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Antrag 65/II/2018 Gemeinwohl vor Profitstreben – Für einen anderen Umgang mit Grund und Boden

13.10.2018

Mieten und Grundstückspreise in den deutschen Ballungszentren steigen so rasant, dass Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen  zunehmend aus den Städten verdrängt werden und vielerorts auch Gewerbetreibende, Freiberufler*innen und sozialen Einrichtungen keine Perspektive für ihre Arbeit mehr haben. Dieser Verdrängungsdruck führt zu einer Atmosphäre der sozialen Unsicherheit, in der viele Menschen Angst haben, ihr Zuhause und damit ihre Heimat zu verlieren. Er hat außerdem zur Folge, dass die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Arm und Reich immer stärker auch räumlich zementiert werden und der Spaltung der Gesellschaft so Vorschub geleistet wird.

Der Grund für diese Entwicklung liegt zum Teil darin, dass immer mehr Menschen in die Städte ziehen und die Nachfrage an nutzbarem Boden dadurch steigt. Gleichzeitig haben sich Grund und Boden aber auch zu einem weltweit nachgefragten Anlageobjekt entwickelt. Grundstücke werden gehandelt wie Gold oder Aktien. Das führt zu spekulativen Übertreibungen der Baulandpreise und dazu, dass sowohl Neubauvorhaben als auch der Altbestand allzu oft nicht zur Versorgung der breiten Bevölkerung mit Wohnraum genutzt wird, sondern auf Luxus oder Gewerbeprojekte ausgerichtet ist, die die exorbitanten Renditeerwartungen von Finanzinvestor*innen befriedigen können.

Nach dem gleichen Prinzip konzentrieren sich außerhalb der Städte Agrarflächen als Anlagegüter in der Hand von Konzernen und Kapitalfonds, die damit spekulieren und die Preise für Wald, Ackerland und Weideflächen ins Unermessliche steigern. Durch dieses sogenannte “Landgrabbing” haben insbesondere Land- und Forstwirt*innen es zunehmend schwer, die eine nachhaltige, umweltschonende Bewirtschaftung der Böden abzielen. Das Ziel einer ökologischen Wende in der Landwirtschaft gerät so in ernstliche Gefahr.

Wir wollen diese Entwicklung nicht weiter hinnehmen und fordern eine grundlegende Wende hin zu einer verantwortungsvollen, solidarischen Bodenpolitik, die darauf gerichtet ist, dass Grund und Boden in Stadt und Land zum Wohle aller Menschen genutzt werden!

 Im Zentrum einer solchen Bodenpolitik muss dabei der Gedanke stehen, dass Boden keine beliebige Ware ist, sondern eine Grundvoraussetzung menschlicher Existenz darstellt. Boden ist unvermehrbar und unverzichtbar. Er darf daher nicht dem unübersehbaren Spiel der Marktkräfte und dem Belieben des Einzelnen überlassen werden, sondern muss mehr noch als alle anderen Vermögensgüter in den Dienst der Interessen der Allgemeinheit gestellt werden. Die Wertschätzung des knappen und unentbehrlichen Gutes Boden darf sich nicht länger in spekulativen Gewinnerwartungen ausdrücken, sondern sollte vielmehr im Sinne einer nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Bewirtschaftung erfolgen, die den Boden als wesentliche Grundlage der Daseinsvorsorge sowohl für die heutige Bevölkerung als auch für die kommenden Generationen reflektiert. Insofern ist die Forderung nach einer Wende in der Bodenpolitik auch die Aufforderung, einen Bewusstseinswandel zu vollziehen.

Aus dieser Grundüberzeugung folgen für uns drei politische Leitgedanken, an denen eine sozial gerechte und nachhaltige Bodenpolitik zukünftig auszurichten ist:

Erstens: Rückkehr zu einer Politik der Bodenbevorratung durch die öffentliche Hand Kaufen wir uns das Land zurück!

 In der Vergangenheit wurde Boden, der sich in öffentlicher Hand befand, allzu oft meistbietend und bedingungslos an Private verkauft. Diese Flächen fehlen dem Staat heute beim Bau von öffentlichen Einrichtungen und bei der gemeinwohlorientierten Entwicklung von Gewerbe- und Wohngebieten. Hier muss ein Umdenken stattfinden:

Zunächst müssen Bund, Länder und Kommunen wieder umfassend Boden erwerben, der in den Dienst einer langfristig ausgerichteten Bodenentwicklungspolitik gestellt wird. Dafür ist insbesondere das Instrumentarium staatlicher Vorkaufsrechte weiterzuentwickeln. Davon unabhängig sind die schon jetzt bestehenden rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Das bedeutet insbesondere, dass die Länder und Kommunen ihre Wohnungsbaugesellschaften der öffentlichen Hand konsequent anweisen, bestehende Vorkaufsrechte zu nutzen und dies entweder durch Quersubventionierung auf Ebene der Wohnungsbaugesellschaften oder durch Zuschüsse seitens von Land oder Kommune zu finanzieren. Ergänzend müssen Länder und Kommunen aktiv auf genossenschaftliche oder andere nicht-profitorientieren Bauträger zugehen, um mit ihnen Finanzierungsmodelle ausarbeiten, die es erlauben, dass die öffentliche Hand ihr zustehende Vorkaufsrechte auch zugunsten von privaten Genossenschaftsprojekten oder Non-Profit-Bauvorhaben ausübt.

Außerdem darf Boden, der sich einmal in öffentlicher Hand befindet, Privaten nur noch auf Zeit und zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Dies kann beispielsweise durch Instrumente wie das Erbbaurecht oder dinglich abgesicherte Wiederkaufsrechte zum Einstandspreis bewerkstelligt werden. Der endgültige Verkauf von öffentlichem Grund und Boden muss auf allen politischen Ebenen der Vergangenheit angehören.

Bodenbevorratung ist Vermögensbildung im Dienst der Allgemeinheit. Es ist Aufgabe der öffentlichen Hand, den Boden für die Allgemeinheit nutzbar zu machen und nutzbar zu halten. Die Erfahrung zeigt zudem, dass sich der Erwerb von Grund und Boden durch die öffentliche Hand mittelfristig auch finanziell lohnt.

Zweitens: Orientierung privater Bodennutzung am Gemeinwohl Kontrolle zurückgewinnen!

 Eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik muss nicht nur die Frage aufgreifen, wer wann zu welchen Bedingungen über Boden verfügen kann, sondern auch die Art und Weise der Nutzung des Bodens in den Blick nehmen. Besondere Bedeutung hat dabei Boden, der zu Wohnzwecken und damit zur Befriedigung eines elementaren menschlichen Bedürfnisses genutzt wird. In den Ballungsräumen muss die Bauplanung konsequent an dem Ziel ausgerichtet werden, Wohnraum für niedrige und mittlere Einkommen zu schaffen und dauerhaft zu erhalten. Dabei ist genossenschaftlichen oder anderen nicht-profitorientieren Bauvorhaben stets Vorrang vor kommerziellen Projekten einzuräumen. Ferner muss Deutschland ein Mietpreisregulierungsrecht erhalten, das dem Belang der sozialen Sicherheit deutliche Priorität gegenüber den Renditeerwartungen der Eigentümer*in einräumt. Orientierungsmarke ist dabei das Prinzip der Kostenmiete.

Neben dem Wohnen ist die Sicherstellung einer Ernährungsgrundlage und Versorgung mit natürlichen Ressourcen wie Holz eine andere, gleichermaßen existenzielle Art und Weise der Bodennutzung. Vor diesem Hintergrund ist durch Änderungen des Baurechts darauf hinzuwirken, dass die Bewirtschaftung von Agrar- und Forstflächen auf dem Land auf die Bedürfnisse einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft ausgerichtet wird. Schließlich kann eine öffentliche Bodenbevorratung in städtischen Räumen, die mit wohnortnahen Grünflächen unterversorgt sind, auch folgenden Vorteil bieten: Langfristig können diese Gebiete wieder in Grünflächen umgewidmet und somit die Wohnverhältnisse der Allgemeinheit verbessert werden.

Zweckentfremdung von Boden – sei es in Form des spekulativen Brachliegens von Baugrundstücken, der nicht-landwirtschaftlichen Nutzung von Agrarflächen, der Verwahrlosung des Leerstands oder von Wohngebäuden oder des illegalen Hotelbetriebs – ist unter Ausnutzung und Erweiterung des gesamten rechtlichen Instrumentariums von Bußgeldern bis hin zur staatlichen Zwangsverwaltung entschieden zu bekämpfen.

Drittens: Kein Profit mit Spekulation Abschöpfung von leistungslosen Bodenwertsteigerungen zu Gunsten der Allgemeinheit!

 Keine Eigentümer*in hat den Wert ihres Bodens vollständig allein geschaffen. Gerade in den Ballungszentren beruht der Wert von Grundstücken ganz wesentlich auf Vorleistungen der Allgemeinheit, die Infrastruktur wie U-Bahnen, Schulen, Theater, Museen und Parks sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Polizei und Justiz mit Steuergeldern finanziert. Die bisher geltende Regelung, nach der Mieter*innen die Grundsteuer der Hauseigentümer*innen über die umlegbaren Betriebskosten zu bezahlen haben, muss deshalb durch eine Änderung der Betriebskostenverordnung beendet werden. Außerdem sind Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand der Eigentümer*in entstehen, durch Besteuerung von der Allgemeinheit abzuschöpfen. Es gibt kein Recht darauf, durch den Handel mit Boden Profite zu erzielen!

Viertens: Transparenz über Eigentumsverhältnisse – Wem gehören Boden?

Der Bodenmarkt ist intransparent. Wir müssen aber wissen, wie die Eigentumsverhältnisse aussehen, um diese ändern können. Wir brauchen Transparenz in einem Markt, von dem unklar ist, wie er strukturiert ist. Im europaweiten Vergleich gehören die Grundbuchämter in Deutschland zu den verschlossensten. Wir wollen, dass jede*r die Eigentumsverhältnisse bei den Grundbuchämtern erfragen kann und nicht nur die, die ein sogenanntes berechtigtes Interesse haben. Dabei sollen nur die Eigentumsverhältnisse, aber nicht Vermögens- oder Schuldverhältnisse eingesehen werden können; das soll weiterhin nur bei einem berechtigten Interesse zulässig sein. Wir wollen auch, dass der Eintrag einer Briefkastenfirma durch Informationen über die wahren Eigentümer*innen, den sogenannten wirtschaftlich Berechtigten, begleitet wird und von allen Bürger*innen abgefragt werden kann.

Antrag 85/II/2018 Die Zukunft liegt im Volkspark - für ein Sonderprogramm anlässlich des 100. Jahrestages der Einheitsgemeinde Berlin

13.10.2018

Wir als SPD Berlin bekennen uns zur der Idee des Volksparks als Ort für Freizeit, Sport und Naherholung. Nach vielen Jahren begrenzter finanzieller Möglichkeiten wollen wir in unsere Grünanlagen und Parkinfrastruktur investieren. Daher fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats auf, im Rahmen des Doppelhaushaltes 2020/2021 ein Sonderprogramm zur Sanierung der Volksparks aufzulegen und die Mittel zur bezirklichen Unterhaltung entsprechend aufzustocken.

 

Im Rahmen des Sonderprogramms orientieren wir uns an der Verwirklichung der ursprünglichen Idee des Volksparks. Dem Sonderprogramm ist daher ein Konzept zugrunde zu legen, das unter frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung erarbeitet wird und die historisch gewachsenen Anlagen mit modernen Freizeit- und Sportbedürfnissen in Einklang bringt. Denn: Es sollen Parks für alle Menschen bleiben.

Antrag 91/II/2018 Sozial- und Erziehungsberufe deutlich aufwerten und Einkommen von Berliner Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen verbessern!

13.10.2018

Soziale Berufe attraktiver machen!

 

Der sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, sich in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder für eine deutlich bessere Bezahlung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst einzusetzen.

In diesem Sinne soll der Senat als Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder (TV-L) die Initiative für den Abschluss einer neuen tarifvertraglich geregelten Eingruppierung der Sozial- und Erziehungsberufe ergreifen. Ziel muss es sein, den Berufsstand entsprechend den gewachsenen Anforderungen und der großen Verantwortung der pädagogischen Fachkräfte aufzuwerten und die Bezahlung entsprechend zu verbessern.

 

Darüber hinaus soll der Senat alle Möglichkeiten ausloten, wie unter Nutzung der Erfahrungen Hamburgs andere Wege beschritten werden können, um für Fachkräfte des Sozial- und Erziehungsdienstes in Berlin die Differenz zwischen TVL und TVÖD SuE zu überwinden.

 

Darüber hinaus werden die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats aufgefordert, durch Regelungen im KitaFöG und in den Rahmenvereinbarungen sicherzustellen, dass auch die freien Träger der Jugendhilfe verpflichtet werden, die öffentlichen Mittel für Personalkosten zweckgebunden analog zu den Entgelten im TV-L an die Erziehrinnen und Erzieher weiter zu geben.

Der Fachkräftemangel darf die beschlossenen und nicht umgesetzten Verbesserungen des Betreuungsschlüssels (3,75 im August 2019 für U3) nicht gefährden. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, Maßnahmen zu entwickeln, wie mittelfristig ein Personalschlüssel von 1 zu 3 im U3-Bereich und in Kindergärten von 1 zu 7,5 erreicht werden kann.

Darüber hinaus fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats auf, sich für gerechte Löhne der Sozialpädagog*innen in Landesförderprogrammen einzusetzen: Sozialarbeitenden/Sozialpädagog*innen, die sich in einem durch eine Landesförderung ergebendem Beschäftigungsverhältnis befinden, soll die Entgeltgruppenzulage in vollem Umfang von den Trägern gewährt werden, wenn die betroffenen Personen sozialpädagogische Aufgaben ausüben. Dies muss sichergestellt werden, auch wenn eine Beschäftigung dieser Berufsgruppe nicht explizite Voraussetzung in den Förderbedingungen des Landesprogrammes ist.

Antrag 95/II/2018 Für eine angemessene Erhöhung des BAföG-Wohngeldsatzes!

13.10.2018

1. Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion auf, sich für eine baldige Reform des BAföG einzusetzen, die beinhaltet, dass die Wohnpauschale zugunsten eines am örtlichen Wohnungsmarkt orientierten Wohngeldsatzes ersetzt wird.

2. Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und die SPD-Abgeordnetenhausfraktion auf, sich dafür einzusetzen, dass die Landesregierung Berlins bis zum Inkrafttreten der oben benannten Reform die Wohnpauschale entsprechend ihres im Bundesrat eingebrachten Gesetzesantrags auf Landesebene selbstständig ergänzend erhöht. Das Land Berlin hat die dafür entstehenden Kosten selbst zu tragen.

Antrag 60/II/2018 Den neoliberalen Renditewahn stoppen - Für mutige Schritte gegen die Wohnungskrise

13.10.2018

Berlin ist eine pulsierende Metropole. Immer mehr Menschen strömen in die Stadt. Doch die Popularität Berlins zieht auch internationale Investor*innen an, die in Zeiten der Niedrigzinspolitik der EZB ihr Kapital in den Wohnungsmarkt geben. Das hat u.a. zur Folge, dass die Mieten seit Jahren konstant steigen, allein in Berlin in den letzten Jahren um mehr als 80%. Der Zustrom in die Stadt und die Verknappung sowie Verteuerung von Wohnraum stellt die Stadtgesellschaft vor eine zunehmend schwer auszuhaltende Belastung. Auf der einen Seite fürchten Mieter*innen, die seit Jahrzehnten in Wohnungen wohnen, die Verdrängung aus ihren angestammten Kiezen. Menschen, die neu nach Berlin gekommen sind auf der anderen Seite sehen sich im ständigen Wettbewerb um bezahlbaren und doch sehr knappen Wohnraum. Beide Seiten sind jeweils der Spielball international agierender und auf Profit ausgerichteter Immobilienunternehmen. Das grundsätzliche Dilemma liegt dabei in dem Widerspruch, den Wohnraum als Ware aufzufassen, die je nach Bedarf produziert bzw. zur Verfügung gestellt werden kann. Dem ist mitnichten so! Gerade wenn wir uns angucken, dass knapp 300.000 bezahlbare Wohnungen in Berlin gemessen am Einkommen fehlen. Private Immobiliengesellschaften sind nicht daran interessiert, dem grundrechtlichen Anspruch nachzukommen und Wohnungen für alle Mieter*innen zu bauen. Im Gegenteil, denn der private Wohnungsmarkt richtet sich vor allem nach Kapitalverwertung und damit -maximierung zu erzielen. Die dem privaten Wohnungsmarkt zugrunde liegende Systematik tut alles, um die Nachfrage an Wohnraum und letztlich den Gewinn zu steigern. Immobilien sind zur Wertanlage wohlhabender Menschen geworden, die ihren Reichtum durch Rendite auf dem Wohnungsmarkt vermehren wollen. So gesehen heizt die derzeitige Wohnungsnot den Wohnungsmarkt weiter an. Um es mit einem Satz zu sagen: investiert wird von privater Seite auf dem Wohnungsmarkt nur da, wo die Kosten gering und der Gewinn groß ist. Denn wenn Wohnungen oder ganze Häuser von Investor*innen für zwei-bis dreistellige Millionenbeträge gekauft werden, sind daran oft Renditeerwartungen geknüpft, die es zu erfüllen gilt. Das führt bei bestehenden Immobilien zu Mieterhöhungen und oftmals Verdrängung – wie der aktuelle Fall in der Lützowstraße zeigt. Der privatwirtschaftliche Kauf von Immobilien setzt allerorts eine Teuerungsspirale in Gang, wodurch a) der Mietspiegel erhöht, b) der Boden und c) das Bauen an sich teurer wird.

 

Letzteres zeigt sich beim Thema Neubau. Wir müssen leider feststellen, dass einerseits Anreize für private Investor*innen nicht den gewünschten Effekt haben. Oftmals wird einfach am Bedarf vorbei gebaut, denn um erworbene Grundstücke so rentabel wie möglich zu bebauen werden vor allem teure Eigentumswohnungen oder gar Luxuswohnungen in Innenstadtlage gebaut. Gleichzeitig bleibt der Anteil von Sozialwohnungen berlinweit verschwindend gering. Dabei stellt sich dieser Punkt bei genauerer Betrachtung als hausgemachtes Problem einer fehlgeleiteten Stadtentwicklungspolitik dar, das insbesondere durch den Verkauf von knapp 50% der landeseigenen Sozialwohnungen seit den 2000er zur Haushaltskonsolidierung entstanden ist. Nicht nur fehlen dadurch Wohnungen im niedrigen (sozialverträglichen) Preissegment. Durch die vielerorts geschehene Umwandlung in Eigentumswohnungen hat sich auch der Mietpreis in der Stadt erheblich verändert. Diese Entwicklung kann nur noch schwer aufgehalten werden. Die von Seiten des Senats geplante Wohnungsbauoffensive hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2021 knapp 100.000 neue Sozialwohnungen zu bauen. Doch diese sind im Angesicht von netto 50.000 Zugezogenen pro Jahr nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

 

Die Sozialdemokratie darf dem nicht länger zusehen. Seit jeher verfolgt unsere Partei den Anspruch, dass durch den Kapitalismus entstandene Ungleichgewicht in der Gesellschaft durch eine entsprechende soziale Politik auszugleichen. Gemeinsam stehen wir auch im Kontext der Mieten- und Wohnthematik an der Seite derjenigen, die vermeintlich hilflos Kapitalinteressen gegenüberstehen. Die Wohnraumfrage entwickelt sich vor allem in urbanen Ballungsgebieten wie Berlin immer deutlicher zu DER sozialen Frage unserer Stadtgesellschaft. Das durch die Wertsteigerung betriebene Geschäft mit dem menschlichen Grundbedürfnis “Wohnen” darf in einer solidarischen und freiheitlichen Gesellschaft keine Daseinsberechtigung finden. Verdrängung, Ausgrenzung, Konkurrenzdruck sind für uns Sozialdemokrat*innen keine Pfeiler einer lebenswerten Gesellschaft. Doch genau diese Mechanismen werden durch Profitlogiken des privaten Wohnungsmarktes freigesetzt! Die soziale Ungleichheit in der jetzigen Situation des angespannten Miet- und Wohnsituation zu beheben sowie mit neuen Ideen und Forderungen in die Öffentlichkeit zu gehen, ist dringender denn je. Und es ist ja nicht so, als gebe es keine Gegenmodelle: Genossenschaften oder kommunale Unternehmen können Wege einer Wohnraumversorgung ohne Profitinteresse ebnen. Doch bedarf es aktuell weitergehende und drastischere Maßnahmen, um der grassierenden Ungerechtigkeit etwas Wirkungsvolles entgegensetzen zu können. Unser erklärtes Ziel muss daher eine Vergesellschaft des Wohnraumes sein! Damit sprechen wir uns nicht gegen selbstgenutztes Wohneigentum aus, sondern gegen die profitorientierte unternehmerische Ausbeutung von Wohnraum! – doch Vergesellschaftung bedeutet für uns mehr als Verstaatlichung. Denn im neoliberalen Staat betreiben auch öffentliche Unternehmen Renditeoptimierung, die Autokratie der Vorstände entzieht sich jeder Kontrolle. Vergesellschaftung bedeutet für uns deshalb Demokratisierung hin zur Selbstverwaltung.

 

Nichtsdestotrotz wird auf mittelfristige Sicht nicht der gesamte städtische Boden in staatliche Hand überführbar sein. Daher müssen effektivere Regularien für den Umgang mit privatem Grund und Boden entwickelt werden. Personen, die ein Mietshaus besitzen und selbst innerhalb der Immobilie wohnen, stehen nicht im Fokus der gegenwärtigen Problematik. Vielmehr muss das Gewinnstreben reguliert und die Anzahl der von einer Person oder einem Unternehmen privat zu besitzenden Wohnungen begrenzt werden. Große private Wohnungsunternehmen müssen der Vergangenheit angehören.

 

Unsere Gesetze und Vorhaben müssen dabei auf die natürliche Struktur städtischer und ländlicher Räume angepasst werden. Je dichter ein Raum besiedelt ist, desto weniger Bodeneigentum darf in privater Hand sein. In hochverdichteten Städten wie Berlin sollte Boden im Sinne des Allgemeinwohls in staatlicher Hand sein, um über seine Nutzung demokratisch entscheiden zu können. Dabei gilt die Formel: Je dichter ein Siedlungsraum desto höher der Anteil an gemeinschaftlich verwalteten Flächen. Immer da, wo viele Menschen ein Gut nutzen, führt es zu Konflikten und Effizienzverlusten, wenn sich dieses Gut in privater Hand befindet. Daher werden die Straßen, Leitungen oder Kanalisation einer Stadt vom Staat bereitgestellt und verwaltet und nicht für jedes Haus privat organisiert. Stadt bedeutet immer gemeinschaftliche Nutzung des vorhandenen Raumes und der vorhandenen Güter. Doch eine kluge und nachhaltige Mieten- sowie Wohnraumpolitik kann nur gelingen, wenn alle Entscheidungsträger*innen, auf kommunaler, Landes- und Bundesebene, sich der Dringlichkeit bewusst sind. Nur wenn die SPD geschlossen an einem Strang zieht, kann etwas bewegt werden, dass die Situation merklich verändert. Die aktuell im Bundeshaushalt veranschlagten 1,5 Mrd. Euro für den sozialen Wohnungsbau sind wichtig, aber bringen insgesamt wenig, bei einem geschätzten jährlichen Bedarf von 10 Mrd. Euro. Daher hören unsere politischen Kämpfe nicht in Berlin auf, sondern fangen hier gerade erst an. Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion sowie unseren Regierungsmitgliedern müssen wir Druck aufbauen, um beispielsweise zusätzliche Finanzmittel für den sozialen Wohnungsbau freizumachen. In Zeiten der sprudelnden ist genug Geld vorhanden: es geht jetzt darum, zu fordern und zu entscheiden, wie es verteilt wird – und dies ist eine politische Frage, bei der die SPD Standfestigkeit und einen klaren Kompass zeigen muss! Der Zugang zu gutem Wohnen muss staatlich garantiert werden. Das Ziel einer maximalen Wohnraumversorgung muss über wirtschaftlichen Interessen auf diesem Gebiet stehen.

 

Dem Trend der ineffizienten Wohnraumnutzung ist entgegen zu wirken. Luxusimmobilien benötigen zu viel Raum und befeuern dadurch eine weitere Erhöhung der Mietpreise. Einige wenige Menschen leben somit auf den Kosten der wirtschaftlich Schwächeren unserer Gesellschaft. Das werden wir nicht weiter akzeptieren. Dieser Effekt wird unterstützt durch die verstärkte Nutzung von Wohnungen als Singlehaushalt. Diese werden bei der Mietersuche von privaten Besitzer*innen stark bevorzugt, da sie, im Gegensatz zu WGs und großen Familien, für Vermieter*innen vergleichsweise weniger Aufwand verursachen. Jedoch nutzen gerade Menschen, die zusammen eine Wohnung nutzen, den ihnen zur Verfügung stehenden Raum weitaus effizienter. Hauptgrund für die geringere Wohnflächenbeanspruchung pro Person in Mehrpersonenhaushalten ist die gemeinsame Nutzung von Küche, Bad und Flur. Nichtsdestotrotz sind große Familien oder WGs auf dem Wohnungsmarkt nach wie vor benachteiligt. Diese Gruppen müssen bei der Wohnraumversorgung massiv gestärkt und unterstützt werden. Um möglichst viele Wohnungen für diese Art des Zusammenlebens zu qualifizieren, sollte bereits bei der Planung von Bauprojekten berücksichtigt werden, dass diese auf Mehrpersonenhaushalte zugeschnitten sind und die Anforderungen einer gemeinschaftlichen Nutzung, bspw. die unabhängige  Zugänglichkeit aller von den Bewohnenden gemeinsam genutzten Räume, erfüllen. Der Trend zu immer mehr Einpersonenhaushalten im hochpreisigen Mietsegment muss gebrochen werden.

 

Um diese Fehler zu beheben und eine Kehrtwende in der Wohnungs- und Bodenpolitik einzuleiten bedarf es einer Reihe von Sofortmaßnahmen sowie eine langfristige Strategie, um die derzeitige Wohnungskrise zu stoppen.

  1. Wir fordern die SPD Bundestags-, Landtags-, und Abgeordnetenhausfraktionen auf, sich für eine Mietpreisobergrenze einzusetzen. Diese Forderung ist nicht neu, doch muss diese endlich umgesetzt werden. Als ersten Schritt darf eine Miete die ortsübliche Vergleichsmiete – welche zentral vom Bundesamt für Statistik ermittelt wird – nicht überschreiten. Dies soll schnellstmöglich umgesetzt werden und kurzfristig für alle Menschen mit einem neuen Mietvertrag gelten. Langfristig wollen wir die Festlegung eines Höchstmietsatzes, der 6€ in angespannten Lagen nicht übersteigt. Damit wird erreicht, dass sich die Mietpreise stabilisieren und es für Spekulanten unattraktiver wird zu investieren.
  2. Wir fordern den die sozialdemokratischen Mitglieder in den Bezirksämtern, der Abgeordnetenhausfraktion sowie dem Senat auf, geeignte Maßnahmen zu ergreifen, um die politischen Kontrollelemente zu verstärken bzw. zurückzugewinnen. Einerseits müssen höhere Steuern auf Immobiliengewinne eingeführt werden. Andererseits muss die Grundsteuer zu einer Luxussteuer umgebaut werden, die nicht mehr auf die Mieter*innen umgelegt werden darf, sondern die Umlage auf das Hochpreissegment (das heißt auf ca. 0,9% der Berliner Wohnungen) konzentriert wird. Zudem soll eine Wiederveräußerungssperre bei einem möglichen Immobilienverkauf eingeführt werden. Welche es für einen gewissen Zeitraum untersagt, dass ein Objekt weiterverkauft wird. Diese Maßnahmen sorgen zum einen für Mehreinnahmen, welche ausschließlich in den staatlichen Wohnungsbau investiert werden sollen und zum anderen werden Spekulationen mit Immobilien vorgebeugt.
  3. Fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder im Abgeordnetenhaus sowie die Senatsmitglieder auf, dass die soziale Bindung im Land Berlin nicht auslaufen darf. Einmal gebundene Objekte sollten nicht mehr in private Immobilien zurückgewandelt werden können. Diesen Mechanismus gilt es, gesetzlich zu verankern, damit zukünftig keine Aufhebung der Sozialbindung durch profitgetriebene Regierungen möglich ist. Dadurch wird eine dauerhafte Kapazität von Sozialwohnungen geschaffen, ohne die Gefahr, dass diese nach 20-25 Jahren aus ihrer Sozialbindung fallen.
  4. Fordern wir die SPD-Mitglieder im Berliner Abgeordnetenhaus auf, darauf hinzuwirken, dass gesetzlich verankert ist, die landeseigenen Wohnungen und die dazugehörige Infrastruktur nicht an private Unternehmen und Investor*innen zu verkaufen. Denn aus der Geschichte zu lernen, heißt nicht dieselben Fehler zu begehen, die teilweise zu dieser Wohnungskrise führten.
  5. Fordern wir die SPD-Bundestagsfraktion und Regierungsmitglieder im Bund auf, den staatlichen Wohnungsbau über das aktuelle Volumen hinaus zu stärken, sowohl durch entsprechende Mittel als auch durch die Ein- bzw. Bereitstellung von mehr Personal in den kommunalen Ämtern. Dadurch kann bspw. das Vorkaufsrecht der Kommunen bestmöglich wahrgenommen, Bebauungspläne schnellstmöglich überarbeitet und vermehrte Kontrollen (Monitoring) durchgeführt werden.

 

Insgesamt sehen wir es als mittelfristiges Ziel an, als Partei des gesellschaftlichen Fortschritts eine gesamtgesellschaftliche Strategie zu entwickeln, deren selbsterklärtes Ziel die Abschaffung des privaten Wohnungsmarktes und der Profitorientierung in diesem Bereich zugunsten der Allgemeinheit ist. Wir wollen uns dafür einsetzen, das Wohnen als Grundrecht anzuerkennen und an den Lebensbedürfnissen aller Menschen auszurichten. Das heißt im Zweifel auch, dem Widerstand der Immobilienwirtschaft zu trotzen und uns für jene einzusetzen, die im Kampf gegen Verdrängung allein gelassen werden. Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft wurde in den letzten Jahren zu sehr von neoliberalen Einschnitten belastet, als dass wir in der aktuellen Situation durch eine konsensorientierte Politik zu befriedigenden Ergebnissen kommen. Es liegt an uns und unserer Haltung, ob wir dieser Entwicklung weiter zusehen oder ihr etwas Neues entgegensetzen wollen. Die Voraussetzung einer gemeinwohlorientierten Wohnungs- und Mietenpolitik gründet sich für uns daher aus dem Grundsatz, dass mit menschlichen Grundbedürfnissen keine Geschäfte gemacht werden dürfen!