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Antrag 75/II/2022 Faire Arbeitsbedingungen an Volkshochschulen (VHS) – Festanstellung ermöglichen

9.10.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus werden aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass die Festanstellung von Dozierenden an Volkshochschulen (VHS) schrittweise eingeführt wird und damit die soziale Absicherung für bislang freiberuflich und arbeitnehmerähnlich tätige Dozierenden weiter erhöht wird. 

 

In einem ersten Schritt sollen bis zum Ende der Legislatur 100 zusätzliche vollzeitäquivalente Stellen (VZÄ) an den 12 Berliner Volkshochschulen geschaffen werden. Hierzu sind bereits ab dem kommenden Haushalt erste Vorkehrungen zu treffen. Wir orientieren uns damit an der erfolgreichen Entwicklung an den Berliner Musikschulen in den vergangenen fünf Jahren. Unser mittelfristiges Ziel ist es dabei, an den Volkshochschulen ein Drei-Säulen-System zu etablieren, das als Beschäftigungsmöglichkeit für Dozierende die Festanstellung, die arbeitnehmerähnliche Freiberuflichkeit und die Freiberuflichkeit ohne Arbeitnehmerähnlichkeits-Status vorsieht.

 

Der Senat soll dabei  in Abstimmung mit den Volkshochschulen ein Konzept erarbeiten, das darüber Aufschluss gibt, in welchen Programmbereichen an den Volkshochschulen der Einsatz von Weiterbildungslehrkräften institutionell besonders wirksam und sinnvoll ist und welche Risiken mit der Möglichkeit der Festanstellung für die VHS verbunden sind. Dieses Konzept soll die Grundlage für die Haushaltsaufstellung 2024/25 bilden. 

Antrag 65/II/2022 Endlich Beschlusslage umsetzen – Sonderungsverbot an Freien Schulen durchsetzen!

9.10.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus werden aufgefordert, mit fünf Jahren Verzögerung die wiederholte Beschlusslage der SPD Berlin umzusetzen und verbindliche Vorgaben über einkommensabhängige Maximalbeiträge beim Schulgeld (Schulgeldhöchstbetragstabellen) für Freie Schulen einzuführen. Die dafür notwendige Reform der Durchführungsverordnung (DVO) soll das Land Berlin in die Lage versetzen, das im Grundgesetz vorgeschriebene Sonderungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 GG (Zugang für alle Kinder unabhängig vom Einkommen der Eltern) durchzusetzen.

 

Im Einzelnen sollen folgende Aspekte Einzug in die DVO finden:

  • Einkommensabhängige Schulgeldtabelle, die bei der vollständigen Beitragsfreiheit für Familien im Transferleistungsbezug anfängt und sich in Anlehnung an die TKBG-Tabelle (Tageskostenbetreuungsgesetz-Tabelle) einkommenssensibel fortsetzt sowie auch mittlere Einkommen umfasst. Dabei sollen alle tatsächlich verpflichtenden Elternbeiträge einbezogen werden. 
  • Schulen, die viele Kinder aus einkommensschwächeren Familien aufnehmen und Inklusion umsetzen, sollen höhere Zuschüsse erhalten, die es ermöglichen, dass die verbindlichen Schulgeldtabellen nicht dazu führen, dass die Schulen mehr segregieren – sondern weniger. Die erhöhten Zuschüsse sollen einen adäquaten Ausgleich darstellen, der sich aus dem Verbot, Schulgeld von Familien, die Transferleistungen beziehen, ergibt. Schulen, die nur wenige oder keine Schüler*innen aus einkommensschwächeren Familien aufnehmen, sollen entsprechend geringere Zuschüsse erhalten.
  • Die Vergleichbarkeit der Eingruppierung der Gehälter des pädagogischen Personals mit dem öffentlichen Sektor muss sichergestellt sein. Qualitative Verbesserungen in der Pädagogik der Freien Schulen darf nicht auf Kosten der Gehälter der Beschäftigten erfolgen.
  • Die Aufsichtsstrukturen der SenBJF für Freie Schulen sind zu stärken und die Einhaltung des Sonderungsverbots nicht nur bei der Zulassung, sondern fortwährend zu prüfen.

 

Antrag 205/II/2022 Berlin braucht eine neue Waldbaurichtlinie – für einen klimafesten Wald

9.10.2022

Der Berliner Wald leistet einen wichtigen Beitrag als Schutz- und Erholungswald. Er ist für die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner von essentieller Bedeutung. Aber auch seine Bedeutung in seiner Funktion als nachwachsender Rohstoff Holz ist von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit für Berlin. Ein gut strukturierter Mischwald leistet einen natürlichen Beitrag als CO2 – Senke.

 

Daher ist es wichtig, die bestehenden Waldflächen zu schützen und resistent gegen den Klimawandel zu machen.

 

Die Berliner Waldbaurichtlinie aus dem Jahr 1992 (aktualisiert 2011) wird diesen Herausforderungen nicht mehr gerecht. Dass die unreflektierte Umsetzung dieser Richtlinie eine nicht zukunftsfähige Waldpolitik bedeutet, zeigt sich beispielhaft und besonders zugespitzt am Beispiel des Frohnauer Waldes. Hier soll in einem gesunden Wald, der nachweislich keines Umbaus bedarf, mit großen, schweren Holzernte-Maschinen (sog. Harvestern) umfangreich Holz geschlagen werden. Das kann für den Frohnauer Wald langfristige Schäden bedeuten bzw. ihn weniger widerstandsfähig gegen den Klimawandel machen. So müssen für den Einsatz der Harvester breite Ost-West-Schneisen in den Wald geschlagen werden, die bestehen bleiben und damit eine stärkere Durchlüftung und so auch Austrocknung des Waldes zur Folge haben können. Außerdem wird dadurch der Schutzschirm großflächig zerstört und das Bestandsinnenklima wird negativ verändert

 

Deshalb fordern wir:

  1. Die aktuelle Holzeinschlag-Strategie des Landesforstamtes Berlin durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verkehr und Klima ist zu überprüfen.
  2. Bis zur Evaluation dieser Strategie ist der Einsatz von Großmaschinen/Harvestern auf strukturierten Mischwaldflächen in allen Berliner Wäldern mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Die schematische Erschließung durch Rückegassen, sowie deren dauerhafte farbliche Markierung haben im Erholungswald zu unterbleiben.
  3. Das Abgeordnetenhaus soll ein neues Berliner Waldgesetz entwickeln und beschließen, das den Anforderungen an den modernen Waldumbau unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels gerecht wird.
  4. Eine neue Waldbaurichtlinie, die die derzeitigen klimatischen Veränderungen berücksichtigt, muss für Berlin erarbeitet werden. Dies sollte in einem Gremium im politischen Rahmen mit Waldexperten erfolgen.
  5. Die Baumartenvielfalt ist zu erhöhen. Klimastabile Gastbaumarten wie Roteiche, Esskastanie, Robinie, europäische Lärche, Douglasie etc. müssen einzeln bis gruppenweise eingemischt werden. Das zur Zeit noch bestehende, völlig unsinnige Verbot dieser als „Fremdländer oder Ausländer“ bezeichneten Baumarten ist aufzuheben, da gerade diese Baumarten besonders klimastabil sind. Berlin steht hier völlig isoliert im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, die bereits alle aktiv ihre Wälder klimaresistent mit Einmischungen der oben genannten Baumarten umbauen.
  6. Der Berliner Wald ist als natürliche CO2- Senke zu optimieren. Dies wird erreicht durch einen hohen nachhaltigen Zuwachs an Holz. Im Holz gebundener Kohlenstoff soll langfristig als Baustoff/Bauholz fixiert werden. So kann ein Beitrag geleistet werden, andere klimaschädliche Baustoffe zu ersetzen.

 

Antrag 189/I/2023 BER-Taxis die Rückbeförderung ermöglichen

9.10.2022

Alle Berliner Taxen sollen künftig Fahrgäste auch vom BER befördern dürfen. Hierfür soll eine rechtliche Grundlage in Berlin und Brandenburg geschaffen werden. Taxen aus dem Landkreis LDS soll im Gegenzug die Beförderung von Passagieren innerhalb Berlins gestattet werden.

Antrag 165/II/2022 Polizei im Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt schulen 

9.10.2022

Schätzungen zufolge ist jede dritte Frau einmal im Leben von sexualisierter Gewalt betroffen. Gleichzeitig wird in Deutschland nur eins von 20 Sexualdelikten zur Anzeige gebracht. Die Gründe hierfür sind vielfältig, schließlich befinden sich die Betroffenen in einer Ausnahmesituation. In dieser Situation muss die Polizei als vertrauensvolle Partnerin bei der Aufklärung und Verfolgung sexualisierter Gewalt von den Betroffenen jener wahrgenommen werden.  Die Polizistinnen und Polizisten würden davon profitieren, wenn sie Situation gerecht geschult würden.

 

Die Berliner Polizei hat derzeit für den Begriff „sexualisierte Gewalt“  keine anerkannte Definition. Auch werden Daten bzgl. der Geschädigten erst ab dem Jahr 2005 erhoben.  Diese Daten beziehen sich ausschließlich auf die Delikte nach § 177 und § 178 StGB also den Tatbeständen der sexuellen Übergriffen, sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Zwar wird teilweise auf Daten von polizeiexternen Anbietern zurückgegriffen, ohne dass eine statistische Erfassung solcher Taten unterhalb der Schwelle der genannten Delikte erfolgen würde. Der Berliner Polizei fehlt ein grundsätzliches und strukturelles Verständnis über sexualisierte Gewalttaten. Deswegen ist die Polizei oftmals unfähig Erfahrungsberichte rechtlich einzuordnen und gegenüber den Betroffenen eine Aussage zu treffen, ob es sich aus rechtlicher Sicht um sexualisierte Gewalt handelt oder nicht.

 

Auch in der polizeilichen Ausbildung wird der Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt nur “grundsätzlich” behandelt. Umfangreichere Lehrinhalte erstrecken sich ausschließlich auf den Themenbereich „häusliche Gewalt“. Eine umfassende Schulung im Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt findet nicht statt. Auch bestehen keine speziellen Fortbildungsangebote.

 

In vielen Fällen werden Betroffene nicht nur durch die Taten selbst, sondern auch durch die Reaktionen der Strafverfolgungsbehörden traumatisiert. Gründe für diese sogenannte sekundäre Viktimisierung sind ein mangelndes Einfühlungsvermögen, Bagatellisierungen, Äußerungen von Zweifel, Mitschuldvorwürfe und Parteiergreifung für den Täter. In vielen Fällen betreibt die Polizei sekundäre Viktimisierung und verhindert auf diesem Weg eine effektive Verfolgung von sexualisierter Gewalt. Wegen solcher Erfahrungen und fehlenden Vertrauens sehen viele Betroffene von einer Anzeige ab. Die fehlende Kenntnis der Polizei über sexualisierte Gewalt und die fehlende Qualifizierung der Polizei im Umgang mit den Betroffenen leistet diesen Tendenzen weiter Vorschub.

 

Berlin hat gemeinsam im „Berliner Netzwerk gegen sexuelle Gewalt“ einen Integrierten Maßnahmenplan (IMP) beschlossen. Allerdings fallen nur vier der 126 Maßnahmen in den Bereich der Strafverfolgung. Auch aus der Perspektive des Netzwerks handelt es sich also um “ein vergleichsweise kleines Interventionsgebiet” das “ausbaufähig” ist. Vor dem Hintergrund der Istanbul-Konvention „sei absehbar, dass das Handlungsfeld durch weitere Maßnahmen ergänzt“ werden muss. Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass es nach wie vor nur vier Maßnahmen im Bereich der Strafverfolgung gibt, untragbar.

 

Es kann festgehalten werden, dass die Berliner Polizei strukturell nicht in der Lage sexualisierte Gewalt adäquat zu verfolgen.

Unser Ziel muss es sein, dass die Polizei von den Betroffenen als Partnerin bei der Aufklärung von sexualisierter Gewalt wahrgenommen wird. Betroffene müssen auf Strukturen treffen, die sie ermutigen sexualisierte Gewalt zur Anzeige zu bringen. Es braucht für die Beteiligten die Sicherheit, dass es zu einer ernsthaften, umfangreichen und betroffenenorientierten Aufklärung und Verfolgung der Delikte kommt. Dazu muss die Polizei auch strukturelle Kenntnisse über diesen Deliktsbereich gewinnen und ihr Personal insbesondere im Umgang mit den Betroffenen geschult werden. Eine Traumatisierung von Opfern durch die Polizei im Rahmen der Strafverfolgung ist in unserem Rechtsstaat untragbar!

 

Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und Abgeordnetenhaus auf, im Rahmen des IMP den Maßnahmenkatalog auszuweiten und insbesondere die Polizei im Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt zu schulen.

 

Dazu fordern wir:

 

  1. Die Entwicklung einer Definition des Begriffs der sexualisierten Gewalt die bereits unterhalb der strafrechtlichen Delikte nach § 177 und § 178 StGB ansetzt. Bei der Erarbeitung dieser Definition sollen zivilgesellschaftliche Initiativen (im breiten Spektrum des Themenbereichs), wissenschaftliche Expertisen und Polizeigewerkschaft eingebunden werden. Ziel ist es, durch diesen Prozess die strukturelle Sensibilisierung der Polizei zu erhöhen und eine effektive und rechtssichere Verfolgung zu ermöglichen.
  2. Eine umfassende Erfassung und anonymisierte Veröffentlichung der angezeigten Fälle von sexualisierter Gewalt auf der Grundlage der entwickelten Definition. Daneben soll in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft eine umfassende Dunkelfeldstudie durchgeführt, um tiefergehende Erkenntnisse über diesen Deliktsbereich zu gewinnen.
  3. Die Erstellung eines Leitfadens für den Umgang mit Betroffenensexualisierter Gewalt. Durch den falschen Umgang der Polizei mit Betroffenen kann es zu einer sekundären Viktimisierung kommen, die neben der eigentlichen Straftat, weiteren psychische Schäden hervorruft. Stattdessen soll Vertrauen bei den Betroffenen geschaffen und eine zügige und umfangreiche Beweissicherung vorgenommen werden.
  4. Beim Fachdezernat LKA 13, das für die Bearbeitung von Sexualdelikten zuständig ist, soll eine zentrale und transparente Möglichkeit geschaffen werden, Sexualdelikte zur Anzeige zu bringen. Betroffene müssen die Sicherheit haben, dass ihre Anzeige von geschultem Personal aufgenommen und bearbeitet wird. Daneben soll den Anzeigenden ein Anspruch eingeräumt werden, die Anzeige vor gleichgeschlechtlichen Beamten aufgeben zu dürfen. Zudem soll sichergestellt sein, dass zur Betreuung der Betroffenen der psychosoziale-Notdienst hinzugezogen wird. Ziel beider Maßnahmen ist es die Bereitschaft zu erhöhen, sexualisierte Gewalt zur Anzeige zu bringen.
  5. Das Thema sexualisierte Gewalt und insbesondere der Umgang und die Kommunikation mit Betroffenen soll verpflichtender Bestandteil der polizeilichen Ausbildung werden. Die Ausbildung soll insbesondere die richtige Anwendung des Leitfadens sicherstellen und auf eine Vermeidung von sekundärer Viktimisierung abzielen. Dabei soll das Thema einen Umfang aufweisen, wie die Module zur „häuslichen Gewalt“ und mit diesen verzahnt werden.
  6. Die Einführung spezieller verpflichtender Fortbildungsangebote, um auch Polizist*innen für sexualisierte Gewalt und den Umgang mit Betroffenen zu sensibilisieren, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen haben. Insbesondere Polizist*innen die in ihrem Einsatzgebiet potenziell auf Betroffene treffen, sollen prioritär Fortbildungen angeboten werden. Ein Schwerpunkt soll darauf liegen, Polizist*innen zu schulen, die Perspektive der Betroffenen einzunehmen, ohne die Glaubhaftigkeit der Betroffenen zu bezweifeln.
  7. Es sollen im Rahmen des Berliner Netzwerks gegen sexualisierte Gewalt zivilgesellschaftliche Institutionen gestärkt werden, die als Anlauf- und Beratungsstelle neben der Polizei dienen. Ziel ist es mit ergänzenden niedrigschwellige Angeboten Betroffene auf den Weg zu einer Anzeige zu begleiten. Dafür soll geprüft werden inwieweit einzelne Beweissicherungsmaßnahmen von diesen Stellen rechtssicher vorgenommen werden können. Die Bekanntheit solcher Anlauf- und Beratungsstellen soll stadtweit gesteigert werden.
  8. Der unabhängige Bürger*innen und Polizeibeauftrage beim Berliner Abgeordnetenhaus soll auch für Beschwerden gegen sekundäre Viktimisierung durch die Polizei sensibilisiert werden.