Archive

Antrag 219/II/2019 Neue Offensiven für Europas Grenzpolitik mit Afrika! Für eine globale Solidarität mit Geflüchteten und eine pragmatische Politikgestaltung!

23.09.2019

Die S&D-Fraktion des Europaparlaments, die SPD-Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich für die Umsetzung des nachfolgenden Sofortprogramms zur Geflüchteten-, Migrations- und Grenzsicherungspolitik der EU und Deutschlands einzusetzen:

 

Forderungen zur  Seenotrettung

  1. Vereinbarung eines vorab feststehenden und gesicherten Verteilungsschüssels für aus Seenot gerettete Geflüchtete unter Einbeziehung des Städtenetzwerks Solidarity City. Deutschland und Berlin erklären sich bereit, bei Problemen im Falle von unerwartet hohen Zahlen von in Erstversorgung aufzunehmenden Menschen für Länder der „Koalition der Willigen“ einzutreten, die sich im Einzelfall überfordert fühlen. Die Vereinbarung sollte aber Regelungen enthalten, die einen angemessenen Ausgleich in der Verteilung von Geretteten auf mittlere Sicht vorsehen. Im Rahmen eines solchen Verteilungsmechanismus muss sowohl die Frage der Aufnahme derjenigen mit einer sicheren Bleibeperspektive in den jeweiligen Aufnahmestaaten wie auch derjenigen ohne eine solche sichere Perspektive geklärt sein.
  2. Wiedereinrichtung einer staatlichen, möglichst von der gesamten EU getragenen, im Notfall aber ebenfalls von einer „Koalition der Willigen“ getragenen Seenotrettungsmission
  3. EU-Länder, die sich nicht an einer solchen Mission beteiligen wollen, werden mit Anerkennung ihres berechtigten Unterstützungsbedarfs als Erstaufnahmeländer hinsichtlich der Aufnahme, Registrierung und Verteilung der bei ihnen ankommenden Geflüchteten, aber auch mit nachdrücklicher Erinnerung an  ihre Verpflichtungen aus den EU-Verträgen und der EU-Grundrechtscharta in die Pflicht genommen,  zumindest elementare Grundsätze der Menschlichkeit einzuhalten, ihre Häfen sowohl für private wie staatliche Seenotrettungsschiffe zu öffnen und aus Seenot gerettete Menschen an Land zu lassen und eine Registrierung und Erstversorgung zu gewährleisten.
  4. Gemeinsame Erklärungen der Regierungen in der „Koalition der Willigen“ zur Unterstützung der staatlichen und privaten Seenotrettung, zur Wahrung der Menschenrechte auch bei der Verteidigung der EU-Außengrenzen und gegen jede Kriminalisierung von privaten Seenotretter*innen

 

Forderungen zu  Migrationspartnerschaften mit Ländern in Nordafrika:

  1. Situationsangemessene Maßnahmen zur Unterstützung der Menschen in den Auffanglagern in Tunesien, zur Wahrung ihrer Sicherheit und ihres Rechts auf Asyl und entsprechende Hilfen für die tunesische Regierung und in der Flüchtlingssituation in Tunesien engagierte Hilfsorganisationen.
  2. Deutschland und die EU müssen alle Einflussmöglichkeiten ausschöpfen, um eine schnellstmögliche Schließung aller Lager in Libyen durch den UNHCR zu erreichen, da der UNHCR die Sicherheit der Geflüchteten in Libyen nicht mehr gewährleisten kann. Das alleinige Mandat zum Schutz von Geflüchteten muss der UNHCR haben. Die Geflüchteten in Libyen müssen evakuiert werden.
  3. Strenge Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention, insbesondere des Refoulement-Verbots. Niemand darf in Länder wie Libyen zurückgebracht werden, in denen Leben, Gesundheit und Menschenwürde gefährdet sind und mit Gewalt an der Überschreitung der EU-Außengrenzen und an der Wahrnehmung seines Rechts auf Asyl gehindert werden. Gegen das Völkerrecht und EU-Recht verstoßende Pushbacks im Mittelmeer, an den Grenzen zu Bulgarien, Ungarn, Kroatien und anderswo müssen untersucht und beendet werden.
  4. Überprüfung der Lager für Geflüchtete in Nordafrika im Hinblick auf die Einhaltung von Menschenrechtsstandards.
  5. Stärkere Anstrengung im Bereich des Resettlement, um Geflüchtete in Konfliktregionen, sowohl jene in den Flüchtlingslagern des UNHCR als auch jene ohne Registrierung in den Lagern, direkt in Sicherheit nach Europa zu bringen.
  6. Einstellung der Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache für die Seenotrettung.
  7. Die EU Unterstützung für aktuellen „Migrationspartnerschaften“ mit Herkunfts- und Transitländern in Afrika, insbesondere mit Libyen,  muss auf die Einhaltung der Menschenrechte untersucht werden. Diese Überprüfung der Wahrung der Grund- und Menschenrechte erfolgt nicht nur im Hinblick auf von Geflüchtete und aus anderen Gründen Migrierenden, sondern auch auf mögliche Verletzungen von Grund- und Menschenrechten sowie der wirtschaftlichen und sozialen Rechte der übrigen Bevölkerung (Recht auf Freizügigkeit gemäß regionaler Abkommen, Berufs- und Gewerbefreiheit, Recht auf Arbeitsaufnahme, Studienaufenthalte und Reisefreiheit in Nachbarländer)
  8. Keine Zusammenarbeit mit Blick auf die Einrichtung von Außenzentren mit Staaten (wie Libyen), die die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet haben.
  9. Unterstützung von Geflüchteten in der Bundesrepublik, deren Angehörige in den Lagern in Afrika durch Milizen und Menschenschmuggler festgehalten und misshandelt werden, um von ihrer Familie Löse- oder Schutzgeld zu erpressen. Es muss ein Konzept entwickelt werden, wie auch staatliche Stellen  mit Beginn der Aufnahme der Geflüchteten Unterstützung in diesen Fällen leisten können.

 

Forderungen zu Migrationspartnerschaften mit Ländern des Sahels:

  1. Das militärische Engagement im Sahel muss eine klare Konditionierung zur Durchsetzung von Menschen- und Bürgerrechten erfüllen. Es ist anzustreben, dass externe Militäroperationen in der Region ausschließlich im Rahmen von Mandaten der VN oder in Form gemeinsamer Missionen  der VN und der EU oder AU erfolgen und nicht im Rahmen einzelstaatlicher Initiativen. Militärische Einsätze müssen im Hinblick auf die Erreichung ihrer Zielsetzung evaluiert werden und das militärische Engagement durch zivile Maßnahmen ergänzt werden. Die Mittel für nichtmilitärische Versöhnungsprozesse und Konfliktlösungen innerhalb der Bevölkerung müssen erhöht werden.
  2. Eine militärische Zusammenarbeit mit autoritären und diktatorischen Regimen wie z.B. dem Tschad muss vermieden werden.
  3. Investitionen in Sicherheitskräfte müssen Hand in Hand mit Investitionen in Grundbedürfnisse der Bevölkerung (Ernährung, Bildung, Gesundheit, Infrastruktur) gehen. Es braucht einer Entwicklungsoffensive für den Sahel. Diese muss von den Bedürfnissen der Bevölkerung her konzipiert sein, in eine breitere entwicklungspolitische Agenda eingebettet werden und die Interessen der afrikanischen Zivilgesellschaft berücksichtigten.

     

    Forderungen zur deutschen Migrationspolitik

    1. Beiträge zur Entspannung der Flüchtlingssituationen in Westafrika (Beispiel Niger) und in den Hotspots auf den griechischen Inseln durch vollständige Erfüllung der Zusagen zu den mit diesen Flüchtlingssituationen verbundenen Resettlementprogrammen und Maßnahmen zur Familienzusammenführung und Prüfung der Frage, ob Deutschland seine Quoten für diese Programme entsprechend der zunehmenden Notlagen erhöhen kann.
    2. Schaffung von legalen und ungefährlichen Migrationsmechanismen nach Europa. Diese beinhaltet eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Wegen der Migration und die Eröffnung von Einwanderungschancen auch für die große Zahl derjenigen, die bis dato ohne Aussicht auf Anerkennung als Flüchtlinge bzw. Asylberechtigte sich auf höchst riskante, sehr oft tödliche Reisen begeben.
    3. Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe und/oder auch einer Enquètekommission zur Prüfung der Frage, welche Beiträge Deutschland kurz- und mittelfristig leisten kann, um gemäß den Handlungsvorschlägen der VN-Pakte zur Migration und zu Flüchtlingen die Menschenrechte von Geflüchteten und Migrant*innen sowohl in den Herkunfts- und Zielländern als auch auf allen Stationen der Flucht- und Migrationsrouten stärker zu schützen. Umsetzung der Ergebnisse dieser Prüfungen in Form einer Neuausrichtung der Förderrichtlinien  und Förderinstrumente der Bundesregierung  u n d der EU für die  betroffenen Länder in Afrika an den Zielen und Handlungsempfehlungen der beiden globalen Pakte
    4. Eine Evaluation des BMZ-Programmen zur Rückkehrförderung zur Überprüfung in Hinblick auf dessen Impakt und Effektivität.

     

    Anmerkung zur Beschlusslage:

    Der vorliegende Antrag zielt nicht auf eine Revision der Beschlusslage der SPD Berlin zum Thema „Flucht und Migration“ ab, sondern soll konkrete und praxisbezogene Ansätze für eine Auflösung der Blockaden in zentralen Bereichen der EU-Geflüchtetenpolitik liefern. Grundlage bleiben die Beschlüsse 61/I/2017, 47/II/2017 und 48/II/2017.

    Antrag 213/II/2019 Sitzzuteilungsverfahren bei Wahlen in Berlin und deutschlandweit vereinheitlichen!

    23.09.2019

    Bereits im Januar 1999 kam der Bundeswahlleiter zu dem Schluss, dass das Sainte-Laguë-Verfahren anderen Verfahren vorzuziehen ist. Also muss auch Berlin einen wichtigen Schritt gehen und gegen Ungleichheit bei deutschen Landtagswahlen vorgehen.

     

    Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus sollen sich für eine Änderung des Berliner Wahlgesetzes (WahlG BE) einsetzen, die eine Ablösung des Hare-Niemayer-Verfahrens (siehe WahlG BE §17, Absatz 2) bei Wahlen zum Abgeordnetenhaus und eine Ablösung des d’Hondt-Verfahrens bei den Wahlen zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (siehe §22, Absatz 1) durch das Sainte-Laguë-Verfahren vorsieht. Wir sind der Überzeugung, dass bei einer Verhältniswahl ein Wahlauszählverfahren nach Sainte-Laguë zu einer gerechteren Sitzverteilung in den Volksvertretungen führt. Die SPD sollte sich daher in den Ländern für die Einführung dieses Verfahrens einsetzen.

     

    Das Sainte-Laguë-Verfahren, das bereits seit der Bundestagswahl 2009 Anwendung findet, sollte 2008 das Hare-Niemayer-Verfahren ablösen, welches wiederrum 1985 das d’Hondt-Verfahren ersetzte. Jedoch gehen die 16 Bundesländer beim Sitzzuteilungsverfahren ihren eigenen Weg, sodass in zehn Ländern das Sainte-Laguë-Verfahren nicht verwendet wird. Das d’Hondt-Verfahren und das Hare-Niemayer-Verfahren wurden erst in sechs Bundesländern ersetzt und auch Berlin hat noch keine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes durchgesetzt.

     

    Für beide – bei der Bundestagswahl abgelösten – Verfahren gilt: Sie sind undemokratisch und verletzen die Wahlgleichheit schwerwiegend! Das d’Hondt-Verfahren bevorzugt nachweislich große Parteien. Da dieses Verfahren teilweise auch bei der Zuteilung von Ausschusssitzen angewendet wird, verstärkt sich dieser Effekt. Dadurch werden kleine politische Kräfte stark benachteiligt.

     

    Beim Hare-Niemeyer-Verfahren – der Quotenmethode mit Restausgleich nach größeren Bruchteilen – treten jedoch diverse Paradoxien auf. Diese Paradoxien können unter anderem bewirken, dass eine Partei bei Erhöhung der Sitzzahl Sitze verlieren kann (Alabama-Paradoxon). Des Weiteren kann es nach dem New-State-Paradoxon dazukommen, dass bei Streichung einer Partei eine andere Partei Sitze verliert. Das Populations-Paradoxon besagt wiederum, dass eine Partei bei Stimmengewinnen Sitze verlieren kann und eine andere Partei bei Stimmenverlusten Sitze dazu gewinnen kann. Diese Paradoxien stellen die Wahlgleichheit bei Anwendung dieses Verfahrens infrage.

     

    Weitere Adressat*innen: SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

     

    Antrag 204/II/2019 Aufhebung von § 109 StGB

    23.09.2019

    Die sozialdemokratischen Abgeordneten des Bundestages werden aufgefordert, einen Antrag auf Aufhebung des § 109 StGB in den Bundestag einzubringen.

    Antrag 212/II/2019 Gemeinnützigkeit stärken

    23.09.2019

    Das globalisierungskritische Netzwerk Attac kämpfte in einem längeren Rechtsstreit mit dem zuständigen Finanzamt für die Anerkennung seiner Gemeinnützigkeit. Die einzelnen Instanzen urteilten dabei sehr unterschiedlich über die Frage, ob das politische Engagement von Attac angemessen für einen gemeinnützigen Verein sei. Zwar kann dies auch bei gemeinnützigen Vereinen „im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden“ sein. Doch wird politische Tätigkeit grundsätzlich als Vertretung besonderer Interessen begriffen und damit von Gemeinnützigkeit unterschieden. Das hessische Finanzgericht ordnete das politische Engagement von Attac unter Bildungszwecke ein und erkannte entsprechend eine Gemeinnützigkeit an. Der Bundesfinanzhof als nächste Instanz betrachtete das politische Engagement als zu groß, hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies den Fall zurück. Attac hat damit den Status der Gemeinnützigkeit verloren und massive – existenzbedrohende – finanzielle Verluste erlitten. Auch die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe zeigt, wie relevant die Frage der Gemeinnützigkeit für die Zivilgesellschaft ist.

     

    Die Trennung zwischen gemeinnützigen und politischen Vereinen ist grundsätzlich sinnvoll – insbesondere muss verhindert werden, dass rechtsradikale Kräfte wie der PEGIDA Förderverein oder der Identitäre Bewegung Deutschland e.V. in den Genuss der Gemeinnützigkeit kommen.

     

    Die Entscheidungspraxis der Finanzämter ist jedoch sehr unterschiedlich und bietet zu wenig Rechtssicherheit für Vereine. Wird ihnen die Gemeinnützigkeit überraschend entzogen, haben sie erfahrungsgemäß einen schlagartigen Einbruch von Spenden zu verzeichnen, weil diese für die zahlenden Personen nicht mehr steuerlich absetzbar sind. Noch dramatischer sind die Folgen einer rückwirkenden Aberkennung durch die damit fälligen Nachzahlungen. Hier ist eine Vereinheitlichung der Rechtsanwendung dringend nötig, um gemeinnütziges Engagement nicht durch steuerrechtliche Verwaltungslast zu erdrücken.

     

    Die in der Abgabenordnung aufgeführten Tätigkeiten sind seit langem nicht mehr auf der Höhe der Zeit: Der kulturelle und technische Fortschritt ermöglicht heute viele Formen faktischer Gemeinnützigkeit, deren juristische Anerkennung bisher ausblieb und dringend nachgeholt werden muss.

     

    Daher fordern wir:

    1. Der Begriff der Gemeinnützigkeit nach der Abgabenordnung (AO) wird reformiert. Die in § 52 der Abgabenordnung als gemeinnützig definierten Themenfelder werden den veränderten gesellschaftlichen Vorstellungen angepasst und so formuliert, dass sie z.B. explizit auch folgende Tätigkeiten umfassen:
    • Förderung der Hilfe für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten
    • neue Bildungsbereiche wie Programmierung und Medienkompetenz
    • neue Sportbereiche wie Paintball und eSports
    • bisher ungenannte, aber faktisch entsprechende Bereiche, wie z. B. Pflege und Verwaltung von Friedhöfen
    1. Das Bundesfinanzministerium wird eine höhere Rechtssicherheit bei der Anerkennungspraxis der Gemeinnützigkeit besorgen. Die Prüfungspraxis bei den Finanzämtern wird stärker reguliert, um Anerkennungsentscheidungen für antragstellende Vereine transparenter zu gestalten. Der zulässige Umfang von politischem Engagement im Zustand der Gemeinnützigkeit wird genauer bestimmt. Bei Spenden über 10.000 € müssen die Namen der Geldgeber*innen veröffentlich werden.
    2. In der Diskussion über die Klagen der Deutsche Umwelthilfe bekennt sich die SPD dazu, die Gemeinnützigkeit von Vereinen nicht aus dem alleinigen Grund zu entziehen, weil sie sich im Rechtsstreit mit Gebietskörperschaften befinden.

     

    Antrag 199/II/2019 Demokratie für Alle – Wählen ab 14

    23.09.2019

    Die Jugend ist politisch – das wissen wir Jusos nicht erst seit den „Fridays for Future“-Protesten. Schon lange fordern wir das Wahlrecht für 16-Jährige. Dass die SPD es fordert und es mancherorts bereits Realität ist, ist auch unser Erfolg!

    Die jungen Menschen sind diejenigen, die am längsten von den politischen Entscheidungen betroffen sein werden. Trotzdem waren bei der letzten Europawahl die über 60-Jährigen eine größere Gruppe als alle Wahlberechtigten unter 45 Jahren – eine demografische Entwicklung, die sich noch verschärfen wird.

    Etwas gegen die Alters-Diskriminierung beim Wahlrecht zu unternehmen wurde schon öfter, auch von uns diskutiert – jetzt ist es Zeit ein klares Zeichen für die politische Jugend zu setzen!

    Mit 14 Jahren können Jugendliche frei über ihre Religion entscheiden, von Gerichten für ihre Taten bestraft werden oder Jusos-Mitglied werden – frei und demokratisch über ihr Zusammenleben entscheiden dürfen sie nicht.

    Jungen Menschen werden oft pauschal politische Unreife und Unwissen unterstellt. Dabei ist es ein zentraler Gerechtigkeits-Grundsatz, dass kein*e Einzelne*r aufgrund eines Urteils über eine Gruppe benachteiligt werden darf. Wählen ist ein demokratisches Grund- und Menschenrecht – jede Eingrenzung erfordert bedeutsame Gründe. Ein Pauschalurteil über eine ganze Gruppe von Menschen ist keines.

    Absolut unvorstellbar wäre es, Argumente zum Unwissen, Unreife oder gar Intelligenz auf Erwachsene zu übertragen – jede*r aufrechte*r Demokrat*in wäre zurecht gegen eine Begrenzung des Wahlrechts, zum Beispiel durch entsprechenden Test für erwachsene Menschen. Doch während Erwachsene, wenn sie es wünschen, ihre Wahl auch auswürfeln könnten, können junge Menschen, so informiert, interessiert und persönlich betroffen sie auch seien, keinen Einfluss auf unser aller politisches Zusammenleben haben.

    Auch der Glaube Kinder und Jugendliche könnten leichter unter Druck gesetzt werden als Erwachsene ist nicht überzeugend: durch das Wahlgeheimnis sind sie ebenso wie Erwachsene geschützt. Natürlich bilden sich junge Menschen, ebenso wie Erwachsene, ihre politische Meinung, auch aus ihrem persönlichen Umfeld heraus. Anzunehmen, dass Erwachsene gegen Einwirkungen von außen immun sind, wäre naiv – die Entscheidung über ihr Recht zu Wählen bleibt davon unberührt und sollte es auch für junge Menschen sein.

    Zwei Drittel der Erstwähler*innen der letzten Bundestagswahl waren der Meinung, dass die deutschen Parteien sich nicht ausreichend mit den wichtigen Themen ihrer Generation auseinandersetzen würden. Wer sich in der Politik nicht wiederfindet, wird politik- und parteienverdrossen. Doch solange junge Menschen am Kern unserer Demokratie nicht teilhaben können, wird sich das nicht ändern. Ein weiteres Herabsetzen des Wahlalters von 16 auf 14 Jahre würde zu rund 1,5 Millionen neuen Wahlberechtigten führen, die von Politik und Parteien ernst genommen werden müssten.

    Eine Stellvertretung, wie ein Familienwahlrecht, widerspricht dabei demokratischen Grundsätzen – niemand weiß besser was Jugendliche und Kinder wollen als sie selbst.

    Daher fordern wir:

    Das aktive Wahlrecht für alle Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen auf 14 Jahre zu senken.