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Antrag 164/I/2025 Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

24.04.2025

Wir fordern die deutsche Bundesregierung und insbesondere die SPD dazu auf, in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf ein geeintes und eigenständig handlungsfähiges Europa hinzuwirken.

 

Folgende Maßnahmen sind hierbei essentiell:

 

I. Bessere europäische Koordinierung der nationalstaatlichen Rüstungsbeschaffung sowie des Rüstungstransports:

 

Die bisherigen europäischen Beschaffungen erfolgen – abgesehen von wenigen positiven Ausnahmen – zu unkoordiniert und mit einem zu starken Fokus auf den nationalstaatlichen Rahmen. Eine bessere Koordinierung ist sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus politischen Gründen notwendig. Wirtschaftlich ermöglicht die gemeinsame Beschaffung Skaleneffekte und Effizienzgewinne, wodurch die Stückkosten gesenkt werden. Politisch ist eine engere Abstimmung erforderlich, um eine tatsächlich integrierte europäische Verteidigungspolitik zu verwirklichen. Mit einer erneuten Trump-Administration besteht die Gefahr, dass US-Sicherheitsgarantien an den Erwerb US-amerikanischer Rüstungsgüter gekoppelt werden. Dies könnte die europäische rüstungsindustrielle Basis schwächen und weiter fragmentieren. Eine koordinierte europäische Beschaffungspolitik, einschließlich einer verstärkten Integration der Rüstungsproduktion, kann dieser Entwicklung entgegenwirken.

 

Der EU-interne Transport von Rüstungsgütern sollte angesichts der sich zuspitzenden Bedrohungslage ebenfalls unter den freien Warenverkehr fallen (aktuelle durchschn. Bearbeitungszeit von Freigabeanträgen umfasst 3-5 Tage), um eine schnelle Verlagerung von Verteidigung der EU-Außengrenzen essenzielle Rüstungsgüter im Angriffsfall ohne unnötige Verzögerung garantieren zu können.

 

II. Gemeinsame Kreditaufnahme zur Finanzierung der europäischen Wehrhaftigkeit:

Um eine stärkere Koordinierung und Skalierung der EU-Rüstungsbeschaffung zu ermöglichen, sollte sich die Bundesregierung für eine Aktivierung der sogenannten „Escape Clause“ aufgeben. Diese Regelung erlaubt es den EU-Mitgliedstaaten, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, ohne dass diese auf die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgeschriebene Begrenzung des Haushaltsdefizits angerechnet werden. Eine solche Ausnahmeregelung würde den Mitgliedstaaten dringend benötigten finanziellen Spielraum verschaffen, um in die europäische Verteidigungsfähigkeit zu investieren, ohne fiskalische Zwänge zu verschärfen.

 

Darüber hinaus sollte sich die Bundesregierung nicht nur für die Möglichkeit einer gemeinsamen Kreditaufnahme zur Finanzierung von Rüstungsgütern – den sogenannten „Defense Bonds“ – öffnen, sondern sich aktiv für deren zeitnahe Umsetzung einsetzen. Eine solche europäische Finanzierungsstruktur würde es ermöglichen, groß angelegte Investitionen in Verteidigungsprojekte zu tätigen, ohne dass einzelne Mitgliedstaaten unverhältnismäßig belastet werden. Zudem würde eine koordinierte Kreditaufnahme die europäische Rüstungsindustrie stärken, den Aufbau strategischer Autonomie fördern und die Abhängigkeit von Drittstaaten verringern.

 

III. Beschaffungskompetenzen mittel- bis langfristig auf EU-Ebene verlagern

Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) sollte mittel- bis langfristig erweiterte Kompetenzen erhalten, um ihre Entwicklung zu einer echten europäischen Beschaffungsbehörde voranzutreiben. Dies sollte neben der zentralen Koordinierung von Beschaffungsprozessen auch die Verwaltung gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsbudgets umfassen. Eine solche Institutionalisierung würde nicht nur die Effizienz der europäischen Verteidigungsbeschaffung steigern, sondern auch Innovationen gezielter fördern und eine nachhaltige industrielle Basis für die europäische Rüstungsindustrie schaffen.

 

Dabei sollten europäische und nationale Beschaffungsbehörden weiterhin parallel existieren, gemäß dem Prinzip der Subsidiarität. Während kleinere und mittlere Rüstungsprojekte auf nationaler Ebene oder in bilateralen Kooperationen organisiert bleiben können, sollten die kapitalintensivsten Projekte auf EU-Ebene gemanagt werden. Dies betrifft insbesondere Waffensysteme und Plattformen, deren Entwicklung und Produktion für einzelne Mitgliedstaaten finanziell nicht tragbar wäre und bei denen Skaleneffekte eine entscheidende Rolle spielen.

 

Darüber hinaus sollte die Einbindung Großbritanniens in europäische Verteidigungsinitiativen ähnlich der Beteiligung Norwegens an EU-Verteidigungsprogrammen gestaltet werden. Dies würde es dem Vereinigten Königreich ermöglichen, an gemeinsamen Beschaffungs- und Entwicklungsprojekten teilzunehmen, ohne eine EU-Mitgliedschaft vorauszusetzen. Angesichts der weiterhin engen militärischen und sicherheitspolitischen Verflechtung Großbritanniens mit der EU wäre eine solche Kooperation sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus strategischer Sicht sinnvoll.

 

Um den schnelleren Innovationszyklen moderner Technologien gerecht zu werden, müssen zudem neue Mechanismen für operationelle Tests geschaffen werden. Gemeinsame Test- und Evaluierungsprogramme mit anderen europäischen Streitkräften würden es ermöglichen, neue Technologien unter realen Bedingungen schneller zu erproben und ihre Einsatzreife zu beschleunigen. Dies könnte beispielsweise durch multinationale Testeinheiten, gemeinsame Übungsszenarien oder spezialisierte Testzentren erfolgen. Eine solche europäische Innovations- und Teststrategie würde dazu beitragen, technologische Überlegenheit zu sichern und den zeitlichen Rückstand in der Entwicklung neuer Waffensysteme im Vergleich zu globalen Akteuren zu verringern.

 

IV. Schnellere Umsetzung des Aufbaus eines eigenständigen europäischen Pfeilers innerhalb der NATO 

Die Kommando- und Operationsstrukturen europäischer Streitkräfte sollten nicht länger zwingend auf eine Mitwirkung des US-Militärs ausgerichtet sein. Während die transatlantische Partnerschaft weiterhin eine zentrale Säule der europäischen Sicherheit bleibt, muss Europa in der Lage sein, eigenständig militärische Operationen in verschiedenen Szenarien durchzuführen – von Krisenbewältigung und Stabilisierungseinsätzen bis hin zu großangelegten Verteidigungsoperationen.

 

Dafür ist eine umfassende Verbesserung der militärischen Fähigkeiten auf mehreren Ebenen erforderlich. Neben der Modernisierung der materiellen Ausstattung, einschließlich logistischer Kapazitäten, Kommunikations- und Aufklärungssysteme sowie strategischer Luft- und Seetransportmittel, müssen auch die Trainings- und Ausbildungsziele europäischer Streitkräfte gezielt angepasst werden. Der Fokus sollte stärker auf eigenständige Kommando- und Entscheidungsstrukturen, die Interoperabilität zwischen europäischen Streitkräften und die Fähigkeit zur schnellen Reaktionsbereitschaft gelegt werden.

 

Ein zentraler Aspekt ist zudem der Ausbau und die bessere Nutzung bestehender europäischer Kommandozentralen, wie dem Military Planning and Conduct Capability (MPCC) der EU, um eigenständige militärische Führungskapazitäten zu gewährleisten. Parallel dazu müssen multinationale europäische Verbände, wie die EU-Battlegroups oder die NATO Response Force (NRF), konsequent weiterentwickelt und in ihrer Einsatzfähigkeit verbessert werden.

 

Konkrete Schritte zur Stärkung der Interoperabilität umfassen auch die Bildung multinationaler Bataillone (z.B. deutsch-französisch-niederländische Einheiten) und die Harmonisierung von Disziplinarrecht sowie Dienstgradabzeichen. Eine gemeinsame Rechtsstelle im BMVg könnte bei der Umsetzung des Disziplinarrechts unterstützen nicht-deutsche Kommandeure unterstützen.

 

Diese Maßnahmen zielen nicht darauf ab, die USA innerhalb der NATO zu isolieren oder die transatlantische Sicherheitsarchitektur infrage zu stellen. Vielmehr geht es darum, die europäische Handlungsfähigkeit zu stärken und eine gleichberechtigtere Lastenverteilung innerhalb des Bündnisses zu erreichen. Eine militärisch eigenständig agierende EU würde auch die Glaubwürdigkeit der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik erhöhen und Europa unabhängiger von geopolitischen Entwicklungen in den USA machen.

 

V. Ausbau der nuklearen Teilhabe über Frankreich und Großbritannien

Angesichts der schwindenden Verlässlichkeit des US-amerikanischen nuklearen Schutzschirms für Europa muss die Europäische Union zeitnah Gespräche mit Frankreich und Großbritannien über eine erweiterte nukleare Teilhabe führen. Diese beiden europäischen Nuklearmächte sollten als Garanten einer eigenständigen europäischen Abschreckungspolitik fungieren, um die strategische Sicherheit Europas langfristig zu gewährleisten.

 

Ein solcher Schritt erfordert eine umfassende Neubewertung der nuklearen Abschreckungsstrategie der EU sowie eine detaillierte Analyse der politischen, militärischen und finanziellen Implikationen. Dazu gehört die Frage, inwieweit europäische Staaten über eine engere Einbindung in die französischen und britischen Nuklearstrategien mitbestimmen könnten – etwa durch gemeinsame Planungsmechanismen, abgestimmte Abschreckungsdoktrinen oder die Bereitstellung logistischer und technologischer Unterstützung.

 

Zudem müsste eine grundsätzliche Neuverteilung der Verteidigungslasten innerhalb der EU erfolgen, um die Abschreckungsfähigkeit des Bündnisses aufrechtzuerhalten. Während Frankreich und Großbritannien die nukleare Komponente bereitstellen, könnten andere EU-Mitgliedstaaten – insbesondere Deutschland – durch verstärkte Investitionen in konventionelle Rüstungsgüter und Trägersysteme zur Gesamtfähigkeit beitragen.

 

VI. Priorisierung der Sanierung von für die Landes- und Bündnisverteidigung notwendiger Infrastruktur:

Um der Rolle Deutschlands als europäische Drehscheibe für den militärischen Transport gerecht zu werden muss die Sanierung und Erneuerung verteidigungsrelevanter Infrastruktur finanziert durch das Infrastruktursondervermögen priorisiert werden. Insbesondere müssen jene 10 % der Straßen ausgebaut werden, die derzeit den Transport militärischen Großgeräts nicht ermöglichen. Öffentliche Infrastrukturinvestitionen sollten gezielt darauf ausgerichtet sein, logistische Engpässe zu beseitigen und die Mobilität europäischer Streitkräfte zu verbessern.

 

Diese Maßnahme ist essentiell, da die schnelle Verlegung von Truppen und schwerem Gerät im Krisen- oder Verteidigungsfall eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur erfordert. Derzeit sind jedoch zahlreiche Straßen, Brücken und Schienenwege nicht auf die hohen Achslasten und Dimensionen moderner Militärfahrzeuge ausgelegt. Dies führt zu erheblichen Einschränkungen bei der strategischen Truppenverlegung und könnte im Ernstfall die Reaktionsfähigkeit europäischer Streitkräfte erheblich verzögern. Eine Koordinierung mit der Connecting Europe Facility (CEF) sollte erfolgen, um die Finanzierung dieser Projekte sicherzustellen.

 

VII. Etablierung europäischer Test- und Experimentierzentren für die zivil-militärische Forschung und Entwicklung

Angelehnt an die von der Marine 2024 durchgeführten „OpEx“ soll den europäischen Streitkräften sollten europäische Streitkräfte regelmäßige Test- und Experimentierprogramme für die Entwicklung und Integration neuer Technologien etablieren. Diese Testzentren würden eine zentrale Rolle bei der Erprobung neuer militärischer Fähigkeiten spielen und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit der zivilen Forschungs- und Innovationslandschaft fördern.

 

Europäische Test- und Experimentierzentren für die zivil-militärische Forschung und Entwicklung sollten gezielt eingerichtet werden, um technologische Innovationen schneller und effizienter in die Streitkräfte zu integrieren. Dabei ist eine teilweise Dezentralisierung der Beschaffung notwendig, um flexiblere und anwendungsnahe Entwicklungs- und Testverfahren zu ermöglichen. Durch diese Zentren können neue militärische Plattformen, autonome Systeme und künstliche Intelligenz unter realistischen Bedingungen erprobt sowie Dual-Use-Technologien aus der zivilen Wirtschaft in militärische Anwendungen integriert werden. Darüber hinaus können die Testzentren auch für zivile Sicherheitsanwendungen wie Katastrophenschutz oder Cybersicherheit genutzt werden.

Antrag 160/I/2025 Queere Politik braucht queere Forschung! Für eine ausreichende Berücksichtigung queerer Bedarfe in den deutschen Bevölkerungsumfragen

24.04.2025

Die sozialdemokratischen Mitglieder von Bundestag, Bundesregierung, Abgeordnetenhaus und Senat werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass das öffentlich geförderte Sozioökonomische Panel (SOEP) und der Mikrozensus queere Menschen und Menschen aus Regenbogenfamilien jährlich spezialisiert zu gruppenspezifischen Bedarfen und Diskriminierung befragen und die Fragebögen für diese Menschen dahingehend erweitert werden. Bei Menschen aus Regenbogenfamilien soll auch die Abfrage von gruppenspezifischen Merkmalen auf der Haushaltsebene ergänzt und befragt werden.

 

Bezüglich des Mikrozensus sollen die notwendigen Erhebungsmerkmale im Mikrozensusgesetz verankert werden. Dabei ist auch die Option vorzusehen, keinen Angaben zu diesen Fragen zu machen.

Antrag 149/I/2025 Für ein gerechtes Bafög, egal wo du studieren möchtest: Wohnpauschale reformieren

24.04.2025

Die Mitglieder der SPD-Fraktion im deutschen Bundestag und die SPD-Mitglieder in der Bundesregierung werden aufgefordert, die Reform des Bafög weiterzuführen. Als ein weiterer, zentraler Schritt soll die Wohnpauschale in ihrer Höhe dem tatsächlichen Mietenangebotsniveau entsprechend angehobenen werden und in der Folge analog der Entwicklung des  jeweiligen Mietspiegel des Hochschulstandorts automatisch angepasst werden. Davon unbenommen fordern wir weiterhin, entsprechend der Beschlusslage, dass das Antragsverfahren vereinfacht und Bearbeitungszeit beschleunigt werden sollen, die Einführung eines auskömmlichen, gerechten und elternunabhängigen Bafögs und analoge Programme für Azubis und Freiwilligendienstleistende, sowie den weitreichenden Ausbau von staatlichem Studierenden- und Azubiwohnen.

Antrag 148/I/2025 Freier Zugang zu Mikrozensus-Daten für Forschende an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen

24.04.2025

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Mitglieder bzw. Mitarbeiter*innen einschließlich Studierende für studienrelevante Tätigkeiten sowie Doktorand*innen an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen kostenlos Zugang zu den Daten des Mikrozensus erhalten.

Antrag 145/I/2025 Besseres Erasmus für alle – vor allem für Azubis!

24.04.2025

Die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union sowie des Schengenraums ist eine der größten Errungenschaften, die der europäische Einigungsprozess hervorgebracht hat. Hierdurch können unter anderem junge Menschen deutlich einfacher verschiedene Teile Europas entdecken und die Menschen sowie Kulturen vor Ort kennenlernen. Für viele junge Menschen ist die Europäische Union und ihre Gemeinschaft aus dem Leben nicht mehr wegzudenken. Die Bedeutung des Austauschs für das Zusammenwachsen der Gesellschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten ist für die Zukunft des europäischen Projekts nicht hoch genug einzuschätzen.

 

Ein Programm, was vielen jungen Menschen die Möglichkeit bieten soll, einen Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten finanzieren zu können, ist das Erasmus+-Programm. Von Erasmus+ profitieren Lernende und Fachkräfte in der Schul-, Berufs-, Hochschul- und Erwachsenenbildung. Ebenso werden Mobilitätsprojekte in der Jugendarbeit und im Sport unterstützt. Das Programm wurde für den EU-Haushalt von 2021-2027 nahezu verdoppelt, gerät jedoch aktuell in seiner Höhe wieder unter Druck. Erstmals plant die EU in diesem Bereich eine Kürzung umzusetzen, was wir insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Drucks auf die EU ablehnen.

 

Vielmehr braucht es eine Ausweitung der Mittel, um mehr jungen Menschen einen Aufenthalt zu ermöglichen. Die Erasmus-Programme sind bereits eine Erfolgsgeschichte, wobei trotzdem einige Verbesserungsbedarfe, insbesondere für Auszubildende, erkennbar sind. Aktuell nutzen vor allem Menschen im Hochschulstudium die Möglichkeiten innerhalb der EU für mehrere Monate in einem anderen Land zu leben. Personen außerhalb von Universitäten profitieren deutlich seltener vom Angebot Erasmus, obwohl grundsätzlich die Möglichkeiten dazu besteht. Bildungseinrichtungen und Organisationen können entweder eine dauerhafte Akkreditierung oder die Förderung eines Kurzprojekts beantragen – sei es, um ihren Auszubildenden ein Auslandspraktikum zu ermöglichen oder ihre Ausbildenden im Ausland weiterzubilden. Dies hat verschiedene Ursachen, welche behoben werden müssen, um Menschen unabhängig von ihrem Bildungsgrad einen Aufenthalt im Ausland zu ermöglichen.

 

Der Erasmus+-Satz, den eine Person erhält, finanziert einen Teil des Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat. Dennoch schrecken die bleibenden Kosten für Studium, Ausbildung, Unterkunft und Verpflegung vor allem Menschen mit geringem Einkommen bzw. aus Familien mit geringem Einkommen ab, insbesondere da in diesen Zeitraum auf teilnehmende Personen eine doppelte Haushaltsführung zukommen kann und sie sich Sorgen machen müssen ihren ständigen Wohnsitz zu verlieren. Da aktuell viele Auszubildende von geringen Gehältern leben müssen, ist Erasmus nicht ohne finanzielle Sorgen möglich. Zudem sollte das Erasmus+-Programm Weiterbildungen umfassen, da auch in diesem Status des Erwerbslebens diese Erfahrungen sehr bereichernd sind.

 

Gleichzeitig sind viele Auszubildende im Beantragungsprozess mit diversen bürokratischen Hürden konfrontiert. Dies beginnt bereits im Informationsdefizit, da viele Auszubildende über die Betriebe oder die Berufsschulen gar nicht erfahren, dass für sie die Möglichkeit eines Aufenthaltes im Ausland über das Erasmus+-Programm besteht. Hiernach erschweren die uneinheitlichen Wege der Beantragung den Prozess, da der Betrieb entscheiden muss, ob ein*e Auszubildende*r diesen Auslandsaufenthalt durchführen kann. Hier zeigt sich ein deutliches Defizit gegenüber Universitäten, welche oft ein Beratungsangebot für Auslandsaufenthalte anbieten und Studierenden bei der Antragstellung direkt unterstützen. Deshalb fordern wir einen grundsätzlichen Anspruch auf das Erasmus+-Programm für Auszubildende mit einem begründungspflichtigen Widerspruchsrecht für die Betriebe.

 

Dies soll mit einer Vereinfachung und Vereinheitlichung der Beantragungsprozesse einhergehen. Eine potenzielle Möglichkeit sehen wir in der Schaffung einer Stelle an jeder Berufsschule zur Informationsvermittlung zum Erasmus+-Programm, angelehnt an den Prozess an Universitäten. Hierfür müssen alle Berufsschulen eine entsprechende Finanzierung erhalten, um den vorhandenen Informationsbedarf angemessen decken zu können. Als Folge erwarten wir, dass mehr Auszubildende von der Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes über das Erasmus+-Programm erfahren, was zusätzlich mit einer breiten Informationskampagne ergänzt werden soll.

 

Für den Beantragungsprozess soll eine Vereinheitlichung über digitale Angebote geschaffen werden, sodass alle Auszubildende über eine App bzw. Website den Antrag stellen und verwalten können.

 

Betriebe sollen verpflichtet werden, regelmäßige Informationsveranstaltungen zu Erasmus+ zu organisieren. Der Zweck hiervon wäre, dass das teilweise vorherrschende Informationsdefizit in den Betrieben reduziert werden würde, wodurch flächendeckend mehr Auszubildende von den Möglichkeiten des Erasmus+-Programms erfahren würden.

 

Eine letzte Hürde findet sich hinsichtlich der Anerkennung der erbrachten Leistungen und erworbenen Qualifikationen während des jeweiligen Aufenthaltes. Die dualen Ausbildungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich, wodurch eine geringe Vergleichbarkeit vorherrscht. Daher bekräftigen wir unsere Forderung nach einer Schaffung eines Mechanismus zur besseren Vergleichbarkeit der dualen Ausbildungssysteme, angelehnt an das bestehende Bologna-System. Hierdurch sollen die erbrachten Leistungen und erworbenen Qualifikationen vereinfacht für den weiteren Ausbildungsweg anerkannt werden.

 

Forderung:

  • Die Sicherung der EU-Mittel für das Erasmus+-Programm sowie zukünftig die angemessene Ausweitung der Finanzierung, sodass alle Auszubildende und Studierende hiervon profitieren können
  • Die Erhöhung des Erasmus+-Satzes, sodass an jedem Ort entsprechende Lebenshaltungskosten gedeckt sind
  • Die Ausweitung des Erasmus+-Programms auch auf Weiterbildungen
  • Eine Informationskampagne für das Erasmus+-Programm für Auszubildende
  • Die Zentralisierung des Beantragungsverfahrens an Berufsschulen, wofür Berufsschulen eine entsprechende Finanzierung zur Bereitstellung einer solchen Stelle erhalten sollen; Ziel soll es sein, dass die Antragstellenden dies über eine App machen können
  • Verpflichtende, regelmäßige Informationsveranstaltungen für die Betriebe eingeführt werden
  • Die Einführung eines grundsätzlichen Anspruchs auf das Erasmus+-Programm für Auszubildende. Hierbei besteht zwar ein Widerspruchsrecht für Betriebe, jedoch soll ein Widerspruch nur in Ausnahmefällen zulässig sein
  • Die Forderung der Schaffung eines Mechanismus zur besseren Vergleichbarkeit von (dualen) Ausbildungsleistungen, angelehnt an das Bologna-System, sodass die Anrechnung von erbrachten Leistungen einfacher angerechnet werden können
  • Es muss darauf geachtet werden, dass Azubis im Ausland nicht als Hilfskräfte ausgenutzt werden, sondern in die Arbeit des Betriebes eingebunden sind und ihre Fähigkeiten ausbauen können