Antrag 217/II/2022 Coronafolgen bekämpfen – Perspektiven für junge Menschen schaffen

Die Corona-Pandemie hat schonungslos aufgezeigt, wo die größten Schwachstellen in unserer Gesellschaft liegen. Besonders stark ausgeprägt schränkten die Auswirkungen das öffentliche Leben und zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge ein. In der Folge mussten sich vor allem junge Menschen erheblich zurücknehmen: Schulschließungen, fehlende Ausweichmöglichkeiten wie Sport- oder Kulturangebote, Verlust von Ausbildungsplätzen, Isolation und Kontaktverbote. Das führte dazu, dass viele junge Menschen monatelang in beengten Verhältnissen leben mussten, ohne klare Orientierung, wie es in Zukunft weitergeht, sowie oftmals ohne psychologische Beratungs- und Unterstützungssysteme. Hinzu kam in manchen Fällen sogar häusliche Gewalt. Als Folge dieser krassen Belastungssituation stieg die Zahl derjenigen, die unter psychischen Erkrankungen wie Angst- und Essstörungen und Depressionen litten, erheblich an. Knapp ein Drittel aller 7- bis 17-Jährigen in Deutschland zeigten im Jahr 2020 psychische Auffälligkeiten. In nahezu allen Bereichen lässt sich eine Verschlechterung des Wohlbefindens von jungen Menschen im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie wissenschaftlich nachweisen. All diese Befunde sind nicht neu. Es ist aber laut Expert*innen davon auszugehen, dass wir erneut auf eine Corona-Welle im Herbst 2022 zusteuern. Weitere Einschränkungen können Stand heute nicht ausgeschlossen werden.

 

Dennoch wurde viel zu wenig für Kinder und Jugendliche getan, um für eine Entlastung bzw. Unterstützung zu sorgen. Vor allem Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch schlechter gestellten Familien sind von den Folgen der Einschränkungen betroffen gewesen und haben immer noch mit ihren Auswirkungen zu kämpfen. Der Abbau der Lernrückstände und Stärkung der psychosozialen Arbeit sind Schritte in die richtige Richtung – diese reichen aber bei weitem nicht aus. Es sind weitere gezielte Vorschläge notwendig, um die Situation der Kinder und Jugendlichen in Berlin angesichts der weiterhin bestehenden Corona-Pandemie zu verbessern. Ebenso werden konkrete Maßnahmen gebraucht, um die Widerstandsfähigkeit der sozialen Infrastruktur zu stärken. Ziel ist es, dass junge Menschen merklich unterstützt werden und eine Perspektive für ihre persönliche Zukunft auch unter dem Einfluss einer möglichen weiteren Corona-Welle gewährleistet ist.

 

Mentale Gesundheit

Schon vor Ausbruch der Pandemie gab es eine Unterversorgung in der mentalen Gesundheitsversorgung für junge Menschen, die sich während der Pandemie durch die stark steigende Anzahl an Betroffenen deutlich verschärft haben. Laut einer Evaluation der Krankenkassen leiden in keinem anderen Bundesland so viele Kinder und Jugendliche unter psychischen Erkrankungen wie in Berlin.

 

Die Folge: Der Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung ist aktuell so hoch wie nie. Doch vor allem in Ballungsgebieten wie Berlin sind freie Therapieplätze rar und die Wartezeiten mehrere Monate lang. Während der Pandemie mussten sogar Kliniken ihre Türen schließen, weil es zu viele Patient*innen gab. Zeitweise konnten nur noch Menschen „mit akuter Suizid-Gefahr“ behandelt werden und viele andere saßen ohne Hilfe zu Hause. Dies ist für die Hilfesuchenden in höchstem Ausmaß frustrierend, belastend und krankheitsverschärfend. Es ist eine Illusion, davon auszugehen, dass sich diese Problematik mit den Lockerungsschritten von selbst erledigt. Wenn psychische Erkrankungen nicht rechtzeitig behandelt werden, ist mit massiven chronischen Langzeitfolgen zu rechnen. Die Gesundheit von jungen Menschen bestimmt die Gesellschaft von morgen, deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt in sie investieren.

 

Deshalb fordern wir mehr kostenfreie sowie niederschwellige Angebote für junge Menschen in Berlin zur Verbesserung ihrer mentalen Gesundheitsversorgung. Jeder junge Mensch, der Therapie benötigt, muss das Recht auf schnellen, unkomplizierten und kostenlosen Zugang zur klinisch-psychologischen und psychotherapeutischen Beratung und Behandlung haben. Dafür müssen die ambulanten und stationären psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungskapazitäten für Kinder und Jugendliche erhöht werden. Für Notfälle müssen die kinder- und jugendpsychiatrischen Ambulanzen in den Krankenhäusern ausgebaut werden. Darüber hinaus müssen niedrigschwellige digitale und analoge Erstanlaufstellen für hilfesuchende Jugendliche und junge Erwachsene geschaffen werden, die Hilfs- und Therapieangebote vermitteln und die auch die jungen Menschen in der Übergangszeit bis ein Therapieplatz gefunden ist, unterstützen. Wir fordern außerdem den nachhaltigen Ausbau der schulpsychologischen und psychosozialen Betreuung an Schulen, Berufsschulen und Hochschulen. Auch müssen Impulse zur weitergehenden Vernetzung der Hilfesysteme, der Kinder- und Jugendhilfe, der Schulen, Berufsschulen, Hochschulen und der Kinder- und Jugendpsychiatrie geschaffen werden.

 

(Aus-)Bildung

Die Corona-Pandemie hatte zudem massive Auswirkungen auf das (Aus-)Bildungssystem. Kitas, Schulen und Hochschulen wurden zeitweise geschlossen, Prüfungsinhalte wurden angepasst oder gekürzt, der Unterricht und die Lehre fand monatelang digital über Videokonferenzen statt. Dadurch veränderte sich der Alltag schlagartig. Statt zur Kita oder in die Schule zu gehen, blieben junge Menschen zu Hause in ihren Zimmern. Während dieser Homeschooling-Zeiten verschärften sich bereits bestehende Ungleichheiten. Denn: Nicht alle Kinder und Jugendlichen hatten einen eigenen Schreibtisch, geschweige denn einen ruhigen und sicheren Ort zum Lernen oder die notwendige Ausstattung an digitalen Endgeräten mit entsprechender Software. Vielfach fehlte eine ausreichende Internetverbindung, um am Unterricht teilnehmen zu können. Die Ausstattung der Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten begrüßen wir sehr. Allerdings zeigen viele Beispiele, dass das Land Berlin auch allen Schüler*innen ein Angebot zur Ausstattung mit digitalen, datenschutzkonformen Endgeräten machen muss. Hier braucht es ein barrierearmes und sozialverträgliches Verfahren, damit all jene Schüler*innen, die ein Gerät wollen, auch eins erhalten. Doch damit ist es nicht getan. Damit diese Geräte auch vollumfassend eingesetzt werden können, braucht es eine stabile und sichere Verbindung zum Internet. Deshalb fordern wir ein Recht auf Internet. In einer digitalen Schulwelt lässt sich das Recht auf Bildung nur mit eben diesem Recht auf Internet vollumfänglich wahrnehmen. Alle Schüler*innen müssen die technischen Möglichkeiten haben online arbeiten zu können – vor allem von zu Hause. Dies kann beispielsweise über mobile Router erfolgen. Familien mit Leistungsanspruch und Alleinerziehende sind bei der Ausgabe zu bevorzugen.

 

Die Zeit des Homeschooling hat auch gezeigt, dass der persönliche Austausch mit anderen extrem wichtig ist. Kitas, Schulen und Hochschulen sind Lebensorte. Diese durchgängig zu schließen hatte große psychische Folgen für junge Menschen. Einer weiteren flächendeckenden Schließung dieser Institutionen im Herbst/Winter muss entgegengewirkt werden. Zur Wahrheit gehört auch, dass es einige Menschen gibt, die immer noch vom Regelunterricht aufgrund (Vor-)Erkrankungen ausgeschlossen sind. Für diese Personen braucht es weiterhin passgenau Unterstützungsangebote wie das Homeschooling und digitale Prüfungsangebote. Dies gilt für Schulen, aber auch für Hoch- und Berufsschulen. Bezüglich der Hochschulen muss die Freiversuchsregelung im Berliner Hochschulgesetz für die Dauer der Pandemie und ihrer einschränkenden Nachwirkungen verlängert werden. Sie besagt, dass Prüfungen, die nicht bestanden wurden, lediglich als nicht angetreten gelten und Bearbeitungsfristen für Haus- und Abschlussarbeiten angemessen zu verlängern sind. Durch den Wegfall an bezahlten Nebentätigkeiten, der Schließung ruhiger Lernplätze in Bibliotheken und die soziale Isolation haben sich die Studienbedingungen für viele Studierende massiv verschlechtert, sodass es weiterhin dieser Entlastung bedarf. Änderungen im Berliner Hochschulgesetz wie die Freiversuchsregelung sind dabei frühzeitig zu kommunizieren, sodass für die Studierenden und Prüfenden Planungssicherheit besteht.

 

Viele Auszubildende mussten während der Pandemie aus dem Homeoffice arbeiten. Dabei wird ihnen oft keine technische Ausstattung zur Verfügung gestellt. Insgesamt kann dies für Auszubildende, die zu Beginn ihrer Ausbildung im Homeoffice sind oder waren, große Nachteile haben. Der Kontakt zu Ausbilder*innen, Kolleg*innen sowie zu anderen Auszubildenden wird durch das digitale Arbeiten erheblich erschwert. Ebenso besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber*innen ihren Pflichten hinsichtlich des Arbeitsschutzes bei Auszubildenden im Homeoffice nur unzureichend nachkommen. Wir fordern daher eine verpflichtende, ausführliche Aufklärung aller Auszubildenden, insbesondere derjenigen, die im Homeoffice arbeiten, über ihre Rechte hinsichtlich ihrer Ausbildung und des Arbeitsschutzes. Bei Prüfungen muss es ebenfalls Sonderregelungen analog zu denen an Hochschulen geben, da auch Auszubildende nach wie vor von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Ausbildungsplätze müssen auch in Zeiten von Corona und Inflation sichergestellt werden. Dafür muss u.a. eine Ausbildungsplatzumlage geschaffen werden.

 

Öffentliche Räume

Nicht nur das Bildungssystem war massiv eingeschränkt. Auch die kulturellen Angebote und öffentlichen Räume wurden stark verringert. Die Pandemie hat viele der Aufenthaltsräume für junge Menschen – z.B. Jugendzentren, Vereine, Bars/Clubs – nicht mehr verfügbar gemacht. Viele von ihnen nutzen öffentliche Parks, um sich zu treffen und zu feiern. Lärmbelästigung oder vereinzelte Schlägereien wurden zum Anlass genommen, die Absperrung von und ein Alkoholverbot in Parks zu fordern. Wir lehnen Alkoholverbote und Parkumzäunungen bzw. -sperrungen entschieden ab! Auch das Auftreten des Ordnungsamts und der Polizei ist nicht hinzunehmen. Stattdessen braucht es die verstärkte Zusammenarbeit von Ordnungsämtern und Sozialarbeiter*innen. Das Ordnungsamt darf in Parks nicht vorrangig als bloße Autorität auftreten, sondern sollte vielmehr als Ansprechpartner*innen fungieren. Dazu sind spezielle Schulungen anzubieten.

 

Es ist wichtig, dass Jugendliche sowohl tagsüber als auch in den Abendstunden niedrigschwellige Angebote und kostenfreie Orte haben, an welchen sie sich treffen können. Anstelle von Repressionen braucht es mehr Angebote und eine flächendeckende Stärkung der aufsuchenden Jugendarbeit.

 

Parks und öffentliche Plätze sind auch deswegen so wichtig, weil kostenpflichtige Angebote wie Bars und Clubs im Zuge der Inflation für viele junge Menschen kaum noch bezahlbar sind. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, fordern wir einerseits die Prüfung und Erarbeitung eines Finanzierungskonzepts, um die Eintrittspreise für Berliner Clubs, welche besonders für junge Menschen relevant sind, sozialverträglich zu gestalten. Das Finanzierungskonzept und der Kreis der betreffenden Clubs soll gemeinsam mit der Clubkommission erarbeitet werden. Andererseits setzen wir uns für eine generelle Einstufung von Veranstaltungsstätten als kulturelle Einrichtungen ein, damit ein ermäßigter Steuersatz von 7% geltend gemacht werden kann. Ebenfalls sollten junge Menschen die Möglichkeit haben, das kulturelle Angebot in Berlin wahrnehmen zu können. Daher fordern wir kostenlosen Eintritt in die Landeseigenen Museen und alle Dauerausstellungen für Menschen unter 25 Jahren. Darüber hinaus müssen auch alternative kostenlose Angebote für junge Menschen gestärkt werden. Dazu gehören u.a. der Ausbau von Jugendclubs und Sportangebote.

 

Darüber hinaus wollen wir die Vereine in Berlin stärken. In vielen Bezirken überleben diese nur durch das unerschöpfliche Engagement von Ehrenamtlichen. Neben einer finanziellen Unterstützung durch vom Land zur Verfügung gestellte Mittel, über die die Bezirke verfügen sollen, braucht es eine Unterstützung der ehrenamtlichen Kräfte. Hier fordern wir eine neue Strategie, um das Ehrenamt zu stärken. Neben einer Anerkennungskultur braucht es vor allem finanzielle Entlastung für die geleistete Arbeit – beispielsweise mit ÖPNV-Abos oder einer Mindestvergütung.

 

Wirtschaft

Die Auswirkungen der Pandemie werden besonders für Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch schlechter gestellten Herkünften deutlich. Neben der Schule oder dem Studium nicht arbeiten zu müssen, ist immer ein Privileg. Besonders mit dem Wegfallen vieler Aushilfsjobs während der Pandemie aber sind für die einen existenzielle Sorgen entstanden, teils kann sich Bildung so nicht mehr geleistet werden, während andere weiterhin von ihren Familien finanziell unterstützt wurden können und so vergleichsweise weniger beschränkt werden. Deshalb fordern wir die Einrichtung eines durch Einnahmen der progressiven Erbschaftssteuer finanzierten Chancengleichheitsfonds, der zum einen in Höhe von je 20.000€ als Gesellschaftserbe an alle 18-Jährigen ausgezahlt wird und zum anderen zur Finanzierung von öffentlichen Gütern und Leistungen, die die allgemeine Chancengleichheit fördern, genutzt wird. Damit geht mehreres einher: Wir wollen das Vermögen einiger weniger auf die gesamte Gesellschaft umvererben, um jungen Erwachsenen auf der einen Seite einen finanziellen Boost zum Start ins Leben zu geben und andererseits Ungleichheit fördernde Strukturen zu bekämpfen.

 

Neben dem Chancengleichheitsfonds fordern wir die Verlängerung der Kindergeldzahlungen. Während die Fortzahlung des BAföGs an die Corona-bedingten Einschränkungen angepasst wurde, bleibt die Zahlungsdauer des Kindergeldes ungeändert und riskiert somit starke Geldeinbußen am Ende der Ausbildung.

 

Auch für junge Menschen im Berufsleben hat die Pandemie gravierende Auswirkungen. Viele mussten aus dem Homeoffice arbeiten, andere unter Gefährdung ihrer eigenen Gesundheit weiterhin in ihrer Arbeitsstelle arbeiten. Durch die Digitalisierung ergeben sich neue Möglichkeiten des Homeoffice, also des Arbeitens von zu Hause, die durch die Pandemie weiter vorangetrieben wurde. Anstelle von Präsenzmeetings traten Videomeetings, der Austausch mit Kolleg*innen fiel oftmals weg. Dennoch kann Homeoffice auch in Zeiten außerhalb der Pandemie Vorteile für Arbeitnehmer*innen bieten, wie flexible Arbeitszeiten oder der Wegfall von langen Arbeitswegen. Dies kann allerdings auch dazu führen, dass Menschen länger arbeiten und keinen richtigen Feierabend haben, da von einer ständigen Erreichbarkeit ausgegangen wird. Hinzu kommen außerdem Möglichkeiten der digitalen Überwachung der Arbeitnehmer*innen, durch Produktivitätschecks wie bspw. die Bewegungen der Computermaus. Diese digitale Überwachung lehnen wir kategorisch ab. Softwaren, die zur digitalen Überwachung von Arbeitnehmer*innen dienen, müssen verboten werden. Darüber hinaus müssen Arbeitnehmer*innen über ihre Rechte im Homeoffice aufgeklärt werden, dies umfasst explizit auch Datenschutz sowie den Schutz vor Überwachung durch den Arbeitgeber. Durch die Digitalisierung und Homeoffice vermischen sich Arbeits- und Privatleben zunehmend. Damit Arbeitnehmer*innen auch im Homeoffice Erholungszeiten haben, in denen die Arbeitgeber*innen sie nicht kontaktieren, fordern wir Sperrzeiten, in denen die Arbeitgeber*innen die Arbeitnehmer*innen im Regelfall nicht kontaktieren dürfen. Diese sind bei flexiblen Arbeitszeiten auch flexibel zu ermöglichen. Darüber hinaus fordern wir neben dem Recht auf Homeoffice auch ein Recht auf einen gestellten Arbeitsplatz, sofern dagegen keine Gründe des Gesundheitsschutzes sprechen. Insbesondere junge Menschen haben in Berlin aufgrund der enormen Mietpreise nur wenig Wohnraum zur Verfügung. Sofern sie im Homeoffice arbeiten, erschwert diese Platzteilung die Trennung von Arbeits- und Privatleben weiter und kann negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit haben. Wir lehnen darüber hinaus ab, dass Unternehmen Geld für Büroflächen sowie Heizkosten sparen können und dies im Gegenzug von den Arbeitnehmer*innen gestemmt werden muss, da sie im Homeoffice arbeiten. Wenn Leute sich dafür entscheidenden, auch oder ausschließlich aus dem Homeoffice zu arbeiten, ist die technische Ausstattung sowie die arbeitsschutzgemäße Ausstattung des Arbeitsplatzes (z.B. ein passender Schreibtischstuhl) von den Arbeitgeber*innen zu stellen bzw. zu zahlen. Damit Homeoffice flächendeckend möglich wird, fordern wir weiterhin den Ausbau von schnellem und stabilem Internet in der ganzen Stadt. Dabei halten wir an unserer Forderung nach der Verstaatlichung der Breitbandinfrastruktur in Gebieten, in denen es nur einen Anbieter gibt, sowie der letzten Meile, fest. Die letzte Meile beschreibt dabei das Stück der Verbindung, dass direkt zu den Verbraucher*innen führt.

 

Um junge Menschen zu entlasten und ihnen zugleich eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, fordern wir:

 

  • mehr kostenfreie sowie niederschwellige Angebote für junge Menschen in Berlin zur Verbesserung ihrer mentalen Gesundheitsversorgung
  • ein Recht auf Internet für alle Menschen in Berlin
  • den flächendeckenden Ausbau von schnellem und stabilem Internet
  • die Einführung eines Gesellschaftserbes
  • den Schutz von Arbeitnehmer*innenrechten im Homeoffice
  • (Einführung von Kontaktsperren für Arbeitgeber*innen)
  • Prüfung und Erarbeitung eines Finanzierungskonzepts zusammen mit der Clubkommission, um die Eintrittspreise für Berliner Clubs sozialverträglich zu gestalten
  • keine Parksperrungen und Alkoholverbote, sondern die Ausweitung von Freiräumen sowie Angebote für junge Menschen im gesamten Stadtgebiet (vor allem in den Abendstunden). Wir sehen hier die BVV- Fraktionen in der Pflicht, die Nutzung der Grünflächenanlagen multigenerational zu verstehen
  • die Stärkung der Angebote der Jugendarbeit sowie Vereine
  • eine Offensive für die Stärkung der ehrenamtlichen Arbeit in Berlin
  • Freiversuchsregelungen für Prüfungen
  • kostenfreien Eintritt für Museen und Dauerausstellungen für Menschen unter 25 Jahren

 

Fassung der Antragskommission:

LPT I-2023 | Überarbeitung durch den Antragssteller, Wiedervorlage II/2023

LPT II-2023: vertagt

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ASJ Berlin – Stellungnahme zu Antrag 217/II/2022 „Coronalfolgen bekämpfen -Perspektiven für junge Menschen schaffen“

Votum ASJ: Zurückweisung an die Antragstellenden zur Überarbeitung/Strukturierung; hilfsweise Überweisung an FA III, Stadt des Wissens, AfB, FA Gesundheit; Forum Netzpolitik, FA Wirtschaft

Begründung:

Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Antrag der ASJ zur Stellungnahme überwiesen wurde. Er enthält einen bunten Strauß verschiedenster Politikbereiche, von der Gesundheitspolitik, Bildung, Jugendpolitik, Sicherheitsfragen, Gesellschaftserbe als Chancengleichheitsfond, Kindergeld, Digitalisierung. Vieles davon ist dabei durchaus unterstützungswert, auch wenn ein fachlicher Bezug zur ASJ nicht gesehen wird. Abzulehnen ist allerdings die Forderung, dass das Ordnungsamt und die Polizei in Parks nicht mehr „auftreten“ dürfen. Bei Straf- oder Ordnungswidrigkeiten muss ein Einschreiten zulässig bleiben und ist teilweise zwingend geboten.

 

Es kann in Berlin keine rechtsfreien öffentlichen Räume geben, in denen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nicht verfolgt werden dürfen. Die Möglichkeit, Alkoholverbote und Parkumzäunungen zuzulassen, sollte bei einem nicht anders handhabbaren Exzess zum Schutz der Anwohnenden und der Natur möglich bleiben.

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Stellungnahme FA Europa zum überwiesenen Antrag 217/II/2022 der Jusos LDK , 28. Februar 2023

Zum Antrag 217/II/2022 der Jusos LDK „Coronafolgen bekämpfen – Perspektiven für junge Menschen schaffen“ nimmt der Fachausschuss II „EU-Angelegenheiten“ wie folgt Stellung:

Die direkt im Antrag behandelten Inhalte haben aus unserer Sicht grundsätzlich einen innenpolitischen Bezug und müssten von den zuständigen Fachausschüssen hinsichtlich der Landes- und Kommunalthemen bewertet werden. Wir möchten im Folgenden aber die europäische Perspektive des Themas noch beleuchten.

Ursula von der Leyens Rede zur Lage der Union im Herbst 2021 war stark geprägt von der Corona-Pandemie und beschäftigte sich mit Blick auf die Zukunft der Europäischen Union auch explizit in einigen Absätzen mit den Folgen der vielen Einschränkungen für die jungen Menschen in der Europäischen Union und damit natürlich auch Deutschland. Beachtet, interessiert verfolgt, aber auch kritisiert und umstritten war dabei ihr Vorstoß für ein so genanntes Europäisches Jahr der Jugend. Wie erwartet ist dieses Jahr 2022 mit einem gemischten Fazit verstrichen. Insbesondere in den Anstrengungen, welche explizit für das Jahr aufgesetzt wurden, haben junge Menschen in der Tat vielfach Raum erhalten, ihre Forderungen und Realitäten zu schildern. Etwa in den Policy-Dialogen der Europäischen Kommission. Viele ohnehin bestehenden Aktivitäten oder Formate wurden aber auch lediglich durch das Logo des Jahres aufgewertet. Mit Ausnahme der Initiative ALMA (Aim, Learn, Master, Achieve — Anvisieren, Lernen, Meistern, Ankommen) für junge Menschen zwischen 18 und 29, die keine Arbeit haben, nicht zur Schule gehen und keine Berufsausbildung absolvieren (NEETs), wurden kaum oder wenig strukturelle Fragen aufgeworfen oder Projekte ins Leben gerufen. Und bei ALMA muss eingeschränkt werden, dass es in der Vergangenheit bereits mehrere ähnliche Programme gab (z.B. die Europäische Jugendgarantie), welche letztendlich daran gescheitert sind, dass die Mitgliedsstaaten ihren vor allem finanziellen Versprechungen und die Europäische Kommission ihrer Rolle als Antreiber des Europäischen Rates bzw. des Rates der Europäischen Union nicht nachgekommen ist.

 

Insofern bestehen zu den in dem Antrag genannten Themen und Vorhaben auch von europäischer Seite noch Nachholbedarfe und Möglichkeiten, derlei Verbesserungen auf kommunaler etc. mit Fördermitteln zu unterstützen bzw. auf nationaler Ebene zu flankieren und zu diskutieren. Ausgehend davon ist es wichtig, das nun laufende Europäische Jahr der Kompetenzen kritisch zu begleiten. Die zu Januar 2023 begonnene Ratspräsidentschaft Schwedens hat etwa erklärt, dass sie die Beteiligung junger Menschen an der politischen Entscheidungsfindung als wesentlichen Faktor für bessere und nachhaltigere Entscheidungen auffasst. Hierbei ist es wichtig, dass die Themen Bildung, Jugend, Gesundheit usw. nicht wie allzu oft unter der Eindimensionalität des Blicks auf Wettbewerbsfähigkeit und die Erhöhung der Einsatzbereitschaft junger Menschen als Arbeitnehmende leiden. Die Bundesregierung bzw. die sie tragenden Bundestagsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben mir ihrer Änderung am Gesetz über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz – EuWG) zur Absenkung des Wahlrechts für die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2024 auf 16 Jahre einen wichtigen symbolischen Schritt getan. Dabei darf es nun nicht bleiben. Berlin und der Bund müssen sich für nachhaltige und tiefgreifende Veränderungen einsetzen von der europäischen Ebene in die Länder hinein und umgekehrt.