Archive

Antrag 207/II/2018 Gemeinsame Agrarpolitik ab 2020: Umwelt, Klima, Menschen und Tiere schützen

11.10.2018

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU ist der einzige Politikbereich, der fast vollständig auf europäischer Ebene stattfindet. Sie war eine der ersten gemeinsamen Politiken und hat sich über die Jahre stark verändert. An vielen Stellen scheint sie jedoch immer noch eher wie ein Überbleibsel aus Nachkriegszeiten und das Ergebnis einseitiger Lobbyarbeit. Die aktuelle GAP wird 2020 auslaufen und muss dann neuaufgestellt werden. Die aktuellen, seitens der Europäischen Kommission veröffentlichten Arbeitsstände zur Überarbeitung der GAP versprechen jedoch wenig Neuerungen. Vielmehr lassen sie erwarten, dass die GAP weiterhin zur Besitzstandswahrung von Landbesitzer*innen genutzt wird anstatt auf die vielfältigen Herausforderungen der Zukunft zu reagieren.

 

Eine sozialdemokratische Landwirtschaftspolitik hat diese im Blick: Sie blickt nicht einseitig nur auf die Produzent*innenseite und übernimmt alle Lobbyforderungen der organisierten, konventionellen Landwirt*innen wie die Konservativen. Sie stellt sich aber auch nicht auf die Seite einer kleinen Gruppe von gutverdienenden, urbanen Konsument*innen, die mit ihrer erhöhten Kaufkraft eine romantische Vorstellung von Landwirtschaft ohne moderne Dünge- und Pflanzenschutzmittel und entsprechend geringeren Erträgen unterstützen und damit konventionellen Landwirt*innen ihr Existenzrecht abspricht.

 

1. Ziele einer sozialdemokratischen Agrarpolitik

Sozialdemokratische Landwirtschaftspolitik hat einen weiteren, globaleren Blick als das. Sie hat den Schutz von Umwelt, Klima und Ressourcen zum Ziel. Außerdem schaut sie nicht nur auf Konsument*innen und Produzent*innen im Agrarbereich in Deutschland und der EU, sondern weltweit und denkt besonders die Verbindungen zu internationaler Klima- und Handelspolitik mit. Wie alle Politikbereiche muss sich auch die Agrarpolitik zu den Sustainable Development Goals (SDGs) der UN bekennen und ihren Beitrag zu deren Erreichen leisten. Außerdem erkennt sie auch die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land, sowie die Relevanz des ländlichen Raums für die Energiegewinnung aus erneuerbaren Ressourcen als ihre Aufgabe an.

 

Umweltschutz

Der Landwirtschaft kommt eine besondere Rolle beim Klimaschutz zu: Allein die globale Tierproduktion stößt nach Schätzungen der FAO 14,5% aller Treibhausgase (THG) aus. Andere Studien kommen auf bis zu 25%. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geht für das Industrieland Deutschland, mit seinem vergleichsweisen kleinen Agrarsektor, davon aus, dass die Landwirtschaft direkt rund 8 % und wenn Produktion und Gebrauch von Mineraldünger einbezogen wird sogar 15 % des deutschen Treibhausgasausstoßes verursacht. Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen wir an allen verfügbaren Stellschrauben drehen! Dazu gehört, dass wir die Produktion und den Konsum tierischer Produkte in der EU erkennbar senken.

 

Darüber hinaus müssen wir CO2-Senken wie z.B. Moore und Feuchtwiesen schützen, pflegen und wiedervernässen, sowie klimafreundliche Produktionsmethoden und die Forschung an diesen fördern.

 

Weitere Aufgabe sozialdemokratischer Landwirtschaftspolitik ist der Schutz von Böden und Grundwasser. Auch hier sind die Herausforderungen vielfältig: In Teilen Südeuropas droht Wüstenbildung, in anderen sind Böden und Grundwasser durch hohe Mengen an Gülle stark belastet. In vielen Böden ist durch intensive Bearbeitung der Humusgehalt und damit die Biodiversität und Fruchtbarkeit gefährdet. Des Weiteren stellen uns Ressourcenkreisläufe bei Stickstoff und Phosphat sowie eine abnehmende Biodiversität, insbesondere das Insektensterben, vor Probleme, die es zu lösen gilt.

 

Ethischer Umgang mit Tieren

Als moderne Gesellschaft müssen wir uns fragen, ob wir es weiterhin gutheißen können, dass Nutztiere unter quälenden Bedingungen gehalten werden, die ihnen ein arttypisches Verhalten unmöglich macht. Das betrifft neben der Stallgröße, unter anderem die Herdengröße und tatsächlich möglicher Ausgang ins Freiland. Auch ist uns klar, dass das Schreddern männlicher Küken, das Kupieren von Schweineschwänzen oder die Trennung von Jung- und Muttertieren nicht weiter als notwendige Eingriffe bei der Tierhaltung hinzunehmen sind. Heute gängige Züchtungs- und Fütterungspraktiken führen dazu, dass Tiere schon nach einem Bruchteil ihrer natürlichen Lebenserwartung ihr Schlachtgewicht erreichen. Dass ein Großteil der „konventionellen“ Tierproduktion nur mit einer inflationären Gabe von Medikamenten, insbesondere Antibiotika und mit der teilweisen Amputation von Schnäbeln und Schwänzen funktionieren kann, ist Beweis genug, dass diese „konventionelle“ Tierhaltung mit dem Tierwohl nicht vereinbar ist.

 

Die EU-Landwirtschaft im globalen Kontext

Als eine der reichsten Regionen der Welt mit einem großen Industriesektor muss sich die EU fragen, ob sie auch im Bereich Landwirtschaft den Wettbewerbsvorteil haben muss und ob das die enormen Subventionen wert sind. In der EU befinden sich einige der besten Flächen, um Landwirtschaft zu betreiben und natürlich kann die EU auch nur bei der Landwirtschaft in ihren Mitgliedsstaaten Vorgaben zu Umwelt- und Klimaschutz und Gesundheitsstandards in der Produktion machen, nicht jedoch bei importierten Nahrungsmitteln. Wenn diese Vorgaben zu hoch sind und aufgrund fehlender finanzieller Stützung die europäischen Produzent*innen nicht mehr wettbewerbsfähig sind, wird auch diese Möglichkeit wegfallen.

 

Dennoch muss sich die EU bewusstmachen, dass gerade die Landwirtschaft für viele Länder im Globalen Süden eine Einstiegsmöglichkeit darstellt, um am globalen Handel teilzunehmen und wirtschaftlich zu wachsen. An dieser Stelle sollen Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen die Subventionierung europäischer Landwirt*innen ergänzen, die landwirtschaftlichen Produzent*innen weltweit zu Gute kommen, beispielsweise zur Produktivitätssteigerung, Ressourceneinsparung (inkl. Fläche) und Anpassung an den Klimawandel um die Herausforderungen einer wachsenden Weltbevölkerung begegnen zu können. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof, die neue Technik CRISPR/Cas9 mit herkömmlicher Gentechnik gleichzusetzen, ist eine verpasste Gelegenheit und stellt ein Hindernis für Fortschritte in der globalen Agrarwirtschaft dar. Grüne Gentechnik bietet gerade in Zeiten des Klimawandels für Landwirt*innen und Konsument*innen in der EU und der Welt große Potentiale. Es darf nicht sein, dass diese Potentiale in der Hand einiger weniger Riesenkonzerne liegen, die durch Patente auf Saatgut und die Kopplung an bestimmte Pestizide, Herbizide und Düngemittel die Abhängigkeit der Landwirt*innen sichern.

 

Konsument*innenschutz

In der Linie mit anderen Bereichen des europäischen Binnenmarkts ist es wichtig, dass auch im Bereich Ernährung EU-weite, hohe Standards gelten, was Sicherheit und Gesundheit anbelangt. Aktuelle Herausforderungen umfassen neben diesen außerdem die Verringerung von Lebensmittelverschwendung auf allen Stufen der Produktion und des Konsums, ebenso wie eine Verschiebung von Konsummustern hin zu einer höheren Umweltfreundlichkeit, durch u.a. den verringerten Konsum tierischer Produkte.

 

Durch das vermehrte Vorkommen multi-resistenter Keime ist es darüber hinaus dringend notwendig, endlich das Problem des inflationären Gebrauchs von Antibiotika und auch Reserve-Antibiotika in der Landwirtschaft anzugehen!

 

Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land

In vielen Mitgliedsstaaten sind die Löhne in der Landwirtschaft und insgesamt im ländlichen Raum niedriger als der Durchschnitt. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur auf dem Land an vielen Stellen deutlich schwächer ist: Das senkt nicht nur die Lebensqualität der Menschen auf dem Land, sondern stellt auch eine Hürde für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Räume dar.

 

Energiegewinnung:

Vor dem Hintergrund der Förderung erneuerbarer Energien ist für viele Landeigentümer*innen die Nutzung ihrer Flächen neben der Landwirtschaft zur Nahrungsmittelerzeugung auch die Biomasseproduktion oder für Sonnen- und Windenergieanlagen attraktiv geworden. Die EU muss im Rahmen ihrer Klimapolitik einen Weg finden, die Flächenkonkurrenz à la „Teller oder Tank“ gegeneinander abzuwägen und einen Klimaschutz aus einem Guss entwerfen.

 

2. Instrumente einer sozialdemokratischen Agrarpolitik

Angesichts der globalen Relevanz dieser Aufgaben bekennen wir uns zur EU als richtige Politikebene um die Ziele in diesem Bereich festzulegen. Wir wissen schon lange, dass es keinen Sinn ergibt beispielsweise den Klimawandel auf nationaler Ebene zu bekämpfen. Dafür braucht es globale, mindestens jedoch europäische Pläne. Aufgrund der unterschiedlichen landschaftlichen und klimatischen Begebenheiten in der EU ist es aber wichtig im Sinne des Subsidiaritätsprinzips den Mitgliedsstaaten Freiheiten bei der Nutzung der zur Verfügung gestellten Instrumente zu geben.

Das Instrumentarium der GAP funktioniert aktuell eher nach dem Prinzip „Gießkanne“ und richtet sich wenig an den formulierten Zielen aus. Bei der Höhe des Agrarbudgets von ca. 58 Mrd. € (40 % des Gesamtbudgets der EU), ist dieser Umstand noch erschreckender: Wir stehen so gigantischen Herausforderungen gegenüber, die unsere Zukunft maßgeblich beeinflussen werden und viele dieser Probleme können wir mit einer zielgerichteten Landwirtschaftspolitik angehen. Wir können es uns daher nicht leisten auch nur einen der 58 Mrd. Euro ohne jeglichen Effekt versickern zu lassen!

Entsprechend ist es dringend notwendig, die GAP für die Zeit nach 2020 zu überarbeiten und ihre Instrumente auf die vorhandenen und kommenden Herausforderungen auszurichten.

 

Dazu fordern wir:

 

Öffentliche Gelder gibt es nur für öffentliche Leistung.

Wir fordern das Abschmelzen der ersten Säule der GAP. Ein Teil der frei werdenden Mittel soll zugunsten der zweiten Säule eingesetzt werden: Direktzahlungen, die einfach pro Hektar gezahlt werden, gehören abgeschafft. Wir wollen Landwirt*innen für ihre Leistungen im Bereich Landschaftspflege, Umwelt- und Klimaschutz sowie Tierschutz u.ä. entlohnen und Anreize dafür setzen, in diesen Bereichen noch mehr zu leisten. Dies soll über das bisherige Maß hinaus durch regulatorische Maßnahmen sowie mit einem Teil der finanziellen Mittel geschehen, die bisher im Rahmen der ersten Säule verwendet werden. Wenn Landwirt*innen ihre Produktion zugunsten einer besseren Klima- und Umweltbilanz verändern, müssen sie dafür angemessen entlohnt werden. Die Höhe der Zahlungen muss sich am Wert der Leistungen der Landwirt*innen für Umwelt, Klima und Gesellschaft bemessen. Nur so bekommen wir einen funktionierenden Markt, bei dem sich alle Akteur*innen am gesellschaftlichen, nicht am privaten wirtschaftlichen Optimum orientieren.  Die Greening-Kosmetik, die die jetzige GAP bietet, reicht nicht aus und setzt teilweise sogar falsche Anreize!

 

Um eine kohärente Klima- und Umweltpolitik zu haben, dürfen diese Zahlungen aber nicht nur auf den Agrarsektor beschränkt bleiben: Jede*r Produzent*in, egal ob in der Landwirtschaft tätig oder in einem anderen Bereich, soll für Leistungen, die der Öffentlichkeit zu Gute kommen, die aber nicht auf dem Markt entlohnt werden, vom Staat entlohnt werden. Hierbei spielt es keine Rolle, ob besondere Leistungen für die Biodiversität bei dem Einbezug geschützter Wiesenflächen durch die Umplanung eines Ackers, eines Friedhofs oder Flughafens erbracht werden.

 

Es braucht stärkere öffentliche Anstrengungen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Dazu gehört, den Konsum tierischer Produkte in der EU erkennbar zu senken. Dabei muss eine soziale Diskriminierung verhindert werden. Bei den drängenden Problemen des Klimawandels können wir diesen Bereich bei unseren Anstrengungen nicht einfach ausklammern. Hier kann die Subventionierung besonders klimafreundlicher Lebensmittel ein Instrument sein, genauso wie die Einführung einer Klimaabgabe auf Lebensmittel, deren Produktion besonders viele Treibhausgase freisetzt.

 

Die Sozialdemokratie wird sich auf den entsprechenden Ebenen außerdem dafür einsetzen, Glyphosat zum nächstmöglichen Zeitpunkt in der EU zu verbieten, sollte es bis dahin keine wissenschaftlich einwandfreien Studien geben, die die langfristige Nicht-Schädlichkeit belegen. Das bezieht sich auf die Gesundheit von Produzent*innen und Konsument*innen, wie auch auf die Biodiversität, vor allem auf den Insektenschutz.

 

Wir fordern außerdem die umfangreiche finanzielle Förderung von Forschung im Bereich der Agrarwissenschaften und grüner Gentechnik an Universitäten und öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen, sowie verbesserte Möglichkeiten für öffentliche Einrichtungen, neue gentechnisch veränderte Pflanzen im Feld zu testen.

 

Mehr Tierwohl in der EU

Um endlich die Standards in der Tierhaltung ausreichend zu erhöhen, brauchen wir neue, verbindliche, strenge Regelungen, deren Einhaltung besser kontrolliert wird. Freiwillige Selbstverpflichtungen und noch ein Label reichen uns nicht aus, da das keine Instrumente sind, die wirkliche und flächendeckende Besserung bringen!

 

Gesundheit von Konsument*innen

Medikamente, insbesondere Antibiotika dürfen nicht mehr durch die Tierärzt*innen selbst verkauft werden. Des Weiteren dürfen Tiere, die eine Antibiotikatherapie erhalten haben, nicht wieder in den Lebensmittelmarkt eingeführt werden. Dies gilt auch für Erzeugnisse dieses Tieres. Diese Praxis setzt aktuell den Anreiz, Antibiotika und andere Medikamente zu oft und in zu großen Mengen zu verschreiben, da die verschreibenden Tierärzt*innen durch den Verkauf daran zusätzlich verdienen können. Leider hat das Verbot, ganze Herden auf einmal mit Antibiotika zu medikamentieren, bisher kaum Wirkung gezeigt und wird viel zu oft umgangen. Die Einhaltung dieses Verbots muss stärker kontrolliert werden, um die Resistenzbildung von Keimen nicht noch zu beschleunigen.

 

Gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land

Einkommenssicherung muss auch für Landwirt*innen stattfinden, allerdings im Rahmen der Sozialpolitik der EU und der Mitgliedsstaaten. Die Idee, diesen Transfer über Direktzahlungen über die Fläche gewährleisten zu wollen, ist absolut nicht sinnvoll: Zum einen erhalten flächenmäßig große Betriebe mehr Zahlungen und nicht die schlechter verdienenden Landwirt*innen, wie es die Solidarität gebieten würde. Zum anderen, schlagen Landeigentümer*innen die Zahlung in der Regel direkt auf den Pachtpreis für das Land auf. Dies betrifft Deutschland noch mehr als andere Mitgliedsstaaten, denn hier sind besonders viele Landwirt*innen nur Pächter*innen und nicht Eigentümer*innen des von ihnen bewirtschafteten Lands. Eine Umverteilung nach sozialen Gesichtspunkten kann mit Direktzahlungen pro Fläche also gar nicht stattfinden.

 

Wie in allen anderen Wirtschaftsbereichen, tragen auch in der Landwirtschaft die Selbstständigen das unternehmerische Risiko selbst. An dieser Stelle kann geprüft werden, ob es im Rahmen der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sinnvoll ist, auch für Landwirt*innen Programme zur Minderung des unternehmerischen Risikos aufzulegen, wie beispielsweise der Förderung von Versicherungen gegen Ernteausfälle.  Ziel dieser Förderung von KMU soll der Arbeitsplatzerhalt und eine Vermeidung zu hoher Konzentration einiger weniger Produzent*innen sein.

Antrag 207/I/2018 Kostenloses Azubi-Ticket für Berechtigte!

30.04.2018

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses sowie die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats dazu auf sich dafür einsetzen, dass das Azubi-Ticket des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) den Berechtigten kostenfrei zur Verfügung gestellt wird.

 

Antrag 236/I/2018 Hoffnung für Wohnungslose – Neuausrichtung der Sozialhilfe nach §§ 67 ff. SGB XII

30.04.2018

Wir fordern die Mitglieder der SPD im Berliner Senat, im Abgeordnetenhaus und im Deutschen Bundestag dazu auf, sich für Folgendes einzusetzen:

 

Einführung eines Wohnungslosenhilfe-Konzeptes mit sozialpolitischem Schwerpunkt:

  • Am Beginn der „Hilfekette“ der Hilfsmaßnahmen nach §§ 67 ff. SGB XII, muss die Wohnung mit normalem Mietvertrag stehen („Housing First“). Für den Mietvertrag und dessen Kündigung, gelten die regulären Gesetzesbestimmungen. Folgende Kriterien sollen Geltung finden:
    – dezentrale Wohnung in normaler Nachbarschaft
    – nicht mehr als 20% der Wohnungen eines Blocks
    – Trennung von Wohnversorgung und persönlicher Hilfe
  • Voraussetzung für die in Inanspruchnahme der Leistung durch den Rechtsträger ist die Einwilligung zu einem wöchentlichen Hausbesuch durch Sozialarbeiter*innen.
  • Eine Nachrangigkeit der Hilfsmaßnahmen zur eigenen Wohnung vor anderen Hilfsmaßnahmen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft, betreutes Wohnen mit befristeter Aufenthaltsdauer), muss beendet werden.

 

Ausbau der Wohnungsstruktur für die Vermeidung und den Abbau von Obdachlosigkeit

  • Das „geschützte Marktsegment“ zur  Versorgung wohnungslos gewordener Menschen, ist weiter auszubauen und die Kooperationsverträge mit den kommunalen Wohnungsunternehmen und städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind so zu gestalten, dass eine Nichterfüllung der Vereinbarungen sanktionspflichtig wird.
  • Die kommunalen Wohnungsunternehmen dürfen nicht länger das Recht haben, die von der zuständigen Koordinierungsstelle beim Landesamt für Gesundheit und Soziales vermittelten Marktsegment-Berechtigten abzulehnen. Das Primat der Politik muss durchgesetzt werden.
  • Partner des Berliner Rahmenvertrages wie z.B.  „GEBEWO – Soziale Dienste – Berlin gGmbH“ oder entsprechende kommunale Träger, sind finanziell so auszustatten, dass sie vermehrt auf dem privaten Wohnungsmarkt Wohnungen anmieten oder erwerben kann, um diese an Wohnungslose weiter zu vermieten. Auch private Wohnungsunternehmen müssen stärker verpflichtet werden, Wohnungen in diesem Sinne zur Verfügung zu stellen.

 

Schaffung der Rahmenbedingungen für koordinierte Hilfsangebote

  • Entscheidend zur erfolgreichen Konzeption des hier dargelegten „Housing First“- Ansatzes ist der begleitende Aus-und Aufbau von ambulanten Hilfsangeboten für multidimensionale Problemlagen, wie z.B. der Gemeindepsychiatrie, Suchtberatung, etc. Daher muss es hier zu einem zielgerichteten Einsatz in der finanziellen Ausstattung kommen.
  • Die Hilfepläne nach § 67 ff. SGB XII sind mit den Eingliederungsvereinbarungen der Jobcenter abzustimmen. Für eine dementsprechende Schnittstellenkooperation auf Verwaltungsebene sind  Hilfskonferenzen in kontinuierlichem Turnus zu institutionalisieren bzw. zu verstetigen.
  • Die Mitglieder der SPD im Berliner Senat und im Abgeordnetenhaus Berlin, werden aufgefordert, zur Finanzierung des dargelegten Konzeptes unter stärkerer Einbeziehung von Bundesmitteln, eine Bundesratsinitiative in diesem Sinne anzustoßen.
  • Die Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion werden aufgefordert, zur Finanzierung des dargelegten Konzeptes unter stärkerer Einbeziehung von Bundesmitteln, im Bundestag tätig zu werden.

 

Antrag 220/I/2018 Nachhaltige Lenkung der Pendler*innenströme nach Berlin durch gezielte kurz- und mittelfristige Maßnahmen

30.04.2018

Die SPD-Abgeordnetenhausfraktion und die SPD-Mitglieder des Senats von Berlin sowie die SPD-BVV-Fraktionen und SPD-Stadträte werden aufgefordert, sich für eine nachhaltige Lenkung der Pendler*innenströme nach Berlin einzusetzen.

 

Um die Auswirkungen der Pendler*innenströme auf die Anwohner*innen und Nutzer*innen des öffentlichen Raums zu minimieren, sind auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene folgende Maßnahmen zu ergreifen:

1. Die Attraktivität des Angebots im Umweltverbund für Pendler*innen ist – gemeinsam mit dem Land Brandenburg und dem VBB – durch gezielte Werbemaßnahmen und Informationskampagnen, Taktverdichtungen und barrierefreie Umsteigebedingungen weiter zu
erhöhen;
2. In der Tarifzone A ist eine deutliche Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung notwendig;
3. In den Berliner Bezirken der Tarifzone B ist mindestens im Umkreis von 300 Metern an den Schnellbahnhöfen eine Parkraumbewirtschaftung einzuführen, um dort das massenhafte Abstellen der Fahrzeuge von Pendler*innen aus dem Umland zu reduzieren;
4. Auf eine Ausweitung des Tarifbereichs AB auf den Bereich C ist zu verzichten;
5. Das Land Berlin setzt sich

  • bei der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg dafür ein, den ÖPNV als Zubringer zum SPNV zu verbessern und geeignete Bahnhöfe in Brandenburg, gegebenenfalls mit der DB AG, für die Einrichtung von B&R und P&R-Plätzen zu identifizieren;
  • im Bundesrat dafür ein, Job-Tickets für Arbeitnehmer*innen steuerfrei zu stellen (Wegfall der monatlichen 44 EUR-Grenze bei Sachbezügen) und die sogenannten Pendler*innenpauschale sowie das Dienstwagenprivileg abzuschaffen;
  • in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern dafür ein, ein Anreizsystem für die Einrichtung eines nachhaltigen und gesundheitsfördernden Mobilitätsmanagements in den Betrieben zu erarbeiten, das die Nutzung des Umweltverbundes und von Fahrgemeinschaften fördert, und auch den Wegfall von firmeneigenen Mitarbeiter*innen-Parkplätzen beinhaltet.

 

Antrag WV215/I/2018 Weiterentwicklung der E-Mobilität im Berliner ÖPNV

30.04.2018

Das Land Berlin muss den Vorsprung des ÖPNV weiter ausbauen. Dafür ist die Umrüstung von Bussen auf umweltfreundlichere Antriebe erforderlich. Allerdings ohne brachiale Umstellung auf den E-Antrieb.
Um eine schnelle und umfassende Verbesserung der Emissionen der gesamten Busflotte der BVG zu erreichen, sollen schnellstens alle verfügbaren und erprobten Technologien zum Einsatz kommen. Dazu gehören moderne Euro-VI Busse (Erdgas und Diesel), die die Stickoxidemissionen um mehr als 90 % reduzieren (Quick Wins);
Die bisherigen Busse unterhalb von Euro-VI sollen innerhalb von 3 Jahren mit finanzieller Unterstützung des Landes ersetzt werden;

 

Der Einsatz von Elektrobussen soll weiter erprobt werden. Die geplante Beschaffung von 45 Elektrobussen wird jedoch zunächst – auch aufgrund der hohen Kosten – als ausreichend für eine Erprobungsphase angesehen;
Eine darüber hinausgehende Umstellung der Busflotte auf E-Antrieb vor Abschluss der Erprobungsphase wird abgelehnt, weil weder E-Busse in größerer Anzahl von europäischen Herstellern zu beziehen sind, noch weil deren Umweltbilanz zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegenüber Verbrennungsmotoren vorteilhaft ist.