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Antrag 255/II/2019 Unser Beitrag für mehr Klimaschutz – mehr öffentlicher Nahverkehr für mehr Menschen!

22.09.2019

Der ÖPNV in Berlin und Brandenburg muss massiv ausgebaut werden sowie auf die Teile der benachbarten Bundesländer ausgedehnt werden, für die Berlin eine Metropolenfunktion wahrnimmt.

 

Daher wird die Berliner SPD die „Zukunft des ÖPNV als Rückgrat des Umweltverbundes“ als innerparteiliches Schwerpunktthema bearbeiten. In diesem Rahmen werden systematisch die ÖPNV-Erfahrungen und Zukunftserwartungen in den Gliederungen der Partei aufgenommen, in öffentlichen Veranstaltungen diskutiert und in ein Berliner ÖPNV-Gesamtkonzept überführt.

Antrag 42/II/2019 Ein Kleingartensicherungsgesetz für Berlin – Kleingartenanlagen in Berlin dauerhaft sichern

22.09.2019

Die Berliner SPD spricht sich dafür aus, die Kleingärten in Berlin dauerhaft zu schützen. Dazu will die SPD ein Kleingartensicherungsgesetz für Berlin schaffen, um dieses Ziel zu erreichen.

 

Die kürzlich erfolgte Verlängerung der Bestandsgarantie bis 2030 reicht nicht aus, um die Kleingärten dauerhaft zu erhalten und den Pächterinnen und Pächtern langfristige Sicherheit zu geben. Statt eines zeitlichen Aufschubs ist eine Grundsatzentscheidung für das Kleingartenwesen insgesamt notwendig.

 

Vor diesem Hintergrund fordern wir als SPD-Landesparteitag unsere Senatsmitglieder und unsere Abgeordnetenhausfraktion dazu auf, ein Berliner Kleingartensicherungsgesetz auf den Weg zu bringen. Ziel ist es, das Berliner Kleingartensicherungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode bis 2021 in Kraft zu setzen.

 

Mit dem Berliner Kleingartensicherungsgesetz bringen wir als Sozialdemokratie zum Ausdruck, dass unsere Kleingärten wesentlicher Bestandteil einer lebendigen Großstadt sind. Wohnungsbau und Kleingartenwesen sind keine Gegensätze, sondern beides ist neben- und miteinander möglich und notwendig. Durch das Berliner Kleingartensicherungsgesetz schützen wir die Kleingartenanlagen vor Bodenspekulation.

 

Mit dem Berliner Kleingartensicherungsgesetz sichern wir die landeseigenen Kleingartenanlagen. Darüber hinaus wollen wir perspektivisch alle Kleingartenflächen in Berlin – unabhängig von den Eigentumsverhältnissen – dauerhaft sichern.

 

Gegenstand des Berliner Kleingartensicherungsgesetzes sind folgende Regelungen (Eckpunkte):

 

  • Die Berliner Kleingartenfläche umfasst eine Fläche von 3.000 Hektar, darunter 2.260 Hektar in Landesbesitz. Dieser Bestand darf flächenmäßig nicht unterschritten werden. In der Hauptsache schützt das Kleingartensicherungsgesetz die Gesamtfläche der Kleingartenanlagen in Berlin. Wenn sich die Gesamtfläche erhöht, unterliegt auch der Flächenzuwachs dem Geltungsbereich des Berliner Kleingartensicherungsgesetzes und kann ihm nicht mehr genommen werden.
  • Im Berliner Kleingartensicherungsgesetz verankern wir das Leitbild, dass Kleingärten etwas Innerstädtisches sind. Das heißt, dass Kleingartenflächen in die Großstadt gehören und mit dem ÖPNV, dem Rad oder zu Fuß wohnortnah erreichbar sind. Besonders für Familien mit Kindern im Geschoss-Wohnungsbau ist dies wichtig.
  • Im Berliner Kleingartensicherungsgesetz sind alle Kleingartenflächen baurechtlich als nicht für Wohnungs- und Gewerbezwecke geeignet zu definieren; sich daraus gegebenenfalls ergebende Entschädigungsansprüche privater Grundeigentümer sind rechtlich geregelt.
  • Ziel ist es, die bestehenden Kleingartenanlagen und Parzellen zu schützen. Wo dies in begründeten Einzelfällen mit Blick auf die kommunale Infrastruktur (Kita, Schule, Verkehrswege) nicht möglich ist, weil die Stadt wächst und wir sie entwickeln wollen, muss das Abgeordnetenhaus dieser Maßnahme vorher zustimmen (vgl. Sportförderungsgesetz), und der Senat ist verpflichtet, quantitativ, qualitativ und ortsnah gleichwertigen Ersatz zu schaffen.
  • Bei der Entwicklung neuer Wohnquartiere durch das Land und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sowie bei der Schaffung von Wohnraum durch Private sind bestehende Kleingartenanlagen zu erhalten oder im gleichen Flächenumfang neue zu schaffen. Sind landeseigene Anlagen betroffen, muss das Abgeordnetenhaus vorher zustimmen.
  • Da die über die Stadt verteilten Kleingärten auch eine wichtige Funktion für das Stadtklima, die Regenwasserspeicherung und die Artenvielfalt haben, was angesichts des Klimawandels immer wichtiger wird, ist auch zu prüfen, ob bedrohte Anlagen naturschutzrechtlich, z.B. als „geschützte Landschaftsbestandteile“ gesichert werden können.
  • Es ist zu prüfen, alle Kleingartenflächen in ein „Sondervermögen Kleingartenanlagen Berlin“ bzw. in das Fachvermögen der zuständigen Senatsverwaltung zu übertragen. In Erwägung zu ziehen ist ein Hauptpachtvertrag zwischen dem Land, den Bezirksverbänden der Gartenfreunde und dem Landeskleingartenverband.
  • Das Berliner Kleingartensicherungsgesetz verpflichtet das Land, sich mit den Bezirksverbänden und dem Landeskleingartenverband auf einen Landeskleingartenvertrag verständigen, der die gemeinschaftliche Umsetzung des Berliner Kleingartensicherungsgesetzes beinhaltet und die Ziele konkretisiert. Der Landeskleingartenvertrag ist in regelmäßigen Abständen, mindestens alle zehn Jahre, zu ergänzen und ggf. zu erneuern, wobei der alte Vertrag so lange fort gilt, bis die Neufassung in Kraft tritt.
  • Dem Berliner Kleingartensicherungsgesetz liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass die gegenwärtige Kleingartenstruktur in Berlin nicht in allen Fällen dem Bundeskleingartengesetz gerecht wird. Das Gesetz soll dazu dienen, auf dem Gebiet des Landes Berlin in vertretbarer Zeit einen Zustand herbeizuführen, der dem Bundeskleingartengesetz gerecht wird und zeigt die nötigen Verfahrensschritte auf, die das Land, die Bezirksverbände und der Landeskleingartenverband in dem gemeinsam zu schließenden Landeskleingartenvertrag konkretisieren.
  • Der Landeskleingartenverband erhält ein gesetzliches Anhörungsrecht (Anhörungspflicht) und wird durch das Berliner Kleingartensicherungsgesetz verbandsklagefähig.
  • Die Bezirksverbände und der Landeskleingartenverband tragen dafür Sorge, Parzellen, die nach dem Bundeskleingartengesetz in Größe und Bebauung nicht zulässig sind, bei Pächter/innen-Wechsel zurückzubauen. Um die Bezirksverbände und den Landeskleingartenverband bei der Umsetzung zu unterstützen, stellt das Land zweckgebundene Mittel zur Verfügung und unterstützt das Kleingartenwesen dabei, die oft veraltete Infrastruktur der Anlagen zu erneuern. Auf gemeinsame (Pilot-) Projekte sollen sich die Beteiligten im Landeskleingartenvertrag verständigen. Das Berliner Kleingartensicherungsgesetz schafft dafür den für landeseigene und private Flächen nötigen Rechtsrahmen.
  • Viele Kleingartenanlagen haben sich schon seit Jahren geöffnet und sind für die Allgemeinheit zugänglich und haben Kooperationen mit Kitas, Schulen und Gartenarbeitsschulen. Diese Entwicklung hin in den sozialen Raum ist weiter zu fördern und es ist sicherzustellen, dass zukünftig noch mehr Kleingartenanlagen für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Mit der Bestandsgarantie wird auch die Erwartung verbunden, dass die Kleingartenvereine neue gemeinschaftliche Gartenkonzepte, wie beispielsweise Weltgärten und Bauerngärten aufnehmen und wo möglich auch in Richtung Kleingartenpark entwickeln.
  • Das Berliner Kleingartensicherungsgesetz verpflichtet den Senat, auch private Flächen unter den Schirm des Berliner Kleingartensicherungsgesetzes zu ziehen. Insbesondere mit Planwerken wie dem Kleingartenentwicklungsplan, dem Flächennutzungsplan sowie mit Hilfe von Bebauungsplänen, aber auch mit den Mitteln der Rekommunalisierung, etwa der Ausübung von Vorkaufsrechten, und durch gegenseitige Verträge, etwa im Wege der kooperativen Baulandentwicklung.

 

Das Berliner Kleingartensicherungsgesetz ist in einem partizipativen Verfahren gemeinsam mit den im Land Berlin bestehenden Kleingartenorganisationen zu erarbeiten.

 

Bei der Erarbeitung des Berliner Kleingartensicherungsgesetzes macht sich das Land Berlin die in Hamburg gesammelten Erfahrungen zunutze, wo bereits seit 1967 ein ähnliches Kooperationsmodell zwischen Stadt und Kleingartenwesen betrieben wird (Stichwort: „Zehntausendervertrag“), wie es mit dem Berliner Kleingartensicherungsgesetz für Berlin nun auch verwirklicht wird.

 

Darüber hinaus wird der Senat aufgefordert, eine Bundesratsinitiative mit dem folgenden Ziel zu starten:

Bei Baumaßnahmen, die auf Grund der baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Ausgleichsmaßnahmen erforderlich machen, soll der Ausgleich auch dadurch erfolgen können, dass Kleingartenflächen neu ausgewiesen oder bestehende Anlagen qualitativ erhöht werden. Darüber hinaus wird der Senat dazu aufgefordert, auch alle landesgesetzlichen Instrumente zu nutzen, um dieses Ziel für Berlin zu erreichen.

 

Antrag 223/II/2019 Versprechen einer humanitären Migrationspolitik einhalten und Verwaltungsspielräume nutzen

22.09.2019

Wir fordern die SPD Berlin und ihre sozialdemokratischen Mitglieder des Senats auf, die führende  Rolle Berlins für eine progressive und humane Migrationspolitik in Deutschland beizubehalten. Deshalb müssen Partei und Senat alle Möglichkeiten und Spielräume nutzen, um auch nach dem Migrationspaket weiterhin eine erkennbar sozialdemokratische und humanitäre Migrationspolitik umzusetzen. Berlin ist daher aufgefordert mit ihrer ausführenden Landesbehörde steuernd Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

 

Bei der Umsetzung des Migrationspaketes und des neuen Staatsbürgerschaftsrechts sind Härten zu vermeiden und entsprechende Ausführungsvorschriften auf Landesebene für die Berliner Ausländerbehörde bzw. für das künftige Landesamt für Einwanderung zu erlassen, solange diese den Regelungen des Bundesministeriums für Inneres nicht entgegenstehen.

  1. Bei den Ausführungsvorschriften zum „Geordneten Rückkehr-Gesetz“ ist darauf zu achten, dass:
  2. die im Gesetz vorgesehene bis zu 18-monatige Abschiebehaft nicht in Berliner Justizvollzugsanstalten durchgeführt wird und
  3. gleichzeitig aber auch die in Berlin möglichen Direktabschiebungen nicht als Ersatz für die Abschiebehaft ausgeweitet werden,
  4. keine Familien mit minderjährigen Kindern in Abschiebehaft genommen werden,
  5. keine Auflagen zum nächtlichen Aufenthalt in Flüchtlingsunterkünften erlassen werden,
  6. ausreisepflichtige Familien mit minderjährigen Kindern bis zur Ausreise stets weiterhin Asylbewerberleistungen erhalten,
  7. keine Absenkung des Aufenthaltsstandards vorgenommen wird, wie sie im Gesetz für Personen mit ungeklärter Identität nach § 60b AufenthG mit einer quasi „Duldung light“ vorgesehen ist, wenn die betroffenen Personen glaubhaft machen können, warum sie ihre Staatsbürgerschaft mangels entsprechender Dokumente nicht nachweisen können.
  8. b) Bei den Ausführungsvorschriften zum Staatsbürgerschaftsrecht ist darauf zu achten, dass:
  9. die Einwanderungsbehörden in Berlin durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung angewiesen werden, das Merkmal „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ in den §§ 9 und 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes einschränkend und ausschließlich dahingehend auszulegen ist, dass lediglich das Eingehen oder Bestehen einer Doppelehe oder Mehrehe der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse und damit der Einbürgerung entgegenstehen.
  10. Soweit die Auslegung der Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren zur „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ auf andere Kriterien ausgeweitet werden oder aber die Auslegung weitestgehend den einzelnen Behörden überlassen werden sollen und damit der Willkür Tür und Tore geöffnet werden, ist der Berliner Senat aufgefordert, sich für entsprechende Einschränkungen auch auf Bundesebene einzusetzen.

 

 

Antrag 215/II/2019 IT-Sicherheit stärken und digitale Freiheit schützen (IT-Sicherheitsgesetz 2.0)

22.09.2019

Unser Grundgesetz garantiert eine Reihe von Bürger*innen- und Freiheitsrechte, welche dem Eingriff des Staates in die freie und umfassende Entfaltung der eigenen Persönlichkeit Grenzen setzen. Dazu gehören neben dem Fernmeldegeheimnis auch die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (IT-Grundrecht). Leider wird die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche immer öfter zum Vorwand genommen, die Grundrechte mehr und mehr einzuschränken, oft mit dem Argument eines vermeintlichen Sicherheitsgewinns. Die Digitalisierung darf nicht zum Reflex führen, im digitalen Raum Freiheitsrechte stärker einzuschränken, als in der analogen Welt. Vielmehr müssen wir auch in der digitalen Welt unsere Freiheiten schützen.

 

Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und in die Vertraulichkeit digitaler Systeme dürfen auch im digitalen Netz nur nach strengen gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Das digitale Netz ist aber kein rechtsfreier Raum, auch im Netz müssen Straftaten aufgeklärt und verfolgt, Gefahren erkannt und beseitigt werden. Strafverfolgungsmaßahmen dürfen aber nur bei einem konkreten Anfangsverdacht, Gefahrenabwehrmaßnahmen nur bei einem konkreten Gefahrenverdacht und beides mit Richtervorbehalt zugelassen werden. Der nemo-tenetur-Grundsatz, die Grundrechte und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen uneingeschränkt gelten

 

Mit Blick auf das kommende IT-Sicherheitsgesetz 2.0 fordern wir daher:

 

1. Recht auf Verschlüsselung und Anonymität

Niemand darf unter einen Generalverdacht gestellt werden, weil er vertrauliche und sichere Kommunikationswege nutzt oder sie anderen zur Nutzung bereitstellt. In Zeiten der weltweit steigenden staatlichen Einflussnahme auf die Funktionsweise und Inhalte zentraler Netzwerkdienste, darf die Nutzung verschlüsselter, dezentraler und/oder anonymer Kommunikationswege nicht kriminalisiert werden, sondern sollte gefördert werden. Für viele Menschen weltweit sind starke Verschlüsselungsmethoden, das TOR-Netzwerk („Darknet“) sowie andere dezentrale Kommunikationswege essenziell, um die Gefahr von Stigmatisierung oder staatlicher Repression zu umgehen.

Gesetzesverschärfungen, die das Zugänglichmachen entsprechender internetbasierter Leistungen oder das Erleichtern von Straftaten unter Strafe stellen, lehnen wir ab. Diese Dienste dienen insbesondere auch Journalist*innen und Whistleblowern, die unter teils hohen persönlichen Risiken für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringen. Aber auch unabhängig von besonderen beruflichen Geheimhaltungspflichten und -interessen gilt, dass alle Bürger*innen ein Recht auf verschlüsselte Kommunikation haben und dieses weder im Einzelfall noch generell rechtfertigen oder begründen müssen. Messenger-Dienste wie Whatsapp/Telegram sollten ihre Daten zum Schutz der Nutzer*innen ohne Hintertüren verschlüsseln dürfen.

 

2. Kein Zwang zur Herausgabe von Passwörtern

Das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung und die Aussagefreiheit des Beschuldigten sind im Grundgesetz verankert. Sie sind Ausdruck einer auf der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung. Niemand muss sich selbst belasten. Dieser Grundsatz muss auch im digitalen Raum gelten. Einen Zwang zur Herausgabe von Passwörtern oder anderen Zugangsdaten unter Androhung von Beugehaft, lehnen wir als verfassungswidrig ab. Auch die Übernahme von Nutzerkonten durch staatliche Behörden gegen den Willen des Inhabers und die Kontaktaufnahme ggü. Dritten über dieses Konto lehnen wir als unverhältnismäßig ab. Ebenso lehnen wir die Pläne ab, den Strafverfolgungsbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der derzeit auf EU-Ebene verhandelten E-Evidence-Verordnung zu erlauben, Zugangsdaten bei Providern in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten sowie Drittstaaten mittels einer Herausgabeanordnung zu erlangen.

 

3. Forschung zur IT-Sicherheit und -Schwachstellen nicht kriminalisieren, sondern fördern

Die Arbeit der IT-Sicherheits- und Schwachstellenforschung ist ein essenzieller Beitrag für eine starke IT-Sicherheit und sollte durch Anreizsysteme, wie Bug-Bounty-Programme, gefördert werden. Aktuelle Forderungen nach Einführung eines Tatbestands des „digitalen Hausfriedensbruchs“, der bereits die unbefugte Ingebrauchnahme informationstechnischer Systeme unter Freiheitsstrafe stellen möchte lehnen wir ab, da auch eine Vielzahl alltäglicher Vorgänge betroffen wäre. Es gilt, Rechtsunsicherheiten zu reduzieren, statt neue zu erschaffen. Auch Reverse Engineering, also die Analyse geschlossener Hard- oder Software, indem „rückwärts“ der enthaltene Quellcode extrahiert wird, sollte gefördert werden.

 

4. Weiterentwicklung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer unabhängigen, defensiven und neutralen Stelle für IT-Sicherheit

 

4a) Weiterentwicklung des BSI – endlich Unabhängigkeit

Aufgrund der vorgegebenen Interessenkonflikte zwischen Belangen der inneren Sicherheit und denen der Sicherheit und Integrität informationsverarbeitender Systeme, muss das BSI in Anbetracht seiner wachsenden Relevanz aus der fachlichen Weisungsgebundenheit des Bundesministers des Innern, für Heimat und Bau herausgelöst werden. Das könnte z. B. durch Anknüpfung an die Stelle des Bundesdatenschutzbeauftragten oder durch eine vergleichbare organisatorische Ausgestaltung erreicht werden.

 

4b) Das BSI sollte eine neutrale und defensive Stelle für IT-Sicherheit bleiben und darf nicht selbst zum Angreifer werden

Die Rolle des BSI als neutrale und defensive Stelle für IT-Sicherheit zu Gunsten von Bürger*innen und Unternehmen darf nicht vermischt werden mit staatlichen Verfolgungsinteressen. Dazu muss, z.B. im IT-Sicherheitsgesetz 2.0, eine Bindung der gewonnenen Erkenntnisse und Daten an defensive Zwecke vorgeschrieben werden. Eine Mischlösung, nach denen das BSI Informationen, die es im Vertrauen auf seine Neutralität erhalten hat, für sich oder andere Behörden zurückhält um damit staatliche Eingriffe zu ermöglichen, lehnen wir ab.

Antrag 87/II/2019 Besser regulieren, statt teuer enteignen – im Dialog mit der Initiative „Deutsche Wohnen und co enteignen“ gemeinsam gegen Mietenwahnsinn.

22.09.2019

Berlin leidet aktuell unter starkem Wohnungsmangel. Der Wohnungsmarkt ist seit Jahren in zunehmendem Maße angespannt. Die Berliner*innen sind derzeit kaum in der Lage, sich am Markt hinreichend mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Die Folge davon sind explodierende Mieten und Bodenpreise. Hohe Renditeerwartungen bestimmter Wohnungsunternehmen treiben die Mietpreise immer weiter nach oben.

 

Der Wohnungsknappheit – insbesondere  im  unteren und   mittleren   Preissegment  –  muss  mit erhöhtem Wohnungsbau und Kauf durch die öffentliche Hand begegnet werden. Bis Wohnraum in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, sind Regulierungen des gestörten Wohnungsmarktes,  etwa  mit dem Mietendeckel, unerlässlich.

 

Wir unterstützen das Ziel der Initiative „Deutsche Wohnen und co enteignen“, den Anteil an Wohnungen in öffentlicher Hand deutlich zu erhöhen, um die Mietensteigerungen zu begrenzen. Die Initiative und die Unterzeichner*innen des Volksbegehrens haben einen wichtigen Impuls in die politische Debatte gegeben. Der Erfolg der Unterschriftensammlung ist für uns als SPD Berlin der klare Beleg dafür, dass das Mietenthema mit allen gesetzlich möglichen und mietenpolitisch effektiven Mitteln angegangen werden muss. Dank der Initiative ist der Druck auf die Wohnungswirtschaft gestiegen und das gesellschaftliche Klima für stärkere politische Eingriffe am Wohnungsmarkt gewachsen. Wir stimmen auch mit der Initiative darin überein, dass die Entwicklungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht weiter hingenommen werden können. Wir erklären uns deshalb mit dem Anliegen des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen& Co enteignen – Spekulation bekämpfen“, mehr Grund und Boden in öffentliche Hand zu bringen, solidarisch. Wie das Beispiel der Stadt Wien zeigt, ist ein starker öffentlicher Wohnungssektor wichtig für die Stabilität der Mieten.

 

Vergesellschaftung ist im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen (Artikel 15 des Grundgesetzes) und spiegelt den Gedanken wieder, dass die private Eigentumsgarantie nicht absolut ist, sondern zum Wohle der Allgemeinheit eingeschränkt werden kann. Die Möglichkeit der Vergesellschaftung von Grund und Boden ist aus guten Gründen von der SPD bei der Schaffung des Grundgesetzes durchgesetzt worden, ausreichender Wohnraum ist für uns ein Grundrecht.

 

Wir lehnen es ab, auf Kosten der Mieter*innen auf hohe Renditen zu spekulieren. Dafür müssen wir auf Bundes- und auf Landesebene verschiedene Instrumente einsetzen, um den aus dem Ruder gelaufenen Wohnungsmarkt wieder ins Lot zu bringen.

 

Die Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen in Berlin halten wir allerdings gegenwärtig nicht für zielführend und sozial gerecht.

 

Vier Punkte sprechen aus Sicht der SPD Berlin derzeit gegen das derzeitige Gesetzesanliegen der Initiative.

  1. Der Wirkungsbereich des Gesetzesvorhabens ist begrenzt. Bei einer Enteignung von großen Wohnungsunternehmen könnten von den fast 1,7 Millionen Mietwohnungen in Berlin nur ca. 240.000 Wohnungen in kommunales Eigentum gebracht werden. Damit blieben neben den landeseigenen und Genossenschaftswohnungen immer noch fast 1 Million Wohnungen in privater Hand. Für diese Wohnungen wird der Anlagedruck privater Vermieter sogar noch zunehmen und der Wohnungsmarkt gespalten. Für die Mehrheit der Berliner*innen in Mietwohnungen würde sich also nach der Vergesellschaftung nichts ändern. Wir machen uns auch Gedanken zu der Frage, wie die Berliner Verwaltung kurz- und mittelfristig in die Lage versetzt werden soll, hunderttausende zusätzliche Wohnungen zu verwalten und Instand zu halten, ohne die Mieten zu erhöhen.
  2. Von der Möglichkeit der Vergesellschaftung ist bislang noch nie Gebrauch gemacht worden. Das Instrument und seine Voraussetzungen sind verfassungsrechtlich umstritten. Die Vergesellschaftung von Wohneigentum stellt den schärfsten Eingriff in die grundrechtlich geschützte Eigentumsfreiheit dar. Daher ist zu erwarten, dass ein Gesetz über die Vergesellschaftung zu einem langjähriges und schwierigem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit ungewissem Ausgang führt.
  3. Keine Vergesellschaftung ohne Entschädigung. Es ist ungewiss, wie hoch die angemessenen Entschädigungen für die vergesellschaftete Wohnungen in Zeiten eines überhitzten Bodenmarktes sein werden. Wir halten es für sozial nicht gerecht, bestimmten Wohnungsinhabern hohe Entschädigungen aufgrund von Bodenspekulationen aus öffentlichen Mitteln zu zahlen, die wir dringend für Investitionen und den Neubau brauchen. Die Entschädigung kann sogar dazu führen, dass die Vergesellschaftung als Exit-Strategie von Investment-Unternehmen bewusst einkalkuliert wird und mit Steuergeldern neue Renditemodelle finanziert werden. Statt am Markt mit Entschädigungen mitzuspielen, sollte der Staat besser die Regeln ändern.
  4. Dem Instrument fehlt die Zielgenauigkeit. Das Vorgehen der Initiative, Unternehmen allein nach der Größe des Wohnungsbestands zu enteignen, differenziert nicht zwischen guten und schlechten Vermieter*innen. Es gibt Eigentümer*innen einzelner oder weniger Mietshäuser, die sich mieterfeindlich und sogar gesetzeswidrig verhalten. Andererseits gibt es Großvermieter, die sozial agieren. Der Effekt, der mit der Enteignung erreicht werden kann, steht in einem Missverhältnis zu den Kosten und Risiken.

 

Die Vor- und Nachteile und Risiken zeigen: Die Enteignung großer Wohnungsunternehmen ist kein Königsweg. Wir sind davon überzeugt, dass es bessere Möglichkeiten gibt, den Mietenwahnsinn zu stoppen.

 

Mit unserer Initiative „Bauen, Kaufen, Deckeln“ wirken wir steuernd auf den Wohnungsmarkt  ein, um mehr und finanzierbaren Wohnraum für alle zu schaffen und zu sichern. Mit dem Mietendeckel auf Landesebene und unseren Initiativen auf Bundesebene gehen wir den richtigen Weg, um für alle Berliner*innen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen  und zu erhalten. Wir setzen öffentliche Gelder besser und sozial gerechter für den Neubau von sozialem Wohnungsbau ein, statt hohe Entschädigungen an Wohnungsspekulanten zu zahlen.

 

Wir müssen deutlich mehr bezahlbare  Wohnungen durch den Staat und gemeinwohl-orientierte Bauträger schaffen. Die dafür notwendigen Kapazitäten bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind umgehend zu schaffen. Gleichzeitig sollen geeignete Grundstücke und Wohnungsbestände, die sich in privater Hand befinden, (re)kommunalisiert werden.

 

Dafür brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung der Politik, der Bau- und Wohnungswirtschaft und der Zivilgesellschaft.

 

Wir werden daher auch den Dialog mit der Initiative “Deutsche Wohnen und co“ fortsetzen, um gemeinsam Lösungen für das Mietenproblem Berlins zu finden.