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Antrag 106/I/2019 Landesförderkonzept „Gemeinschaftsschule“ entwickeln!

25.02.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Berliner Senats werden dazu aufgefordert, ein Landesförderkonzept zu entwickeln, mit dem die Gemeinschaftsschule gemäß der Zielvorgabe im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag noch innerhalb dieser Legislaturperiode erfolgreich und systematisch „qualitativ und quantitativ“ ausgebaut wird.

 

Bei der Erarbeitung des Landesförderkonzepts „Gemeinschaftsschule“ sollen folgende Aspekte und Schwerpunkte besonders berücksichtigt werden:

 

1. Neugründung und Schulneubau

Bezirke stärker unterstützen:

Um die im Koalitionsvertrag festgelegte Zielsetzung der bevorzugten Neugründung von Gemeinschaftsschulen zu erreichen, unterstützt das Land Berlin die Berliner Bezirke insofern, als es den Bezirken Leitpläne zur räumlichen/baulichen und pädagogischen Erstkonzeption von Gemeinschaftsschulen bereitstellt. Darüber hinaus wird der professionelle Austausch zwischen den Bezirken zur Neugründung von Gemeinschaftsschulen gestärkt und unterstützt.

 

2. Förderung von Schulkooperationen und -fusionen

Schulen und Akteur*innen breiter informieren:

Um die Anzahl der Gemeinschaftsschulen in Berlin auszubauen, wird die freiwillige Kooperation und Fusion von Grundschulen und weiterführenden Schulen stärker gefördert. Dazu werden die Schulleitungen, die Kollegien, die Elternvertretungen und die Schüler*innenvertretungen sämtlicher Berliner Schulen und die Bezirksämter über die Vorteile, Vorgehensweisen und Abläufe einer Kooperation und Fusion zweier oder mehrerer Schulen hin zu einer Gemeinschaftsschule informiert und beraten.

 

Zeitliche Entlastung schaffen:

Nach dem Entschluss von zwei oder mehreren Schulen zur Kooperation gibt es für den Prozess der Fusion hin zu einer Gemeinschaftsschule auf der Verwaltungs- und Leitungsebene der Schulen zusätzliche Zeit- und Personalressourcen.

Auch zur Konzeption eines gemeinsamen pädagogischen Leitbildes der neuen Gemeinschaftsschule werden für sämtliche Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter für die Dauer des Fusionsprozesses zusätzliche zeitliche Ressourcen und Entlastung geschaffen.

 

Professionelle Begleitung schaffen:

Zur professionellen Betreuung von Schulen ist die Gründung einer Serviceagentur „Gemeinschaftsschule“ zu prüfen, die die interessierten Schulen in allen Fragen und Schritten der Schulkooperationen und -fusionen berät und bei Bedarf eine externe Prozessbegleitung anbietet. Die Serviceagentur „Gemeinschaftsschule“ steht auch den Bezirken bei der Neugründung und dem Erstaufbau von Gemeinschaftsschulen beratend zur Seite.

 

weitere Anreize zur Schulkooperation und -fusion schaffen:

Es gibt an vielen Schulen eine große Bereitschaft zur Entwicklung hin zu einer Gemeinschaftsschule, doch u.a. die alltäglich hohe Belastung der Lehrkräfte und des Leitungspersonen bremst weitere Initiativschritte oft aus. Um diese Schulen zu unterstützen, werden mit dem Förderkonzept weitere finanzielle, personelle und sachliche Förderanreize für Gemeinschaftsschulen, die durch Kooperation und Fusion entstehen wollen, entwickelt.
Diese Förderanreize könnten sich auch am Modell des erfolgreichen „Brennpunktschulprogramms“ orientieren.

 

bisher eingereichte Schul-Bewerbungen prüfen und stärker unterstützen:

Zur Pilotphase der Gemeinschaftsschule 2008/2009 bewarben sich 64 Schulen, von denen aber nur 15 als Gemeinschaftsschulen starten konnten. Diejenigen Schulen, die sich beworben haben, aber bisher noch keine Gemeinschaftsschule geworden sind, sollen stärker beraten und unterstützt werden, damit die ausstehende Bewerbung zeitnah angenommen und die Schulentwicklung hin zur Gemeinschaftsschule erfolgreich umgesetzt werden kann.

 

Integration von Gymnasien:

Auch Gymnasien sind für Schulkooperationen und -fusionen hin zu einer Gemeinschaftsschule geeignete Schulen, die bei der Konzeption eines Landesförderkonzepts „Gemeinschaftsschule“ stärker konzeptionell berücksichtigt, informiert und eingebunden werden.

 

3. Ausbau von Oberstufen

Oberstufen an Gemeinschaftsschulen ausbauen:

Der quantitative und qualitative Ausbau der Gemeinschaftsschule bezieht sich ebenfalls auf den Ausbau der gymnasialen Oberstufe (11-13. Klassenstufe). Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe werden darin unterstützt, eine gymnasiale Oberstufe eigenständig oder durch Kooperationen und Fusionen aufzubauen. Diese Zielsetzung ist durch konkrete Förder- und Maßnahmenschritte zu formalisieren, mit denen Berliner Gemeinschaftsschulen ihre gymnasialen Oberstufen ausbauen können.

 

4. qualitativer Ausbau an Gemeinschaftsschulen

pädagogisches Leitbild unterstützen und fördern:

Um dem reformpädagogischen Leitbild der Gemeinschaftsschulen in der Praxis gerecht werden zu können, braucht es die entsprechenden räumlichen, personellen und sachlichen Mittel und Voraussetzungen. So braucht es beispielsweise neben besonderen Lernmitteln zur Binnendifferenzierung und individuellen Förderung, mehr Personal- und Zeitressourcen für Schulungen und Fortbildungen im Bereich der Reformpädagogik sowie eine entsprechende personelle Ausstattung an pädagogischen Mitarbeiter*innen.

Auch die baulichen und räumlichen Anforderungen orientieren sich am reformpädagogischen Leitbild der Gemeinschaftsschulen und sind u.a. im Hinblick auf die Zügigkeit der Schule, die Größe der Klassen und bezogen auf die Schaffung von geeigneten Klassen- und Differenzierungsräumen in einem besonderen Maße mitzudenken.

Diese für die pädagogische Arbeit der Gemeinschaftsschule zentralen Kernaspekt werden durch das Landesförderkonzept stärker gefördert. Die Bezirke werden im baulichen und räumlichen Ausbau der Gemeinschaftsschulen stärker vom Land Berlin unterstützt.

 

Gemeinschaftsschulen in der Inklusion entlasten:

Die Gemeinschaftsschule ist als „eine Schule für alle“ von Grund auf dem inklusiven Lernen verpflichtet. Allerdings ist im Vergleich zwischen den Berliner Schulformen eine besonders hohe Inanspruchnahme der Gemeinschaftsschulen durch Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf erkennbar, die die der Integrierten Sekundarstufen (ISS) und der Gymnasien weit übersteigt. Solange die personelle Überbelastung der Gemeinschaftsschulen durch eine erheblich höhere Anzahl von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf anhält, sind Gemeinschaftsschulen stärker durch zusätzliche Personalmittel zu entlasten.

Gleichzeit werden im Landesförderkonzept konkrete Maßnahmen und Schritte festgelegt, um die Anzahl der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in sämtlichen Schulformen auf einen vergleichbaren Stand zu bringen.

Antrag 76/I/2019 Beratung für neue Genossenschaften

25.02.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert, sich für die Schaffung einer Beratungsstelle für neu gegründete oder in der Gründung befindliche Wohnungsgenossenschaften einzusetzen.

Die Beratungsstelle soll insbesondere zu

 

  • juristischen
  • finanziellen

 

Fragen die Initiatoren neuer Genossenschaften beraten.

Antrag 110/I/2019 Atheistische mit religiösen Weltanschauungen im Ethikunterricht gleichstellen

25.02.2019

Wir fordern die SPD-Mitglieder der Fraktion im Abgeordnetenhaus dazu auf, sich bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie dafür einzusetzen, dass bei der nächsten Änderung oder Überarbeitung des Rahmenlehrplans Ethik der Sekundarstufe I Atheismus und Agnostizismus ebenso wie Religionskunde Gegenstand des Ethikunterrichts sein müssen. Die Thematisierung und Reflexion von areligiösen Weltbildern und Lebensweisen soll zu einem verpflichtenden Bestandteil des Ethikunterrichts werden. Eine Änderung des Rahmenlehrplans Ethik Sek I soll dazu führen, dass beispielsweise Grundkenntnisse über die Urknalltheorie zukünftig ebenso selbstverständlich wie Grundkenntnisse über das islamische Glaubensbekenntnis oder die biblische Erlösungsgeschichte im Ethikunterricht vermittelt werden. Nicht-religiöse Theorien der Ideengeschichte sollen gleichberechtigt mit religiösen Theorien unterrichtet werden.

 

Bei der Überarbeitung des Rahmenlehrplans sollen nach § 11 des Berliner Schulgesetzes der Humanistische Verband Deutschlands sowie die Giordano-Bruno-Stiftung beteiligt werden.

 

Antrag 60/I/2019 Wohnen ist Grundrecht und muss bezahlbar sein

24.02.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und der Bundestagsfraktion werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,

  • Das Grundgesetz dahingehend zu ergänzen, dass es für jeden Bürger dieses Landes ein Grundrecht auf angemessenen Wohnraum gibt
  • Die Kosten für Warmmiete auf 30 % des nachgewiesenen Einkommens gesetzlich zu deckeln
  • Dass Mieter über 65 Jahre nicht geräumt werden dürfen

 

 

Antrag 56/I/2019 Wirksamere Wohnungsmarkt-Regulierung und zügigerer Bau bezahlbarer Wohnungen statt schädliche Sozialisierungsdebatte

24.02.2019

Die Wohnungsmärkte in den Ballungsräumen sind deutschlandweit angespannt. Sorgen um die Bezahlbarkeit der Mieten und Angst vor Verdrängung sind bei vielen Mietern groß. In Berlin erfahren jährlich tausende Mieterhaushalte, die der Umwandlung von Mietwohnungen, teuren Modernisierungen und oft sogar unberechtigten Eigenbedarfskündigungen ausgesetzt sind, wie unzureichend der Mieterschutz ist. Bei extremer Wohnungsnachfrage ist Geschäftemacherei mit Wohnraum leicht. Wer eine Wohnung sucht, ist der Wohnungsknappheit brutal ausgesetzt und findet kaum noch bezahlbare Angebote. Rechtswidrig völlig überhöhte Mietforderungen bei Neuvermietungen sind alltäglich. Zehntausende Mieterhaushalte leiden längst unter untragbaren Miethöhen und zu hoher Wohnkostenbelastung.

 

Dies in einer Millionenstadt, in der eigentlich wie in keiner anderen europäischen Metropole die vergleichsweise moderate Durchschnittsmiete (nettokalt) noch immer zwischen 6,50 und 7,00 Euro liegt. Aber Kaufpreise und Mieten steigen stetig. Städtebaulich fragwürdige Bau-projekte, mit denen die Bauverwaltungen nicht fertig werden, oder profitable Geschäftsmodelle der möblierten Vermietung zu horrenden Quadratmeterpreisen prägen das weit verbreitete Bild vom Berliner Wohnungsmarkt mit. Schlimmer noch: der extrem angespannte Wohnungsmarkt bei gleichzeitig unzureichender Mieterschutz- und Baurechtslage erleich-tert Spekulanten, Geschäftemachern, aber auch manch kleinen privaten Wohnungseigentümern, sich auf Kosten von Mietern oft skrupellos zu bereichern. Verdrängung gefährdet den sozialen Zusammenhalt. Wohnungspolitik wurde längst eins der wichtigsten Themen der Stadt, die Wohnungsfrage von manchen zu DER sozialen Frage der Gegenwart erklärt.

 

Regulierung oder Sozialisierung? In Berlin wird wohnungspolitisch jetzt eine Grundsatzfrage gestellt. Die aktuell geführte Debatte um die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen ist Ausdruck der Verunsicherung durch Rendite- und Geschäftemacherei mit Wohnun-gen. Doch die Sozialisierungs-Forderung lenkt von den zentralen Handlungserfordernissen – wirksamerer Mieterschutz, Bau bezahlbarer Wohnungen – ab und trägt nicht zur Lösung bei.

 

Der konsequente Ausbau der Wohnungsbestände der gemeinwohlorientierten, landeseige-nen Gesellschaften und der Genossenschaften muss beschleunigt werden. Der entscheidende Hebel gegen Wohnungsnot und Mietwucher ist ein ausreichendes und vielfältiges Woh-nungsangebot. Deshalb muss in Berliner schneller geplant, genehmigt und gebaut werden.

 

Das Gesetz von Angebot und Nachfrage wirkt. Berlins Wirtschaft erlebt seit gut 10 Jahren einen anhaltenden und dynamischen Aufschwung. Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen 2007 und 2017 um 44 % von 94,7 Mrd. EUR auf 136 Mrd. EUR. Die Zahl der Erwerbstätigen nahm seit 2005 um über 400.000 zu, auch die der Einwohner Berlins. Gleichzeitig verhindern politische und administrative Hemmnisse, dass genug gebaut wird. Es herrscht seit jüngstem sogar Stagnation im Wohnungsbau. Während sich in Berlin zwischen 2011 und 2016 Bauge-nehmigungen und Fertigstellungen im Wohnungsbau verdreifachten oder zwischen 2013 und 2016 mehr als verdoppelten, stagniert seit Amtsantritt der Bausenatorin Lompscher (Linke) die Zahl genehmigter Wohnungen und sinkt inzwischen sogar.

 

Wohnen ist ein Grundrecht. Mieterschutz und ein ausreichendes Wohnungsangebot sind eine politische Kernaufgabe. Doch wird auch unzulässig verallgemeinert und übertrieben, um die System-Frage stellen und eine andere Eigentumsordnung fordern zu können. Diskussionen über die Mietenentwicklung führen inzwischen zu irrationalen bis gut gemeinten, immer öfter populistischen Feuerwerken vermeintlich einfacher Lösungen, die vorhandene Ängste vorgeben zu besänftigen, sie im Kern aber schüren. Die Stimme der Vernunft, die sich gegen Gaukler und Populisten von Links (da hilft nur Sozialisierung, Verstaatlichung) und Rechts (das Boot ist voll, Zuzugssperre, Abschiebung!) behauptet, muss deutlicher vernehmbar wer-den. Sonst drohen neue Enttäuschung und noch mehr Vertrauensverlust der Politik.

 

Die durch das Grundgesetz nicht von vornherein ausgeschlossene Forderung, auf Grundlage von Art. 15 GG das Flaggschiff des Spekulanten-Unwesens, die DeutscheWohnen zu sozialisieren und mit dieser gleich alle privaten Wohnungsunternehmen in Berlin mit mehr als 3.000 Wohnungen, ist kein tauglicher Weg, die Wohnungsknappheit abzubauen. Die Forde-rungen einer Initiative für ein Volksbegehren „DeutscheWohnen enteignen“ sind zudem rechtlich einfach angreifbar.

Die komplexen wohnungspolitischen Herausforderungen werden durch die Sozialisierungs-Debatte auf die Eigentumsfrage fokussiert, aber dabei auf nicht einmal mehr als 10 % des Berliner Wohnungsbestands: Knapp 200.000 von 1,95 Mio. Wohnungen wären überhaupt potentiell Enteignungsbetroffen. Mit zudem nicht nur einkommensschwachen Haushalten.

 

1,75 Mio. der Wohnungen und Wohnhäuser in Berlin sind dagegen in privatem Streubesitz oder gehören zu landeseigenen Wohnungsunternehmen (ca. 320.000 Wohneinheiten) oder Genossenschaften (ca. 200.000 WE). Selbst nach der geforderten Sozialisierung von etwa 200.000 Wohnungen läge der Anteil landeseigener Wohnungen in Berlin bei keineswegs marktbeherrschenden 27 %. Zwar könnten die betroffenen Bestandsmieter nach einer Vergesellschaftung besser geschützt werden, was grundsätzlich anstrebenswert ist. Aber an der Wohnungsnot änderte sich nichts. Doch diese Sozialisierung würde das mit derzeit 58 Mrd. EUR hoch verschuldete Land je nach Höhe der zu leistenden Entschädigung 30 bis 50 Mrd. EUR kosten. Es gibt keine seriöse Antwort darauf, wie Berlin das vor dem Hintergrund der Schuldenbremse bewältigen soll.

 

Nebenbei: eine zweistelliger Milliardenbetrag für Entschädigung, obwohl Berlin aus dem Länderfinanzausgleich aktuell 4 Mrd. EUR jährlich von anderen Bundesländern bekommt, lässt erwarten, dass eine Sozialisierung in Berlin auch deshalb zum bundespolitischen Aufreger, die Geberländer Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen nicht gleichgültig lassen wird. Motto: Wir zahlen, damit Berlin mit unserem Geld die Aktionäre börsennotierter Wohnungsunternehmen entschädigt?

 

Die Enteignungs-Initiative, die in Wahrheit weniger enteignen als vergesellschaften will, hat weitere argumentative Schwachstellen. Weder die bloße Festlegung auf die Größe eines Wohnungsunternehmens ist ein hinreichender Grund anzunehmen, dass Mieterschutzrechte verletzt werden, noch die Rechtsform eines Unternehmens. Vielmehr wäre Enteignung ein Systembruch in einem Wohnungsmarkt, der in Berlin zu 3/4 in Privateigentum steht.

 

Und löst die Folgefrage aus, was kommt dann? Enteignen wir Unternehmen, die Arbeitsplatzabbau betreiben? Keinen Mindestlohn zahlen? Die Umwelt verschmutzen?
Und wer bezahlt das? Auf wessen Kosten ginge dies? Kann Berlin dann noch Schulen bauen und sanieren? Gehälter für Lehrer, Erzieherinnen, Feuerwehr und Krankenschwestern anpassen? U-Bahnen, Kitaplätze, Schwimmbäder? Wäre der Neubau bezahlbarer Wohnungen noch finanzierbar? Durch Enteignung entsteht nicht eine einzige zusätzliche Wohnung. Mit 30 bis 50 Mrd. EUR Entschädigungsaufwand für 200.000 bestehende Wohnungen ließe sich der Bau von 500.000 bis 700.000 neuen, bezahlbaren Wohnungen fördern. Oder Mietzuschüsse finanzieren. Und vieles mehr. Nicht nur für 200.000 Mieter von Deutsche Wohnen & Co., sondern die ganze Stadt.

 

Die SPD setzt seit Gründung der Bundesrepublik auf wirkungsvollen Mieterschutz und Neu-bau bezahlbarer Wohnungen. Die Geschichte der Wohnungsmarkt-Regulierung war gewiss nicht immer erfolgreich, politische Niederlagen verwundern nicht, denn die Hälfte der deut-schen Haushalte lebt im Eigentum. Die Sozialdemokratie stand traditionell auf Seiten der Mieter, kämpfte für Mieterschutz, Sozialen Wohnungsbau und tragbare Wohnkostenbelas-tungen. Populistische Patentrezepte vorzugaukeln, war wohnungspolitisch nie unser Weg. Wir setzen auf Regulierung und Wohnungsbau. Wir stellen den „Berliner Mietendeckel“ zur Diskussion, fordern bundesweit einen 5-jährigen „Mietenstopp“ (Mieterhöhungen maximal in Höhe der Inflation) und mehr Investitionen in den Sozialen Wohnungsbau. Viele weitere Ideen zur Marktregulierung liegen vor. Bund (Mietrecht) und Land (Wohnungsbau) tun zu wenig. Das müssen wir ändern. Sonst gewinnen die Populisten Oberwasser.

 

Die SPD will bis 2026 den landeseigenen Wohnungsbestand von 300.000 auf 400.000 erhöhen. Der Wohnungsneubau in Berlin muss zügig auf 25.000 Fertigstellungen (derzeit 15.000) im Jahr zulegen, die häufige, politische Behinderung des Wohnungsbaus ein Ende haben. Der in den 90ern von der SPD beschleunigte Wohnungsbau in Berlin führte zusammen mit dem starken Wohnungsbau im Umland für viele Jahre zu einem entspannten, ausgeglichenen Wohnungsmarkt und stabilen Mieten, das müssen wir wieder erreichen.

 

Der Vorstand des SPD-Landesverbands Berlin, der Berliner Senat sowie die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses werden daher aufgefordert, folgende weitere Gesetzesreformen und Maßnahmen zur wirksamen Regulierung des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin und bundesweit in den Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf zu unterstützen und durchzuführen:

 

A. Handlungsebene Bund und Länder

  1. „Mietenstopp“ in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf für 5 Jahre: Kappungsgrenze in Höhe des allgemeinen jährlichen Preisanstiegs
  2. Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete aus den Mietänderungen oder Neumietverträgen der letzten 10 Jahre (§ 558 BGB)
  3. Verschärfung der Mietpreisbremse durch Sanktionierung überhöhter vertraglicher Mietpreisvereinbarung (Mieterrecht auf Rückzahlung überhöhter Mieten rückwirkend für 3 Jahre plus 10 % Schadensersatz). Die Ausnahme „umfassende Modernisierung“ ist rechtlich zu definieren und zu beschränken.
  4. Verschärfung des § 5 WiStG zur wirksameren Verfolgung von Mietwucher
  5. Absenkung der Modernisierungsumlage gem. §§ 559 BGB auf 5 % der anerkennungsfähigen Modernisierungskosten, in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarfs auf 3 %, Kappung bei maximal 2,00 EUR/qm Wohnfläche
  6. Stärkung des Mieterschutzes bei Härtefällen wegen Modernisierungsumlagen
  7. Stärkerer Schutz vor Eigenbedarfskündigungen
  8. Effektiver Kündigungsschutz für gemeinnützige soziale Einrichtungen
  9. Einführung eines Gewerbemieterschutzes in Sanierungs- und Erhaltungsgebieten
  10. Verdoppelung der GroKo-Ansätze für die Bundesmittel zur Unterstützung des durch die Länder geförderten Sozialen Wohnungsbaus ab 2020
  11. Wohngeld-Anpassung in 2020 und umfassende Wohngeld-Reform bis 2021
  12. Unterstützung des Bundes mit Mitteln der Wohnungsbau- und Städtebauförderung für die Bildung von Boden- und Infrastrukturfonds und Bodenbevorratung durch Kommunen.
  13. Verbesserung der rechtlichen Anwendungsbedingungen für die Ausübung kommunaler Vorkaufsrechte und Erweiterung des preislimitierten Vorkaufsrechts.
  14. Die bodenrechtlichen Instrumente des Besonderen Städtebaurechts und das allgemeine Vorkaufsrecht müssen auch bei sharedeal-Grunderwerb gelten, die grunderwerbsteuerpflichtig werden müssen.
  15. Ertragssteuerrechtliche Ungerechtigkeiten bei share-deals sind zu beseitigen.
  16. Ergänzung des § 34 BauGB mit einer Sozialkomponente: Gemeinden erhalten die Möglichkeit, bei Bauvorhaben nach § 34 einen Anteil an Sozialwohnungen zu fordern, eine für den sozialen Wohnungsbau zweckgebundene Ausgleichszahlung zu verlangen und eine Beteiligung an Infrastrukturfolgelasten.
  17. Einführung der Innenentwicklungsmaßnahme (IEM)
  18. Stärkung des sozialen Erhaltungsrechts (Re-Novellierung von § 172 BauGB auf den Stand bis 1998), damit Städte die Verdrängung von Mietern und soziale Segregation wirksamer verhindern können, dabei Verschärfung des Umwandlungsverbotes durch Streichung von Ausnahmen.

 

B. Handlungsebene Land Berlin

  1. Schnelle Prüfung und Präzisierung des Vorschlags aus der SPD, einen „Berliner Mietendeckel“ landesrechtlich einzuführen und rechtssicher auszugestalten
  2. Priorität für Wohnungsbau: Erhöhung der Anzahl fertiggestellter Wohnungen in Berlin auf 20.000 bis 25.000 und Verdoppelung des Wohnungsbaus der Landeseigenen bis zum Jahr 2021 durch geeignete Maßnahmen, darunter:
  3. Beschleunigung des Wohnungsbaus durch schnelle Besetzung der vom Senat im Sommer 2018 beschlossenen zusätzlichen 110 Personalstellen und ergebnisoffene Prüfung weiterer Personalbedarfe für die bezirkliche Stadtplanungs- und Bauaufsicht
  4. Konsequente und effiziente Anwendung des Berliner „Kooperativen Baulandmodells“ sowie Evaluierung der bisherigen Verträge und Ergebnisse
  5. Prüfung eines generellen Vorkaufsrechts im Land Berlin für Baugrundstücke
  6. Klare Zeitbegrenzungen für Partizipationsverfahren
  7. Erhöhung der Wohnungsbauförderung auf mind. 5.000 Wohnungen im Jahr ab 2020, vor allem für Landeseigene und Genossenschaften
  8. Rechtsverordnung zur Begrenzung von Möblierungszuschlägen
  9. Rechtsverordnung zur Definition einer „umfassenden Modernisierung“ als Ausnahme von der Mietpreisbremse
  10. Stärkung der Zivilgerichtsgerichtsbarkeit und Straffung/Bündelung des Instanzenweges für Mietrechtssachen