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Antrag 41/II/2021 Verpflichtende (Weiter-)Bildung der Lehrer*innen im Umgang mit digitaler Technik und Medien

9.11.2021

In die Lehrerweiterbildung muss die verpflichtende Weiterbildung im Umgang mit digitaler Technik (z. B. Smartphone, Scanner, PC etc.), zum Verständnis der Funktionsweise der Technik sowie zur Benutzung und zum Einsatz von gängiger Office-Software einschließlich Videokonferenzsystemen etc. aufgenommen werden. Es soll geprüft werden, ob ein Fach mit entsprechendem Themenbezug in die Lehrerausbildung aufgenommen werden kann.

Antrag 42/II/2021 Reinigung in Bildungseinrichtungen

9.11.2021

Die Sozialdemokratischen Mitglieder in Senat und Abgeordnetenhaus sowie in den Bezirksämtern und Bezirksverordnetenversammlungen werden aufgefordert sich dafür einzusetzen:

  •  dass ein landeseigenes Unternehmen beauftragt wird, die Gebäudereinigung in den Berliner Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen und bezirklichen Musikschulen von Fremd- auf Eigenreinigung umzustellen. Die erforderlichen finanziellen Mittel sind im Doppelhaushalt einzustellen.

 

Die Reinigungsleistung ist durch Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst nach Maßgabe der DIN Norm 77 400 zu ermöglichen. Die Reinigungskräfte sollen grundsätzlich einzelnen Einrichtungen zugeordnet werden. In begründeten Fällen können sie ausnahmsweise vorübergehend an anderen Orten eingesetzt werden.
Die Leistungskennzeichen (qm/h) sollen regelmäßig auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft werden. Das landeseigene Unternehmen gewährleistet bei der Personalplanung mindestens eine jährliche und antragsfreie Grundreinigung in den Einrichtungen sowie zusätzliche Reinigungsleistungen bei Baumaßnahmen.

Antrag 43/II/2021 50 Jahre BAföG: Umfassende Reformen jetzt!

9.11.2021

Als 1971 das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Deutschland eingeführt wurde, war dies mit dem Ziel geschehen, Chancengleichheit im deutschen Bildungswesen herzustellen und insbesondere jungen Menschen aus einkommensschwachen Familien ein Studium oder eine weiterführende Schulausbildung zu ermöglichen. Zieht man 50 Jahre später eine Bilanz, fällt diese jedoch ernüchternd aus.

 

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland besonders schlecht ab. Verglichen mit anderen Industrienationen sind Bildungsbiografien in Deutschland stark von der sozialen Herkunft abhängig. Haben die Eltern keine Berufsausbildung abgeschlossen, ist zum Beispiel auch die Wahrscheinlichkeit geringer, dass ihre Kinder einen solchen Abschluss erreichen. Darüber hinaus sinkt der Anteil der BAföG-Empfänger*innen seit Jahren kontinuierlich. Während kurz nach der Einführung noch fast 45 Prozent anspruchsberechtigt waren, erhielten im Jahr 2020 lediglich 11 Prozent aller Studierenden die Finanzierungshilfe. Aufgrund steigender Mietpreise und Inflation reicht der BAföG-Satz außerdem immer weniger zum Leben, insbesondere für Studierende in Großstädten.

 

Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit sind zentral für eine gerechtere Gesellschaft. Dass diese gar nicht bestehen, hat die Coronakrise, im Zuge welcher viele Jobmöglichkeiten für Studierende wegfielen und das BAföG bei weitem nicht ausreichte, deutlich gezeigt. Aus diesem Grund müssen wir unseren Forderungen nach einer auskömmlichen Studienfinanzierung weiterhin Nachdruck verleihen. Wir sind der Überzeugung, dass es weitreichende Reformen braucht, um den Hochschulzugang für alle junge Menschen zu eröffnen. Wir brauchen endlich eine bedarfsdeckende Studienförderung, die mehr jungen Menschen zugutekommt.

 

Wir fordern daher:

 

Das BAföG muss zum Leben reichen. Ein wichtiger Schritt ist die regelmäßige automatische Erhöhung der Bedarfssätze sowie die Zahlung eines Inflationsausgleichs. Eine solche automatische Erhöhung braucht zuerst einen Ausgangspunkt, die den tatsächlichen Kosten eines würdigen Lebens als Studierende entspricht. Davon sind die derzeitigen Bedarfssätze weit entfernt, wie die Sozialerhebung der Studierendenwerke und der Alternative BAföG-Bericht der Gewerkschaftsjugend immer wieder zeigen. Darum fordern wir, anhand eines studentischen Warenkorbs die tatsächlichen Kosten des Studiums ermitteln zu lassen und diesen Wert als Ausgangspunkt der künftigen automatischen Erhöhung zu veranschlagen. Dabei müssen unbedingt auch besondere Belastungen bedacht werden. Auch Mieten sind nicht überall gleich. Eine Wohnpauschale muss daher dem örtlichen Bedarf entsprechen. Zusätzlich zur Förderung braucht es eine bedarfsgerechte Pauschale für Lernmittel wie z. B. elektronische Geräte und Literatur.

 

Das BAföG muss mehr Studierende erreichen. In einem ersten Schritt müssen die Freibeträge weit überproportional angehoben werden, damit das BAföG wieder weiter in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht. Bis das System familienunabhängig aufgestellt ist, müssen die Elternfreibeträge massiv und relational zu Mittelstandseinkommen erhöht werden, um die Förderquote wieder deutlich anzuheben. Hierzu ist es notwendig, dass die Freibeträge der aktuellen Einkommensentwicklung regelmäßig automatisch angepasst werden, neben dem Einkommen auch Kredite, Hypotheken und Schulden der Eltern berücksichtigt werden, und die Berechnung von Unterstützung für Kinder von selbstständigen Eltern reformiert wird, sodass mehr junge Menschen eine Förderung erhalten. Wer in der Bundesrepublik Deutschland lernt, muss auch gefördert werden können. BAföG muss deshalb für alle zugänglich sein. Egal, was auf ihrem Pass steht. Auch für Schüler*innen ab der 10 Klasse fordern wir Zugang zu BAföG und zwar unabhängig davon, ob sie bei ihren Eltern wohnen oder nicht.

 

Das BAföG muss langfristig alle erreichen. Wir sind der Überzeugung, dass Bildung ein Grundrecht ist und Bildung für alle kostenfrei zugänglich sein soll. Wir lehnen außerdem die Vorstellung ab, dass junge Menschen auch nach dem Erreichen der Volljährigkeit noch von ihren Eltern finanziell abhängig sein müssen. Zumal die Realität zeigt, dass Eltern nicht immer zahlen, auch wenn sie müssten oder aufgrund eines Kontaktabbruchs nicht bereit sind, die Anträge ihrer Kinder auszufüllen. Für Studierende ist dies besonders prekär, da sie nur dann eine BAföG-Förderung erhalten würden, wenn sie den Rechtsweg wählen und ihre Eltern verklagen. Wir werden uns daher weiterhin für eine Öffnung hin zu einer elternunabhängigen Förderung einsetzen. Die Einführung des elternunabhängigen Bafög wird erheblich zur Entbürokratisierung beitragen und Verwaltungskosten reduzieren.

 

Das BAföG muss attraktiver und unbürokratisch werden. Viele Studierende, die anspruchsberechtigt wären, scheuen die komplizierten Anträge und die Bürokratie. Wir fordern daher, dass BAföG-Anträge vereinfacht werden. Wir fordern daher die Rückkehr zum Vollzuschuss, damit die Leistungen nicht mehr zurückgezahlt werden müssen.

 

Das BAföG muss flexibler werden. Die Förderungshöchstdauer ist derzeit auf die Regelstudienzeit begrenzt. Allerdings schafft es nur weniger als die Hälfte der Studierenden, ihr Studium rechtzeitig abzuschließen. Das liegt auch an den veränderten Anforderungen an Absolvent*innen. Ein Hochschulabschluss reicht in vielen Branchen nicht mehr für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Häufig müssen auch Praktika, Auslandsaufenthalte und ehrenamtliches Engagement nachgewiesen werden. Hinzu kommt, dass viele Studierende Care-Arbeit leisten oder gesundheitlich eingeschränkt sind. Damit alle Studierende nach ihren eigenen Vorstellungen studieren können und sich während ihres Studiums frei entfalten können, fordern wir die Abschaffung der Höchstförderungsdauer. Außerdem fordern wir, dass BAföG auch nach einem Studienfachwechsel, der nach dem dritten Semester erfolgt ist, weiterhin gezahlt wird.

 

Das BAföG muss gerechter werden. Das heißt für uns auch, dass wir grundsätzlich einen Ausbau der staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten für jungen Menschen in Ausbildungsberufen fordern. Dies gilt beispielsweise auch für das Meister*innen-Bafög. Insbesondere junge Menschen aus nicht-akademischen Familien studieren häufiger auf dem zweiten Bildungsweg und werden durch Altersgrenzen diskriminiert. Daher fordern wir, dass alle Altersgrenzen aufgehoben werden.

 

Die BAföG-Reform muss dabei eingebettet sein in einen größeren Strauß von Umverteilungsmaßnahmen wie etwa gerechteren Vermögens-, Einkommens- und Erbschaftssteuern.

 

Die SPD hat die Bundestagswahl 2021 als stärkste Kraft gewonnen. Eine Umfassende BAföG Reform, die u.A. die Rückkehr zum Vollzuschuss und eine elternunabhängige Zahlung beinhaltet, war auch Dank dem Druck der Jusos Teil des SPD-Wahlprogramms. Im Falle einer SPD-geführten Bundesregierung muss es die Pflicht der Partei und eines Bundeskanzler:innenamtes in sozialdemokratisch geführter Hand sein diese Reform umzusetzen. Um Millionen von jungen Menschen in Deutschland das historische Versprechen von Aufstieg durch Bildung zu garantieren, und um einer neuen Generation junger Menschen zu beweisen, dass eine sozialdemokratische Regierung für ihre Interessen einsteht

Antrag 51/II/2021 Demokratie bewahren! Faire Wahlen in Ungarn garantieren

9.11.2021

Wir fordern die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Europaabgeordneten dazu auf, sich bei der EU-Kommission für freie und faire Wahlen bei den kommenden Parlamentswahlen in Ungarn im Jahr 2022 einzusetzen. Aufgrund der Erfahrungen der beiden letzten Parlamentswahlen sollte bereits vor den Wahlen auf Folgendes hingewirkt werden:

 

  1. Kandidat*innen sollen sich schon vor dem Beginn der Wahlkampfperiode registrieren können, um rechtzeitig öffentliche Gelder für den Wahlkampf erhalten zu können.
  2. Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung, z.B. durch öffentliche Berichte, die ausreichend detailliert die Einnahmen und Ausgaben für Kandidat*innen und Parteien aufschlüsseln. Diese sollten spätestens einen Tag vor der Wahl in einem digitalen und durchsuchbaren Format einsehbar sein.
  3. Meinungsvielfalt in den Medien mit einem möglichst barrierefreien Zugang zu diesen, sowie die Wiederherstellung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit redaktionellem Pluralismus, einem transparenten Auswahlprozess bei der Benennung von leitenden Angestellten und einem transparenten und nachhaltigem Finanzierungssystem.

     

    Zudem soll es einen unabhängigen internationalen Wahlbeobachtungsprozess geben, welcher ausreichend unabhängige internationale Beobachter*innen insbesondere im ländlichen Raum zur Verfügung stellt, die den Wahlprozess begleiten und ihn unter Berücksichtigung internationaler Standards neutral und objektiv bewerten sowie gegebenenfalls etwaige Unregelmäßigkeiten offenlegen können.

    Antrag 52/II/2021 Menschenrechte grenzenlos: Für einen wirksamen Schutz von LSBTI-Rechten in der Außen- und Entwicklungspolitik

    9.11.2021

    Das Versprechen der Menschenrechte umfasst die Möglichkeit, die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität frei und ohne Angst zu leben sowie gleichberechtigt an der Gesellschaft teilzuhaben. Dieses Versprechen ist weit davon entfernt, eingelöst zu sein. Im Gegenteil: Weltweit sind lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt, in vielen Ländern sogar staatlicher Verfolgung und Kriminalisierung. Während vielerorts die Sichtbarkeit queerer Menschen steigt, kommt es teilweise auch zu gewaltsamen queerfeindlichen Backlashs.

     

    Für die Außen- und Entwicklungspolitik folgt aus diesem Befund ein klarer Handlungsauftrag. Ziel muss es sein, die Lage queerer Menschen zu verbessern und ihre Selbstbestimmung zu stärken. Dabei ist nicht moralisierendes Verurteilen gefragt, sondern gelebte Solidarität mit den Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Gewalt, Drohungen und Diskriminierung ausgesetzt sind. Wenn wir uns für die Rechte queerer Menschen einsetzen, dann wollen wir damit reale Veränderungen bewirken.

     

    Das im März 2021 vorgelegte LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt, um diesen Handlungsauftrag zu erfüllen und das Leitprinzip der Agenda 2030 – „Leave no one behind“ – in die Praxis umzusetzen. Das Konzept muss in der kommenden Wahlperiode mit Leben gefüllt, strukturell in der Arbeit der zuständigen Stellen verankert und mit den erforderlichen finanziellen Mitteln unterlegt werden.

     

    Die Covid-19-Pandemie hat den Druck auf queere Communities weiter verstärkt. Gerade jetzt muss unsere Priorität daher sein: “keep the movement alive”.

     

    Die SPD-Bundestagsfraktion sowie die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden daher aufgefordert, sich für folgende Maßnahmen einzusetzen:

     

    1. Das LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung muss operationalisiert und konsequent in die Praxis umgesetzt werden. Dazu zählen Konkretisierungen für spezifische Aufgaben und Politikfelder, einschließlich der Arbeit der Auslandsvertretungen. In diesem Rahmen sind im Dialog mit der Zivilgesellschaft konkrete Zielvorgaben zu entwickeln und regelmäßig zu überprüfen. Um die effektive Koordinierung der LSBTI-Menschenrechtspolitik sicherzustellen, muss eine klare Aufgabenzuweisung in den Ressorts und den Auslandsvertretungen sichergestellt sein.
    2. Die Stärkung der Menschenrechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen muss selbstverständlicher Teil der deutschen Außenpolitik sein. Dazu zählt auch, diese Themen sowohl auf Arbeitsebene als auch in hochrangigen Gesprächen bilateral gegenüber Partnerländern zu thematisieren und in internationalen Foren bei entsprechenden Themen eine Vorreiterrolle einzunehmen.
    3. Zentral für den Erfolg von LSBTI-Menschenrechtspolitik ist der Dialog mit Aktivist*innen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren in Partnerländern. Die Auslandsvertretungen sind hier in erster Linie gefordert, geeignete Foren und Formate zu schaffen, um einen solchen Dialog zu organisieren und einen kontinuierlichen Austausch zu ermöglichen. Ziel muss es sein, dass deutsche Auslandsvertretungen weltweit als LSBTI-freundliche und ansprechbare Orte wahrgenommen werden.
    4. Auf diesem Dialog aufbauend muss ein Schwerpunkt des außen- und entwicklungspolitischen Handelns der Bundesregierung  auf den Bedürfnissen von Aktivist*innen vor Ort liegen und sich nach Möglichkeit an ihren Prioritäten ausrichten. Im Rahmen von entwicklungspolitischen Maßnahmen sollten Aktivist*innen vor Ort über partizipative Strukturen Entscheidungs- und Gestaltungsmacht erhalten, um sicherzustellen, dass die beabsichtigte Unterstützung das Ziel erreicht und in ausreichendem Maße auf die Bedürfnisse der jeweiligen LSBTI-Communities zugeschnitten ist. Dazu kann auch eine partizipative Evaluierung bestehender Instrumente und Programme durch die Betroffenen zählen. Die Bundesregierung sollte sich im europäischen und internationalen Rahmen für einen Austausch von best practices einsetzen, um von den Erfahrungen anderer Geberländer – etwa den Niederlanden, Schweden und Kanada – profitieren zu können.
    5. Damit deutsche Unterstützung vor Ort ankommt, muss insbesondere kleinen und nicht registrierten Organisationen ein einfacher und unbürokratischer Zugang zu Fördermöglichkeiten gewährt werden. Dabei braucht es flexible Instrumente, einschließlich cash grants, die leicht auf die spezifischen Bedürfnisse von LSBTI-Aktivist*innen und -Communities zugeschnitten werden können. Auch Themen wie Wohnen, Bildung, Gesundheits- und Finanzdienstleistungen sollten dabei abgedeckt werden können.
    6. Daneben sind bestehende Programme und Instrumente kontinuierlich darauf zu überprüfen, ob sie hinreichend inklusiv gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen ausgerichtet sind. Bei Programmen, die nicht ausdrücklich auf queere Menschen ausgerichtet sind, muss mindestens das “do no harm”-Prinzip gelten. Insbesondere das BMZ soll innovative Maßnahmen zur Integration von queeren Menschen und ihrer Bedarfe in seinen Vorhaben fördern.
    7. Der Schutz von LSBTI-Menschenrechten muss sich auch beim Umgang mit queeren Geflüchteten beweisen. Hierzu muss die Bundesregierung sicherstellen, dass sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Fluchtgründe anerkannt werden und dies in der Praxis effektiv umgesetzt wird. Angesichts der Verfolgungs- und Unterdrückungserfahrungen queerer Menschen erfordert das einen besonders sensiblen Umgang – auch mit Blick auf die bisweilen berechtigte Angst, dass Angaben und Informationen weitergegeben und im Heimatland bekannt werden könnten. Wenn Geflüchtete im Heimatland die eigene sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität zu verheimlichen versucht und auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet haben, um Verfolgung zu entgehen, kann dies einem Schutzanspruch nicht entgegenstehen. Ein “Diskretionsgebot” darf es nicht geben, auch nicht durch die Hintertür. Die Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit bei Rückkehr anhand einer Prognose „diskreten“ Verhaltens lehnen wir ebenso ab wie den Verweis auf „interne Fluchtalternativen“ in Staaten mit LSBTI-feindlicher Gesetzgebung. Angesichts der oft massiven inneren Hürden, die mit einem Outing verbunden sind, dürfen Asylfolgeanträge nicht mehr mit der Begründung abgelehnt werden, dass sich die Asylsuchenden bereits im Erstverfahren hätten outen müssen.