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Antrag 57/I/2021 Der Corona-Krise solidarisch begegnen - Impfstoffe weltweit gerecht verteilen

19.03.2021

Wir fordern von den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion, den sozialdemokratischen Mitgliedern der Bundesregierung und den Mitgliedern der S&D-Fraktion des Europäischen Parlaments, sich für eine solidarische Verteilung des Covid-19-Impfstoffes einzusetzen.

 

Die Corona-Pandemie ist eine weltweite Herausforderung, bei der nationale Alleingänge keine Lösung sind. Dies wurde auch von der Bundesregierung immer wieder hervorgehoben. Die schnelle Entwicklung eines Impfstoffes ist auch nur dieser internationalen Zusammenarbeit zu verdanken. Dieser Zusammenhalt darf nicht aufhören, wenn es um den Zugang zu Impfstoffen geht!

 

Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass die Menge der durch Industriestaaten erworbenen Impfstoffe ausreicht, um ihre Bevölkerung bis Ende 2021 dreimal zu impfen. Demgegenüber stehen ärmere Länder, die nach aktuellen Einschätzungen lediglich in der Lage sein werden, 10 Prozent ihrer Bevölkerung impfen zu können. Dies ist ein Zustand, den die SPD als internationalistische Partei nicht hinnehmen sollte. Das Horten von Impfstoffen auf Kosten von anderen hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun. Länder wie Kenia, Myanmar, Nigeria, Pakistan und die Ukraine haben insgesamt 1,5 Millionen Covid-19-Fälle gemeldet, laufen aber Gefahr, nur sehr wenige Impfstoffe zur Verfügung zu haben. Es hat jedoch nicht nur finanzielle Gründe, dass Impfstoffe in Ländern des globalen Südens nicht verteilt werden können. Die meisten Impfstoffe bedürfen einer stabilen Kühlung und zuverlässiger Transportwege. Diese Infrastruktur muss dringend geschaffen werden!

 

Wir fordern daher, dass die bisherige internationale Zusammenarbeit erhöht wird, und zu evaluieren, inwiefern bereits erworbene, überschüssige Impfkontingente über die Entwicklungszusammenarbeit umverteilt werden können. Weiterhin fordern wir, dass die EU mit allen Impfstoffhersteller*innen erneut in Vertragsverhandlungen geht, um eine Weitergabe von schon erworbenen aber überschüssigen Impfstoffen an u.a. die Länder des globalen Südens und Ländern, denen nicht die finanziellen Mittel für den ausreichenden Erwerb von Impfstoffen zur Verfügung steht, zu ermöglichen. Der Beitrag Deutschlands und der EU zur COVAX-Facility der Weltgesundheitsorganisation, die für eine globale Versorgung und Verteilung des Impfstoffes sorgt, soll auch entsprechend deutlich erhöht werden. Wir fordern die Schaffung der verlässlichen Infrastruktur zur Lieferung und Bereitstellung von Impfstoffen im Globalen Süden im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit. Dabei kann das Technische Hilfswerk beratend und ausführend als Partner*in hinzugezogen werden. Dabei sollte auch geprüft werden, welche Impfstoffe in Bezug auf die klimatischen und infrastrukturellen Bedingungen eingesetzt werden können, um deren einwandfreie pharmazeutische Qualität nicht zu schädigen und so die optimale Schutzwirkung der Impfung zu gewährleisten. Darüber hinaus ist es essenziell, dass sich die SPD dafür einsetzt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, technisches Know-how und geistiges Eigentum in Bezug auf die Herstellung von Covid-19-Impfstoffen zu teilen sind. Zusätzlich fordern wir die konsequente Umsetzung der Patentschutzaufhebung nach §5 Abs.2 Nr.5 des Infektionsschutzgesetzes. Dadurch wird eine schnellere Produktion und Zurverfügungstellung der Impfstoffe gewährleistet. Für die aufgewendeten Forschungsgelder des Pharmaunternehmens, welche den Impfstoff erforscht und entwickelt hat, soll der Bund aufkommen, um weitere medizinische Forschungsprojekte des Unternehmens zu ermöglichen. Die herstellenden Firmen, die sich der schnelleren Herstellung von Impfstoffen zur Verfügung stellen, sollen subventioniert werden, um den technischen Anforderungen der Produktion gerecht werden zu können. Es muss sichergestellt werden, dass die Pharmaindustrie Menschenleben vor Profit stellt! Das oberste Ziel ist es weltweit eine Herdenimmunität herzustellen, um diese Pandemie beenden zu können.

Antrag 66/I/2021 Politische Konsequenzen aus “The children of Pornhub” ziehen!

19.03.2021

Pornoseiten gehören zu den täglich am häufigsten besuchten Websites der Welt. Während der ersten Corona Welle in Italien macht Pornhub Werbung damit, dass man jetzt ein kostenloses Premium Abo abschließen könne und auch in den Vereinigen Staaten von Amerika, die sexualisierte Inhalte im öffentlichen Raum sonst strengstens regulieren, macht Pornhub Werbung auf Werbetafeln am Time Square in New York. Ein ganzheitlicher Anspruch und Sex-Positivität, das ist der Anstrich, den Mindgeek (eine der größten Betreiberfirmen für Pornoseiten) seinem “Frontrunner”, seiner “Cash Cow“, also seiner besten Einnahmequelle, verpassen will. Kostenlose Pornos für alle und von allen, für die kalten einsamen Stunden in der Corona-Isolation.

 

Mitte Dezember 2020 verschwindet dann auf einmal mehr als 80 Prozent des Inhalts von Pornhub. Die Betreiberfirma Mindgeek hat entschieden, alle Videos von nicht verifizierten Uploader*innen zu löschen. Dem vorausgegangen war eine Recherche der New York Times – “The children of Pornhub”. Darin sind die Aspekte von Pornhub beschrieben, die so weit weg von Ganzheitlichkeit und Sex-Positivität entfernt sind wie man sich nur vorstellen kann. Videos von Minderjährigen und Vergewaltigungen können von allen hoch- und heruntergeladen, tausendfach vervielfältigt und weiterverbreitet werden – und dabei die Leben der Opfer komplett ruinieren. Ein einfacher Schulwechsel hilft nichts, wenn man einem Video entkommen will, das täglich von mehreren tausenden Personen weltweit und völlig legal abgerufen wird.

 

Die Details dieser Recherche sind im Analyseteil dieses Antrags fehl am Platz, aber mit den Schlussfolgerungen und Konsequenzen sollten wir uns beschäftigen. Nachdem Pornhub und Mindgeek die darin beschriebenen Vorgänge erstmal als unbegründet von sich wiesen, beschlossen sie auf Druck von Mastercard und Visa, die (genauso wie PayPal schon vor mehr als einem Jahr) die Zahlungsabwicklung für Mindgeek einstellten, ein radikales Umdenken. Uploads von nicht verifizierten Accounts wurden verboten, die Downloadfunktion für Videos wurde gesperrt, die Suchfunktion angepasst: So liefert jetzt z.B. nicht mehr nur ‘rape’ sondern auch ‘r*pe’ keine Suchergebnisse mehr. Mindgeek versprach, das Moderationsteam der Website erheblich auszubauen um Beschwerden schnell bearbeiten zu können und illegales Material schnellstmöglich zu löschen.

 

Dass diese Schritte erst eingeleitet wurden, als es ums Geld ging, zeigt, dass diese Maßnahmen nicht aus Gründen des Opferschutzes ergriffen wurden. Und Pornhub ist nicht die einzige Pornowebsite, Mindgeek nicht die einzige steuervermeidende, internationale Firma, die in diesem Milliardengeschäft mitspielt.

 

Weil wir uns nicht auf das Wohlwollen des Marktes verlassen können, müssen politische Konsequenzen folgen. Es reicht eben nicht, wenn Pornhub die Sache selbst (vermeintlich) regelt. Der Staat muss seine Bürger*innen schützen. Videos werden immer ihren Weg ins Internet finden, aber die Verbreitung und Monetarisierung von Videos mit illegalen Inhalten auf massenhaft aufgerufenen Plattformen sollte vom Staat reguliert werden.

 

Wir fordern:

 

  • Website-Betreiber*innen, die pornographische Inhalten in Deutschland verbreiten, gesetzlich zu verpflichten, dass:
    • Uploads nur von verifizierten Accounts erfolgen dürfen
    • Beim Upload ein ‘Proof of consent’, eine Bestätigung der Darsteller*innen, dass alle im Video gezeigten Handlungen einvernehmlich geschehen sind und der Verbreitung des Videos zugestimmt wird, mitgeliefert wird
    • sie keine Funktionalität bereitstellen, die darauf abzielt, eine lokale, persistente, also auf Dauer angelegte Kopie dieser Videos zu erstellen
    • Moderationsteams in Deutschland aufgebaut und deren Erreichbarkeit für alle Nutzer*innen klar erkennbar auf den Websites dargestellt wird. Dabei müssen die Moderator*innen der psychisch belastenden Tätigkeit angemessen bezahlt werden und eine Infrastruktur zur psychologischen Betreuung der Moderator*innen muss gewährleistet sein
    • Eine empfangsberechtigte Ansprechperson in Deutschland benennen
    • Gemeldete Inhalte innerhalb von 24h zu löschen sind und deren Wiederupload wirksam durch geeignete technische Mittel zu verhindern ist.
  • Der Zugriff auf Angebote, die nicht diesen Regularien entsprechen, aus Deutschland soll erschwert werden. Suchmaschinen sollen verpflichtet werden, entsprechende Websiten nicht mehr in ihren Suchergebnissen zu listen
  • Die Haftung für die auf den Websites verbreiteten Inhalte muss zumindest in Teilen bei den Betreiberfirmen liegen, vor allem, wenn sie nicht alles Mögliche unternehmen, um die Verbreitung illegaler Inhalte zu verhindern
  • Gemeinsam mit Künstler*innen sollen Regelungen entsprechend der Bedürfnisse und Möglichkeiten alleine oder in kleinen Kollektiven arbeitenden, freier erotischer Künstler*innen erarbeitet werden. So wird sichergestellt, dass die Einrichtung dieser notwendigen Schutzmaßnahmen nicht zu einer Konsolidierung erotischer Kunst bei großen Webseiten-Betreiber*innen führt und freie Künstler*innen von diesen Plattformen unabhängig bleiben können, sofern sie dies wünschen. Dies beugt auch der Kommerzialisierung von Kunst vor
  • Auf europäischer Ebene müssen ebenfalls entsprechende Regularien beschlossen werden.

 

Dieser Antrag ist in keinem Fall ein Antrag gegen Pornowebsites und Pornographie im Allgemeinen. Um es mit den Worten des NY Times Journalisten zu sagen: “Es sollte möglich sein, Sex-positiv und PornHub-negativ zu sein.”

Antrag 67/I/2021 10 Jahre Anschlag von Utøya – Europäischen Rechtsextremismus aufklären!

19.03.2021

Die S&D-Fraktion möge beschließen:

 

Am 22. Juli 2011 fielen 77 Menschen einem rechtsterroristischen Anschlag in der norwegischen Hauptstadt Oslo zum Opfer. Der Täter zündete zuerst eine Autobombe in Oslos Regierungsviertel und ermordete später 69 Menschen auf der Insel Utøya nordöstlich von Oslo auf brutale Art und Weise. Seit 1950 befindet sich Utøya in Besitz der Arbeidernes Ungomsfylking, kurz AUF, welches zu diesem Zeitpunkt eines ihrer jährlichen Jugendcamps veranstaltete. Sowohl die AUF als auch ihre Mutterpartei, die Arbeiderpartiet, sind Mitglieder der Sozialistischen Internationalen und der Progressiven Allianz und somit Schwestern der Jusos und SPD. Das Massaker war ein gezieltes Attentat auf den linken Nachwuchs Norwegens, welcher nicht den nationalistischen und rassistischen Vorstellungen des Täters entspricht. Seine Handlungen zeigen das unglaubliche Gewaltpotential rechter Terroristen. Er reiht sich damit in eine lange Liste nationalistisch und verschwörungsideologisch motivierter Anschläge ein. Der Angriff auf eine Synagoge in Halle in 2019 oder das Hanau-Attentat im Februar 2020 sind dabei die letzten großen Anschläge in Deutschland. Oft findet man einschlägige Verbindungen der Täter in große rechtsextreme Vernetzungen in ganz Europa. So hatte auch der Oslo-Attentäter Briefkontakt mit der einzigen Angeklagten des Nationalsozialistischen Untergrunds in Deutschland. Zwar ist Norwegen kein Mitglied der Europäischen Union, solche Arten von Verbindungen und Solidaritätsbekundungen sind jedoch auch innerhalb der EU zu finden. Die Aufdeckung dieser Vernetzungen wird durch komplexe Strukturen und der starken Digitalen Vernetzung jedoch immer schwerer. Langwierige Investigativrecherchen von Journalisten*innen sind dabei zwar wichtig, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

 

Mit der Ratspräsidentschaft 2020 hatten Deutschland und Außenminister Heiko Maas (SPD) als Positionsinhaber angekündigt einen Fokus auf Rechtsextremismus zu legen. Einer Anfrage im Bundestag zufolge, sei dies jedoch schon an einer einheitlichen Definition des Begriffs „Rechtsextremismus“ zwischen den europäischen Ländern gescheitert. Im Zuge der Ratspräsidentschaft wurde versäumt für Aufklärung zu sorgen. Das ist peinlich und traurig!

 

Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Europäischen Parlaments auf, sich für die Einrichtung eines Sonderausschusses „Rechtsextremismus“ im Europäischen Parlament einzusetzen. Ziel dabei ist es, eine gemeinsame Strategie gegen die neue und alte Rechte und ihre antisemitischen, rassistischen, queer- und frauenfeindlichen Ideologien zu finden.

Antrag 74/I/2021 Gemeinnützige Vereine stärker fördern!

19.03.2021

Gemeinnützige Vereine sind für die Demokratieförderung unabdingbar und nehmen wichtige Funktionen in unserer Gesellschaft ein! Sie tragen erheblich zur Bildung, Empowerment, Teilhabe sowie zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Diskriminierung bei!

 

Gemeinnützige Vereine haben jedoch in ihrer Arbeit auch einen großen Aufwand an Verwaltungs- und Papierarbeit zu erledigen! Mitarbeiter*innen müssen in regelmäßigen Zeitabständen Sachberichte verfassen und Anträge stellen, die viel Zeit in Anspruch nehmen sodass in dieser Zeit Projektarbeit aus Zeitgründen nicht vollumfänglich umgesetzt werden kann.

 

Hinzu kommt, dass Projektarbeit in der Regel mit befristeten Arbeitsverträgen einhergeht. Mitarbeiter*innen sind in sog. Kettenverträgen angestellt und müssen von Jahr zu Jahr auf eine Weiterbewilligung des Projekts und ihrer Beschäftigung hoffen. Die Einschränkungen, die Kettenbefristungen für die private und berufliche Lebensplanung der Mitarbeiter*innen bedeuten, können auch langfristig zu einem Abwandern der qualifizierten Fachkräfte in andere Branchen führen.

 

Zur besseren Unterstützung und Umsetzung der gemeinnützigen Vereinsarbeit fordern wir:

 

  • Langfristige Förderung von gemeinnützigen Vereinen, die sich für Bildung, Empowerment, Teilhabe und gegen Rechtsextremismus und Islamismus einsetzen
  • Keine Kürzungen der Fördermittel für die oben genannten Vereine
  • Förderperioden von Projekten statt jährlich an den Doppelhaushalt des Landes Berlin orientieren
  • Unbefristete Arbeitsverträge bei dauerhaft geförderten Projekten
  • Reduzierung der Antrags- und Berichtspflichten gemeinnütziger Vereine sowie die Vereinfachung im Antragsverfahren von Fördermitteln
  • weiterhin die Einführung eines starken Demokratiefördergesetzes
  • Wir erklären uns solidarisch mit den Arbeiter*innen in gemeinnützigen Vereinen, die ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen teilweise auch vor Gericht durchsetzen wollen

Antrag 78/I/2021 Aufarbeitung der NS Vergangenheit der Berliner Beamt*innen in West und Ost nach 1945 durch Historiker*innen

19.03.2021

Nach der Befreiung 1945 und der danach folgenden Wiederaufnahme der Tätigkeit der Verwaltung, brauchte es auch in Berlin Personal, welches in der Verwaltung erfahren war. Dieses Personal wurde vornehmlich aus der bis 8. Mai 1945 existierenden Verwaltung rekrutiert. Damit ist aber auch davon auszugehen, dass Personen die sich an nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt haben in den Verwaltungen von West- und Ost Berlin arbeiteten.

 

Ähnlich wie auch beispielsweise das Bundesjustizministerium oder das Auswärtige Amt soll nun auch für die Verwaltungen von Ost und West Berlin geklärt werden welche belasteten Personen nach 1945 hier arbeiteten und falls es Anhaltspunkte dafür gibt, inwiefern ihre Tätigkeit durch ihre Verstrickung in die NS Verbrechen beeinflusst waren.

 

Wir fordern die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion im Abgeordnetenhaus auf sich für eine unabhängige Historiker*innen Kommission einzusetzen, welche die personalen und strukturellen Kontinuitäten mit dem Nationalsozialismus in Justiz, Polizei und Senatsverwaltungen in Berlin-West und -Ost erforscht. Ziel der Kommission soll es sein, ausgehend vom Stand der Forschung historisches Wissen und Deutungsangebote bereitzustellen, um der Öffentlichkeit die Auseinandersetzung mit dem Fortdauern von Ideen und Handlungsmustern und dem andauernden Einfluss mehr oder weniger überzeugter Nationalsozialist*innen auf das Berliner Leben nach 1945 zu ermöglichen. Die Ergebnisse der Studie werden veröffentlicht und in öffentlichen Veranstaltungen vorgestellt. Auf die Untersuchung muss ein öffentlicher Diskurs folgen, um diesen Teil der deutschen Geschichte auszuarbeiten. Grundlage und Beispiel kann das Forschungsprojekt „Die Berliner Justiz nach 1945 – sachliche und personelle Kontinuitäten zur NS-Justiz“ sein.“