem umfassenden Transformationsprozess. Und wie in anderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen hat sich der Druck durch die Krisen der letzten Jahre erhöht, Veränderungen umfangreicher und vor allem schneller anzugehen. Das betrifft besonders die Energiewirtschaft und daraus folgend die Industrie, die nicht nur auf verlässliche und bezahlbare Energie angewiesen ist, sondern auch den Weg zu einer CO2-neutralen Produktion zügiger angehen muss. Die Berliner Industrie kann mit dem Umfeld einer hervorragenden Forschungs- und Wissenschaftslandschaft in dieser Entwicklung Innovations- und Umsetzungstreiber sein. Zudem ist die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg schon heute DIE Region mit einem hohen Anteil an Erneuerbaren Energien – Tendenz steigend. Brandenburg mit seinen großen umliegenden Flächen und dem Fokus auf Erneuerbare Energien ist hierbei eine nahezu kongeniale Partnerregion. Nachhaltige grüne Produktion ist in Berlin-Brandenburg möglich.
Neben den traditionellen Industriestandorten wie zum Beispiel Siemens und BMW in Spandau, das Gasturbinenwerk von Siemens Energy in Moabit, Bayer im Wedding und Friedrichshain, Mercedes, Gilette und GE in Tempelhof, industriellen KMUs in Lichtenberg und Adlershof sind seit Jahren Betriebe der Innovations- und Digitalisierungsbranche sowie viele StartUps aus der Berliner Wirtschaft und Industrielandschaft nicht mehr wegzudenken. Dies wertet den Wirtschaftsstandort Berlin in hohem Maße auf und stärkt die damit verzahnten Bereiche der direkten industriellen Wertschöpfung. Denn Berlin ist mit über 100.000 Industriearbeitsplätzen und weiteren bis zu 90.000 Arbeitsplätzen in der StartUp-, Digitalisierungs- und Innovationslandschaft ein starker und innovativer Industriestandort, dessen Potenziale längst noch nicht ausgeschöpft sind. Diese sind häufig nicht tarifgebunden und mitbestimmt.
Industrieunternehmen sind tarifgebunden und durch mitbestimmte gute Arbeit gekennzeichnet. Vergleichsweise hohe Einkommen in der Industrie sichern wiederum starke Binnenkaufkraft, die sich stabilisierend auf die Dienstleistungsstruktur der Berliner Stadtgesellschaft auswirkt. All das ist nicht selbstverständlich und bedarf tagtäglicher Arbeit und Fokussierung.
Die Poly-Krise aus den schwierigen Coronajahren, dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine hat zu einer angebotsgetriebenen Inflation, globalen Lieferkettenengpässen und überteuerter Energie geführt. Die zweite US-Trump-Administration mit ihrer absurden Abschottungs- und Zollpolitik wird die Lage der deutschen und damit auch Berliner Industrie weiter verschärfen.
Hinzu kommt der viel zu lange ignorierte Fachkräftemangel, dem unter anderem durch konsequente Bindung der eigenen Belegschaft mit guter Arbeit, Qualifizierung und Weiterbildung sowie durch eine Ausbildungsoffensive begegnet werden muss. Und auch die Auswirkungen der massiven Veränderungen in der Umwelt und beim Klima erfordern ein schnelles Handeln und eine konsequente Dekarbonisierung auch der Industrie.
Berlin und auch Brandenburg haben aber als Produktions-, Wissens- und Energiestandort hervorragende Voraussetzungen, um die zentralen Herausforderungen unserer Zeit mit guten Konzepten zu lösen. So kann sich die Region zum Vorreiter CO2-neutraler Produktion entwickeln und auch zusätzliche Industrieproduktion und -arbeitsplätze durch Re-Shoring (Rückholung) von wichtigen Produkten im Pharma-/Gesundheits-, Mobilitäts- und Energiebereich aufbauen – mit dem Ziel die Wirtschaftsstruktur weiter zu diversifizieren und zu stärken.
Durch eine gute Industrie- und Standortpolitik mit einer gesteuerten und umsichtig durchgeführten Transformation kann die Hauptstadtregion starke industrielle Wachstumsimpulse auslösen, die sich über die Grenzen der Stadt, mindestens auf die gesamte Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, aber auch auf die gesamte Industrielandschaft Ostdeutschlands auswirken können. So würde Berlin nicht nur im Vergleich mit anderen europäischen Hauptstädten aufholen, sondern endlich auch im innerdeutschen Vergleich zur Wirtschaftskraft anderer vergleichbarer Regionen aufschließen.
Wo stehen wir?
Berlin hat in den letzten Jahren seine industrielle Struktur und die ca. 105.000 Arbeitsplätze halten können. Allerdings wurden die vorhandenen Wachstumspotenziale oftmals nicht ausgeschöpft. Unterstützung beispielsweise bei Kooperationen zwischen den leistungsfähigen Wissenschafts- und Hochschulbereichen und Berliner Betrieben sind ausbaufähig.
Zudem spielt die Zusammenarbeit mit Brandenburg zum Beispiel bei den Clustern Energie(Technik) oder Gesundheit eine immer größere Rolle. Durch die Ansiedlung von Tesla ist Brandenburg zudem ein wichtiger Standort in der E-Mobilität geworden. Die Verbindung Brandenburgs und Berlin als Wohnort für viele Beschäftigte in Brandenburg, aber auch bei Themen in Forschung und Entwicklung sowie der Fachkräftegewinnung ist offensichtlich und naheliegend.
Die Abstimmung zwischen den Landesregierungen zu einer zielgerichteten, abgestimmten und effizienten gemeinsame Industriestrategie für die Hauptstadtregion muss an den derzeitigen industriepolitischen Herausforderungen stetig angepasst und ausgebaut werden. Dabei geht es darum, pragmatisch aus den Stärken beider Länder eine stringente, förder- und ansiedlungsfähige gemeinsame Industrielandschaft zu sichern und auszubauen
Wir können noch viel, viel schneller werden!
In der sozialen, ökologischen und demokratischen Transformation entsteht nachhaltige Konkurrenzfähigkeit durch Innovation und Schnelligkeit.
Sozialdemokratische Industriepolitik muss dafür sorgen, dass günstige Voraussetzungen für Wachstumsprozesse der eher mittleren Betriebsgrößen geschaffen werden. Auch wenn Firmenzentralen vermutlich nicht in Größenordnungen nach Berlin geholt werden können, gibt es in der Berliner Industrie genügend leistungsfähige Industriebetriebe, die beispielsweise bei der Fachkräftegewinnung, Weiterbildung und den dringlich bei anstehendem Innovationsdruck benötigten Kooperationen mit den Hochschulen oder anderen Akteuren Unterstützung bräuchten.
Berlin hat seit dem Ende des wiedervereinigungsbedingten Strukturwandels in der Berliner Industrie seit 2005 einen stabilen Besatz an hochmoderner, wenn auch in der Regel kleinteiligerer Industrie als in vergleichbaren anderen Regionen Deutschlands. Auf dieser Basis wollen wir aufbauen und mit einem länderübergreifenden Politikansatz Skalierung und Wachstum hier in der Region ermöglichen.
Die Voraussetzungen dafür sind gut: Wir müssen die aktuellen Herausforderungen in den Unternehmen ernst nehmen und als sozialdemokratische Partei der Arbeit gemeinsam mit den Beschäftigten und ihren DGB-Industriegewerkschaften Lösungen für Berlin und die Hauptstadtregion vorantreiben.
Dafür müssen wir nicht nur räumlich, sondern auch wirtschaftlich neue Wege gehen und die Potenziale der Region nutzen, enger miteinander verzahnen und am Ende eine Region für gute, zukunftsfeste und nachhaltige industrielle Arbeit sein, die Wachstum und Wohlstand in der Region sichert.
Mit diesem Beschluss und seinen folgenden wichtigen Handlungsempfehlungen und Forderungen legt die Berliner SPD die Grundlage dafür.
1) Wir machen sozialdemokratische Industriepolitik für 6,4 Mio. Menschen, welche die Standortvorteile Berlins und der Metropolregion als Ganzes ausspielt
Standort Berlin / Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg
Berlins Wirtschaft ist vorwiegend kleinteilig. Ein industriepolitischer Ansatz für die Region Berlin-Brandenburg muss daher alle Größenklassen von Unternehmen umfassen und dabei auf die Schaffung diverser, resilienter Ökosysteme ausgerichtet sein.
Eine der wichtigsten Zielstellungen der Politik ist es dabei, gemeinsam mit den Sozialpartnern, Verbänden, Unternehmensnetzwerken und Transformationsnetzwerken die Vernetzung und Interaktion zwischen den Unternehmen und Branchen zu intensivieren, also zwischen den Unternehmen der Digitalwirtschaft, des Handwerks, des verarbeiteten Gewerbes bis hin zum industriellen Großbetrieb auf einen engen und regelmäßigen Austausch der Akteur:innen hinzuwirken.
Dabei stellen wir auf die Wertschöpfungsketten und die Vertiefung der Wertschöpfung in der Hauptstadtregion ab. Daher ist zwangsläufig ein weitreichender, integrativer Ansatz erforderlich, welcher weniger einen speziellen Technologie- oder Trendfokus einnimmt, sondern auf die Wachstumschancen der bereits am Standort angesiedelten traditionellen Unternehmen sowie auf Innovationen und junge Branchen abstellt.
Industriepolitik ist für uns deshalb stets auch Innovationspolitik.
Nur dort, wo regelmäßiger Austausch über Ideen und Erfahrungen stattfindet, können die Potenziale der Region gehoben werden. Die Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Innovationskorridoren ist hier ein gutes Beispiel. Im Innovationskorridor Berlin-Lausitz sollen unterstützt durch die enge Zusammenarbeit von Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) und der WISTA Energiewendelösungen entwickelt und zur Marktreife gebracht werden. Diese Entwicklung soll fortgesetzt und weiter unterstützt werden.
Berlin ist zudem aufgefordert, regelmäßig an dem Brandenburger Bündnis für Industrie teilzunehmen und seinen Gaststatus dazu zu nutzen, auf eine engere Verzahnung der Industriepolitik Brandenburgs mit der Berliner Industriepolitik hinzuwirken. Der „Strategische Gesamtrahmen Hauptstadtregion“ soll ebenfalls weiterentwickelt werden.
Die Intensivierung der Zusammenarbeit beider Länder bei der gemeinsamen Innovations- und Industriepolitik kann nur gelingen, wenn sich die Zusammenarbeit auch in den Institutionen abbildet. Diese notwendige Industriepolitik aus einem Guss für die Hauptstadtregion bedarf einer kontinuierlichen Abstimmung und politischen Steuerung. Die beiden Bundesländer Berlin und Brandenburg schaffen einen gemeinsamen „Industrieboard“, in dessen Geschäftsstelle die Steuerung industriepolitischen Aufgaben aus beiden Ländern koordiniert wird. Der*Die Vorsitzend*e des Industrieboards berichtet regelmäßig den Landeskabinetten und ist beratendes Mitglied der Aufsichtsgremien der Wirtschaftsförderungen der Länder Berlin und Brandenburg. So können die beiden Industrieländer Berlin und Brandenburg ihre Industriepotenziale in der Konkurrenz der Regionen und angesichts der Herausforderungen der industriellen Dekarbonisierung und Transformation optimal nutzen.
Resiliente Wertschöpfung
Als die größte Herausforderung und zugleich Chance für unsere Region sehen wir die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität. Unbeirrt einer erneuten amerikanischen Kehrtwende in der Klimapolitik sind wir der festen Überzeugung, dass nur eine klimaneutrale Wirtschaft die Lebensbedingungen der Menschen auch in Zukunft bewahren kann und zugleich auch unseren künftigen Wohlstand sichern wird. Klimaneutrale Produkte und Fertigungstechniken aus unserer Region haben das Potenzial, zum Exportschlager zu werden. Unsere Industrie- und Innovationspolitik wird die hiesige Wirtschaft auf diesem Weg unterstützen.
Zugleich besteht in einer möglichst vielfältigen Branchenmischung der Wirtschaft in unserer Region die notwendige Resilienz, um gegenüber gegenwärtigen und zukünftigen Krisen zu bestehen. Den Erhalt dieser Vielfalt und die Bereicherung durch neue Ideen, Produkte und Technologien werden wir daher weiterhin unterstützen.
2) Stärken ausbauen: Energietechnik – Mobilitätstechnik – Gesundheit/Pharma
Für sozialdemokratische Industriepolitik bedeutet das auch, dort den Fokus zu setzen, wo bereits eine gute industrielle Basis besteht und es Berlin bei Einsatz seiner Stärken gelingen kann, Benchmarks zu setzen und zukunfts- und konkurrenzfähige Industrien zu sichern.
In Berlin sind hierfür drei industrielle Bereiche besonders prädestiniert: Energie- und Mobilitätstechnik sowie die Pharma- und Medizintechnikindustrie.
Energietechnik
Durch die Orientierung an das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erfordert die Klimawende einen Umbau der Energieversorgung hin zu mehr Unabhängigkeit, Erneuerbaren Energie und Dekarbonisierung als Hauptziel des Umbaus der Energiewirtschaft. Durch den russischen Angriffskrieg und den daraus resultierenden Verzicht auf den industriellen Hauptenergieträger russisches Gas hat sich die Notwendigkeit des energiepolitischen Umbaus der Industrie weiter verschärft und beschleunigt.
Die Produktion von Anlagen und Ausrüstungen zur Umwandlung, zum Transport und zur Verwendung von Energie (Energietechnik) hat in Berlin eine große Tradition und ist mit einem Schwerpunkt in der Turbinentechnik bisher in starkem Maße auf Anlagen zur Nutzung fossiler Energieträger sowie auf Ausrüstungen für den Stromtransport ausgerichtet. Das bietet für verschiedene Berliner Betriebe gute Möglichkeiten, ihre Kompetenzen für weitere Innovationen auf den Feldern regenerative Erzeugung und Transport von Strom und Wasserstoff sowie Abscheidung, Transport und Lagerung von CO2 zu nutzen, und zwar mit Blick auf den weltweiten Markt.
Wichtigster Energieträger für eine klimaschonende Wirtschafts- und Lebensweise wird in Zukunft Strom sein, so dass der Bedarf an Ausrüstungen für die regenerative Erzeugung, den Transport und die Umwandlung von Strom steigen wird. Darüber hinaus wird Wasserstoff als Energieträger für Teile der (Schwer)Industrie die zentrale Rolle spielen.
Hier werden besonders Innovationen im Bereich von Elektrolyseuren, wasserstoffbetriebene Turbinen, aber auch industrielle Energieeffizienz durch Digitalisierung und KI-Einsatz eine wichtige Rolle spielen. Hinzu kommt der sich gerade entwickelnde Markt der Speichertechnologien – allein durch die Nähe zu Brandenburg und seiner in der Menge nicht zu nutzenden Erneuerbaren Energie besteht ein riesiges Wertschöpfungsfeld direkt vor den Toren unserer Stadt.
Mobilität
Auch die Automobilindustrie steht auf der einen Seite vor der großen Herausforderung der Antriebswende, also Dekarbonisierung des Antriebs hin zur E-Mobilität. Auf der anderen Seite erfordert die Mobilitätswende u. a. eine grundsätzliche Hinwendung zu schienengebundenem, elektrifiziertem Verkehr, sei es durch die Tram, U- und S-Bahnen oder den Regionalverkehr zur Vernetzung Berlins in die Hauptstadtregion und damit Vermeidung von unnötigen Pendel-Individualverkehren.
Hinzu kommen Bedarfe nach autonomem Fahren, um Fachkräftemangel durch Demografie und schwierigen Arbeitsbedingungen z.B. durch Schichtverkehre entgegenzuwirken. Eine intelligente Vernetzung unterschiedlicher Verkehre hin zu einem integrierten Verkehrskonzept, der Ausbau der Ladeinfrastruktur und intelligente Energiesteuerung durch Smart Homes und bidirektionales Laden der zunehmenden E-Mobilflotte sind zukünftige Nutzungen, die einen hohen industriellen Skalierungsgrad haben.
In Berlin gibt es sowohl für den Automobil- als auch für den Schienenverkehr große industrielle Hersteller, die sich bereits mit der notwendigen Transformation auseinandersetzen, wenn auch nicht immer und überall in der notwendigen Geschwindigkeit und Konsequenz.
E-Mobilität und Mobilitätswende sind zentrale Industriebereiche der Zukunft. Berlin bietet auch hier eine hervorragende Basis zur industriellen Sicherung vorhandener Arbeit und dessen Ausbau.
In Berlin arbeiten und forschen Universitäten, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Startups mit Digitalisierungs- und Innovationsschwerpunkten so wie traditionelle Ingenieurdienstleister und Forschungsabteilungen großer Industrieunternehmen in diesem Themenfeld und können für viele Bereiche industriell skalierbare Lösungen anbieten.
Pharma- und Medizintechnikindustrie
Insbesondere die Pharmazeutische Industrie, aber auch die Medizintechnik sind seit jeher stark durch Forschung und Entwicklung geprägt. Speziell für forschende Pharmahersteller ergeben sich aus den hohen FuE-Budgets hohe Finanzierungsbedarfe und damit auch Risiken; Fehlentwicklungen sind oftmals sehr teuer. Umso bedeutsamer sind erfolgreiche Innovationsprozesse, die stark von Kapitalverfügbarkeit und effektiver Vernetzung mit öffentlicher FuE (Grundlagenforschung) und anderen Marktteilnehmenden abhängen. In der Pharmaindustrie wurden mittlerweile Unternehmensstrategien auch dahingehend angepasst, Innovationen durch große Pharmaunternehmen teilweise an kleine Spezialisten „auszulagern“.
Der Nutzen der (in Berlin stark vertretenen) Grundlagenforschung an öffentlichen Institutionen und Hochschulen im Hinblick auf ihren Wert für Produktinnovationen wird in der Pharmaindustrie allerdings als gering eingeschätzt, auch wenn sich das im Nachgang der Coronapandemie vor allem im Bereich der Gen- und Zelltherapie stark geändert hat. Mit der Charité verfügt Berlin zudem über einen international anerkannten Leuchtturm. In der Medizintechnik hat sich mittlerweile eine gute industrielle Basis in Berlin etabliert, die es weiter auszubauen gilt.
Die „Berliner Erklärung: Zukunft Pharma“ von Senat und Berliner Pharma-Unternehmen geht in die richtige Richtung, in dem sie auf die Steigerung von Investitionen am Standort Berlin, die Sicherung von Fachkräften und die Verbesserung der Standortbedingungen abzielt.
Am Standort Berlin sind inzwischen über 40 führende Pharmaunternehmen und rund 280 Biotech-Firmen ansässig, die zusammen etwa Branche etwa 10.000 Fachkräfte beschäftigen und dabei einen Gesamtumsatz von rund 7,4 Mrd. Euro erwirtschaften.
Die Lieferengpässe der letzten Jahre im Pharmabereich haben gezeigt, dass wie in vielen anderen Bereichen wie zum Beispiel bei Halbleitern und Batterietechnik auch hier verstärkte „Re-Shoring“-Aktivitäten – also ein Zurückholen von Produktion – sinnvoll sein können im Rahmen einer Resilienzstrategie. Potenziale dafür wollen wir perspektivisch im Bündnis mit der Pharmaindustrie und der zuständigen Gewerkschaft IG BCE prüfen.
Unsere Forderungen: Gezielte Förderung und Unterstützung von Tariftreue und Mitbestimmung
In allen drei oben genannten Bereichen arbeiten große Traditionsunternehmen seit langem in Berlin, sind hervorragende Forschungs- und Wissenschaftsstandards vorhanden und werden durch Startup, KMUs und Hidden Champions bereits Zukunftstechnologien entwickelt. Diese Bereiche zusammenzubringen für einen starken industriellen Kern in der Stadt ist Aufgabe sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik. Das bedeutet im Einzelnen:
- Etablierung eines Steuerungsformates oder Reform des Steuerungskreises Industriepolitik (SKIP), in dem die regionalen Zukunftsbranchen gemeinsam betrachtet, Förderungen entwickelt und vor allem die Vernetzung aus FuE, Startups und Innovationstreibern mit der Industrie bearbeitet wird, um eine industrielle Skalierung in der Hauptstadtregion und damit mehr und zukunftssichere gute Industriearbeit in der Region anzusiedeln. Hier sind vorrangig die Sozialpartner, also die betroffenen Gewerkschaften und Unternehmensverbände einzubinden.
- Die Vernetzung von Forschungsergebnissen aus der öffentlichen Grundlagenforschung mit der Industrie muss stärker ausgebaut werden. Hier sind bestehende Konzepte zu prüfen und auf einen besseren Transfer abzielende Konzepte zu entwickeln. Gleichzeitig sollten die Rahmenbedingungen für Transfer und Translation von Grundlagenforschung in die Anwendungsforschung und industriellen Skalierung verbessert werden.
- Investitionen und Kooperationen im Mobilitätsbereich sind vor allem für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zu realisieren und unterliegen den Grundsatz der Dekarbonisierung und der integrierten Verkehrspolitik mit Schwerpunkt öffentlicher Verkehre.
- Zukunftstechnologien und deren Entwicklung brauchen Kapital. Instrumente zur öffentlichen Förderung und Finanzierung von öffentlicher FuE sowie privater Startups sind auszubauen. Dabei sollen insbesondere Maßnahmen zur Erschließung privaten Kapitals (Venture Capital und andere Finanzierungsformen) verstärkt werden und weitere Maßnahmen (abgestimmt auf die Maßnahmen des Bundes) zur Aktivierung privater Finanzierung entwickelt werden.
- Unterstützung zur FuE sowie zur industriellen Skalierung ist immer daran zu binden, dass diese in der Region Arbeit sichert und neue schafft. Einer Verlagerung industrieller Skalierung in andere Regionen ist durch Schaffung regionaler Kooperationen mit vor Ort arbeitenden Unternehmen/Betriebsstandorte entgegenzuwirken.
3) Innovationsumfeld stärken
Kooperationen mit der Wirtschaft
Entscheidend für die Stärkung der industriellen Basis in der Hauptstadtregion ist auch ein vitales Innovationsumfeld. Zum einen erfordern die Herausforderungen aus den transformatorischen Aufgaben eine Vielzahl an Innovationen, wie bspw. zur Steigerung der Energieeffizienz, zur Dekarbonisierung der Produktion sowie zur Nutzung der Möglichkeiten aus der Digitalisierung. Zum anderen bieten Innovationen die Chance, Zukunftsbranchen zu erschließen und nachhaltig Wirtschaftswachstum und Gute Arbeit in unserer Region zu sichern.
Die Wirtschaftsstruktur in Berlin und Brandenburg ist vorwiegend von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt. In Berlin zählen rund 98 % aller Betriebe zu den KMU (bis zu 50 Beschäftigte), welche zugleich deutschlandweit rd. 83% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stellen. Damit sind die Voraussetzungen und Anforderungen an die Industriepolitik andere als bspw. im Südwesten Deutschlands. Festzustellen ist auch, dass die meisten der kleinen Unternehmen meist nicht über ausreichend Mittel und Kapazitäten für eigene Forschung und Entwicklung verfügen und zugleich mit den Herausforderungen der Digitalisierung ebenfalls stark beansprucht sind.
Gemeinsame Projekte von Startups mit der etablierten Wirtschaft bieten einen Lösungsansatz sind jedoch seit Jahren rückläufig und der Anteil an Kooperationsmöglichkeiten verharrt nach wie vor auf sehr niedrigem Niveau. Damit bleiben viele Potenziale aus möglichen Kooperationen etablierter und junger Unternehmen in der Hauptstadtregion ungenutzt, was letztlich negative Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft und die Wirtschaftskraft in der Region hat.
Um diese Innovations- und Wachstumspotenziale besser zu nutzen, fordern wir die stärkere Unterstützung bei der Vernetzung etablierter, kleiner und mittelständischer Unternehmen mit überregionalen Großunternehmen. Darüber hinaus soll ein intensiverer Austausch mit den wissenschaftlichen Einrichtungen und Hochschulen in unserer Region mit den ansässigen Unternehmen erfolgen und hierbei bestehende Strukturen, z.B. in Gestalt von Unternehmensnetzwerken und Kooperationen gestärkt und im Sinne von Best Practice sichtbarer werden. Dabei sollte auch über eine Weiterentwicklung der Initiative Mehrwert Berlin nachgedacht werden, um die landeseigenen Unternehmen noch besser in die Vernetzung mit einzubinden. Ferner müssen wichtige Vernetzungsstrukturen wie das Werner-von-Siemens-Center abgesichert und unter Einbindung der Sozialpartner stärker genutzt werden
Hierzu braucht es zum einen finanzielle Unterstützung (u.a. eine auskömmliche Förderung). Zum anderen aber auch einen umfassenden strategischen Ansatz, bspw. in Form einer Transferstrategie (wie sie Brandenburg bereits 2019 vorgelegt hat), um Kooperationen gezielt zu entwickeln und zu stärken. Ziel muss es sein, den Zugang zu Wissen gerade für kleine und mittelständische Unternehmen zugänglicher zu machen. Ebenso sollte die bestehende Clusterstrategie beider Länder weiterentwickelt werden.
Innovationsfähigkeit stärken und mehr Mut zur Gründung
Die Stärke des Berliner Startup-Ökosystem und die Widerstandsfähigkeit der Berliner Wirtschaft hat sich in den Krisen der letzten Jahre (Corona-Pandemie, Energiekrise) bewiesen. Dieser Erfolg ist auch auf den kontinuierlichen Ausbau der Förder-, Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Gründerinnen und Gründer sowie eine aktiv verfolgte Ansiedlungsstrategie über Berlin Partner zurückzuführen. Diese an vielen Stellen herausgebildeten Unterstützungsstrukturen gilt es weiterhin zu stärken, intensiver zu vernetzen und zusammenzuführen.
Die große Chance für ein weiterhin wachsendes Startup-Ökosystem und die nachhaltige Stärkung der Berliner Wirtschaft als Ganzes liegt in deren Innovationsfähigkeit und der Möglichkeit, Innovationen „schnell auf die Straße zu bringen“ und Einzelfertigungen in die Serie zur bringen (klassische Skalierung). Darüber hinaus liegen in technologischen wie in nicht-technologischen Innovationen die Möglichkeiten, die digitale und ökologische Transformation zu gestalten und mit Wirtschaftswachstum und Guter Arbeit zu verbinden.
Die Grundlage für einen industriepolitischen Ansatz für die Metropolregion Berlin-Brandenburg wird daher stets die gesamte Wertschöpfung über Branchen- und Clustergrenzen hinaus sein und dem Leitgedanken folgen, dass Innovationen hier erdacht, ausprobiert, in Serie produziert und angewendet werden sollen und am Ende Bestandteil eines Wirtschaftskreislaufs sind, welcher den Anforderungen einer ressourcenschonenden, nachhaltigen und klimagerechten Wirtschaft gerecht wird. Dabei haben wir bei der Betrachtung von Wertschöpfungsketten alle Qualifikationsniveaus im Blick.
Fortlaufend werden immer mehr Prozesse digitalisiert und teilweise von KI übernommen. Dies ist wichtig, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und Arbeitnehmende zu entlasten. Dabei muss aber stets der Mensch im Vordergrund stehen und die KI-Implementierung mitbestimmt erfolgen. Dabei setzen wir uns für Umschulung und Qualifizierung von durch KI-Einführung gefährdeten Arbeits- und Fachkräften ein.
Gute Arbeit bedeutet auch die Teilhabe sowie Mitbestimmung von Beschäftigten an der Ausgestaltung von Arbeitsprozessen. Hier soll und kann KI unterstützen und Arbeitsbedingungen verbessern. Die KI darf jedoch nicht als reines Überwachungs- und Kontrollelement eingesetzt werden und damit fundamentale Rechte von Beschäftigten beeinträchtigen.
Die Berliner Industrie inklusive der landeseigenen Unternehmen bieten mit ihren Dekarbonisierungsfahrplänen zahlreiche Potenziale und Anknüpfungspunkte für Innovationen und einen erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer. Aus der Nachfrage dieser Unternehmen nach innovativen Lösungen im Bereich Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Digitalisierung usw. können in Kooperation mit den Hochschulen, Startups und etablierten Unternehmen neue Produkte und Unternehmen hervorgehen.
Zugleich brauchen wir Absolvent:innen, die sich für eine Unternehmensgründung entscheiden, wenngleich die guten Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt angesichts des Fachkräftemangels die Entscheidung für eine risikobehaftete Gründung schwieriger gemacht haben. Hier gilt es mit geeigneten Maßnahmen der Information, Beratung und praxisnahem Erfahrungsaustausch für potenzielle Gründer:innen gegenzusteuern.
Die schnelle Umsetzung von Ideen und Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung in die Anwendung ist eine Gelingensbedingung für die Stärkung der Innovationskraft in unserer Region. Das Instrument der Reallabore soll hierfür verstärkt Anwendung finden und die Nutzung von Reallaboren der Energiewende deutlich ausgeweitet werden.
Ebenso sollte der Ansatz von Advance Market Commitments – wie sie das Bundeswirtschaftsministerium vorschlägt – in der Anwendung über landeseigene Unternehmen geprüft werden. Hierbei bekennt sich die öffentliche Hand (z.B. über Ihre Betriebe) zu Innovationen und reizt über Kauf- oder Subventionszusagen für ein erfolgreich entwickeltes Produkt die Entwicklung privatwirtschaftlicher Lösungen von Herausforderungen an.
Die EU-Kommission hat mit ihrem Ende Februar 2025 vorgelegten „Clean Industrial Deal“ lang überfällige Richtlinien und Maßnahmen für einen gemeinsamen europäischen Weg hin zu einer zukunfts- und wettbewerbsfähigen klimaneutralen Industrie vorgelegt. Diese Chancen müssen wir nutzen und umsetzen. Für die Dekarbonisierung der Industrie werden Fördermittel bereitgestellt, durch die Einführung von Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien sowie des Kriteriums „Made in Europe“ in das öffentliche und private Beschaffungswesen zu einer Steigerung der Nachfrage nach sauberen Produkten aus der EU führen und die EU-Beihilferegelungen werden angepasst, sodass die Genehmigung von staatlichen Beihilfen für die Einführung erneuerbarer Energien erleichtert wird.
Ergänzt wird dies durch Projekte der Forschungs- und Investitionsförderung sowie einem erleichterten Fachkräfteaustausch und innereuropäischen Weiterbildungsangebot. Des Weiteren wird es europäischen Unternehmen ermöglicht, sich zusammenzuschließen und ihre Nachfrage nach kritischen Rohstoffen zu bündeln. Die vielfältige Industrielandschaft Berlins kann umfassend von diesen Maßnahmen profitieren. Dafür müssen sie politisch begleitet und ein intensiver europäischer Austausch gepflegt werden. Um Abhängigkeiten von autokratischen Staaten zu reduzieren, bedarf es eine nachhaltigere Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern und ein größeres Vertrauen in die EU.
Der Ansatz, mit Innovations-, Wissenschaftsorten bzw. so genannten Transferlaboren (Hubs, Labs, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, usw.) an einem Ort Unternehmen, Start-ups zusammenzubringen (z.B. an Zukunftsorten) hat sich als sehr fruchtbar erwiesen und sollte ausgebaut und durch die Verstärkung von Beratungsformaten und -kapazitäten weiter vorangetrieben werden. Dabei entscheidend ist, dass sich wissenschaftliche Techniken und Methoden im Zusammentreffen mit den Fragestellungen der externen Kooperationspartner gegenseitig befeuern, so dass wechselseitiges Lernen und gemeinsame Entwicklung ermöglicht wird.
Wir fordern daher:
- Das bestehende Konzept der Zukunftsorte fortzuführen und weiter auszubauen.
- Hub- und Labstrukturen weiterzuentwickeln und enger mit den Transferstrukturen der Hochschulen, den Unternehmensnetzwerken und landeseigenen Unternehmen zu verzahnen
- Den Ansatz der Reallabore auszubauen und mit den Transferaktivitäten der Hochschulen enger abzustimmen.
- Die bezirkliche Wirtschaftsförderung personell und finanziell zu stärken
- Die Vernetzung von bezirklicher Wirtschaftsförderung, der Wirtschaftsförderung des Landes und den Unternehmensnetzwerken sowie den Hochschulen zu unterstützen, auszubauen und zugleich Doppelstrukturen abzubauen.
- Eine mit Brandenburg abgestimmte Transferstrategie zu entwickeln, welche sich der Potenziale der Berlin-Brandenburger Hochschullandschaft annimmt und zu einem besseren Austausch etablierter Unternehmen, Startups sowie Einrichtungen aus Wissenschaft und Forschung führt.
- Die bestehenden Förder- und Unterstützungsinstrumente stärker auf die Wertschöpfung in der Region und deren Skalierung zu fokussieren.
- Die Chancen aus den geänderten beihilferechtlichen und vergaberechtlichen Regelungen des Clean Industrial Deal zur Stärkung der Industrie in unserer Region nutzen.
4) Industrie braucht Fläche. Beschäftigte brauchen bezahlbares Wohnen
Industrieflächen sichern
Industrielle Entwicklung hängt unmittelbar mit Flächenpotenzialen zusammen. Das betrifft nicht nur die Ansiedlung, sondern auch die Bestandsunternehmen. Wenn diese sich nicht räumlich in ihrem unmittelbaren Umfeld entwickeln können, dann bevorzugen sie eine gänzliche Verlagerung in Gebiete, die dies ermöglichen – im Falle von Berlin am ehesten nach Brandenburg.
Gleichermaßen wichtig ist gerade für Unternehmen in Berlin die Nähe zu industriellen Dienstleistern, Startups und Forschung und Entwicklung. Auch diese benötigen bezahlbare Gewerbeflächen.
In Berlin sind Flächen ein knappes Gut, dass unter einem hohen Konkurrenzdruck steht. Auch wenn sich viele Industriebereiche gewandelt haben, sind die Bedarfe beim produzierenden Gewerbe nach wie vor durch Sicherheitsbedarfe, Emissionen sowie durch Individual- und Wirtschaftsverkehre (Ver- und Entsorgung, Lieferverkehre) bestimmt. Konflikte mit zum Beispiel heranrückendem Wohnungsbau sind dort vorprogrammiert, wo direkt an Gewerbegebieten gebaut wird oder gar Teile von Gewerbegebieten umgenutzt werden sollen.
Industrie bleibt aber ein wesentlicher Wirtschaftszweig, der nicht nur gute – also in der Regel tarifgebundene und mitbestimmte – Arbeit sichert, sondern in der Wertschöpfungskette der Stadt eine wichtige Komponente bleibt (u.a. auch als Auftraggeber für die Dienstleistungsbranche). Nicht nur, aber auch, weil im industriellen Bereich die „Karawane“ nicht aufgrund von „Modeerscheinungen“ oder kurzfristigen Förderimpulsen einfach weiterziehen kann.
Wer das industrielle Rückgrat unserer Wirtschaft sichern will, der muss Gewerbeflächen sichern und vor allem bezahlbaren Gewerberaum für kleines produzierendes Gewerbe, Startups, industrienahe Dienstleister und Logistik anbieten. Deswegen ist es folgerichtig, dass auch der neue Stadtentwicklungsplan Wirtschaft 2040 die bisherigen Gewerbeflächen weiter für gewerbliche Nutzungen vorsieht. Durch die Abstimmung des StEP Wirtschaft mit dem StEP Wohnen bezüglich nutzbarer Flächen sollen zukünftige Flächenkonkurrenzen vermieden werden können.
Unsere Forderungen zur Sicherung und Entwicklung von Flächen für die weitere Industrieentwicklung:
- Gemäß dem StEP Wirtschaft 2040 werden die reinen gewerblichen Flächen in der Regel im Umfang voll erhalten. Es ist ein Gremium aus Senat, Bezirken, Sozialpartnern und Wirtschaftsverbänden zu gründen, das bei drohenden Flächenkonkurrenzen über gegebenenfalls notwendige Umwidmungen berät und entscheidet (s.u. Werkswohnen). Grundsätzlich kann aber ein solches Gremium auch den bisher traditionell definierten Industriebegriff prüfen und erweitern, um Nutzungsmöglichkelten zu erweitern und mehr Ansiedlung und Infrastruktur möglich zu machen.
- Die im StEP Wirtschaft 2040 dargestellte Flächenkulisse ist nur zu geringen Anteilen kurzfristig aktivierbar. Wir fordern die Entwicklung eines schlüssigen Konzeptes zur Aktivierung der Flächen.
- Der Verkauf der GSG Gewerbehöfe (2007) war ein großer Fehler. Bezahlbare Gewerbeflächen sind gerade für kleine produzierende Unternehmen und industrienahe Dienstleister entscheidend. Die Gewerbehofinitiative des Senats ist unter Einbeziehung der Sozialpartner auszubauen und abzugleichen mit Möglichkeiten der Ansiedlung in räumlicher Nähe zu in der Stadt befindlichen Industriezentren. Das unterstützt auch sinnvolle Verbünde zur industriellen Transformation.
- Gewerbemieten müssen der Eigentümerwillkür entzogen werden. Es müssen auch im Gewerbemietenbereich endlich wirksame Instrumente entwickelt werden, die mindestens mittelfristige Planungen für Gewerbemieter ermöglichen. Wir brauchen rechtssichere Instrumente zur Regulierung im Bereich der Gewerbemieten. Die SPD ist aufgefordert, hier auf Bundesebene auf nachhaltig wirkende Regeln zu drängen und sie umzusetzen. Bis dahin gilt es, durch Erwerb geeigneter Flächen und Immobilien das landeseigene, bezahlbare Angebot an Gewerbeflächen und Immobilien stetig weiter auszubauen.
Werkswohnen
Schon jetzt zeigt sich, dass fehlender bezahlbarer Wohnraum die Wirtschaftsentwicklung gerade auch in den produzierenden Bereichen und bei Zukunftstechnologien hemmt. Berliner Unternehmen suchen händeringend Fach- und Arbeitskräfte aus aller Welt und die erste Frage, die sich Menschen stellen, ist, ob sie für sich und ihre Familien bezahlbaren Wohnraum finden. Aber auch junge Menschen, die nicht bei ihren Eltern leben können oder wollen und eine Ausbildung anstreben, brauchen bezahlbaren Wohnraum.
Das Land Berlin hat dies bereits für ihre unmittelbaren Arbeitnehmenden erkannt und will gemeinsam mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften „Beschäftigtenwohnungen“ bauen. Damit kommt es einer zentralen Verantwortung als Arbeitgeber nach. Die Aktivitäten über die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften kann den Bedarf allein aber nicht decken. Daher ist hier zwingend auch der private Sektor gefordert und damit diejenigen, die am Ende von guten Fach- und Arbeitskräften profitieren. Da sich aber im Mietwohnungsbereich bewiesen hat, dass der Markt es eben auch hier nicht sozial gerecht regelt und das Land von einer prosperierenden und konkurrenzfähigen Wirtschaft profitiert, muss Berlin eine Initiative für „Werkswohnen“ starten.
Obwohl das Thema Werkswohnen und in jüngster Zeit auch Azubiwohnen immer wieder in den vergangenen Jahren auf Senatsebene oder beim Steuerungskreis Industriepolitik zwischen den Verwaltungen und Sozialpartnern oftmals diskutiert wurde, blieb dies in den vergangenen zehn Jahren ohne belastbare Ergebnisse. Denn es fehlt ein strukturierter Ansatz, um dieses auch in der Tat umzusetzen.
Unsere Forderungen für Werks- und Azubiwohnen:
- Im Falle von bezahlbarem Werkswohnen oder sozialer Infrastruktur wie Betriebs-Kitas können Umwidmungen von Gewerbeflächen In die Entscheidungsfindung darüber soll ein Gremium aus Senat, Bezirken, Sozialpartnern und Wirtschaftsverbänden eingebunden werden. Sofern landeseigene Flächen betroffen sind, wird ausschließlich im Erbbaurecht bebaut.
- Der Senat muss die Koordinierung einer Werkswohnen-Initiative übernehmen. Eine Arbeitsgruppe wird hierzu unverzüglich eingerichtet, in der Senat, Bezirke, Sozialpartner, Wirtschaftsverbände und landeseigene Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam eine „Werkswohnungscharta für Berlin“ erarbeiten, die noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt wird.
- Klar ist: Nutznießer von einem verstärkten Werkswohnungsbau sind die betroffenen Unternehmen. Deswegen sind sie auch zur Finanzierung heranzuziehen und können dafür zum Beispiel auch Genossenschaften gründen oder Werkswohnungsbau bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften beauftragen. Auch die Frage des seit langem diskutierten gemeinwohlorientierten Wohnungsbaus muss endlich politisch entscheiden werden.
- Es wird in Berlin noch in dieser Legislaturperiode ein Azubiwerk gegründet und finanziell so ausgestattet, dass es für Auszubildende ähnlich wie das Studentenwerk eine Basisversorgung mit bezahlbarem Wohnraum anbieten kann.
5) Industrie braucht Mitbestimmung
Mit dem Masterplan Industriestadt (MPI) werden die drei Transformationslinien identifiziert, entlang derer sich die Transformation vollzieht: (1) digitale Transformation, (2) ökologische Transformation und (3) Transformation der industriellen Arbeitswelt.
Alle drei Bereiche erfordern starke Anstrengungen und sind mit erheblichen Disruptionen sowie einer hohen Veränderungskompetenz verbunden. Das bedeutet auch, dass die Beschäftigten die anstehenden Veränderungen umsetzen müssen. Oftmals sind sie zudem näher dran an Transformationsbedarfen, verbesserungswürdigen Produktionsprozessen und notwendigen Personalveränderungen und Wissenstransfer.
Es genügt nicht, Beschäftigte in der Veränderung mitzunehmen, sie müssen von Beginn an eingebunden werden – auch über normale mitbestimmungspflichtige Vorgänge hinausgehend.
Gefestigte Mitbestimmungsprozesse und eine gute korporatistisches Unternehmenskultur der beiden Betriebsparteien sind dabei wesentliche Erfolgsfaktoren für eine gelingende Transformation.
Ein zentraler Fokus sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik – auch im Sinne der EU-Vorgaben – liegt daher auf dem Ausbau von Tarifbindung und Mitbestimmung.
Unsere Forderungen: Nur mitbestimmte und tarifgebundene Arbeit ist gute Arbeit
- Für Berlin ist die EU-Vorgabe einer 80 prozentigen Tarifbindung und Mitbestimmung Verpflichtung seiner aktiven Wirtschaftspolitik. Ergänzend zu einem bundesdeutschen Aktionsplan legt Berlin einen eigenen Umsetzungsplan auf, um dieses Ziel mittelfristig zu erreichen.
- Für eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik und -förderung sind Tarifbindung und betriebliche Mitbestimmung Bedingung. Sollten Unternehmen diese nicht erfüllen, können sie nur in begründeten Einzelfällen gefördert werden, sofern sie einen Umsetzungsplan für Tarifbindung und Mitbestimmung vorlegen. Hierfür ist die zuständige DGB-Gewerkschaft einzubinden.
- Sozialdemokratische Wirtschaftspolitik ist geleitet vom Gedanken der Sozialpartnerschaft und Vertretung der Beschäftigteninteressen. Deswegen werden in alle staatlichen und parlamentarischen Prozesse wie der Erarbeitung von Stadtentwicklungsplänen, Wirtschaftsstrategien, neuen Förderinstrumenten, aber auch Beschäftigte betreffende Sparmaßnahmen beide Sozialpartner eingebunden. Für uns als Sozialdemokrat:innen sind der DGB und seine zuständigen Industriegewerkschaften wie die IG Metall und IG BCE erste Ansprechpartner, wenn es um die Belange der Beschäftigten geht.
- Wirtschaftspolitik lebt vom direkten Kontakt zu den Betrieben und Entscheidungsträger:innen vor Ort. Für die SPD und ihre Senatsmitglieder sind dies beide Betriebspartner. Deswegen fordern wir diese auf, bei Betriebsbesuchen stets auch den Kontakt zu den Beschäftigtenvertretungen – im industriellen Bereich Betriebsräten – und ihren Gewerkschaften zu suchen.
6) Finanzierung von Innovation und Transformation
Für Investitionen durch Unternehmen jeder Größe ist letztlich der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten entscheidend. Haus- und Förderbanken kommt hier eine Schlüsselfunktion zu. Ohne Zugang zu günstigen Krediten und Zuschussförderung werden Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen erst verzögert stattfinden, wenn diese aus Eigenfinanzierung überhaupt möglich sind.
Banken sind naturgemäß risikoavers und zurückhaltend bei der Vergabe bei Krediten, insbesondere bei neuartigen (innovativen) Technologien und „Klimainvestitionen“. Die Risikoaversität verschärft sich häufig gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten und Zeiten hoher Insolvenzzahlen. Das trifft insbesondere auf private Hausbanken zu, welche mitunter nicht einmal bei risikoreduzierten Darlehensprogrammen der Förderbanken (IBB) zur Ausreichung von Förderdarlehen bereit sind. Das sind zum Teil systemische Probleme (Banken verdienen in anderen Bereichen bei niedrigerem Risiko besser), die sich mittelfristig nicht auflösen lassen. Positiver hervorzuheben sind hier die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Wir fordern daher, dass sich Wirtschaftspolitik, Förderbanken sowie Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu einem runden Tisch treffen, um Ideen und Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten der in der Region ansässigen Unternehmen zu entwickeln, insbesondere mit Blick auf die Unterstützung der Finanzierung von Investitionen. Für Ideen und Probleme, die am runden Tisch diskutiert aber auf Landesebene nicht lösbar sind, soll eine Bundesratsinitiative geprüft werden.
Ziel einer umfassenden Industriestrategie des Landes muss zugleich auch die Fortsetzung der Unterstützung beim Ausbau eines Venture Capital-Ökosystems sowie die zusätzliche Mobilisierung privaten Kapitals für Investitionen in Startups und Innovationen sein. Venture Capital stellt hierbei nach wie vor die wichtigste Finanzierungssäule im Startup-Ökosystem dar.
Ziel muss es sein, dass aus Privatwirtschaft stammendes Kapital wieder in Unternehmen in der Region reinvestiert wird und sich somit die hiesige Wirtschaft aus sich selbst heraus stärkt, ohne dass es steigender öffentlicher Fördermittel bedarf.
Da Berlins Wirtschaft wie dargestellt vorwiegend durch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) geprägt ist, gestaltet sich der Aufbau eines sich selbsttragenden Finanzierungs-Ökosystems engagierter Unternehmerinnen und Unternehmer als besonders herausfordernd. Vielen Kleinstunternehmen fehlen zugleich die personellen und finanziellen Ressourcen sich in Förderstrukturen einzubringen und selbst Teil des aktivierenden, investierenden Ökosystems zu werden. Unser Ansatz ist es, beim Aufbau solcher Strukturen zu unterstützen und bis zur Etablierung aktiv mitzuwirken (z.B. über Beteiligungsstrukturen der IBB und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner). Den Ansatz anderer Metropolregionen (wie bspw. TUM in München) zu kopieren, ist dabei nicht zielführend. Berlin-Brandenburg braucht einen eigenen, auf die Bedürfnisse der Menschen und die wirtschaftliche Struktur der Region zugeschnittenen Ansatz.
Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats auf:
- Sich auf Bundes- wie Länderebene dafür einzusetzen, die Finanzierungsbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen zu verbessern. Auf Landesebene sind hierzu die Darlehens- und Beteiligungsprogramme der IBB zu prüfen und ggfs. zu verbessern.
- Sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, die rechtlichen Voraussetzungen für Fondsmodelle zur Unternehmensfinanzierung (insbesondere im Bereich der Wachstumsfinanzierung) zu schaffen bzw. zu verbessern.
- Die auf europäischer Ebene geschaffenen Möglichkeiten zur Förderung im Rahmen der Transformation der Industrie besser bekannt und leichter zugänglich zu machen.
- Sich auf Bundes- und Landesebene für die Entbürokratisierung des Gesellschaftsrechts und Digitalisierung bei Gründungsprozessen und Startup-Finanzierungen ein wie es zum Beispiel in Estland längst der Fall ist
Investitionsklima
Die mit dem Wachstumschancengesetz und der jüngsten Wachstumsinitiative der letzten Bundesregierung entwickelten Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftswachstums und Investitionsklimas in Deutschland greifen leider an vielen Stellen zu kurz. An die neue Bundesregierung richtet sich daher die Aufforderung, mutiger und entschlossener zu Maßnahmen zu gelangen, welche das Investitionsklima in Deutschland verbessern. Dabei spielen sowohl staatliche Infrastrukturinvestitionen als auch Investitionen der Privatwirtschaft eine maßgebliche Rolle.
Mit Blick auf die Privatwirtschaft können Investitionsentscheidungen durch Anreize unterstützt werden, indem verbesserte Regeln zur Abschreibung geschaffen und langfristig ausgestaltet werden. „Superabschreibungen“, die zu kurz angelegt sind, verfehlen allerdings ihre Wirkung. Vielmehr muss es darum gehen über einen langen, idealerweise 10-jährigen Zeitraum einen Rahmen zu schaffen, welcher den Unternehmen bei Abschreibungsmöglichkeiten von Klimainvestitionen Planungssicherheit verschafft. Nur wenn Regeln für Abschreibungen über mehrere Wirtschaftsjahre Bestand haben, werden sie sich in der Investitionsplanung der Unternehmen niederschlagen und die gewünschten Effekte zeigen. Kurze Perioden mit Sonderabschreibungen verbessern das Investitionsklima dagegen nicht, sondern führen allenfalls zu Mitnahmeeffekten bei ohnehin geplanten Investitionen.
Bei privaten wie öffentlichen Infrastrukturinvestitionen spielt die GRW-Förderung eine maßgebliche Rolle. Die Reduzierung der Bundesmittel ist angesichts sich abzeichnender Überzeichnungen der Programme in den Ländern ein Fehler.
Wir fordern die massive Ausweitung der GRW-Förderung zur Stärkung von Infrastrukturinvestitionen in den Regionen sowie eine verlässliche Zusage zur Kontinuität für die kommenden Jahre.
Für den Anreiz von Investitionen fordern wir kreative Ansätze bspw. durch „doppelt-degressive“ Abschreibungen. Danach könnten über die nächsten 10 Jahre „Klimainvestitionen“ in Deutschland degressiv abgeschrieben werden, während zugleich der Anfangssatz der Abschreibung dabei ebenfalls degressiv über die kommenden 10 Jahre abschmilzt. Auf diese Weise würden frühe Investitionen zu Beginn der Dekade stärker incentiviert als späte zum Ende der Dekade.
Wir fordern die Anpassung der AfA-Tabellen um Güter der „Klimainvestitionen“. Noch mutiger und zugleich transparenter wäre aber ein offener, adaptiver Definitionsansatz, um Innovationen und technische Disruptionen in diesem Bereich sofort ohne jährliche Anpassungen der AfA-Tabellen zu unterstützen. Dabei ist im Sinne Bürokratieentlastung auf den Gleichlauf der steuerlichen wie handelsbilanztechnischen Abschreibung zu achten.
Unser Ziel muss es sein, Investitionen in die Infrastruktur der Region zu forcieren. Denn wer hier in Substanz (energetische Gebäudesanierung, energieeffiziente Produktion und gute Arbeit) investiert, geht eine langfristige Bindung mit unserer Region ein. Derartige Investitionen sollen belohnt werden.
Steuerliche Regelungen, welche dagegen den Abfluss von Kapital ins Privatvermögen der Eigentümer:innen oder die Ausschüttung an Anteilseigner:innen in Form von Dividenden usw. begünstigen, lehnen wir daher ab. Eine weitere Absenkung der Körperschaftsteuer halten wir für nicht sinnvoll, ebenso streben wir eine Anhebung der Kapitalertragssteuer an.
Gewinne privater wie öffentlicher Unternehmen sollten in die Substanz, Innovationen sowie in die Qualifizierung der Beschäftigten und damit in die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen investiert werden. Derartige Investitionen wollen wir daher mit starken Anreizen bspw. durch Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten verbessern.
Unser besonderes Augenmerk liegt auf dem Mittelstand, der fest in unserer Region verwurzelt ist und nicht weiterzieht, wenn der Wind rauer weht, sondern langfristig (über Generationen) hier verankert ist. Für diese Unternehmen sind Planungssicherheit, eine klare Rahmensetzung (Regulatorik und Politik) sowie der Zugang zu Fachkräften, Finanzierungsmöglichkeiten, ein faires Wettbewerbsumfeld sowie eine verlässliche Infrastruktur entscheidend. Das Energiesystem ist für die meisten dieser Unternehmen ebenfalls von großer Bedeutung, sofern sie sich nicht autark mit Energie versorgen können. Sie sind daher auf den Ausbau der Netze und wettbewerbsfähige Energiepreise angewiesen. Der Stromnetz Berlin kommt daher eine bedeutende Rolle beim Aufbau der Energieinfrastruktur im Zusammenhang mit dem Ausbau erneuerbarer Energien zu. Der Ausbau der Verteilnetze sowie Übertragungsnetze zwischen Berlin und Brandenburg muss in den kommenden Jahren massiv beschleunigt, die hierfür notwendigen Investitionen durch Senat und Parlament sichergestellt werden. Die Rückweisung von Unternehmensansiedlungen und Erweiterungsinvestitionen aufgrund mangelnder Kapazitäten im Stromnetz (z.B. bei Rechenzentren) darf nur die Ausnahme bleiben und nicht zur Regel werden.
Wir fordern daher:
- Mit langem Planungshorizont (10 Jahre) angelegte Regelungen zur verbesserten Abschreibung von Investitionen, insbesondere von „Klimainvestitionen“
- Kurzfristig vorgenommene Investitionen sollen stärker incentiviert werden als aufgeschobene Investitionen.
- Die Ausweitung der GRW-Förderung zur Stärkung von Infrastrukturinvestitionen in den Regionen sowie eine verlässliche Zusage zur Kontinuität für die kommenden Jahre.
- Wir fordern den Senat auf, eine Bundesratsinitiative einzuleiten mit dem Ziel die GRW-Förderung auf den Bereich Softwareentwicklung zu erweitern.
- Klarheit herzustellen über von der öffentlichen Hand geplante Infrastrukturinvestitionen in den kommenden Jahren und Verlässlichkeit der Umsetzung sicherstellen. Dies insbesondere im Energiesektor (Strom).
- Einen Innovationsbonus für Unternehmen, die in die Zukunftsfähigkeit ihrer Wertschöpfung und des Standortes investieren und tarifgebundene und mitbestimmte Arbeit sichern.
Energiepreise
Die gestiegenen nach wie vor hohen Energiepreise sind für Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen eine große Belastung. Während einkommensschwache Haushalte inzwischen einen deutlich höheren Anteil ihrer Einkommen für Energie aufwenden müssen, gilt dies auch für die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und energieintensive Industrien, wo sich der Energiekostenanteil ebenfalls massiv erhöht hat. Dadurch wird die Wirtschaftlichkeit einiger Branchen zunehmend in Frage gestellt.
Wir brauchen ein neues Strommarktdesign, welches ausgehend von den Bedürfnissen der Verbraucher:innen zu dauerhaft stabilen Strompreisen führt und die Bezahlbarkeit von Strom für alle Einkommensschichten sicherstellt.
Für die Unternehmen sind Planbarkeit, Transparenz und Kostensicherheit beim Strompreis ebenfalls von grundlegender Bedeutung bei Investitionsentscheidungen. Die Prämisse der ökologischen Lenkungswirkung und Investitionsförderung über den Strompreis muss deshalb dort überprüft werden, wo starke Volatilitäten am Strommarkt den Unternehmen die Planungssicherheit nehmen und sie gegenüber fossilen Energielieferanten benachteiligen oder gar ihren Bestand gefährden.
Hierbei gilt es, die Strompreise zuerst von Steuern und Abgaben zu entlasten. Die Reduzierung der Netzentgelte ist hierzu ein richtiger Schritt, dem die Reduzierung der Stromsteuer folgen muss. Darüber hinaus sollte die Senkung oder Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Strom geprüft werden, insbesondere deshalb, weil die Mehrwertsteuer lediglich die Verbraucher:innen belastet.
Auf europäischer Ebene müssen Maßnahmen getroffen und verstärkt werden, welche die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer zunehmend dekarbonisierten, europäischen Wirtschaft und deren erneuerbarer Energiesystemen gegenüber internationalen Wettbewerbern, die nach wie vor auf fossile Energieträger setzen, herstellt. Das CBAM ist ein wirkmächtiger Mechanismus, um Carbon Leakage verhindern. Wir fordern dazu auch die Strompreiskompensation der EU zu evaluieren und ggfs. zu. verbessern.
Durch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie hat diese sich im internationalen Wettbewerb auch trotz höherer Energiepreise bereits vor der Energiekrise gut behaupten können und wird dies auch künftig tun können, wenn der Unterschied bei den Energiepreise reduziert werden kann – Deutschland wird dabei auch künftig ein höherpreisiges Energieland bleiben.
Wir fordern daher den Bund auf, Maßnahmen zur Reduzierung der Energiepreise unter Beibehaltung eines Transformationsdrucks auf energieintensive Industrien zu entwickeln und kurzfristig einzuführen. Dies kann ein Brückenstrompreis für die Industrie oder marktgestütztes Design für einen Industriestrompreis sein. Ein Industriestrompreis sollte jedoch so angelegt sein, dass sich dieser nicht dauerhaft von realen Strompreisen entkoppelt, sondern mit absehbarem und damit für die Unternehmen erwartbarem/planbarem Ende auf einen weitgehend unregulierten, marktbestimmten Strompreis hinführt und somit überhaupt erst die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auch in Zukunft sicherstellt. Eine dauerhafte Subvention von Industriestrompreisen aus öffentlichen Mitteln lehnen wir daher ab.
Wir fordern die konsequente Ausgestaltung des CO2-Preisregimes in der EU, um fossile Energieträger sowie auf fossilen Energieträgern basierende Dienstleistungen und Produkte gegenüber auf erneuerbaren Energien basierende Dienstleistungen und Produkten zu diskriminieren. Es darf sich für Unternehmen schlicht nicht mehr rechnen, weiterhin auf fossile Energieträger zu setzen.
Wir fordern daher:
- Entlastung des Strompreises von Abgaben und Steuern
- Neuentwicklung des Strommarktdesigns
- Ausbau und Verbesserung des CO2-Regimes für den Europäischen Wirtschaftsraum
- Prüfung eines Brückenstrompreises bzw. eines temporären Industriestrompreises
- Verbesserung und Weiterentwicklung von CBAM sowie Strompreiskompensation der EU
Gute Arbeit durch starke Wirtschaft:
Eine umfassende, sozialdemokratisch geprägte Industriepolitik ist der Garant für zukünftigen Wohlstand in unserer Region!
Mit diesem Beschluss legt die SPD Berlin für die kommenden Jahre ein stringentes und geschlossenes Konzept für die Sicherung und den Ausbau für einen innovativen, nachhaltigen und zukunftsfähigen Industriestandort in Berlin und der Hauptstadtregion vor. Berlin-Brandenburg kann so auch Motor einer Sicherung des Industriestandortes Ostdeutschland werden.
Die Berliner Sozialdemokratie lässt sich damit an ihrem Anspruch messen, auch mit ihrer Industriepolitik eine fortschrittliche Partei der guten Arbeit zu sein und damit wichtige Grundlagen für Wohlstand und Wachstum zu legen.
Antrag 73/I/2025 Stärkung der Sonntagsruhe und des Arbeitnehmerschutzes
24.04.2025Die Berliner SPD bekennt sich zur Sonntagsruhe als einem wichtigen sozialen Schutzgut und tritt für eine restriktive Handhabung von Sonntagsarbeit ein. Wir fordern daher:
1.Stärkung der gesetzlichen Sonntagsruhe:
Die bestehenden Ausnahmen für Sonntagsarbeit sollen überprüft und auf das absolut notwendige Maß beschränkt werden.
Eine Ausweitung von Sonntagsarbeit im Einzelhandel und anderen nicht zwingend erforderlichen Branchen wird abgelehnt.
2. Einhaltung höchstrichterlicher Rechtsprechung:
Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 1. Dezember 2009, Az. 1 BvR 2857/07 u.a.) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 17. Mai 2017, Az. 6 CN 1.16) haben klargestellt, dass die Sonn- und Feiertagsruhe verfassungsrechtlich geschützt ist.
Die gesetzlichen Regelungen auf Landesebene müssen diesen Vorgaben entsprechen und dürfen nicht durch zu weitgehende Ausnahmen ausgehöhlt werden.
3. Bessere Kontrolle und Sanktionierung bei Verstößen:
Die zuständigen Behörden müssen in die Lage versetzt werden, Verstöße gegen die Sonntagsruhe konsequent zu ahnden.
Unternehmen, die Sonntagsarbeit ohne ausreichende rechtliche Grundlage anordnen, sollen mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden.
4. Schutz der Beschäftigten und Förderung alternativer Modelle:
Arbeitgeber dürfen keinen Druck auf Arbeitnehmer:innen ausüben, sonntags zu arbeiten, insbesondere nicht durch indirekte Maßnahmen wie Bonusregelungen oder Dienstplantricks.
Die Forschung und Förderung von Arbeitszeitmodellen, die eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit ermöglichen, sollen unterstützt werden.
