Antrag 64/II/2022 Bessere Anerkennung von lehramtsbezogenen Abschlüssen aus anderen Bundesländern

Berlin hat einen enormen Mangel an Lehrkräften. Trotzdem wird es Studierenden oder Absolvent*innen aus anderen Bundesländern erschwert, ihr bisheriges Studium oder ihren Abschluss anerkennen zu lassen. Dies muss sich ändern, um den Mangel durch Wahrnehmung aller Potenziale konsequent entgegenzutreten.

 

Egal, ob der Bachelor of Education, Bachelor mit Lehramtsoption oder erstes Staatsexamen: Alle Abschlüsse sind in dieser Stadt willkommen und können dem Mangel entgegenwirken.

 

Doch in der Praxis zeigen sich unsere Universitäten nicht besonders flexibel oder leben eine aktive Willkommenskultur vor. Wer in einem anderen Bundesland als Berlin seinen Abschluss gemacht hat, hatte meist einen leicht veränderten Aufbau und Anzahl an nötigen Leistungspunkte (das sind Punkte, welche benötigt werden, um ein Studium abzuschließen). Wenn man nun einen abgeschlossenen Bachelor bspw. in Niedersachsen hat, wird dieser in Berlin nicht anerkannt, weil nach unserer Studienordnung größtenteils im zweiten Fach eine gewisse Anzahl der Leistungspunkte fehlen. Auch wenn im Erstfach mehr geleistet wurde.

 

Ein Beispiel: Ein*e Bachelorabsolvent*in hat die Fächerkombination Geschichte (Fach 1) und Englisch (Fach 2). Sie/Er/Dey kommt aus Niedersachsen. Dort werden im Erstfach 100 Leistungspunkte benötigt und im Zweitfach nur 50. In Berlin hingegen benötigt man 90 Leistungspunkte für das Erstfach und 60 Leistungspunkte für das Zweitfach. Dies führt in Praxis zu zwei Möglichkeiten.

 

Die Freie Universität erkennt den Bachelor nicht an. Denn es fehlen 10 Leistungspunkte. Allerdings kann man sich erneut für den Bachelor immatrikulieren (anmelden). Jedoch nur mit umgekehrter Fächerreihenfolge. Die Module lassen sich dann anrechnen, doch man muss dann die Module aus dem neuen Erstfach nacharbeiten und eine neue Bachelorarbeit in seinem Fach ablegen. Also studiert man für die fehlenden 10 Leistungspunkte nochmal mehrere Semester, um einen zweiten Bachelor abzuschließen.

 

Die zweite Variante verfolgt die Humboldt-Universität. Sie erkennt den Abschluss nicht an.

 

Diese Stadt braucht dringend Lehrkräfte und mehr Ausbildungsplätze. Es bedarf deshalb einer deutlich höheren Anzahl von Studienplätzen an den Universitäten als bisher, um dem Lehrkräftemangel entgegenzutreten. Deshalb müssen wir attraktiv für Studierende mit Lehramtsbezug sein und ihnen einen Studienwechsel in dieser Stadt nicht zusätzlich erschweren.

 

Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder im Abgeordnetenhaus und Senat auf, dass alle Bachelor-Abschlüsse mit Lehramtsbezug vorbehaltlich anerkannt werden. Die fehlenden Leistungspunkte sollten im Master innerhalb eines Jahres nachgearbeitet werden dürfen. Zudem soll die sog. ⅔ Bescheinigung für alle Studierenden aus allen Bundesländern in Berlin gelten. Damit ist gemeint, dass bei Abschluss von zwei Dritteln des Bachelorstudiums (i.d.R. 120 von 180 LP) Studierende aus allen Bundesländern ihr Lehramtsstudium in Berlin fortsetzen können. Entsprechend ist die Studien- und Prüfungsordnung dahingehend anzupassen. 

 

Weiterhin fordern wir, dass die Masterstudiengänge unserer Universitäten finanziell und personell so aufgestellt werden, dass wir deutlich über unseren Bedarf ausbilden können. Entsprechende Mittel sind dafür freizugeben.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

LPT II-2023: Überweisung FA V – Stadt des Wissens, Wiedervorlage LPT I-2024

 

Stellungnahme FA Stadt des Wissens:

 

Im Antrag werden zunächst keine Fragen von Anerkennungen, sondern der Erfüllung von fachlichen Zugangsregelungen für die Masterstudienphasen beschrieben. Diese sind in Berlin von uns gesetzlich stark reglementiert worden,. Die Zugangsregelungen bestehen in der Regel im Nachweis einer bestimmten Anzahl von Leistungspunkten in einzelnen Fächer. Die Festlegung der Zugangsregelungen erfolgt in Berlin nach begründeten fachlichen Anforderungen, die durch die Kommissionen für Studium und Lehre mit 50 % Studierendenanteil kontrolliert werden.

 

„Fehlende“ Leistungspunkte können an jeder Hochschule erworben werden. Da es für faktisch jede Masterstudienphase entsprechende Zugangsregelungen gibt erfolgt eine entsprechende Belegung durch Studierende auch regelmäßig vor Abschluss der Bachelor Studienphase. Sollten bei Bewerbenden Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllt sein, besteht in Berlin die Möglichkeit des nachholenden Erwerbs, entweder während einer vorläufigen Masterimmatrikulation, oder regelmäßig während einer weiteren Immatrikulation in der Bachelorstudienphase.

 

Die Forderungen des Antrages lauten:

Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder im Abgeordnetenhaus und Senat auf, dass alle Bachelor-Abschlüsse mit Lehramtsbezug vorbehaltlich anerkannt werden. Die fehlenden Leistungspunkte sollten im Master innerhalb eines Jahres nachgearbeitet werden dürfen. Zudem soll die sog. ⅔ Bescheinigung für alle Studierenden aus allen Bundesländern in Berlin gelten. Damit ist gemeint, dass bei Abschluss von zwei Dritteln des Bachelorstudiums (i.d.R. 120 von 180 LP) Studierende aus allen Bundesländern ihr Lehramtsstudium in Berlin fortsetzen können. Entsprechend ist die Studien- und Prüfungsordnung dahingehend anzupassen. 

Weiterhin fordern wir, dass die Masterstudiengänge unserer Universitäten finanziell und personell so aufgestellt werden, dass wir deutlich über unseren Bedarf ausbilden können. Entsprechende Mittel sind dafür freizugeben.“

 

1.

Die Anerkennung aller Abschlüsse ist bereits gesetzlich geregelt
„§ 23a BerlHG – Studienübergänge, Anrechnung von Ausbildungs- und Studienleistungen

(1) Studien- und Prüfungsleistungen, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland oder an ausländischen Hochschulen aus dem Geltungsbereich des Übereinkommens über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region vom 11. April 1997 (BGBl. 2007 II S. 712, 713) erbracht worden sind, sind anzuerkennen, sofern keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der erworbenen Kompetenzen (Lernergebnisse) bestehen. Im Übrigen werden an ausländischen Hochschulen erbrachte Leistungen anerkannt, sofern zwischen den erworbenen und den vorgesehenen Kompetenzen Gleichwertigkeit besteht. In der Studien- und Prüfungsordnung vorgesehene Kompetenzen, die außerhalb der Hochschulen erworben worden sind, sind bis zur Hälfte der für den Studiengang vorgesehenen Leistungspunkte anzurechnen, sofern zwischen den erworbenen und den vorgesehenen Kompetenzen Gleichwertigkeit besteht. Leistungen und Kompetenzen nach den Sätzen 1 bis 3 dürfen in einem Studiengang nur einmal anerkannt oder angerechnet werden.“

(2) Die Hochschule, an der ein Studium aufgenommen oder fortgesetzt wird, entscheidet über die angemessene Anerkennung oder Anrechnung nach Absatz 1. Die Entscheidung trifft der zuständige Prüfungsausschuss der Hochschule, in Studiengängen, die mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen werden, das zuständige Prüfungsamt, soweit nicht die Prüfungsordnung eine pauschalierte Anrechnung oder eine andere Zuständigkeit vorsieht.“

Die gesetzliche Regelung ist daher umfassender, als die Forderung nach einer „vorbehaltlichen“ Anerkennung umfasst.

 

2.

Gefordert wird, dass bereits nach Absolvierung von 2/3 eines BA-Studiums ein Anspruch auf „Fortsetzung“ eingeführt werden soll.

Dieser besteht bereits, einerseits im Anspruch auf Studienortswechsel

(§ 23a BerlHGStudienübergänge, Anrechnung von Ausbildungs- und Studienleistungen

(2) Die Hochschule, an der ein Studium aufgenommen oder fortgesetzt wird, entscheidet über die angemessene Anerkennung oder Anrechnung nach Absatz 1. Die Entscheidung trifft der zuständige Prüfungsausschuss der Hochschule, in Studiengängen, die mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen werden, das zuständige Prüfungsamt, soweit nicht die Prüfungsordnung eine pauschalierte Anrechnung oder eine andere Zuständigkeit vorsieht.“)

 

Weiter beseht bereits ein im Anspruch auf eine vorläufige Zulassung im Masterstudium:

„§ 10 BerlHG – Allgemeine Studienberechtigung

(5a) Die Zulassung zu einem Masterstudiengang kann auch beantragt werden, wenn ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss vorliegt, aber noch nicht nachgewiesen werden kann, oder wegen Fehlens einzelner Prüfungsleistungen noch nicht vorliegt und auf Grund des bisherigen Studienverlaufs, insbesondere der bisherigen Prüfungsleistungen zu erwarten ist, dass dieser Abschluss vor Beginn des Masterstudienganges erlangt wird und die Maßgaben, die auf Grund des Absatzes 5 Voraussetzung für den Zugang zu dem Masterstudiengang sind, ebenso rechtzeitig erfüllt sind. Soweit nach den Regelungen des Berliner Hochschulzulassungsgesetzes ein Auswahlverfahren durchzuführen ist, in das das Ergebnis des ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses einbezogen ist, nehmen Bewerber und Bewerberinnen nach Satz 1 am Auswahlverfahren mit einer Durchschnittsnote teil, die auf Grund der bisherigen Prüfungsleistungen ermittelt wird. Das Ergebnis des ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses bleibt insoweit unbeachtet. Eine Zulassung ist im Falle einer Bewerbung nach Satz 1 unter dem Vorbehalt auszusprechen, dass der erste berufsqualifizierende Hochschulabschluss und die mit ihm zusammenhängenden Voraussetzungen des Absatzes 5 in der Regel zum Ende des ersten Fachsemesters nachgewiesen werden. Wird der Nachweis nicht fristgerecht geführt, erlischt die Zulassung. Das Nähere regeln die Hochschulen durch Satzung.“

Die geforderte Regelung ist daher bereits gesetzlich umfassender und gerichtsfest geregelt.

3.

Die Forderung nach einer Finanzierung aller Masterstudiengangsangeboten über den „Bedarf“ hinaus ist nicht nachvollziehbar. Aktuell gibt es faktisch keine wirklichen Zulassungsbeschränkungen in den Masterstudienangeboten und auch nach den Studierendenstatistiken keine Überlastungen, mithin ist ein weiterer Ausbau von Masterstudienplätzen nicht angezeigt.

Der gezielte Ausbau von Studienangeboten umfasst im Übrigen ein vollständiges Studienangebot. Auf die umfassende Beschlussfassung zum Ausbau einzelner Fachangebote ( ) wird ausdrücklich hingewiesen.

 

Empfehlung: Der Antrag ist daher insgesamt als erledigt durch Gesetzeslage zu beurteilen soweit keine Rücknahme erfolgt

 

In Ergänzung:

Wirklich unverständlich ist der Antrag soweit gefordert wird, dass Nachbelegungen von BA Kursen (also Grundstudium) nach einer endgültigen Immatrikulation in den Master (also Hauptstudium) erfolgen sollen. Tatsächlich ist das schon deshalb nicht möglich, weil die Zugangsregelungen, die in Berlin – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – besonders begründet sein müssen, die jeweiligen Kommissionen für Lehre & Studium (50% Anteil Studierende) passiert haben müssen und dann der Kontrolle der Senatsverwaltung und der Gerichte unterliegen, vor der Immatrikulation erfüllt sein müssen.

Damit Bewerbende, denen noch Module fehlen, dennoch unmittelbar das Studium (als Studienortswechselende) aufnehmen können, besteht in Berlin die Möglichkeit, dass diese sich allein für die Absolvierung der als fehlend festgestellten Module in einen BA-Studiengang immatrikulieren können, um in Berlin die Module nachzubelegen.

 

Soweit ein Antrag auf Zulassung für eine vorläufige Masterzulassung gestellt wird (Zulassung auf Widerruf für ein Semester mit Verlängerungsoption), was problemlos nach der entsprechenden Klarstellung im BerlHG, die von uns veranlasst wurde, möglich ist, wenn die letzte Studienleistung im bisherigen BA-Studium noch nicht erbracht wurde, kann dann entsprechende Belegungen von Modulen aus dem Bereich des BA Studienangebots binnen 6 Monaten die Erfüllung der vollständigen Zugangsvoraussetzungen erreicht werden und erfolgt im Anschluss der Wechsel von der vorläufigen zur endgültigen Immatrikulation in den jeweiligen Masterstudiengang.

Ansonsten ist bereits auch im aktuellen Koalitionsvertrag erneut eine Ausbildungskapazität entsprechend, bzw. oberhalb des Bedarfs für Berlin – bezogen auf die Abschlussjahre bei zukünftiger Immatrikulation für die Lehrkräfteausbildungsstudienangebote vereinbart, deren Umsetzung vor dem Hintergrund fehlender Raumkapazitäten, insbesondere jedoch nicht existierender Lehrpersonen allerdings kaum erreichbar sein dürfte.