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Antrag 185/II/2018 Angebot im ÖPNV deutlich verbessern

12.10.2018

Die sozialdemokratische Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und die sozialdemokratischen Mitglieder im Berliner Senat werden aufgefordert, sich für die schnellstmögliche Umsetzung der im Nahverkehrsplan 2019-2023 vorgesehenen Maßnahmen zur Angebotsverbesserung und Kapazitätssteigerung im ÖPNV insbesondere bei der Verdichtung der Takte und dem Einsatz längerer Fahrzeuge bzw. von mehr Wagen einzusetzen.

 

Hierzu sind unverzüglich die nötigen Maßnahmen

  • zur Planung der hierfür nötigen Mittel beim Haushalt,
  • zur Fahrzeugbeschaffung (u.a. Einleitung von Ausschreibungsverfahren) mit nötigen Reserven
  • und zur Stellenschaffung, Gewinnung und Ausbildung bzw. Schulung des nötigen Personals
  • sowie zum Ausbau der Infrastruktur (sowohl Infrastruktur der Streckennetze insbes. der Signaltechnik als auch Ausbau der Werkstattkapazitäten bzw. Kapazitäten der Betriebshöfe)

einzuleiten bzw. für die S-Bahn bei den zuständigen Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG mit Nachdruck zu bestellen und einzufordern.

 

Antrag 191/II/2018 Bundesobdach- und Wohnungslosenstatistik

12.10.2018

Die Abgeordneten der SPD Bundestagsfraktion sollen sich dafür einsetzen, dass der Bundestag das Statistische Bundesamt damit beauftragt, eine bundesweite Obdach- und Wohnungslosenstatistik zu erarbeiten bzw. die Rechtsgrundlage zu schaffen, nach der eine Bundesstatistik durchgeführt und veröffentlicht werden muss.

Diese Statistik soll flächendeckend für das Bundesgebiet bis zu den einzelnen Bezirken und Gemeinden erarbeitet werden.

Des Weiteren fordern wir die Einrichtung einer Kommission zur Evaluierung des bestehenden Hilfsnetzes unter Berücksichtigung des Bedarfs, der sich aus der Bundesobdach- und Wohnungslosenstatistik ergibt.

Antrag 197/II/2018 Teilhabechancengesetz

12.10.2018

Die SPD begrüßt den Regierungsentwurf eines Teilhabechancengesetzes. Es sieht die Übernahme des Arbeitsentgelts für Menschen über 25 Jahre, welche entweder seit 7 bzw. 2 Jahren im SGB II – Bezug sind. Intendierte Zielsetzung ist die nachhaltige Integration von Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit in den 1. Arbeitsmarkt.

 

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, im parlamentarischen Verfahren folgendes zu berücksichtigen:

  • Der Einsatz dieses Förderinstrumentes muss auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen. Menschen mit Förderanspruch sollen entscheidende Mitsprache haben, ob das Instrument Anwendung findet bzw. mit welcher Arbeitsstelle ein gefördertes Arbeitsverhältnis eingegangen wird. Zugleich darf es keinerlei Sanktionierung geben, wenn die Maßnahme einseitig oder beidseitig vorzeitig beendet wird.
  • Geförderte Arbeitsverhältnisse müssen dem Kriterium der Zusätzlichkeit bzw. der Wettbewerbsneutralität genügen. In diesem Sinne dürfen keine bestehenden Arbeitsverhältnisse durch geförderte Arbeitsverhältnisse ersetzt werden. Die Arbeitgeber*innen haben dies durch geeignete Maßnahmen darzustellen. Entsprechende Maßnahmen sollen durch einen konzertierten Prozess unter Beteiligung von Gewerkschaften, Arbeitgeber*innenverbänden, Sozialverbänden und öffentliche Vertreter*innen festgelegt werden.
  • Die Förderung darf tarifliche Regelungen nicht unterlaufen bzw. dazu führen die Tariflandschaft mittel- bis langfristig zu schwächen. Daher müssen bei der Auswahl der Förderung, tarifliche Beschäftigungsverhältnisse stets nicht-tariflichen Beschäftigungen vorgezogen werden.

 

Antrag 186/II/2018 Fahrscheinlos für Wohnungs- und Obdachlose

12.10.2018

Alle Menschen brauchen Schlaf, Essen und die Möglichkeit zur Hygiene. Obdach- und wohnungslose Menschen können diese Bedürfnisse nicht innerhalb ihrer „eigenen“ vier Wände stillen, sondern müssen Orte besuchen, an denen sie eben jenen Grundbedürfnissen nachgehen können. Diese Orte sind für die betroffenen Personen nur mit dem ÖPNV erreichbar. Deshalb muss dieser für sie kostenlos sein.

Dafür gibt es in Berlin verschiedene Anlaufstellen, meist Hilfseinrichtungen und ehrenamtliche soziale Projekte. Selten aber können diese Einrichtungen ein gesamtheitliches Angebot bereitstellen, mit dem die Besucher*innen alle Bedürfnisse zugleich stillen können. Manche Hilfseinrichtungen können aus finanziellen Gründen beispielsweise nur einmal in der Woche die Möglichkeit zur hygienischen Versorgung bereitstellen. Deshalb ist es teilweise erforderlich, am selben Tag verschiedene Einrichtungen aufzusuchen, die sich nicht zwangsläufig in unmittelbarer Nähe zueinander befinden.

Für die Möglichkeiten zu essen, zu schlafen, auf Toilette zu gehen oder zu duschen, müssen obdach- und wohnungslose Menschen also oft zahlreiche verschiedene Einrichtungen aufsuchen. Dies gilt ebenso im Falle, dass ein obdach- oder wohnungsloser Mensch medizinischer Hilfe bedarf und daher eine der wenigen ehrenamtlich geführten Ambulanzen für Obdachlose aufsuchen muss. Die Mobilität innerhalb der Stadt ist daher zwingend erforderlich.

Das Hilfsnetzwerk ist in Berlin stark zentralisiert und ballt sich vor allem in den Stadtteilen Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg. Dadurch haben Menschen, die sich vor allem in äußeren Bezirken aufhalten und über ungenügende Möglichkeiten zur Mobilität verfügen, einen besonders erschwerten Zugang zu dem Hilfsangebot. Zudem müssen sich Menschen in den zentralen Stadtteilen zu verschiedenen Tageszeiten und Witterungsbedingungen nicht nur selbst, sondern zumeist auch ihr mitgeführtes Hab und Gut, fortbewegen können.

Dazu sind wohnungs- und obdachlose Menschen auf den ÖPNV angewiesen, den sie aber aufgrund ihrer finanziellen Notlage nicht nutzen können. Tun sie es dennoch und fahren ohne den Erwerb eines Tickets, begehen sie damit, laut derzeit gültiger Rechtsordnung, eine Straftat. Diese kann unter Umständen sogar mit einer Ersatzfreiheitsstrafe belangt werden. Damit werden Menschen kriminalisiert, die sich aufgrund ihrer persönlichen Notlage gezwungen sehen den ÖPNV zu nutzen, um sich selbst bzw. ihre Grundbedürfnisse zu versorgen. Wohnungs- und obdachlosen Menschen soll in Berlin die Mobilität innerhalb der Stadt und dadurch auch der Zugang zur Versorgung und zum Hilfsangebot erleichtert werden.

Wir fordern deshalb die Abgeordnetenhausfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats auf:

 

  • einen fahrscheinlosen ÖPNV für wohnungs- und obdachlose Menschen.
  • Dazu sollen Betroffene einen Anspruch auf eine Bescheinigung über die Freistellung vom Entgelt für den ÖPNV haben, der zu kostenloser Nutzung des ÖPNV in Berlin berechtigt.
  • Die Ausgabe jener Bescheinigung soll unbürokratisch und niedrigschwellig sein. Deswegen sollen die Berliner Hilfseinrichtungen der Obdach- und Wohnungslosenhilfe dazu beauftragt und zugleich berechtigt sein, denjenigen Menschen, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen, eine solche Bescheinigung auszuhändigen.
  • Aufgrund der Schwierigkeiten, die eigene Obdach- oder Wohnungslosigkeit zu beweisen, soll auf den offiziellen Nachweis verzichtet werden. Die Ausstellung jener Bescheinigung soll auf Erfahrungswerten der Mitarbeiter*innen entsprechend berechtigter Einrichtungen basieren.

 

Die Diskussion über einen vollständig kostenlosen ÖPNV für alle, sowie die Entkriminalisierung von “Schwarzfahren” soll fortgeführt werden.

Antrag 198/II/2018 Das Teilhabechancengesetz – den sozialen Arbeitsmarkt nachhaltig gestalten!

11.10.2018

Seit über zehn Jahren arbeitet unser Sozialstaat nunmehr nach dem politischen Mantra „Fördern und Fordern“. Das Handeln der Bundesagentur für Arbeit an sich basiert weiter auf dem Prinzip der „Produkteinsatzlogik“, wodurch jeder Mitteleinsatz durch einen betriebswirtschaftlichen Nettogewinn gerechtfertigt sein muss. Das Wohl der Menschen, die in dem geschaffenen sog. Hartz-System stecken, wird damit einem wirtschaftlichen Kalkül untergeordnet. Damit ist dieses System in seiner Gesamtheit abzulehnen und muss von Grund auf reformiert werden.

 

Auf dem Weg zur Reformierung unseres Sozialstaates werden jedoch auch Instrumente vorgestellt, die sich zwar immer noch in der skizzierten „Hartz-Logik“ bewegen, jedoch mehr als zuvor das Wohl der Betroffenen in den Vordergrund rücken. In diesem Sinne ist der sozialdemokratische Vorstoß zur Bekämpfung und präventiven Vorbeugung von Langzeitarbeitslosigkeit durch das neue Teilhabechancengesetz zu begrüßen.

 

Insgesamt entfaltet sich das neue Förderinstrumentarium in Form einer Übernahme des Arbeitsentgelts für Menschen über 25 Jahre, welche entweder seit 7 bzw. 2 Jahren im SGB II – Bezug sind. Intendierte Zielsetzung ist die nachhaltige Integration von Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit in den 1. Arbeitsmarkt. Zugleich könnten sich durch das staatliche Handeln negative sozioökonomische Risiken realisieren, wodurch der intendierte positive Effekt des Gesetzes gemindert werden könnte.

 

Folgende Maßnahmen sind hierdurch erforderlich:

  • Der Einsatz dieses Förderinstrumentes muss auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen. Menschen, mit Förderanspruch, sollen entscheidende Mitsprache haben, ob das Instrument Anwendung findet bzw. mit welcher Arbeitsstelle ein gefördertes Arbeitsverhältnis eingegangen wird. Zugleich darf es keinerlei Sanktionierung geben, wenn die Maßnahme einseitig oder beidseitig vorzeitig beendet wird. Niemand darf gezwungen sein, sich der Verwertungslogik, in der marktwirtschaftliche Arbeitsverhältnisse in der Regel organisiert werden, zu unterwerfen. Aus unserer sozialistischen Tradition heraus hat Arbeit einen hohen Stellenwert für soziale Teilhabe und gesellschaftliches Mitwirken. Menschen sollte deswegen die Möglichkeit gegeben werden, durch Arbeit ein Gefühl der Selbstverwirklichung zu erhalten. Allerdings müssen wir anerkennen, dass nicht alle diese Form der vergüteten täglichen Betätigung nachgehen wollen oder können. Alle die dazu nicht in der Lage sind, sollten auch nicht dazu gezwungen werden.
  • Um eine Verdrängung bestehender Arbeitsplätze zu verhindern, sollen die Beiräte der Jobcenter mitentscheiden, welche Beschäftigungen gefördert werden und welche nicht. Die Prinzipien der Zusätzlichkeit und der Wettbewerbsneutralität haben sich in der Praxis als zu große Hürden entpuppt und dazu geführt, dass viele der geförderten Tätigkeiten nicht den gesellschaftlichen Nutzen erbracht haben, der für eine wirkliche soziale Teilhabe notwendig wäre. Entsprechende Maßnahmen sollen durch einen konzertierten Prozess unter Beteiligung von Gewerkschaften, Arbeitgeber*innenverbänden, Sozialverbänden und öffentliche Vertreter*innen festgelegt werden. Um eine Verdrängung bestehender Arbeitsplätze zu verhindern, sollen die Beiräte der Jobcenter mitentscheiden, welche Beschäftigungen gefördert werden und welche nicht.
  • Die Verknüpfung von Fördermaßnahmen an das Erreichen eines Lebensalters muss überwunden werden. Solidarität kennt kein Mindestalter und muss auch für Langzeitarbeitslose unter 25 Jahre gelten. Zudem gilt es zu prüfen, ob dieses Förderungsinstrumentarium bereits Menschen zugänglich gemacht werden sollte, die seit über 5 Jahren ALG II beziehen.
  • Die Förderung darf tarifliche Regelungen nicht unterlaufen bzw. dazu führen die Tariflandschaft mittel- bis langfristig zu schwächen. Daher müssen bei der Auswahl der Förderung, tarifliche Beschäftigungsverhältnisse stets nicht-tariflichen Beschäftigungen vorgezogen werden.
  • Die Definition Zielgruppe (SGB II-Leistungsbezug für mindestens 7 der letzten 8 Jahre) erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass potentielle Teilnehmende Schwierigkeiten haben, weitgehend „regulären“ Beschäftigungsverhältnissen nachgehen können – gerade vor dem Hintergrund, dass unter der Zielgruppe nahezu die Hälfte in den letzten 8 Jahren überhaupt nicht erwerbstätig war. Es ist deshalb umso wichtiger, die Teilnehmenden intensiv zu begleiten, um sie auf eine Eingliederung ins Erwerbsleben vorzubereiten. Dafür ist es wichtig, dass die geförderten Beschäftigten nicht nur bei freien Trägern „geparkt“ werden, um aus der Statistik rauszufallen, sondern, dass sie Tätigkeiten nachgehen, die möglichst nah am ungeförderten Erwerbsleben ist. Deswegen müssen Stellen auch in der Privatwirtschaft und bei öffentlichen Einrichtungen geschaffen werden. Wenn die Arbeitsmarktintegration sich als nicht realisierbar erweist, muss der Fokus auf sozialer Teilhabe der geförderten Beschäftigten liegen.
  • Kommunen muss die Möglichkeit gegeben werden, das Programm auf die lokalen Bedürfnisse anzupassen. Langzeitarbeitslosigkeit in Nürnberg ist anders beschaffen als in Gelsenkirchen. Dafür bedarf es einer Öffnungsklausel, die Kommunen erlaubt die Zielgruppe lokal anzupassen

 

Am 18. Juli 2018 wurde vom Bundeskabinett der Entwurf für das Teilhabechancengesetz verabschiedet. Im Detail wird durch die Übernahme des Arbeitsentgelts gegen anhaltende Arbeitslosigkeit vorgegangen und präventiv einer Verstetigung von Arbeitslosigkeit vorgebeugt.

Insgesamt bestehen zwei Fördergruppen. Zum einen gilt die Förderung Menschen, die über 25 Jahre alt und die seit über 7 Jahren im ALG II – Bezug sind. Für diese wird das Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestlohnes übernommen. Förderfähig sind hierbei nur sozialversicherungspflichtige Anstellungen bei privaten sowie öffentlichen Arbeitgebern. Die Gesamtförderung ist auf 5 Jahre ausgelegt, wobei in den ersten beiden Jahren der Förderung 100 % des Arbeitsentgelts übernommen und in den Jahren 3 bis 5 die Förderung sukzessiv um jeweils 10 % auf schließlich 70 % gemindert wird.

Zum anderen soll sich der präventive Charakter des Gesetzes durch die Förderfähigkeit von Menschen, die seit 2 Jahren im ALG-II Bezugskreis sind, entfalten. Die Förderung ist für diesen Kreis auf 2 Jahre ausgelegt, bei dem im ersten Jahr 75 % und im zweiten Jahr 50 % des Arbeitsentgelts übernommen wird. Zugleich besteht eine Nachbeschäftigungspflicht der Arbeitgeber*innen von 6 Monaten nach Beendigung der Förderung.

 

Die Vorteile dieses Gesetzes liegen auf der Hand:

  • Menschen sind wieder Teil des normalen Arbeitslebens
  • Sie erfahren Anerkennung für ihre Leistungen
  • Sie erhalten für die Dauer der Förderung mehr individuelle Planungssicherheit
  • Sie können im Arbeitsumfeld neue Fähigkeiten erwerben bzw. ihre bestehenden Fähigkeiten weiterentwickeln
  • Es besteht eine erhöhte Chance auf eine nachhaltige Integration in den 1. Arbeitsmarkt

 

Zugleich werden durch das neue Gesetz aber auch Risiken offenbar, die einer Nachjustierung des gesetzlichen Rahmens bedürfen:

  • staatliche Lohnsubventionen auf Niveau des Mindestlohns können zu einer Ausweitung der Beschäftigten im Niedriglohnsektor führen
  • eine uneingeschränkte Subventionierung auf Mindestlohnniveau könnte zu einem Konkurrenzdruck zwischen regulär Beschäftigten und geförderten Beschäftigten führen
  • Menschen werden möglicherweise unterhalb ihrer Qualifikation entlohnt
  • „Mitnahmeeffekte“ könnten erzeugt werden, ohne wirkliche zusätzliche Beschäftigung zu schaffen
  • Insgesamt könnten tarifliche Regelungen unter Druck geraten
  • eine sinkende Arbeitslosenquote führt möglicherweise zu einer statistischen Legitimation bestehender Arbeitsförderungsinstrumentarien und Verteilungsverhältnisse, wobei tatsächlich eine steigenden Anzahl atypischer Beschäftigung vorliegt

 

Folgende Maßnahmen sind hierdurch erforderlich, um skizzierte Risiken zu verhindern und dargestellte positive Wirkungen des Teilhabechancengesetzes nachhaltig zu realisieren (Detail s. Beschluss):

  • Einhaltung Kriterium der Freiwilligkeit beruhen.
  • Einhaltung Kriterium der Zusätzlichkeit bzw. der Wettbewerbsneutralität
  • Harmonie mit der Tariflandschaft