Archive

Antrag 192/II/2018 Bundesobdach- und Wohnungslosenstatistik

11.10.2018

Grobe Schätzungen, unvollständige Datensätze und weit voneinander abweichende Zahlen sind bisher die einzigen Quellen, auf Grundlage derer Obdach- und Wohnungslosigkeit in den verschiedenen Städten oder im gesamten Bundesgebiet bewertet und der Bedarf an Hilfsnetzwerken und monetärer Unterstützung derer kalkuliert wird. In Deutschland werden bislang keine offiziellen Statistiken über Obdachlosigkeit geführt, bislang gibt es nur wenige ehrenamtliche Initiativen zur statistischen Erfassung in wenigen Städten.

 

Meist wird dem Wunsch nach einer Bundesstatistik, der von den vielen ehrenamtlichen Hilfseinrichtungen und den Dachverbänden der Obdachlosenhilfe geäußert wird, mit dem Argument begegnet, dass Obdach- und Wohnungslose, die nicht im Hilfesystem seien, auch nicht statistisch zu zählen seien. Doch gibt es auch die Möglichkeit, eine solche Statistik auch ohne den alleinigen Rückgriff auf bürokratische Meldedaten zu erstellen.

 

Um eine breitflächige Sensibilität in der Bevölkerung zu fördern und analog bestehende Problemlagen anzugehen bzw. die entsprechend notwendige Hilfe bereitstellen zu können, muss man das Ausmaß jenes Problems kennen. Solange es keine konkreten Zahlen gibt, fehlt jede Argumentationsgrundlage für die Bemessung des realen Bedarfs an Hilfe und demnach kann eine zielgerichtete, systematische Hilfe nicht gewährleistet werden. Insbesondre der Bedarf obdach- und wohnungsloser Frauen* wird häufig vernachlässigt und ist deshalb explizit durch eine nach Geschlecht differenzierte Statistik zu erfassen.

 

Forderung:

  • Das Statistische Bundesamt und die Ämter für Statistik der Bundesländer sollen damit beauftragt werden eine bundesweite Obdach- und Wohnungslosenstatistik zu erarbeiten, die nach Bundesländern, Kommunen, und Bezirken gegliedert sein soll. Eine entsprechende Rechtslage zur Ermöglichung einer solchen Statistik soll geschaffen werden.
  • Diese Statistik soll flächendeckend in ganz Deutschland durchgeführt werden, eine möglichst reale Zahl von Obdachlosen und Wohnungslosen widerspiegeln und Ballungsgebiete aufdecken. Dabei soll soweit wie möglich hinsichtlich Gemeinden bzw. Bezirken differenziert werden, um Bereiche klar eingrenzen zu können. Erfasst werden sollen alle relevanten Merkmale, nicht aber die Namen. Die statistische Erfassung soll anonymisiert sein. Ausschlaggebend für die statistische Erfassung ist das Merkmal der Obdach- oder Wohnungslosigkeit.
  • Um das Bewusstsein für das Leben von wohnungs- und obdachlosen Menschen in der Gesellschaft zu schärfen, soll die Statistik öffentlichkeitswirksam z.B. im Bundespresseamt vorgestellt und breit in den zuständigen Gremien in den Bundes- und Landesministerien sowie den Parlamenten diskutiert werden.

 

Des Weiteren fordern wir die Einrichtung einer Kommission zur Evaluierung des bestehenden Hilfsnetzes unter Berücksichtigung des Bedarfs aller Geschlechter, der sich aus der Bundesobdach- und Wohnungslosenstatistik ergibt.

 

Dies soll zu einer Verbesserung der Hilfsangebote führen:

  • Sensibilisierung hinsichtlich der Problematik in Deutschland
  • Individuellere Hilfsangebote, wie Wohnungsvermittlungen
  • Clearingstellen in den Ballungsgebieten für mehr Hilfe und Notfallschlafplätze
  • Mehr Angebote für die psychische Gesundheit von Obdach- und Wohnungslosen in Ballungsgebieten
  • Ausdehnung des Netzwerkes von den schon vorhandenen Hilfsangeboten
  • Gezielte Ansprache der Obdach- und Wohnungslosen

 

Antrag 187/II/2018 Fahrscheinlos für Wohnungs- und Obdachlos

11.10.2018

Alle Menschen brauchen Schlaf, Essen und die Möglichkeit zur Hygiene. Obdach- und wohnungslose Menschen können diese Bedürfnisse nicht innerhalb ihrer “eigenen” vier Wände stillen, sondern müssen Orte besuchen, an denen sie eben jenen Grundbedürfnissen nachgehen können.

 

Dafür gibt es in Berlin verschiedene Anlaufstellen, meist Hilfseinrichtungen und ehrenamtliche soziale Projekte. Selten aber können diese Einrichtungen ein gesamtheitliches Angebot bereitstellen, mit dem die Besucher*innen alle Bedürfnisse zugleich stillen können. Manche Hilfseinrichtungen können aus finanziellen Gründen beispielsweise nur einmal in der Woche die Möglichkeit zur hygienischen Versorgung bereitstellen. Deshalb ist es teilweise erforderlich, am selben Tag verschiedene Einrichtungen aufzusuchen, die sich nicht zwangsläufig in unmittelbarer Nähe zueinander befinden.

 

Für die Möglichkeiten zu essen, zu schlafen, auf Toilette zu gehen oder zu duschen, müssen obdach- und wohnungslose Menschen also oft zahlreiche verschiedene Einrichtungen aufsuchen. Dies gilt ebenso im Falle, dass ein obdach- oder wohnungsloser Mensch medizinische Hilfe bedarf und daher eine der wenigen ehrenamtlich geführten Ambulanzen für Obdachlose aufsuchen muss. Die Mobilität innerhalb der Stadt ist daher zwingend erforderlich.

 

Das Hilfsnetzwerk ist in Berlin stark zentralisiert und ballt sich vor allem in den Stadtteilen Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg. Dadurch haben Menschen, die sich vor allem in äußeren Bezirken aufhalten und über ungenügende Möglichkeiten zur Mobilität verfügen, einen besonders erschwerten Zugang zu dem Hilfsangebot. Zudem müssen sich Menschen in den zentralen Stadtteilen zu verschiedenen Tageszeiten und Witterungsbedingungen nicht nur selbst, sondern zumeist auch ihr mitgeführtes Hab und Gut, fortbewegen können.

 

Dazu sind wohnungs- und obdachlose Menschen auf den ÖPNV angewiesen, den sie aber aufgrund ihrer finanziellen Notlage nicht nutzen können. Tun sie es dennoch und fahren ohne den Erwerb eines Tickets, begehen sie damit, laut derzeit gültiger Rechtsordnung, eine Straftat. Diese kann unter Umständen sogar mit einer Ersatzfreiheitsstrafe belangt werden. Damit werden Menschen kriminalisiert, die sich aufgrund ihrer persönlichen Notlage gezwungen sehen den ÖPNV zu nutzen, um sich selbst bzw. ihre Grundbedürfnisse zu versorgen. Wohnungs- und Obdachlosen Menschen soll in Berlin die Mobilität innerhalb der Stadt und dadurch auch der Zugang zur Versorgung und zum Hilfsangebot erleichtert werden.

 

Wir fordern deshalb:

  • einen fahrscheinlosen ÖPNV für wohnungs- und obdachlose Menschen.
  • Dazu sollen Betroffene einen Anspruch auf eine Bescheinigung über die Freistellung vom Entgelt für den ÖPNV haben, der zu kostenloser Nutzung des ÖPNV in Berlin berechtigt.
  • Die Ausgabe jener Bescheinigung soll unbürokratisch und niedrigschwellig sein. Deswegen sollen die Berliner Hilfseinrichtungen der Obdach- und Wohnungslosenhilfe dazu beauftragt und zugleich berechtigt sein, denjenigen Menschen, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen, eine solche Bescheinigung auszuhändigen.
  • Aufgrund der Schwierigkeiten, die eigene Obdach- oder Wohnungslosigkeit zu beweisen, soll auf den offiziellen Nachweis verzichtet werden. Die Ausstellung jener Bescheinigung soll auf Erfahrungswerten der Mitarbeiter*innen entsprechend berechtigter Einrichtungen basieren.
  • eine gezielte Informationskampagne an die Betroffenen über die Verfügbarkeit und Möglichkeiten der Beschaffung der Bescheinigung.

 

Diese Forderung soll nicht unser bereits angestrebtes Ziel eines vollständig kostenlosen ÖPNV für alle, sowie die Entkriminalisierung von “Schwarzfahren” negieren.

Antrag 211/II/2018 Dem Verursacher*innenprinzip endlich gerecht werden!

11.10.2018

Diesel-Nachrüstungen auf Kosten der Produzentinnen und Produzenten!

Wir fordern die Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion sowie die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung dazu auf, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass jene Dieselfahrzeuge, die zum Führen einer grünen Umweltplakette berechtigt sind, allerdings nicht den derzeit geltenden Umweltstandards (EURO 6) entsprechen, auf Kosten der Herstellerinnen und Hersteller, daraufhin nachzurüsten sind. Diese Nachrüstungen verstehen wir als Hardware-Nachrüstungen und nicht als Software-Updates. Ziel muss es sein, unabhängig von eventuell drohenden Fahrverboten in Städten, alle betroffenen Fahrzeuge entsprechend nachzurüsten.

Antrag 184/II/2018 Berliner ÖPNV weiter denken – Tram, S-Bahn UND U-Bahn ausbauen!

11.10.2018

Berlin wächst – auch im Bereich des ÖPNV. Die Nachfrage im Berliner ÖPNV nimmt seit mehr als zehn Jahren konstant zu. Dabei macht die Zunahme des Binnenverkehrs innerhalb des S-Bahn Rings absolut und relativ den größten Teil des Wachstums aus. Außerhalb des S-Bahn Rings konnte der ÖPNV in den letzten Jahren die Nutzung seines Angebots trotz steigenden Bedarfs faktisch nicht erhöhen. Wir wollen, dass das Angebot und die Nutzung des ÖPNV in der gesamten Stadt zügig wächst und an jedem Ort eine attraktive Alternative zum eigenen Auto ist. Nur so kann das Ziel einer nahezu vollständigen Dekarbonisierung des Verkehrssektors erreicht werden.

 

Eine zentrale Rolle spielt dabei der Ausbau des Straßenbahnnetzes. Straßenbahnen fahren ruhiger, sind damit für die Fahrgäste komfortabler und haben eine deutlich höhere Kapazität als Busse. Insbesondere wenn sie baulich vom Autoverkehr getrennt sind, erreichen sie eine deutlich höhere Fahrtgeschwindigkeit. Im Vergleich zur U-Bahn ist der Ausbau um ein Vielfaches günstiger und schneller zu realisieren. Der Verkehrsträger Tram ist daher besonders dort gefragt, wo Buslinien an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und Neubaugebiete zügig an den ÖPNV angeschlossen werden müssen. Im Westteil der Stadt besteht dabei ein besonderer Nachholbedarf.

 

Angesichts des massiven Wachstums der Stadt und der guten finanziellen Haushaltslage muss jedoch auch ein Ausbau des U-Bahnnetzes in Angriff genommen werden. U-Bahnen können deutlich mehr Fahrgäste transportieren, sind wetterunabhängig und daher besonders zuverlässig. Im Vergleich zur Straßenbahn können mit der U-Bahn auch längere Strecken in kürzerer Zeit zurückgelegt werden. Während die im ehemaligen Westteil der Stadt gelegenen Stadtquartiere ­­– insbesondere in zentralen Lagen – bereits gut an das U-Bahnnetz angebunden sind, sind die östlichen Bezirke teilweise nur schlecht oder gar nicht versorgt. Nur etwa ein Viertel der momentan 192 Stationen befinden sich im ehemaligen Ostteil der Stadt. Wer will, dass auch weite Strecken zügig absolviert werden können und der ÖPNV auch in den Außenbezirken eine attraktive Alternative zum eigenen Auto ist, muss neben dem Straßenbahn- und S-Bahn- auch das U-Bahnnetz ausbauen. Außerhalb der dichtbebauten Stadtmitte mit ihrer geologisch schwierigen Ausgangssituation besteht das Potential U-Bahnbauten kostengünstiger zu realisieren, als es bei der U5 Unter den Linden der Fall ist. Auch die S-Bahn muss weiterhin ein wichtiges Verkehrsmittel bleiben, sie ist die effektivste Möglichkeit auch Pendler*innen von Außerhalb, ohne Individualverkehr in die Stadt zu bringen. Dabei muss sowohl auf eine Steigerung der Qualität geachtet werden, aber auch auf einen weiteren Ausbau der Strecken und Takte. Insbesondere die Wiederinbetriebnahme von Strecken, die durch die Teilung stillgelegt wurden, sind vergleichsweise einfach umzusetzende, erste Maßnahmen.

 

Die Einwohner*innenzahlen Berlins steigen rasant. Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt ist äußerst positiv. Die Haushaltslage bietet die Chance auch langfristige Projekte in Angriff zu nehmen.

Daher fordern wir:

  • Einen zügigen und konstanten Ausbau des Straßenbahnnetzes. Buslinien mit einem hohen Fahrgastaufkommen müssen mittelfristig wo möglich vollständig durch Straßenbahnen ersetzt werden, soweit möglich, getrennt vom Autoverkehr. Der Wiederausbau im Westteil der Stadt darf sich nicht nur auf die Gebiete innerhalb des S-Bahn Rings konzentrieren. Für die bereits bestehenden Straßenbahnlinien müssen die Voraussetzungen für eine zügige Verdichtung des Takts geschaffen werden.
  • Einen gleichzeitigen Ausbau des S- und U-Bahnnetzes. Die von der Senatsverwaltung für Verkehr bereits anvisierten Verlängerungen der U8 in das Märkische Viertel und der U6 zum geplanten Stadtquartier auf dem Flughafen Tegel sollen realisiert werden. Auch weitere Ausbaumaßnahmen sollen zeitnah geprüft, konkretisiert und umgesetzt werden. Grundlage sollen die im Flächennutzungsplan von 2016 enthaltenen Planungen sein. Neben dem Ausbau muss auch der Neubau von S- und U-Bahnstrecken in Angriff genommen werden. Die existierenden Planungen, etwa für U-Bahnlinien vom Hauptbahnhof nach Marzahn und von Potsdamer Platz nach Falkenberg sowie für eine S-Bahnlinie von Springfuhl nach Spindlersfeld sollen konkretisiert und vorangetrieben werden. Auch der komplette Neubau von Linien im Ostteil der Stadt muss bereits jetzt in Angriff genommen werden. Die existierenden Planungen für Strecken vom Hauptbahnhof über Landsberger Allee nach Marzahn sowie vom Potsdamer Platz über Weißensee nach Falkenberg sollen konkretisiert und vorangetrieben werden. Die Anbindung schon bestehender, aber nicht genutzter Tunnel und Bahnhöfe soll geprüft und wenn möglich in das Netz integriert werden.  

 

Wir wollen die nahezu vollständige Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Gleichzeitig wollen wir allen Menschen in unserer Stadt ein attraktives Mobilitätsangebot jenseits des Autos bieten. Um dies zu erreichen, dürfen die verschiedenen Träger des ÖPNV nicht weiter gegeneinander ausgespielt werden. Berlin braucht einen Ausbau von Straßenbahnen, S-Bahnen und U-Bahnen.

Antrag 219/II/2018 Keine Koalition mit Seehofer

11.10.2018

Die SPD wird nicht weiter Teil einer Koalition mit einem Minister Horst Seehofer sein. Er hat mit seinen jüngsten Äußerungen, in denen er die Migration „Mutter aller Probleme“ genannt hat, seine menschenfeindliche Grundeinstellung endgültig offenbart. In Seehofers Äußerungen offenbart sich die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als strukturelles Problem in der CSU. Für eine antifaschistische Partei wie die SPD ist es schlicht unmöglich mit diesem Mann weiter gemeinsam Politik zu machen.

 

Wir fordern daher den Rücktritt von Horst Seehofer, alternativ seine Entlassung. Die SPD-Spitze ist aufgefordert, sich von Seehofers Einstellungen klar abzugrenzen und die Große Koalition aufzukündigen, sollte er weiterhin Minister bleiben.