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Antrag 146/I/2022 Beschränkung der sogenannten fortdauernden Amtsausstattung für nachwirkende Aufgaben

17.05.2022

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, für eine erhebliche Beschränkung der Titel im jährlichen Bundeshaushaltsplan einzutreten, aus denen bisher ehemaligen Bundespräsidenten, Bundeskanzlern und Bundestagspräsidenten eine sogenannte fortdauernde Amtsausstattung für nachwirkende Aufgaben gewährt wird.

 

Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

 

Mit dem Ausscheiden aus einem Amt gehen die damit verbundenen Aufgaben vollständig auf den Amtsnachfolger über. Sie entfallen für den bisherigen Amtsinhaber und können nicht nachwirken. Ein früherer Amtsinhaber ist frei, aber nicht verpflichtet, neue Aufgaben zu übernehmen. Werden sie ihm durch Dritte angetragen, mögen diese für erforderliche Sach- und Personalkosten aufkommen. Die Freistellung ehemaliger Amtsinhaber von solchen Kosten ist kein geeignetes Mittel, um Zwecke Dritter zu fördern, selbst wenn sie im Einzelfall förderungswürdig sein könnten.

 

Leistungen an ehemalige Amtsinhaber, soweit es sich nicht um die gesetzlich geregelte Versorgung handelt, sind auf zwangsläufig entstehende Kosten zu beschränken. Selbstverständlich sind Schutzmaßnahmen nach Maßgabe sicherheitsbehördlicher Beurteilung. Sonstige zwangsläufig entstehende Ausgaben sind überhaupt nur für eine kurze Übergangszeit denkbar, die bei Bundespräsidenten und -kanzlern schon mit der Dauer einer normalen Wahlperiode großzügig bemessen wäre und als lebenslängliche Leistung überhaupt nicht zu rechtfertigen ist. Für Bundestagspräsidenten dürften sie schon dem Grunde nach kaum vorstellbar sein.

 

Ein etwaiges Vertrauen vorhandener ehemaliger Amtsinhaber auf weitere Gewährung ist nicht geschützt, weil die Leistungen nicht auf besonderer gesetzlicher Grundlage beruhen und das jährliche Haushaltsgesetz lediglich zu Ausgaben ermächtigt, aber keine Ansprüche begründet (§ 3 der Bundeshaushaltsordnung).“

Antrag 147/I/2022 Änderung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten

17.05.2022

Die SPD-Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung (federführend die Bundesministerin des Innern) werden aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten zu initiieren.

 

Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten:

 

Unangemessen ist der bestehende Versorgungsanspruch (sog. Ehrensold) in voller Höhe der Aktivbezüge, der schon mit dem Amtsantritt erworben wird. Ein solcher Versorgungsanspruch ist nach Erwerbszeitpunkt und Höchstversorgungssatz allen staatlichen Versorgungssystemen fremd, wie schon im Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion vom 20. November 2012 (Bundestagsdrucksache 17/11593) ausgeführt wurde. Jeder Versorgungsanspruch stellt neben den Aktivbezügen eine geldwerte Gegenleistung für die Amtswahrnehmung dar und darf deshalb nur mit ihrer Dauer allmählich ansteigen.

 

Es dürfte sich empfehlen, die Versorgung des Bundespräsidenten entsprechend den Regelungen des Bundesministergesetzes auszugestalten, nach dem Bundeskanzler und -minister erst nach einer Amtszeit von mehr als 22 Jahren den Höchstversorgungssatz von 71,75 Prozent erreichen können. Eine Amtszeit von höchstens zehn Jahren, die einem Bruchteil einer durchschnittlichen Lebensarbeitszeit entspricht, rechtfertigt nur eine Teilversorgung. Dazu muss der Anspruchserwerb sachgerecht beschränkt werden, weil Anrechnungsregeln naturgemäß nicht greifen, wenn keine Versorgungsansprüche, wohl aber dafür verwendbares Vermögen erworben wurde oder hätte erworben werden können.

 

Eine Gesetzesänderung ist auch deshalb erforderlich, weil die Aktivbezüge des Bundespräsidenten bis heute nicht gesetzlich geregelt sind, obwohl das Gesetz über die Ruhebezüge daran anknüpft. Insoweit dürfte auch die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte sogenannte Wesentlichkeitstheorie ein formelles Gesetz erfordern.

 

Weitergehende Ansprüche, die nach dem bisher geltenden Recht erworben wurden, sollen für die Zukunft nur gewahrt bleiben, soweit Vertrauensschutz zwingend geboten ist.

Antrag 144/I/2022 Platzverweis für Menschen ohne Obdach – Verdrängung aus dem öffentlichen Raum verhindern

17.05.2022

Sowohl Landes- als auch Bundespolizei haben die Befugnis Platzverweise auszustellen. Die entsprechenden Gesetze werden auch in der besonderen Situation von Menschen ohne Obdach angewendet. Hier kann alleine die Anwesenheit dieser Menschen als Störung deklariert werden. Menschen ohne Obdach sollen nicht im öffentlichen Raum sichtbar sein. Dabei gehören Obdach- und Wohnungslosigkeit zu dieser Gesellschaft und sind Ergebnis unsozialer Politik und Strukturen. Das unsichtbar machen dieses Faktes ändert daran nichts.

 

Ein Platzverweis gegen Menschen ohne Obdach ist keine Maßnahme zur Bewahrung der öffentlichen Ordnung. Es ist die Vertreibung von Menschen auch von Orten an denen sie sich eingerichtet haben, weil sie sonst kein Zuhause haben. Kältebusse und ähnliche Angebote der Sozialhilfen verlassen sich darauf, Menschen ohne Obdach an gewissen öffentlichen Plätzen anzutreffen. Diese lokale Gebundenheit ist Voraussetzung um ein Vertrauensverhältnis zwischen Menschen ohne Obdach und Sozialarbeiter*innen aufzubauen, und Menschen adäquat, gerade im Winter, versorgen zu können. Erst wenn die Betroffenen Helfer*innen und staatlichen Strukturen vertrauen können, sind sie gewillt weitergehende Hilfeleistungen (wie eine psychosoziale Betreuung) in Anspruch zu nehmen. Wenn nun Menschen ohne Obdach ihrer bekannten Plätze vertrieben werden, geschieht das vermeintlich zum Schutz der Allgemeinheit und der öffentlichen Ordnung. Dafür werden die Menschen ohne Obdach aber ihrem primären Bezugsort verwiesen. Ein fester Ort bietet mehr Sicherheit für Obdach- und Wohnungslose marginalisierter Gruppen z.B. durch Gruppenstrukturen. Durch den Platzverweis kann es zum Aufbrechen dieser kommen und dadurch zu noch größerer Gefährdung. Gerade bei Menschen mit psychischen Erkrankungen kann ein Platzverweis und die damit einhergehende negative Erfahrungen mit der Polizei Vertrauen zerstören und Desorientierung hervorrufen. Das kann ein enormer Rückschlag in der Reintegration dieser Menschen sein.

 

Deshalb sollte ein Platzverweis nie ohne Beachtung der besonderen Hilfsbedürftigkeit von Menschen ohne Obdach verhängt werden und nie nur auf Grund ihrer Obdachlosigkeit. Ihnen muss sofort beispielweise ein alternativer Aufenthaltsort angeboten werden. Dies sollte ein Platz in einem kommunalen Hilfsprogramm (Housing First oder Notunterkunft) sein. Wir müssen die Menschen von der Straße holen und zumindest in gut ausgestattete, sichere Notunterkünfte – idealerweise aber in eigene Wohnungen – bringen. Was nicht hilft ist, sie von einem Platz zum nächsten zu scheuchen.

 

Das Unterlassen von Platzverweisen gegen Menschen ohne Obdach muss eingebettet werden in eine nachhaltige Strategie gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit. Die Jusos haben sich bereits auf dem Bundeskongress 2021 umfänglich zu einem solidarischen Umgang mit Menschen ohne Obdach bekannt. Obdachlosigkeit ist für uns ein systemisches Problem und nicht das Versagen Einzelner. Deshalb fordern wir die Stärkung und die weitreichende Finanzierung des Projekts Housing First und eine Entspannung des Wohnungsmarktes. Wohnungslosigkeit muss präventiv und akut mit psychosozialer und individueller Unterstützung Betroffener begegnet werden.

 

Das ist eine Strategie gegen Obdachlosigkeit, simple Platzverweise sind es nicht. Deshalb fordern wir die Normierung einer entsprechenden Erweiterung der entsprechenden Gesetze (Bund: §30  BPolG, Land: §29 ASOG) dahingehend, dass Platzverweise gegen Menschen ohne Obdach aus Gründen ihrer Obdachlosigkeit nur noch ausgesprochen werden dürfen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen, erheblichen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Obdachlosen oder einer anderen Person oder für Sachen von bedeutendem Wert unerlässlich ist. Jeden Menschen ohne Obdach, gegen den ein Platzverweis ausgesprochen wird, soll unverzüglich ein alternativer Aufenthaltsort in Form eines Platzes in einem Hilfsprogramm gegen Wohnungslosigkeit angeboten werden.

 

Wir fordern deshalb eine entsprechende Erweiterung des § 30 des Polizeigesetzes, um einen Passus zum Verfahren mit Platzverweisen gegen Menschen ohne Obdach.

Antrag 143/I/2022 Kein Platzverweis für Menschen ohne Obdach - Verdrängung aus dem öffentlichen Raum verhindern

17.05.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des AGH und des Senats werden aufgefordert, eine Erweiterung von §29 des Polizeigesetzes vorzunehmen, um der besonderen Schutzbedürftigkeit von Menschen ohne Obdach Rechnung zu tragen.

 

Dabei ist sicherzustellen, dass weder die bloße Anwesenheit von Menschen ohne Obdach für die Erteilung eines Platzverweises herangezogen wird noch Platzverweise ohne Verweise auf Hilfs- und Unterbringungsangebot ausgesprochen werden.

Antrag 54/II/2021 Für einen progressiven transatlantischen Neuanfang!

9.11.2021

Die Wiederbelebung und Vertiefung der transatlantischen Beziehungen ist nach der Wahl Joe Bidens zum 46. US-Präsidenten überparteilicher Konsens. Wir fordern die weitergehende, strategische Entwicklung und Umsetzung einer distinkt sozialdemokratischen transatlantischen Agenda, basierend auf progressiven außen-und innenpolitischen Ideen, den Konzepten der „Europäischen Strategischen Autonomie“ und der „Foreign Policy for the Middle Class“ sowie dem Wissen, dass nur eine enge transatlantische Allianz die multilaterale, wertebasierte Ordnung gegen die zunehmende Erodierung durch autokratische Regime bewahren und stärken kann.

 

Auf Landesebene fordern wir:

  1. Die Entwicklung und Umsetzung eines transatlantischen Austauschprogrammes zwischen Politiker*innen und Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltung mit urbanen Zentren jenseits der US-Küstengebiete mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten (u.a. Klima, Handel, Technologie). Als Beispiel kann das Programm „New Urban Progress“ des Progressiven Zentrums dienen.

 

Auf Bundesebene fordern wir:

  1. Einen gezielten Kontaktaufbau zwischen Fraktion und Parteivorstand mit dem progressiven Flügel der Demokratischen Partei sowie verwandten Organisationen (z.B. „Justice Democrats“, „Center for International Policy)“ und eine daraus resultierende Agenda für eine gemeinsame progressive Allianz, die alle außenpolitische Bereiche umfasst.
  2. Die Etablierung einer transatlantischen Task-Force zur Stellungnahme und Positionierung gegenüber der von Biden angekündigten „Foreign Policy for the Middle Class“. Diese sollte eine Neujustierung der deutschen und europäischen Außenpolitik auf nationale und internationale wirtschaftliche Verteilungseffekte, ein transparentes Aufbrechen des innen-und außenpolitischen Silodenkens in Parlamenten und Verwaltung sowie einen intensivierten und informationsbasierten außen-und sicherheitspolitischen Bürger*innendialog zu ihrem Kern machen.
  3. Die Gründung eines parlamentarischen bzw. parteilichen Austauschkreises zu Best Practices und Policy-Umsetzung einer innenpolitischen progressiven Agenda, insb. mit Augenmerk auf nachhaltigen Infrastrukturausbau, die Schaffung und angemessene Vergütung von systemrelevanten Stellen im Pflegebereich, Aufarbeitung und Wiedergutmachung von Rassismus und postkolonialem Erbe sowie sozio-ökonomische Mobilität und Bildungsgerechtigkeit.
  4. Das Ziel eines nuklearwaffenfreien Europas bleibt bestehen. Die nukleare Teilhabe dient jedoch der Sicherheit und dem Zusammenhalt innerhalb der NATO. Einen unilateralen Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe darf es daher nicht geben. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik muss immer im Multilateralismus begründet sein – einen deutschen Alleingang ohne Abstimmung mit unseren europäischen Partnern lehnen wir daher ab. Gleichzeitig muss die Bedingung gelten, dass hierdurch kein Einfluss auf die europäische Rüstungsbeschaffungspolitik genommen wird, bspw. durch die nicht-Zertifizierung von Eurofightern oder dem Future Combat Air System.
  5. Eine proaktive Politik des konstruktiven Engagements der Bundesregierung mit dem Atomwaffenverbotsvertrag durch Teilnahme an den Vertragsstaatskonferenzen als Beobachter und Mitfinanzierer; den Einsatz ggü. den Staaten der Stockholminitiative, sich ebenfalls als Beobachter zu beteiligen; und die explizite Befürwortung ggü. den USA, eine “No first use” Policy einzuführen.
  6. Eine Re-Evaluierung des NATO- 2%-Ziels mit dem Ziel eines neuen Abkommens, welches den qualitativen Ausbau militärischer Fähigkeiten festlegt, zu welchem sich einzelne Mitgliedstaaten zu bestimmten Zeitpunkten verhalten sollen. Dieses Abkommen muss gebunden an die Bedingung sein, dass jede Erhöhung der Verteidigungsausgaben mit einer klar ausdefinierten Beschaffungsstrategie einhergeht und dem ausschließlichen Zweck dient, aktuelle Ausrüstungs- Ausbildungs- und Abwehrdefizite der Bundeswehr sowie der EU- und NATO-Partner zu kompensieren. Übergeordnetes Ziel muss stets die auf Kosten- und Kapazitäteneffizienz und -ergänzung ausgelegte Integration der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (insbes. im Rahmen von PESCO) sein. Deshalb soll zudem eine jährliche Evaluierung stattfinden, welche auf die Integration von Ausrüstung und Abwehrsystemen entsprechend dem Ziel einer integrierten europäischen Sicherheitspolitik abzielt und festlegt, ob die Rüstungsausgaben gesenkt werden können.
  7. Die Einsetzung einer transatlantischen Evaluierungsgruppe des Afghanistan-Einsatzes, um Defizite in der Kooperation und Koordinierung konsequent aufzuarbeiten.

 

Auf EU-Ebene fordern wir:

  1. Die zügige Operationalisierung des transatlantischen Trade and Technology Council um Einheit in den Anstrengungen zur Bewältigung der Sicherheits-, Wirtschafts- und Regulierungsherausforderungen im digitalen und technologischen Bereich zu fördern sowie globale Standards zu setzen, die Privatsphäre, Menschenrechte, Wettbewerb und Transparenz schützen.
  2. Den engen Schulterschluss von Deutschland im Rahmen der Team Europe Initiative mit den USA und das Vorantreiben wichtiger Zukunftsinvestitionen auf multilateraler Ebene zur Erholung nach der Covid-19 Pandemie u.a. im Bereich der nachhaltigen Infrastrukturentwicklung sowie Digitalisierung. Wichtige Initiativen müssen gestreamlined werden. Hierbei muss ein Fokus auch auf der internationalen Zusammenarbeit und entwicklungspolitischen Unterstützung anderer Länder liegen, um einen solidarischen globalen Aufschwung zu ermöglichen.
  3. Einen gemeinsamen Ansatz für die digitale Steuerpolitik in Form der Wiederaufnahme der OECD-Verhandlungen. Regulierungs-, Wettbewerbs-, Inhalts- und Datenschutzprobleme müssen in enger Abstimmung adressiert werden, um globale Normen zu formen und eine nachhaltige Alternative zu autoritären Kontrollversuchen digitaler Zivilsphären zu bieten.
  4. Die Einsetzung einer NATO-EU Taskforce um die Koordinierung zu maximieren, Fähigkeiten zu bündeln und die Umsetzung einer gemeinsamen politischen Agenda sowie eines Strategiekonzepts zur Bekräftigung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat als Kernkonzept aller NATO-Mitgliedstaaten voranzutreiben.
  5. Die weitere Stärkung der europäischen Verteidigungsarchitektur (GSVP) und PESCO mit dem langfristigen Ziel der Schaffung einer Europäischen Armee, ein Instrument, das nicht als Alternative zur NATO gedacht sein soll, sondern als europäischer Pfeiler des transatlantischen Bündnisses, der die strategische Gestaltungsmacht Europas in der Allianz und der Allianz selbst erhöhen würde.