Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert seit mehreren Jahren die Demokratiearbeit in ganz Deutschland unter dem Label „Demokratie Leben“. Das Programm ist eine effektive Maßnahme gegen Rechts, Hass im Netz und Angriffe auf die Demokratie – zumindest ist dies die Zielsetzung. Allerdings wird das Programm in seiner gegenwärtigen Form den aktuellen Bedrohungen der Demokratie nicht gerecht. Dies ist auf budgetäre und strukturelle Probleme zurückzuführen.
Obwohl sich der Bedarf für Demokratieförderung in den vergangenen Jahre erheblich verstärkt hat, wird das Budget diesen Herausforderungen nicht gerecht. Für den kommenden Förderzeitraum stehen 107,5 Millionen Euro zur Verfügung, 8 Millionen Euro weniger als im vorherigen Jahr. Dies reicht nicht einmal annähernd, um den Kampf gegen Rechts auf stabile Füße zu stellen.
Zusätzlich werden im Vergleich zu vergangenen Förderzeiträumen nur noch 100 Modellprojekte gefördert, 300 weniger als in der Vergangenheit. Auch die bundeszentralen Träger*innen müssen mit weniger Geld arbeiten. Dies führt dazu, dass unter den Träger*innen ein erheblicher Konkurrenzdruck entsteht und etablierte Strukturen nicht erhalten werden können. Betroffen sind hierbei beispielsweise der Bundesverband Mobile Beratung, die Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“ und der einzige geförderte Jugendverband für Radikalisierungsprävention im Naturschutz „FARN“. Wichtige Akteur*innen, die gerade im ländlichen Raum wichtige Arbeit gegen Rechts betrieben, stehen vor dem Aus.
Zudem erschweren überkomplexe Strukturen die Arbeit der Trägerorganisationen. Nach den Förderrichtlinien des Bundesprogramm „Demokratie Leben 2020” wurden die Gelder für die Kommunen und Länder, die unter dem Namen „Partnerschaften für Demokratie“ und „Landes-Demokratiezentren“ gefördert werden stark aufgestockt. Das geschieht allerdings auf Kosten der zivilgesellschaftliche Träger*innen. Die direkte Förderung von Kommunen und Ländern ist aber ineffektiv, da einzelne Kommunen bereits angekündigt haben, die Förderung nicht mehr in Anspruch zu nehmen, da das Programm nicht ihren politischen Vorstellungen entspricht. Es muss mehr auf die Zivilgesellschaft gesetzt werden.
Dazu gesellen sich erhebliche strukturelle Probleme. Im Koalitionsvertrag kündigt die Bundesregierung die „Stärkung der Demokratie und Extremismusprävention” (Zeile 5591) an, um langfristige finanzielle Förderung sicherzustellen. Die Förderung ist bisher jedoch noch immer zeitlich begrenzt. Dies hat zur Folge, dass langfristige Maßnahmen nicht angesetzt und verankert werden können. Die Förderung von Modellprojekten ist geeignet, neue Konzepte zu erproben. Jedoch müssen Ansätze, die sich bewähren, verstetigt werden. Nur so können Nachhaltigkeit und Planungssicherheit sichergestellt werden. Insbesondere der NSU hat gezeigt, dass Rechtsradikalismus ein dauerhaftes Problem ist, das einer dauerhaften Prävention bedarf. Eine zeitliche Begrenzung der finanziellen Förderung gefährdet den Kampf gegen Rechts. Deswegen ist eine bundesgesetzliche Regelung für die langfristige Förderung unabdingbar.
Es braucht mehr Mitsprache für die Organisationen, die tatsächlich die Projekte durchführen. Für die nachhaltige Verbesserung der Demokratiearbeit ist es vonnöten, dass die Förderrichtlinien für die kommenden Förderzeiträume vom BMFSFJ in enger Absprache mit der Zivilgesellschaft überarbeitet werden. Dies wurde auch für den Förderzeitraum 2020 angekündigt, jedoch nie umgesetzt. Eine Evaluation des Programms darf nicht nur auf die zivilgesellschaftlichen Träger*innen schauen, auch Förderrichtlinien und Strukturen müssen angesteuert werden. Erst dann kann und muss Demokratieförderung in einem Demokratieförderungsgesetz verstetigt werden, um die Arbeit nachhaltiger umzusetzen.
Das Familienministerium kooperiert zudem mit dem Verfassungsschutz, um Demokratieprojekte zu durchleuchten. Dabei wurden die Kriterien und erhobenen Daten für die Überprüfung unter Verschluss gehalten. Dies untergräbt das Vertrauen in die Zusammenarbeit zwischen Projekten und BMFSFJ.
Wir fordern von den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion und der Bundes-Familienministerin:
- Eine Stärkung der Trägerorganisationen: Direkte Förderung durch den Bund statt durch mehrere Verwaltungsebenen.
- Eine langfristige Förderung bewährter Projekte: Dies beinhaltet, Modellprojekten eine langfristige Perspektiven bieten und Demokratiezentren weiterhin Förderung ermöglichen
- Die Erarbeitung neuer Richtlinien für die Demokratieförderung in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Auch die Evaluation wird in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft konzipiert.
- Die Umsetzung des Gesetzes zur Demokratieförderung, wie im Koalitionsvertrag festgehalten.
Die Überprüfung von zivilgesellschaftlichen Projektträger*innen im Zusammenhang einer Förderung im Rahmen des Bundesprogrammes darf vom Bundesministerium nicht mehr an den Verfassungsschutz ausgelagert werden. Prüfungen haben nach transparenten Kriterien durchgeführt werden. Die betroffenen Projektträger*innen sind im Nachhinein über ihre Überprüfung zu informieren.
Das Budget für das Programm „Demokratie leben!“ wird verdoppelt.
Weitere Adressat*innen: SPD-Bundestagsfraktion