Archive

Antrag 59/II/2021 Ein Schritt in Richtung globale soziale Gerechtigkeit - Angleichung der Bezahlung von Ortskräften und Entsandten in der internationalen Zusammenarbeit!

9.11.2021

Das Vergütungssystem an deutschen Institutionen, die im Ausland operieren (z.B. Botschaften, politische Stiftungen, die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), zementiert die Ungleichheiten zwischen dem Global Süden und Norden, denn: Ortskräfte werden deutlich schlechter bezahlt als die deutschen entsandten Angestellten dieser Institutionen.

 

Konkret folgt das Vergütungssystem diesen Leitlinien:

 

Die Vergütung von deutschen Angestellten im Ausland wird je nach Beschäftigungsort durch das Bundesbesoldungsgesetz oder den TVöD Bund geregelt bzw. daran angelehnt. Zu diesem dort festgeschriebenen Geld kommen noch Auslandsdienstbezüge hinzu, die unter anderem einen Mietzuschuss beinhalten. Die Höhe dieser Bezüge unterscheidet sich je nach Einsatzland.

 

Im Gegensatz dazu erhalten Ortskräfte an deutschen Auslandsvertretungen ihr Gehalt gemäß der Ortsüblichkeit. Die Ortsüblichkeit wird durch den Vergleich mit anderen ortsansässigen Arbeitsbedingungen festgelegt. Auch bei anderen deutschen Akteur*innen im Ausland (z.B. Stiftungen oder der GIZ), gilt ein Besserstellungsverbot, das dem Prinzip der Ortsüblichkeit ähnlich ist.

 

Im Detail bedeutet das, dass beispielsweise die*der deutsche entsandte Büroleiter*in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tunesien 4113,41 Euro brutto verdient und zusätzlich laut der Auslandszuschlagsverordnung 2348,68 Euro Auslandszuschlag bekommt.

 

Das Gehalt der Ortskraft, das sich nach Ortsüblichkeit bemisst, ist somit je nach Position zwischen den folgenden Gehaltsgruppen einzuordnen: Ein*e Buchhalter*in in Tunesien verdient im Schnitt 326,63 Euro, ein*e Architekt*in 388,93 Euro und ein*e Zahnärzt*in 951 Euro.

 

Zusammengefasst entsteht die ungleiche Vergütung durch die Bezahlung der Entsandten nach deutschen Gehaltsstandards und zusätzlichen Auslands- und Mietzuschüssen, während Ortskräfte nach den Prinzipien der Ortsüblichkeit bezahlt werden. Am Beispiel Tunesiens beträgt dieser Unterschied mindestens 5.500 Euro! Die eigentlich gleichwertige Arbeit von Ortskräften im Vergleich zu Entsandten, wird durch das Ungleichgewicht der Vergütung entwertet. Es ist ungerecht, dass die Ortskräfte für denselben Arbeitsaufwand und Qualifikation nur einen Bruchteil vergütet bekommen. Dieses Lohngefälle ist unverhältnismäßig.

 

Auch steht den Entsandten angesichts der Tatsache, dass die Lebenshaltungskosten in vielen Ländern des globalen Südens die Lebenshaltungskosten meist um einiges niedriger sind als in Deutschland, in vielen Fällen überdurchschnittlich viel Geld zur Verfügung. Diese im Dienstland (als auch für deutsche Standards) überdurchschnittliche Vergütung ermöglicht den Entsandten einen außerordentlich gehobenen Lebensstil im Vergleich zu der restlichen Bevölkerung.

 

Bei der Auflösung dieses Ungleichgewichts, sind zwei Punkte zu beachten: Für die ortsübliche Bezahlung spricht das Argument, dass eine zu große Einflussnahme auf das lokale Wirtschaftssystem verhindert werden soll. Für Entsandte wird das Argument geltend gemacht, dass ihnen eine Rückkehr nach Deutschland mit einem angemessenen Lebensstandard garantiert sein muss.

 

Dennoch ist dieses exorbitante Ungleichgewicht so nicht tragbar. Wir verstehen uns als internationalistisch und müssen so für die Auflösung kolonialer Strukturen eintreten.  Am wichtigsten ist aber: Die ungleiche Bezahlung ist nicht vereinbar mit dem zentralen Grundwert der Jusos und der SPD: Soziale Gerechtigkeit. Soziale Gerechtigkeit endet nicht an der deutschen Grenze, wir müssen für sie weltweit einstehen.

Deswegen fordern wir:

  • Eine Neubewertung der Gehälter von Entsandten und Ortskräften
  • Eine Angleichung der Vergütung von Entsandten und Ortskräften
  • Eine Neubewertung des Auslandszuschlags der Entsandten unter Einbeziehung der Differenz der Lebenshaltungskosten im Land der Entsendung und in Deutschland insbesondere des Mietkostenzuschusses

Lasst uns endlich diesen entscheidenden Schritt in Richtung globale Gerechtigkeit gehen.

Antrag 69/II/2021 Medizinische Fußpflege für alle, die sie brauchen

9.11.2021

Die Sozialdemokrat*innen im Deutschen Bundestag werden aufgefordert, sich für eine Aufnahme medizinischer Fußpflege in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen einzusetzen, sodass bei allen Menschen, die diese benötigen, ein ärztliches Rezept für die Kostenübernahme ausreicht und diese auch bei einem stationären Klinikaufenthalt erfolgen kann.

 

Bisher kann medizinische Fußpflege nur dann durch ein Rezept ärztlich verordnet und von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, wenn die medizinische Fußpflege aufgrund krankhafter Veränderungen am Fuß infolge von Diabetes mellitus (Diabetisches Fußsyndrom), Neuropathien (Nervenerkrankungen) oder eines Querschnittsyndroms erforderlich wird.

 

Bei vielen anderen Ursachen dafür, die Fußpflege nicht (mehr) allein durchführen zu können, werden Menschen jedoch alleingelassen. Sie müssen die Kosten dann selbst tragen oder vernachlässigen die Fußpflege ganz – mit schwerwiegenden Auswirkungen. Auch bei langfristig stationären, bewegungseingeschränkten Patient*innen im Krankenhaus wird Fußpflege zu einem Problem. Ein solidarischer Sozialstaat muss hier Lösungen schaffen.

Antrag 72/II/2021 Hilfe für Helfende! Sonderprogramm für medizinisches Fach- und Pflegepersonal

9.11.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Landtagsfraktionen, der Bundestagsfraktion, der Landesregierungen und der Bundesregierung werden aufgefordert, sich in Zusammenarbeit mit den Berufsgenossenschaften und Krankenkassen für ein umfassendes Hilfs- und Reha-Sonderprogramm einzusetzen, welches auf die Bedürfnisse des medizinischen und pflegenden Personals in den Krankenhäusern, den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen und in der häuslichen Pflege zugeschnitten ist und spätestens nach Bewältigung der Pandemie – also des allgemeinen gesellschaftlichen Krisenzustands – bestenfalls aber bereits währenddessen gestartet wird.

Die derzeitigen Eindrücke von zahlreichem Sterben über viele Wochen hinweg, hinterlassen auch beim Vollprofi Spuren. Mit einem unbürokratischen (!) Sonderprogramm für Erholungskuren, Rehamaßnahmen für Körper und Psyche, sowie Psychotherapien etc. muss dieser drohenden massenhaften Traumatisierung und Erschöpfung begegnet werden. Dies und vieles mehr, schuldet die Gesellschaft den in der Medizin Tätigen.

Antrag 80/II/2021 Allgemeiner Gleichbehandlungsgesetz

9.11.2021

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll geändert werden.

 

Im Rahmen dieser anstehenden Änderungen soll
1. der in § 1 enthaltene Katalog auch ergänzt werden durch das Verbot der Benachteiligung im Hinblick auf die „Staatsangehörigkeit“.
2. Ein Verstoß gegen das AGG soll künftig von Amts wegen mit einem Bußgeld geahndet werden.
3. Die Fristen für zivilrechtliche Klagen sollen von zwei auf sechs Monate verlängert werden.

Antrag 83.1/II/2021 Sexarbeit ist Arbeit!

9.11.2021

In unserer Gesellschaft denken viele bei “Prostitution” häufig an ein System, das Menschen dazu nötigt, ihren Körper und sexuelle Handlungen zu verkaufen. Dies ist jedoch ein Verständnis, das zu kurz greift. Gemeint ist dann häufig die Zwangsprostitution, welche wiederum strafbar ist. Eine sprachlich korrekte Trennung zwischen diesen beiden Begriffen ist wichtig, um kein fälschliches Bild von selbstbestimmter Sexarbeit zu zeichnen. Darüber hinaus ist es wichtig, eben diese selbstbestimmte Sexarbeit zu entstigmatisieren. Eine Lösung wie das Nordische Modell oder Sexkaufverbot, das lediglich Kund*innen kriminalisiert und dabei Sexarbeiter*innen außenvorlassen möchte, führt allerdings zu vermehrter Illegalität und Verdrängung der selbstbestimmten Arbeit und gefährdet so Sexarbeiter*innen – so ist es in Ländern erkennbar, die diese Regelung eingeführt haben.

 

Gerade im illegalen Bereich, in dem die Sexarbeiter*innen, die diese Arbeit ausüben, nicht selbstbestimmt sind, sind die psychischen Erkrankungen, wie Sucht, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Depressionen signifikant häufiger vertreten als in der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig haben diese Menschen einen deutlich erschwerten Weg ins Hilfesystem oder kommen erst gar nicht dahin. Während der Corona-Zeit hatten außerdem auch Sexarbeiter*innen massive Probleme, sei es durch Einkommensnot oder Berufsverbote mit darauffolgender unvermeidbarer Arbeit im illegalen Bereich. Deshalb gilt es besonders jetzt, erneut darauf hinzuweisen, in welchen prekären Situationen sich Sexarbeiter*innen befinden, und die Gewährleistung einer sicheren Ausübung dieses Berufs zu fordern.

 

Unser Ziel als Jusos ist es, diese Arbeit, wie jede andere auch, bestmöglich zu unterstützen und Sexarbeiter*innen zu schützen. Wir müssen Sexarbeiter*innen helfen, die diese Arbeit nicht zwanglos ausüben können und verschiedene Hilfsangebote schaffen. Die Selbstbestimmung des eigenen Körpers sollte immer unabdingbar sein – dabei dürfen Menschen, die diese Arbeit als ihren Beruf ansehen, nicht ausgeschlossen werden. Durch das Zusammenspiel dieser Aspekte ist die Lösung, alle Menschen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen, zu kriminalisieren, ein Rückschritt für diejenigen, die diesen Beruf ohne Zwang oder sozio-ökonomischen Druck ausüben und bringt sie zudem in Gefahr.

 

Wir wollen alle Sexarbeiter*innen adäquat unterstützen und schützen und deshalb steht für uns fest:
Wir fordern einen Ausbau der finanziellen Förderung von Programmen, die Einsteiger*innen in die Sexarbeit begleiten.
Im Bereich der Sexarbeit gibt es Programme wie z.B. von Hydra e.V., die Treffen und Beratungen organisieren, um die Menschen auf ihren Beruf vorzubereiten. Hier besteht die Möglichkeit, sich offen und ohne Scham über schon bereits gemachte Erfahrungen auszutauschen und zu lernen, wie man sich schützen kann. Es ist unabdingbar, dass in diesem Bereich eine stärkere und bessere Vernetzung stattfinden kann. Deshalb ist eine staatliche Förderung solcher Programme sinnvoll und sollte finanziell ausgebaut werden.

 

Wir fordern eine Förderung der Ausübung selbstbestimmter Sexarbeit, in dem das Meldeverfahren einer solchen Tätigkeit wie für eine Selbstständigkeit reduziert und die gesundheitliche Betreuung vereinfacht wird.

Teile der Sexarbeit sind zwar legal, allerdings kann man diesen Bereich durch vereinfachte Bürokratie und aktive Unterstützung vergrößern. Dabei hilft es z.B., dass angemietete Wohnungen der Arbeiter*innen unkomplizierter als Geschäftsräume akzeptiert und als Arbeitsstelle registriert werden. Des Weiteren sollten regelmäßige ‚Gesundheits-CheckUps‘ auch bei Hausärzt*innen oder Gynäkolog*innen gemacht werden können und nicht nur wie so häufig in gesonderten Stellen. Die allgemeine Absonderung durch das Prostituiertenschutzgesetz berücksichtigt nicht den Fall einer völlig eigenständigen Arbeit, sondern drängt die Menschen wieder in eine Opferrolle.

 

Wir fordern eine Förderung der Entstigmatisierung des Berufs und einer aktiven Aufklärungsarbeit, die schon im Schulunterricht beginnt.

Ein großer Teil der Bevölkerung schließt Menschen mit diesem Beruf aus Teilen des gesellschaftlichen Lebens aus, hat Vorurteile und stigmatisiert diese Menschen. Deshalb ist es unabdingbar schon früh Schüler*innen den Unterschied zwischen selbstbestimmter Sexarbeit und Zwangsprostitution aufzuzeigen. In Verbindung mit Aufklärungsunterricht sollten Programme entwickelt werden, die alle Aspekte der Sexarbeit thematisieren, die Gefahren, aber auch, dass es Menschen gibt, die diesen Beruf selbstbestimmt ausüben. Des Weiteren sollten Menschen, die aussteigen wollen, Unterstützung, auch gesetzlich, gegen Diskriminierung erhalten. Es ist immer noch der Fall, dass ehemalige Sexarbeiter*innen große Lücken in ihrem Lebenslauf bei Bewerbungen in Kauf nehmen, weil sie wissen, dass sie keine Ausbildung oder einen Job bekommen, wenn sie angeben, was sie beruflich gemacht haben. Die gesellschaftliche Entstigmatisierung und Akzeptanz selbstbestimmter Sexarbeit, würde also auch bedeuten, dass Menschen selbstbestimmt aus diesem Beruf aussteigen können und nicht dadurch fürchten müssen, keine Anstellung im Anschluss zu finden.

 

Wir fordern die stärkere finanzielle, materielle und personelle Förderung von Programmen für Aussteiger*innen aus der Zwangsprostitution, Prostitution und Sexarbeit im Rahmen von Notunterkünften und niedrigschwelligen Beratungsstellen.

Ebenfalls ist es eine wichtige Aufgabe, allen Menschen, die diese Arbeit nicht mehr machen wollen oder nie machen wollten, schnelle und einfache Möglichkeiten zu bieten, aus der Prostitution bzw. Sexarbeit auszusteigen. Hierfür gibt es bereits vorhandene Strukturen, die erweitert und staatlich gefördert werden sollten. Beratungsstellen helfen dabei den Sexarbeiter*innen Bewerbungen zu formulieren, sie zu schützen und vor potenzieller Gewalt abzuschirmen. Auch hier wird deutlich das Strukturen wie Frauen*häuser ausgebaut und die Platzzahl erhöht werden muss. Die Beratungsstellen begleiten diese Menschen oft über einen langen Zeitraum, weshalb mehr geschulte Sozialarbeiter*innen in diesem Bereich benötigt werden. Organisationen wie z.B. Olga e.V. (Unterstützung primär bei Drogenabhängigkeit von Frauen*) oder Hydra e.V. sind sehr nah und niedrigschwellig bei Sexarbeiter*innen und können so besser eingreifen und unterstützen. Häufig ist es so, dass eine lange Begleitung notwendig ist, weshalb es umso wichtiger ist Strukturen wie Notunterkünfte, niedrigschwellige Beratungen und Zukunftsperspektiven staatlich zu fördern und die vorhandenen Strukturen auszubauen und zu fördern.

 

Wir fordern eine Änderung des Prostitutionsgesetzes (ProstG), sodass die Eigenständigkeit und Selbstständigkeit von Sexarbeiter*innen stärker herausgestellt und gefördert wird.

2016 wurde das Prostitutionsgesetz novelliert. Das neue Prostitutionsschutzgesetz sieht u.a. eine Kondompflicht, eine Registrierung und regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen vor. Das Gesetz weist allerdings Mängel aus. So fehlt bspw. eine klare Differenzierung zwischen selbstständig ausgeführter Arbeit (einzelner oder Zusammenschlüsse von Sexarbeiter*innen) und Sexarbeit über “Zwischenhändler*innen”. Dabei sollte der Fokus darauf liegen, selbstständige Arbeitsmodelle bzw. selbstständig organisierte Gruppen zu fördern. In der Konsequenz kann das Geschäftsmodell nur als durch Sexarbeiter*innen selbst organisiertes weiter bestehen. Sexarbeiter*innen müssen außerdem Anspruch auf Sozialleistungen erhalten.

 

Wir fordern die Förderung und den Ausbau von professioneller therapeutischer Begleitung im Bereich der Sexarbeit und Prostitution.

Dieser Beruf ist, auch wenn selbstbestimmt, psychisch belastender als viele andere Berufe. Die häufigen Grenzüberschreitungen, die stattfinden können, müssen ähnlich auch wie in anderen Berufen, aufgearbeitet werden. Deshalb sollten es spezielle Begleitmöglichkeiten geben, die Sexarbeiter*innen niedrigschwellig in Anspruch nehmen können. Eine Integration von Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen und approbierte Psychotherapeut*innen, die auf diesen Bereich spezialisiert sind, sollte in den Beratungs- und Vernetzungsstellen etabliert werden. Damit könnten Situationen, in denen Grenzen überschritten wurden, beziehungsweise Arbeit, der nicht selbstbestimmt nachgegangen wird, besser aufgearbeitet und begleitet werden. Durch diese Form der Absicherung, garantiert man erneut, dass Menschen auf absolut freiwilliger Basis und selbstbestimmt in diesem Beruf arbeiten können. Durch therapeutische Maßnahmen können Sexarbeiter*innen ebenfalls lernen, kritische Situationen zu vermeiden.

 

Wir fordern die Erweiterung und Förderung eines niedrigschwelligen Zugangs zur Gesundheitsprävention von vulnerablen Gruppen.

Die bestehende Testpflicht für Sexarbeiter*innen wurde von vielen Sexarbeitsverbänden kritisch gesehen. Dies liegt darin begründet, dass eine Pflicht unterstellt, dass Sexarbeiter*innen zwingend alle Krankheiten hätten, was zur Stigmatisierung der Personen und des Berufs beiträgt. Professionell ausgeführte Sexarbeit findet meist in stark kontrollierten Kontexten statt, in welchen die Sexarbeiter*innen selbst ein hohes Bewusstsein für Hygiene und gesundheitliche Vorsorge haben. Zudem sind sie die einzige Berufsgruppe, bei der diese Art der Testpflicht besteht, was bereits eine Unterstellung und Diskriminierung in sich darstellt.

Durch weniger professionalisierte Bereiche der Sexarbeit treten sexuell übertragbare Krankheiten allerdings immer noch häufiger auf als anderswo.

Um die bestehende Testpflicht für Sexarbeiter*innen zugänglicher und diskriminierungsfreier zu gestalten, ist eine Umgestaltung der Maßnahmen notwendig.

Dafür braucht es die Möglichkeit, sich in regelmäßigen Abständen kostenlos präventiv bei Hausärzt*innen oder Gynäkolog*innen testen lassen zu können. Sexarbeiter*innen sollen Zugang zu regelmäßigen (Selbst-)Tests haben, um sowohl sich selbst schnell testen zu können, als auch potenzielle Kund*innen. Dabei müssen alle Testmöglichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Neben der direkten Testung der Sexarbeiter*innen ist es unabdingbar, auch die Gesamtbevölkerung regelmäßig zu testen. Eine selbstverständliche und kostenlose Testung bei den üblichen ärztlichen Check-Ups führt neben der Entdeckung von Infektion auch zu einer massiven Entstigmatisierung von sexuell übertragbaren Erkrankungen.

 

Ziel unseres politischen Handelns und Tuns, als Jungsozialist*innen, ist die Überwindung des Patriarchats und des Kapitalismus, die ausbeuterische Strukturen ermöglichen und begünstigen. Die im den voraus genannten Maßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag dazu, eine rein selbstbestimmte Sexarbeit zu ermöglichen und sicher zu gestalten. Klares Ziel ist, dass Sexarbeit nur freiwillig ausgeübt wird. Wer dies aber tut, verdient vollständige gesellschaftliche Akzeptanz, keine Benachteiligung und eine vollständige Entstigmatisierung. Denn Sexarbeit ist Arbeit!