Antrag 124/II/2022 Keine Abschreibungen für Nord Stream II zu Lasten der Steuerzahler:innen

Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion auf, ein Gesetz einzubringen in den Deutschen Bundestag einzubringen mit dem Ziel, steuermindernde Verluste durch die Nicht-Inbetriebnahme der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream II zu verhindern. Die Steuerzahler:innen dürfen nicht in Haftung genommen werden für die verfehlte Unternehmenspolitik einiger Energiekonzerne, Deutschland vorsätzlich durch immer neue Investitionen in russische Energieprojekte wie Nord Stream II von Russland abhängig gemacht zu haben. Die Verluste für die Investitionen, Beteiligungen, Kredite für Nord Stream II dürfen nicht zur Senkung der Unternehmensgewinne gegengerechnet und so die Steuern gesenkt werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Ablehnung (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Stellungnahme der ASJ zum Antrag 124/II/2022 (Abt. 03/15 Kollwitzplatz) „Keine Abschreibungen für Nord Stream II zu Lasten der Steuerzahler:innen“

 

Votum ASJ: Ablehnung

 

Begründung:

Der Antrag zielt darauf ab, im deutschen Steuerrecht eine Ausnahme von der Möglichkeit der Teilwertabschreibung bei dauernder Wertminderung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) zu schaffen. Diese Ausnahme soll deutsche Unternehmen treffen, die finanziell am Bau der Pipeline Nord Stream 2 beteiligt waren. Betroffen wären die beiden Unternehmen Wintershall Dea und Uniper. Uniper steht seit Ende 2022 fast vollständig im Eigentum des Bundes, die entsprechenden finanziellen Nachteile würden also den Fiskus treffen.

 

Gegen die vorgeschlagene Rechtsänderung bestehen erheblich verfassungsrechtliche Bedenken. Zum einen verbietet Artikel 19 Absatz 1 des Grundgesetzes sog. Individualgesetze, die nur für einen bestimmten Einzelfall gelten. Zum anderen würde der Gesetzgeber hier nachträglich in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen, da beide Unternehmen bereits im Jahr 2022 entsprechende Abschreibungen vorgenommen haben.[1] Eine solche sog. echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist regelmäßig unvereinbar mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit und damit verfassungswidrig.

 

Auch politisch überzeugt der Versuch nicht, Nord Stream 2 mit den Mitteln des Steuerrechts aufzuarbeiten. Schließlich ist die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Gaslieferungen nicht allein auf privatwirtschaftliche Entscheidungen der beteiligten Unternehmen zurückzuführen. Projekte wie Nord Stream 2 wurden über viele Jahre von der deutschen Politik unterstützt – auch durch die SPD. Hier sollte die Aufarbeitung sinnvollerweise ansetzen.

[1]  https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/gaskonzern-wintershall-schreibt-verluste-milliardenabschreibungen-auf-nord-stream-2/28284518.html; https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/uniper-russland-nordstream-101.html