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Antrag 109/I/2024 Für mehr Diversität in Post-Conflict Settings - Verpflichtende Beteiligung von FINTA in Friedensprozessen

21.04.2024

Die Notwendigkeit einer feministischen Außenpolitik, die die menschliche Sicherheit in den Fokus stellt, hat angesichts der zahlreichen Krisen kein Stück ihrer Bedeutung verloren. Um menschliche Sicherheit nachhaltig zu gewährleisten, braucht es die Beteiligung aller marginalisierten und systematisch benachteiligten Gruppen an Friedensprozessen.

 

Es wurde bereits bewiesen, dass die Beteiligung von Frauen in Friedensprozessen zu besserem Regierungshandeln (“Governance”) und nachhaltigerem Frieden führt. Auch forderten die Vereinten Nationen mit der Sicherheitsratsresolution 1325 bereits im Jahr 2000 die Einbeziehung von Frauen in die Prävention, das Management und die Konfliktlösung. Diese Resolution verpflichtet Staaten dazu, Frauen und ihre Perspektiven in alle Bereiche des Friedensprozesses einzubeziehen und dabei ihre besonderen Erfahrungen in Konflikten anzuerkennen. Über 20 Jahre nach dieser bedeutenden Resolution sind Frauen immer noch wenig und unterproportional an Friedensprozessen beteiligt. FINTA, also Frauen, Inter-, Nichtbinäre*, Trans- und Agender-Personen, sowie andere marginalisierte Gruppen erhalten bisher wenig bis gar keine besondere Aufmerksamkeit in politischen Entscheidungsgremien. Dies führt dazu, dass deren wichtige Sichtweisen und besondere Herausforderungen meist nicht am Verhandlungstisch diskutiert werden. Durch diese fehlenden Perspektiven kann umfassende menschliche Sicherheit nicht erreicht werden.

 

Häufig sind es insbesondere weiblich sozialisierte Menschen, die in Gemeinschaften eine proaktive soziale Rolle einnehmen: Auch wenn wir eine solche traditionelle Rollenaufteilung bekämpfen und eine gleichberechtigte Aufteilung, unabhängig von Geschlechtern anstreben, kümmern sich besonders in patriarchalen Gesellschaften kümmern noch zumeist Frauen um Kinder und andere Familien- und Gesellschaftsmitglieder. Durch häufig vorkommende Interaktionen mit anderen marginalisierten Gruppen sowie aufgrund ihrer eigenen Betroffenheit von systematischer Diskriminierung sind FINTA häufig die Herausforderungen und Schwierigkeiten marginalisierter Gruppen und Individuen bekannt. Dadurch, dass die Gruppe FINTA für Diskriminierungen eher sensibilisiert ist, sollten FINTA auch als Mediator*innen eingesetzt werden.

 

Durch die Beteiligung von FINTA Personen an Entscheidungsgremien wie Friedensverhandlungen kann also besser gewährleistet werden, dass die Perspektiven und Situationen marginalisierter Gruppen mitgedacht werden. Hierbei muss beachtet werden, dass es nicht ausreicht, eine Gruppe Frauen als Repräsentantinnen von FINTA einzuladen. Vielmehr braucht es die Beteiligung von FINTA möglichst in ALLEN am Friedensprozess beteiligten Gruppen und Parteien. Denn FINTA sind keine homogene Gruppe, die durch eine einzige Delegation an Frauen ausreichend repräsentiert ist. Die kann vielleicht durch folgendes Bild verdeutlicht werden: Cis-Männer sind in der Regel in allen an Verhandlungen beteiligten Parteien zu finden. Frauen werden oftmals scheinbar nur pro forma als eine zusätzliche Gruppe oder Partei eingeladen und nicht gleichwertig in die Prozesse eingebunden. Kaum jemand würde auf die Idee kommen, von Cis-Männern zu verlangen, nur in einer Gruppe vertreten zu sein, da damit ja “deren Perspektive bereits abgedeckt” sei.

 

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Beteiligung der Zivilgesellschaft und damit auch mehr FINTA-Personen in Friedensprozessen zu länger anhaltendem Frieden führt. Die Beteiligung von unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Gruppen ist wichtig, da diese als Repräsentant*innen und Vermittler*innen von marginalisierten Gruppen in der Bevölkerung dienen kann. Werden nämlich FINTA nur als Teil politischer Delegationen in Friedensverhandlungen einbezogen, besteht die Gefahr, dass wichtige Perspektiven fehlen. Denn FINTA in politischen Delegationen sind meist hochrangige Politiker*innen oder international bekannte und häufig gut ausgebildete Personen, die nicht immer mit FINTA aus der lokalen Bevölkerung gleichgesetzt werden können. Auch hier besteht also die Gefahr, nicht ausreichend die Diversität und Vielseitigkeit der FINTA abzubilden, was zu einer Reduktion an menschlicher Sicherheit aufgrund fehlender Perspektiven führen kann.

 

Wir fordern daher die Bundesregierung dazu auf, in allen Projekten, an denen sie beteiligt ist durch Friedens- oder Militärmissionen oder durch Entwicklungszusammenarbeit, alles in ihrer Möglichkeit zu tun, um folgendes sicherzustellen:

  • die Beteiligung von FINTA an Friedensprozessen (langfristig auch von allen anderen marginalisierten Gruppen) mit einer Quote von mind. 50%, möglichst in allen beteiligten Parteien.
  • die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, insbesondere von Organisationen, die sich für die Rechte marginalisierter Gruppen einsetzen.
  • dass die Gruppe an Mediator*innen in jedem Friedensprozess mindestens eine FINTA umfasst. Sollte es nur eine/n Mediator*in geben und aus Sicht der Organisator*innen keine FINTA infrage kommen, muss dies schlüssig und öffentlich begründet werden. Zudem sollte mit der Gesamtanzahl an Mediator*innen auch die Anzahl an FINTA als Mediator*innen steigen.
  • Dieerpflichtenden Beratungsterminen mit unterschiedlichen lokalen Organisationen, die FINTA und marginalisierte Gruppen repräsentieren, um möglicher Homogenität, die durch die Quote entstehen könnte, vorzubeugen

 

Antrag 283/I/2024 Jetzt schon an Übermorgen denken - Revolution der gesetzlichen Rente

21.04.2024

Jeder Mensch hat das Recht auf ein würdiges Leben in jeder Lebensphase. Die Aufgabe des Sozialstaats, dieses zu gewährleisten, beginnt ab der Geburt mit der Kindergrundsicherung, verstetigt sich im Erwachsenenleben mit dem Bürger*innengeld bei Erwerbslosigkeit und mündet im Alter in die Rente. Die Aufgabe des Sozialstaats bleibt dabei aber nicht darauf beschränkt, Ungleichheiten und finanzielle Unterschiede zu korrigieren. Ein gerechter Sozialstaat garantiert allen Menschen ein Leben in Teilhabe und ohne Existenznot, ein Leben in Freiheit. Er ist gestaltet, um die Spaltung durch den Kapitalismus aufzubrechen und ihm etwas entgegenzusetzen.

Unser Verständnis eines Sozialstaats ist nicht das des Korrektivs, sondern eines der aktiven Rolle eines Staates, Ungleichheiten frühzeitig vorzubeugen und sie in allen Ansätzen stets mitzudenken. Insbesondere in fehlender Teilhabe durch eine finanziell schlechte Lebenssituation manifestieren sich Ungleichheiten der Gesellschaft und werden zu einer Spirale, die sich über Generationen fortsetzt. Werden Kinder in einem von Armut betroffenen Haushalt geboren, braucht es durchschnittlich fünf Generationen, um aus dieser Armut herauszukommen. Wer hingegen in eine reiche Familie geboren wird, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, auch in Zukunft zum reichen Teil der Gesellschaft zu gehören und sich fast ausschließlich in dieser soziokulturellen Subgruppe zu bewegen. Besonders verstärkt wird dieser Faktor für FINTA*-Personen, BIPoC, Menschen mit Behinderung, niedrigeren Bildungsabschlüssen und Menschen aus Ostdeutschland. Unser Sozialstaat muss dies erkennen und besonders berücksichtigen. Es braucht ein intersektionales (der Begriff der Intersektionalität ist geprägt von der Juristin Kimberlé Crenshaw und beschreibt das Überschneiden von Diskriminierungen, bspw. race, class und gender)  Verständnis der verschiedenen Instrumente, denn nur so können wir zu unserer Gesellschaft der Freien und Gleichen gelangen, in der jeder Mensch sich frei entfalten kann.

 

Aber es gilt auch, diese Instrumente ständig zu überarbeiten, anzupassen und zu verbessern – besonderen Reformationsbedarf gibt es dabei momentan bei der Rente, denn: Unsere Rente ist in großer Gefahr.

 

Wie funktioniert die Rente heute

Die gesetzliche Rente ist das Fundament der Altersvorsorge der meisten Bürger*innen. Erhalten kann sie, wer das Mindestalter erreicht hat und eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt. Auf die Mindestversicherungszeit wird die Zeit angerechnet, in der Menschen angestellt oder (unter bestimmten Umständen) selbständig waren, aber auch Kindererziehung oder häusliche Pflege zählen als anrechenbar für die Mindestversicherungszeit. Nicht einzahlen tun zum Beispiel Beamt*innen, Richter*innen und Berufssoldat*innen. Um die volle Rente zu erhalten, muss außerdem ein Mindestalter erreicht werden – dies liegt momentan in der Regel bei 67 Jahren. Wer davor aufhört zu arbeiten, muss mit einer niedrigeren Rente auskommen.

 

Die gesetzliche Rente ist nach dem Umlageverfahren organisiert. Das heißt konkret: mit dem heute eingezahlten wird kein Kapitalstock für die Einzahler*innen angelegt. Stattdessen finanziert das heute eingezahlte die Rente der heutigen Rentner*innen. Für die Rente der heutigen Einzahler*innen kommen dann die auf, die zur Zeit ihres Ruhestands in die Rentenkasse einzahlen. Die jetzige Generation Arbeitnehmer*innen finanziert also die Generation vor ihnen. Wer in die Rente einzahlt, erhält dadurch einen Anspruch, selbst im Alter abgesichert zu sein. Die Renteneinzahlung wird zur Hälfte vom Bruttolohn finanziert, die andere Hälfte wird vom Arbeitgeber*in eingezahlt. Der Rentensatz liegt momentan bei 18,6 % – Arbeitnehmer*innen geben also 9,3 % von ihrem Bruttolohn an die Rentenkasse, Arbeitgeber*innen ergänzen dies um weitere 9,3 %. Selbstständige oder Freiberufler*innen können freiwillige Beiträge an die Rente leisten. Auch heute gibt es bereits Berufsgruppen, die trotz Selbstständigkeit zur Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung verpflichtet sind, zum Beispiel Selbstständige, die Lehrtätigkeiten erbringen. Eine Vereinheitlichung ist hier notwendig.

 

Diese Beiträge in die Rentenkasse reichen aber leider schon lange nicht mehr, um die gesetzliche Altersvorsorge zu tragen. Der Staat finanziert die Rente zu großen Teilen mit. Im Jahr 2021 gab der Bund 106 Milliarden Euro mit in den Rententopf – das entspricht ca. einem Fünftel des Bundeshaushalts.

 

Ein großer Grund für dieses Defizit ist der demographische Wandel: Menschen werden immer älter und beziehen die Rente daher für eine längere Zeit. Zusammengenommen mit der Tatsache, dass immer weniger Kinder geboren werden stehen immer mehr Rentner*innen immer weniger Einzahler*innen gegenüber – so verschiebt sich die Balance.

 

Dieses Problem lässt sich nicht lösen, indem man das Renteneintrittsalter immer weiter in die Höhe schiebt oder durch Kürzung der Rentenhöhe. Es braucht tatsächliche Veränderungen im Rentensystem, um ein Altern in Würde für alle zu gewährleisten.

 

Dies gilt insbesondere, da das ganze Erwerbssystem ohnehin von Ungerechtigkeit nur so strotzt. Diese Ungerechtigkeiten multiplizieren sich im Alter zunehmend und führen zu einer extremen Spaltung der Gesellschaft, die die Arbeit nicht mehr wertschätzt. Das große Problem der Rente ist also nicht der demografische Wandel, sondern – wie so häufig – Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat. FINTAs, von Armut betroffene Menschen, migrantisierte Menschen, nicht-vermögende Menschen und Menschen mit Behinderungen sind im Erwerbsleben viel größeren Hürden ausgesetzt, werden häufig schlecht(er) bezahlt und in den Niedriglohnsektor gedrückt bzw. dort gehalten. All dies hat massive Auswirkungen auf ihre Altersvorsorge und bedeutet im schlimmsten Fall eine Rente, deren Höhe kaum zum Leben reicht.

 

Eine Verbesserung gibt es seit 2021: die Grundrente. Die Grundrente ist ein Zuschlag zur eigenen Rente. Anspruch hat man, wenn man selbst viele Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat und trotzdem nur den Anspruch auf eine sehr kleine Rente hat. Die Grundrente stockt die niedrigen Rentenzahlungen auf, ist aber leider noch lange nicht genügend Umverteilung, um von einem würdevollen Leben im Alter zu träumen.

 

Zusammengefasst: Die Rente ist ungerecht, weil die Erwerbsarbeit ungerecht ist. Ein gerechtes System ist unser einziger Garant für eine gerechte Rente. Konkrete, kurzfristige Maßnahmen sind aber dennoch möglich und dringend nötig. Leider verliert sich die Politik in der Suche nach Lösungen für die Krise des Rentensystems in den immergleichen, erfolglosen Ideen.

 

Zu allererst positionieren wir uns daher klar gegen:

  • eine Anhebung des Renteneintrittsalters
  • eine Kürzung des Rentenanspruchs
  • eine Anhebung des Rentenbeitrags auf Arbeitnehmer*innenseite

 

Neben diesen unkreativen und ungerechten Dauerbrennerideen, gibt es andere kreative, aber weiterhin größtenteils nutzlose Ideen zur Rettung der Rente:

 

Keine Spekulation mit unserer Rente – keine Aktienrente

Das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung basiert auf einer Solidarität zwischen der arbeitenden Generation, die heute einen Teil des von ihr Erwirtschafteten abgibt, um die Rente der heutigen Rentner*innen zu finanzieren. Diese Solidarität besteht nur zwischen bestimmten Berufs- und Einkommensgruppen, muss aber in Zukunft alle umfassen.

 

Kapitalgedeckte Rentenmodelle, wie die Aktienrente, basieren nicht auf einer Solidarität, sondern beuten Arbeitnehmende und ihren erwirtschafteten Profit weiter aus. Rentenbeiträge von heute werden am Kapitalmarkt investiert und im Alter aus Zinsen, Dividenden und Wertsteigerungen ausgezahlt. Das kapitalistische System wird so weiter befeuert. Eine staatliche Beteiligung an solchen Modellen lehnen wir strikt ab. Spekulationen durch den Staat  auf dem Rücken der Arbeitnehmenden, die so die Wirtschaft immer weiter zu einem unermesslichen Wachstum treiben müssten, um ihre Rente zu steigern, für die ihr Profit wieder und wieder ausgebeutet wird, entspricht nicht dem Verständnis eines sozialen Staates als Versuch eines Gegenpols zum Kapitalismus. Generationengerechtigkeit kann nicht über Spekulationen und Unsicherheiten erreicht werden. Es braucht eine solide und solidarische Finanzierung der Rente!

 

Privatisierung in der Rente – nein, danke!

Eine gesetzliche Rentenversicherung muss den Anspruch haben, alle Bezieher*innen abzusichern. Es kann nicht sein, dass sich der Staat aus der Affäre ziehen will, indem er sich darauf verlässt, dass sich die Leute zusätzlich privat absichern, aus Sorge, dass ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Altersvorsorge keine genügende Lebensgrundlage darstellen. Es muss die staatlichen Institutionen beschämen, dass Menschen die Notwendigkeit sehen, sich privat abzusichern, weil die gesetzliche Rente nicht genügend leisten kann, stattdessen wird dies teils durch die staatliche Förderung privater Rentenversicherungen belohnt. Fehler wie Riester und Rürup (die Riester- und Rürup-Rente sind private Altersvorsorgemodelle mit staatlicher Förderung. Die jeweiligen Sparer*innen erhalten hierdurch vor allem Steuervorteile, entziehen Geld also dem solidarisch angelegten Steuersystem, während auch die eigentlich versprochenen Vorteile dieser Modelle nur in seltenen Fällen tatsächlich bei den Sparer*innen ankommen) dürfen nicht erneut gemacht werden. Es gilt ein neues gesetzliches Rentensystem zu schaffen, dass allen ein würdevolles Altern erlaubt und das private Rentenversicherungen überflüssig macht.

 

Nachdem nun besprochen wurde, was keine Lösungsansätze sind, wird es Zeit, sich mit tatsächlichen Lösungsideen zu beschäftigen:

 

First things first:

  • Um die Rente langfristig lebensfähiger zu machen, muss ein Konzept erarbeitet werden, das die Rentenpunkte loslöst vom Schein des Durchschnittsgehalts, welches durch die wachsende Schere zwischen Arm und Reich verzerrt wird. Stattdessen müssen die Rentenpunkte an die reellen Gehälter der Beitragszahler*innen angepasst werden.
  • Das grundsätzliche Prinzip in der Rente und der staatlichen Finanzierung dieser bleibt die Umverteilung; wir unterstreichen daher unsere Forderungen nach einer Vermögenssteuer sowie Reformen der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die die Grundlage für echte Sozialpolitik (und so viel mehr) bilden werden
  • Das Mindestlohnniveau muss kontinuierlich angepasst werden, so dass es nach 35 Beitragsjahren zu einem Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung führt
  • Es braucht eine staatliche Rentenaufklärung, denn die (eigene) Rente ist häufig viel zu intransparent, Rentenansprüche unklar, Menschen verwirrt; dem ist entgegenzuwirken

 

Eine gesetzliche Rentenversicherung, die von ALLEN für ALLE getragen wird

Solidarität ist das Gebot der Stunde – auch bei der Rente. Ein System, in das alle einzahlen und von dem alle profitieren. Aber zahlen denn eigentlich alle Bürger*innen in die Rentenkasse? Nein! Beamt*innen, Richter*innen, Soldat*innen: Berufsgruppen, die nicht zur Rentenkasse beitragen und stattdessen Pension kassieren. Pensionär*innen erhalten im Alter im Durchschnitt 3 Mal so viel Geld wie Rentner*innen – Tendenz steigend. Während die Rente als Umlagesystem funktioniert – wer arbeitet, finanziert mit seinen*ihren Rentenbeiträgen die momentane Rente von Ruheständler*innen – wird die Pension aus dem Steuertopf finanziert. Doch es sind nicht nur Beamt*innen, die nicht in den Topf der gesetzlichen Rente einzahlen. Auch die freien Berufe, die über ihre Versorgungswerke abgesichert sind, gilt es einzubinden. Berufsständische Versorgungswerke sind Sondersysteme, die für die kammerfähigen Freien Berufe der Ärzt*innen, Apotheker*innen, Architekt*innen, Notar*innen, Rechtsanwält*innen, Steuerberater*innen, Tierarzt*innen, Zahnärzt*innen, Ingenieur*innen, sowie Psychotherapeut*innen die Pflichtversorgung bezüglich der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung ihrer Mitglieder sicherstellen. Auffallend bei all diesen Ausnahmeregelungen von der Rentenzahlung ist natürlich das traditionell hohe Entgelt dieser Berufsgruppen.

 

Diese Ungerechtigkeiten sind durch nichts zu rechtfertigen. Die Rente soll als solidarisches Umlagesystem funktionieren, dafür muss sie von allen gleichermaßen getragen werden – auch von “Staatsdiener*innen” und den freien Berufen. Auch Selbstständige sollen sich in einem gesamtgesellschaftlichen Solidarsystem beteiligen. Einerseits gibt es häufig genug Selbstständige, die aufgrund fehlender Altersvorsorge auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Andererseits können bisher nicht-pflichtversicherte Selbstständige einen wichtigen Beitrag zu einer solidarischen Rente beitragen und sind so nicht auf private Altersvorsorgesysteme angewiesen.

 

 

Erbschaften – die Rente für Reiche

Private Altersvorsorge hat viele Gesichter. Ist es für die Einen, den Großteil der Gesellschaft, mehr die Alterssorge, kann sich ein anderer Teil weiter aus dem Fenster der Bequemlichkeit lehnen, denn durch Schenkungen und Erbschaften, vor allem auch von Betriebseigentum und Immobilien, ist man gut abgesichert.

 

Erbschaften dienen keineswegs der Umverteilung auf mehrere Schultern, auf eine breitere Masse der zukünftigen Generation, auch wenn dies gerne behauptet wird. Vor allem große Erbschaften finden stattdessen in den immer gleichen westdeutschen, gut gebildeten, weißen Familien statt, vor allem unter Männern – und sie erfahren eine immer stärkere Wertsteigerung. Ein Vermögenszuwachs findet aber nur bei dem reichsten 1 Prozent der Bevölkerung statt. Mit einer effektiven Erbschaftssteuer muss diese übermäßige Akkumulation von Vermögen bei Einzelnen verhindert werden. Auch Betriebsvermögen müssen konsequenter und stärker besteuert werden. Neben der wichtigen Diskussion über ein Maß an Zumutung der Existenzgrenze braucht es vor allem auch eine Obergrenze für Reichtum und eine Beschränkung der maximalen Erbschaften.

 

The limit does exist – für eine Maximalrente

Die Rente basiert auf dem Äquivalenzprinzip, heißt: Höhe und Dauer des durch Beitragszahlungen belegten Arbeitseinkommens sind entscheidend dafür, wie viel Rente man schlussendlich erhält. Prozentual zahlen alle gleich viel: 18,6 %. Die Hälfte davon wird von Arbeitgeber*innen, die andere Hälfte von Arbeitnehmer*innen gezahlt. Wer also ein besonders hohes Gehalt hat, zahlt also auch besonders viel in den Rententopf ein, richtig? Falsch!

 

Wer momentan mehr als 7.300 € brutto in West- bzw. 7.100 € in Ostdeutschland ist von der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze betroffen. Alles, was darüber an Entgelt erhalten wird, ist nicht rentenversicherungspflichtig. Dem Rententopf geht somit einiges an Geld verloren. Was es daher braucht, ist eine Abschaffung eben dieser Beitragsbemessungsgrenze. Die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze ist notwendig für die gerechte Verteilung der steigenden Kosten für Alterssicherheit.

 

Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die Rentenauszahlungen ins Unermessliche steigen. Auf alles, was über dem Wert der momentan bestehenden Beitragsbemessungsgrenzen künftig eingezahlt wird, besteht dann kein Rentenpunkteanspruch. Das bedeutet also: alles, was man darüber einzahlt, stockt die Rentenauszahlung nicht weiter auf. Dies entspricht einer Annäherung an das Solidarprinzip, wie es auch die gesetzlichen Krankenversicherungen praktizieren.

 

Care-Arbeit ist Arbeit – für eine feministische Rente

Die Rente wird ausbezahlt, basierend auf dem, was man im Erwerbsleben in die Rentenkasse eingezahlt hat. Was passiert allerdings dann, wenn die Erwerbsarbeit unterbrochen, verringert oder beendet wird, um sich stattdessen zum Beispiel Kindererziehung oder häuslicher Pflege zu widmen?

 

Im Falle der Kindererziehung ist die momentane Regel, dass bis zu drei Jahre Care Arbeit auf die Rente anrechenbar sind. Konkret heißt das: Für drei Jahre der Kindererziehung wird einem Elternteil der durchschnittliche monatliche Einzahlungsbetrag für die Rente gutgeschrieben. Die Kindererziehungszeit wird auch gutgeschrieben, wenn das beantragende Elternteil neben der Erziehung weiterarbeitet.

 

Soweit so gut. Problem ist leider nur, dass sich die ungleiche Verteilung der Kindererziehung selten nach dem dritten Lebensjahr des Kindes ändert. Das zwingt Eltern – hauptsächlich dabei FINTAs – oft zur Teilzeit- oder Minijob-Beschäftigung, welche sich massiv negativ auf die Rente auswirken.

 

Diese Care-Arbeit muss auch über das dritte Lebensjahr des/der Kinder hinweg wertgeschätzt werden. Diese Wertschätzung in Form von Rentengutschrift muss mindestens bis zum Eintritt des Kindes in die Grundschule sichergestellt werden. Für eine gerechte Arbeitswelt und Gesellschaft bedarf es dazu dem massiven Ausbau von kostenlosen Kindergartenplätzen und kostenloser Ganztagsbetreuung an allen Schulen und den damit einhergehenden Ausbildungs- und Finanzierungsmaßnahmen.

 

Gleiches gilt für Care-Arbeit in Form von häuslicher Pflege. Jede Form der häuslichen Pflege muss auf die Rente angerechnet werden. Es wird wichtige Arbeit verrichtet, auf diese muss ein Rentenanspruch gelten.

Antrag 139/I/2024 Klinische Forschung: From Bench to Bedside – für eine starke Transparenzpflicht und besseren Zugang zu Forschungsergebnissen!

21.04.2024

Jeden Tag werden in Deutschland und auf der ganzen Welt klinische Studien durchgeführt und ihre Ergebnisse veröffentlicht. Ob neue Medikamente oder Geräte, moderne Therapieformen, Krankheitsverläufe oder vieles mehr, der Schatz an medizinischer Information wächst durchgehend und ermöglicht damit eine bessere und überarbeitete Patient*innenversorgung.

 

Doch die beste Studie bringt nichts, wenn ihre Ergebnisse nicht veröffentlicht werden oder nicht einfach zugänglich sind. Zwar gibt es in der EU eine Pflicht zur Veröffentlichung der Ergebnisse bestimmter klinischer Studien, doch ungefähr die Hälfte der klinischen Studien in Deutschland fallen nicht unter diese Pflicht.

 

Gerade Studien, in denen z.B. ein Wirkstoff als nicht wirksam, eine neue Therapie als nicht besser als die alte oder eine Krankheitshypothese als falsch dargestellt werden, finden selten den Weg bis in medizinische Journals und die wissenschaftliche Diskussion.

 

Viele andere Studien werden zwar veröffentlicht, doch ihre Ergebnisse werden von Journals hinter Bezahlschranken („paywalls“) hochgeladen, sodass der Zugriff auf die vollständigen Artikel, abgesehen von einem kurzen Abstract nur mit einem Abo des Magazins möglich ist. Der Gratiszugang zu einer Studie kostet die veröffentlichenden Wissenschaftler*innen oft mehrere tausend Euro.

 

Diese Faktoren sorgen dafür, dass aktuelle Forschungsergebnisse nicht den Weg in die Behandlung von Patient*innen finden. Längere oder sogar falsche Behandlungen und schlechtere Gesundheitsergebnisse können die Folge sein.

 

Dazu kommt, dass eine Studie, deren Ergebnis nicht veröffentlicht wurde, im Zweifelsfall von anderen Forschenden ähnlich wiederholt wird, sodass die in der Forschung oft knappen Ressourcen verschwendet werden.

 

Ein Lösungsansatz kann sein, alle Studien zentral beispielsweise über eine zentral zu schaffende Liste der Ethikkommissionen zu registrieren. Hier werden unter anderem Inhalt der Studie und voraussichtliche Studiendauer angegeben. Eine so registrierte Studie kann dann nachverfolgt werden, sodass eine weiter greifende Transparenzpflicht vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)/ Paul-Ehrlich-Institut (PEI) durchgesetzt werden kann.

 

Zudem müssen Open-Access-Journals gezielt über staatliche Förderung unterstützt werden.

 

Daher fordern wir:

  • Eine Ausweitung der deutschen Adaption der Clinical Trials Regulation der EU (2014), sodass in Deutschland wirklich jede klinische Studie unter eine Veröffentlichungspflicht fällt
  • Eine nationale Plattform, in der jede medizinisch- oder pharmazeutisch-klinische Studie über ihren Ethikantrag registriert wird und die unter anderem die geplante Studiendauer dokumentiert
  • Eine Ausweitung des Mandats des BfArM, sodass jede registrierte klinische Studie von ihnen nachverfolgt und zur Veröffentlichung der Ergebnisse gebracht werden kann
  • Fördersperren für private und staatliche Forschungsinstitutionen, an denen klinische Studienergebnisse nicht innerhalb von 24 Monaten nach Projektende veröffentlicht werden
  • Die Einrichtung eines Fördertopfes beim BMBF zur Förderung von medizinischen open-access-Journals oder zur Förderung der Veröffentlichung von Artikeln im open-access-Format.

 

Antrag 108/I/2024 Unterstützung des gemeinsamen Briefes der Young Avoda, Young Meretz und Jusos: Friedensorientierte Politik, jetzt!

21.04.2024

Wir unterstützen nachdrücklich den gemeinsamen Appell unserer israelischen Partner*innen von Young Avoda und Young Meretz, den Jugendorganisationen unserer israelischen Schwesterparteien, und Jusos an die SPD-Bundestagsfraktion vom 19. März 2024. Die Abgeordneten mögen sich für eine Politik einsetzen, die sich auf eine politische Lösung und Frieden in Israel und Palästina konzentriert. Hierbei muss weiterhin sowohl der unbedingte Schutz des Staates Israel als auch das Leben und die Sicherheit von Israelis und Palästinenser*innen im Mittelpunkt stehen.

 

Unsere israelischen Partner*innen betonen: Eine feministische sicherheits- und friedensorientierte Politik setzt voraus, dass nicht nur israelische, sondern auch palästinensische Perspektiven, Bedürfnisse und Interessen gleichberechtigt anerkannt werden. Die Zwei-Staaten-Lösung muss das oberste Ziel bleiben, nur so können Israelis und Palästinenser*innen in Zukunft in Sicherheit und Würde leben. Sie ist sowohl für die Sicherheit Israels und den Schutz jüdischen Lebens im Nahen Osten als auch das Leben der Palästinenser*innen von zentraler Bedeutung. Denn die Sicherheit Israels kann nicht ohne die Sicherheit der Palästinenser*innen gedacht werden und umgekehrt. Sie bedingen einander und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

 

Klar ist aber auch: Mit der Hamas als Terrororganisation wird eine solche friedliche Lösung nicht zu erreichen sein. Kurzfristig muss der Fokus auf der sofortigen Freilassung aller israelischen Geiseln liegen. Bring them home now!

 

Gleichzeitig muss internationaler Druck auf die rechte israelische Regierung ausgeübt werden, Hilfslieferungen nach Gaza zu ermöglichen und eine politische Lösung zu suchen und zu finden.

 

Als sozialdemokratische Regierungspartei bleibt die SPD bislang hinter ihrer Verantwortung gegenüber unseren israelischen Genoss*innen zurück. Die Abgeordneten müssen sich lauter für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für Israelis und Palästinenser*innen stark machen. Solidarität mit unseren progressiven Partner*innen in Israel und Palästina darf kein Lippenbekenntnis bleiben.

 

Wir fordern:

  • eine friedensorientierte, feministische Nahost-Politik in Solidarität mit progressiven Kräften in Israel und Palästina

 

Antrag 61/I/2024 Verdrängung verhindern – Das „Tuntenhaus“ sichern

21.04.2024

Die SPD setzt sich auf allen Ebenen ein, dass das kommunale Vorkaufsrecht vom Bezirk Pankow genutzt wird, ausreichend Ressourcen für den Kauf des queeren Wohnprojekts „Tuntenhaus“ in der Kastanienallee 86 bereitstehen und das Wohnprojekt somit langfristig erhalten wird.