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Antrag 154/II/2018 Mehr als nur ein Spiel - Lootboxes systematisch durch die Glücksspielaufsicht auf das Vorhandensein von Glücksspielelemente überprüfen lassen

11.10.2018

Im Laufe der letzten Jahre hat die Videospielbranche massiv an Bedeutung gewonnen. Die Umsätze dort sind inzwischen weit über denen von anderen Medien wie zum Beispiel dem Fernsehen. Im Zuge dieses massiven Zuwachses wird auf Seiten der Entwickler*innen auch fleißig daran gearbeitet, mit möglichst vielen Aspekten dieser Spiele den Profit der Unternehmen zu maximieren. Ein immer bedeutsamerer Teil geht dabei auf die sogenannten „Lootboxes“ zurück. „Lootboxes“ bezeichnen dabei im Spiel erhältliche Elemente, bei denen der Inhalt, der der Nutzer*in ausgespuckt wird, rein zufällig bestimmt wird. Die Nutzer*in hat somit keinerlei Einfluss auf die „Preise“, die sie im Zuge dieser Transaktion zugesprochen bekommt.  Damit bedienen sie sich des Prinzips des klassischen Glücksspiels, bei dem Gewinn oder Verlust ebenfalls nicht durch die Spieler*in kontrollierbar sind.

 

Zwar können diese „Lootboxes“ manchmal auch direkt mit der Währung innerhalb des Spieles gekauft werden und es entsteht dadurch keine Gefahr eines finanziellen Verlustes, oft bietet sich jedoch auch die Möglichkeit, diese in Form von Geld zu erwerben. In manchen Fällen ist es sogar möglich, diese gar später auf einem digitalen Marktplatz für Geld in Form von Guthaben zu verkaufen. Dabei sind es besonders Minderjährige oder Suchtanfällige, die diesem Prinzip zum Opfer fallen und so in manchen Fällen leicht einen vierstelligen Betrag im Monat für „Lootboxes“ ausgeben. In vielen dieser Fälle führt dies wie bei einer „klassischen“ Spielsucht auch zu einer Abwärtsspirale, an deren Ende oft massive Schulden und die daraus resultierenden sozialen Folgen stehen.

 

Zwar wurde diese Thematik in bereits von der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten aufgegriffen, ob „Lootboxes“ gegen das Verbot von Kaufappellen an Kinder und Jugendliche verstoße. Diese Untersuchung führt allerdings an der eigentlichen Problematik vorbei. Die Problematik besteht primär darin, dass es für diese Art der Transaktion keinerlei Rechtsprechung gibt und damit auch keine juristische Literatur dies behandelt. Dies macht die Ausnutzung durch Publisher sehr einfach, da sie keinerlei juristische Konsequenzen zu fürchten haben. Andere Länder wie die Niederlande oder Belgien sind dort bereits weiter und haben bestimmte Formen von Lootboxes als Glückspiel eingestuft. Deshalb fordern wir folgende Maßnahmen, um die Unklarheiten bezüglich der Legalität solcher Angebote klären zu können:

 

  • Sämtliche für Echtgeld erwerbbaren Spielelemente, deren Inhalt und Umfang vom Zufall abhängig sind sollen durch das Bundesjustizministerium dahingehend überprüft werden, ob diese in bestimmten Formen  den Mechaniken des klassischen Glückspiels gleichen. Es soll eine Methode gefunden werden, diese zu regulieren.
  • Spiele, die In-Game-Zahlungen enthalten, sollen dahingehend grundsätzlich einer Altersfreigabeprüfung unterzogen werden. Alle Spiele, die In-Game-Zahlungen enthalten, sollen eine Altersfreigabe FSK18 erhalten

 

Die Definition von Glückspiel soll dahingehend überprüft werden, inwiefern sie die durch die Digitalisierung entstandenen Praktiken wie beispielsweise die angesprochenen „Lootboxes“ noch zeitgemäß ist. Sollte im Zuge dieser Untersuchung festgestellt werden, dass dies nicht der Fall ist, muss eine schnellstmögliche Überarbeitung entwickelt werden, die die Anforderungen der heutigen Zeit erfüllen kann.

Antrag 148/II/2018 Regulieren statt Kriminalisieren: Eine neue Cannabispolitik ist nötig!

11.10.2018

Die auf Verboten und Kriminalisierung basierende aktuelle Cannabispolitik ist gescheitert. Einerseits wirkt sie nicht präventiv, andererseits geht sie an der Lebenswirklichkeit vorbei und stigmatisiert Verbraucherinnen und Verbraucher durch Kriminalisierung.

 

Mehrere Millionen Menschen in Deutschland konsumieren im Jahr mehr oder weniger häufig Cannabis.

 

Die Verfolgung von Konsumentinnen und Konsumenten bindet wichtige Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen. Nutzen und Kosten stehen heute in keinem Verhältnis zueinander. Pro Jahr gibt es in Deutschland über 150.000 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Cannabis, die fast alle im konsumnahen Bereich geführt werden. Drei Viertel dieser Fälle werden letztlich eingestellt. Ein immenser Aufwand ohne Wirkung!  Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht die bisherige Drogenpolitik als nicht zielführend an, ja als gescheitert. Eine repressive Cannabispolitik hält die Bevölkerung nicht vom Konsum ab, dafür aber unsere Polizei und Justiz von ihrer Arbeit. Ein Verbot führt nicht offensichtlich zwingend zu mehr Schutz, sondern kann genau den gegenteiligen Effekt haben und die gesundheitlichen Gefahren für die betroffenen Menschen sogar erhöhen.

 

Letztlich zeigen die Kriminalstatistiken auch, dass ein Cannabis-Verbot weder das Angebot verringert, noch die Nachfrage senkt. Konsumenten sind derzeit dem unkontrollierten Schwarzmarkt ausgeliefert. Von diesem profitieren dubiose Schwarzhändler*innen, die zudem den Stoff auf Kosten der Gesundheit ihrer Kund*innen mit Blei oder Kleber strecken. Die derzeitige Verdrängung von Cannabiskonsumentinnen und – konsumenten in die Illegalität befördert den Kontakt zu kriminellen DealerInnen und erhöht das Risiko mit harten Drogen in Berührung zu kommen. Auch deshalb brauchen wir für Marihuana seriöse Abgabeorte mit seriöser Beratung, wie beispielsweise in Apotheken oder anderweitigen lizensiert Abgabestellen. Eine so regulierte Legalisierung würde dem Schwarzmarkt die Grundlage entziehen und gleichzeitig mehr Verbraucher*innenschutz bieten.

 

Ein weiterer Punkt, der für die „regulierte Legalisierung“ spricht, sind die positiven Effekte für die Gesundheitspolitik und Präventionsarbeit. Solange Marihuana rauchen verboten ist, kommen wir viel schwerer an die Betroffenen heran. Dies gilt insbesondere für die stark gefährdete Gruppe der Jugendlichen, denn gerade in diesem Alter kann der Cannabiskonsum die Gehirnentwicklung negativ beeinflussen. Und das muss dringend in den Schulen stärker thematisiert werden.

 

Mit den durch die Einrichtung von Modellprojekten freigewordenen Mitteln sollen nicht nur Präventions- und Interventionsprojekte gefördert und ausgebaut werden. Für ebenso wichtig halten wir es, dass auch das bestehende Suchthilfesystem ausgebaut wird und die nun bessere Erreichbarkeit von Suchterkrankten so genutzt wird.

 

Natürlich soll es auch zukünftig ein uneingeschränktes Abgabeverbot für Cannabis an Kinder und Jugendliche geben. Das ist bei Alkohol und Tabak – völlig zurecht – ja nicht anders. Zudem muss der Jugendschutz gestärkt werden. Auch muss ein Mindestabstand von Cannabisgeschäften zu Schulen, Kitas und Jugendhilfeeinrichtungen sichergestellt werden. Aber die Stigmatisierung von Marihuana hat noch keinem suchtgefährdeten Jugendlichen weitergeholfen und wird dies auch in Zukunft nicht tun. Stattdessen verhindert das Verbot den Zugang von Jugendlichen zur Prävention, was Pädagog*innen immer wieder beklagen. Die Fachstellen für Suchtprävention kritisieren zurecht, dass die vorherrschende Rechtslage das Erreichen ihrer Zielgruppen erschwert. Es ist für uns daher ein Gebot des gesunden Menschenverstandes, in Suchtfragen nicht die Strafe, sondern die Fürsorgepflicht in den Mittelpunkt der Politik zu stellen.

 

In Berlin wollen wir die Einführung der kontrollierten Abgabe von kontrolliert angebautem Marihuana. Vielleicht vergleichbar den staatlichen Alkoholgeschäften in Norwegen. Um dies umzusetzen, arbeiten wir in Berlin mit der rot-rot-grünen Koalition an einem Modellprojekt für die kontrollierte Abgabe an Erwachsene im Rahmen eines wissenschaftlichen Modellprojekts. Bestehende Werbeverbote werden wir dabei erhalten.

 

Allerdings zeigen die bisherigen Erfahrungen aus anderen Kommunen und Bundesländern dass das geplante Modellprojekt ohne eine umfassende Reform des Bundesrechts nicht einfach umsetzbar sein wird: Alle bisherigen Anträge sind seitens der derzeit für die Genehmigung zuständige Bundesamt abgelehnt worden, natürlich werden wir in Berlin dennoch einen neuen Antrag erarbeiten und vorlegen. Zur Stärkung der Rechtsicherheit wollen wir erreichen, dass sich das Land Berlin im Bundesrat und auf allen politischen Ebenen sich aktiv erneut dafür einsetzt als Sofortmaßnahme der neuen Bundesregierung eine Änderung des Bundesrechts insofern durchzuführen, dass die Entscheidung über die Genehmigung regionaler wissenschaftlich begleitete Modellprojekte auf Landesebene übertragen wird.

 

Die SPD-Mandatsträger*innen auf Bundesebene sowie SPD-Bundesparteitagsdelegierten werden aufgefordert, auf Bundesebene zu beschließen, dass

  • national wie international die rechtlichen Grundlagen für eine staatlich kontrollierte Produktion und Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene und deren legalen Besitz zu schaffen, die den Anforderungen des Gesundheits-, Verbraucher- und Jugendschutzes in Bezug auf Produktion und Vertrieb Rechnung trägt; Der Berliner Senat wird im Bundesrat gemeinsam mit anderen Ländern erneut einen Antrag einbringen, das Betäubungsmittelgesetz entsprechend ändert.
  • auf eine ausreichende finanzielle/personelle Ausstattung von Drogenpräventions- und Interventionsprojekten (insbesondere im Jugendbereich) hinzuwirken und entsprechende Maßnahme zu intensivieren; Dazu sollen u.a. die finanziellen Mittel verwendet werden, die durch eine wegfallende Verfolgung von Konsumentinnen und Konsumenten frei werden.
  • in einem Zwischenschritt durch eine sofortige Änderung der entsprechenden bundesrechtlichen Grundlagen unmittelbar den Bundesländern das Recht zu geben, auf Landesebene über Durchführung und Zulassung wissenschaftlicher Modellprojekte zur Abgabe von Cannabis an erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten in z.B. besonders qualifizierten Fachgeschäften mit Beratung zu ermöglichen bzw. die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Genehmigung eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes nach § 3 Absatz 2 Betäubungsmittelgesetz wesentlich zu vereinfachen, um wissenschaftliche Modellprojekte auf Landesebene in der Regel zu ermöglichen.
  • Innerhalb der Modellprojekte muss eine Besteuerung ähnlich der Alkohol- und Tabaksteuer angestrebt werden, bestehende Werbeverbote bleiben bestehen, wodurch der Jugendschutz und die Prävention gestärkt werden.
  • Sobald die Modellprojekte geplant und umgesetzt werden, sollen die Landesregierungen einen Erfahrungsausaustausch der jeweiligen regionalen, nationalen und auch internationalen Projekte bzw. Modellprojekte gewährleisten.
  • Um die Gleichbehandlung legaler Drogen wie dann Cannabis, Alkohol und Tabak zu gewährleisten soll außerdem ein realistischer Grenzwert für die Konzentration von THC im Blut festgelegt werden unter dem das Fahren eines Kraftfahrzeugs wie bei Alkohol straffrei möglich ist. ALs Beispiel kann die Schweiz dienen, wo der Grenzwert bei drei Nanogramm THC pro Milliliter Blut liegt. Hierzu muss die StVG entsprechend geändert werden.
  • Analog zur Alkoholproduktionsregulierung soll der private Anbau zum Eigenbedarf zugelassen werden.

 

Antrag 211/II/2018 Dem Verursacher*innenprinzip endlich gerecht werden!

11.10.2018

Diesel-Nachrüstungen auf Kosten der Produzentinnen und Produzenten!

Wir fordern die Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion sowie die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung dazu auf, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass jene Dieselfahrzeuge, die zum Führen einer grünen Umweltplakette berechtigt sind, allerdings nicht den derzeit geltenden Umweltstandards (EURO 6) entsprechen, auf Kosten der Herstellerinnen und Hersteller, daraufhin nachzurüsten sind. Diese Nachrüstungen verstehen wir als Hardware-Nachrüstungen und nicht als Software-Updates. Ziel muss es sein, unabhängig von eventuell drohenden Fahrverboten in Städten, alle betroffenen Fahrzeuge entsprechend nachzurüsten.

Antrag 184/II/2018 Berliner ÖPNV weiter denken – Tram, S-Bahn UND U-Bahn ausbauen!

11.10.2018

Berlin wächst – auch im Bereich des ÖPNV. Die Nachfrage im Berliner ÖPNV nimmt seit mehr als zehn Jahren konstant zu. Dabei macht die Zunahme des Binnenverkehrs innerhalb des S-Bahn Rings absolut und relativ den größten Teil des Wachstums aus. Außerhalb des S-Bahn Rings konnte der ÖPNV in den letzten Jahren die Nutzung seines Angebots trotz steigenden Bedarfs faktisch nicht erhöhen. Wir wollen, dass das Angebot und die Nutzung des ÖPNV in der gesamten Stadt zügig wächst und an jedem Ort eine attraktive Alternative zum eigenen Auto ist. Nur so kann das Ziel einer nahezu vollständigen Dekarbonisierung des Verkehrssektors erreicht werden.

 

Eine zentrale Rolle spielt dabei der Ausbau des Straßenbahnnetzes. Straßenbahnen fahren ruhiger, sind damit für die Fahrgäste komfortabler und haben eine deutlich höhere Kapazität als Busse. Insbesondere wenn sie baulich vom Autoverkehr getrennt sind, erreichen sie eine deutlich höhere Fahrtgeschwindigkeit. Im Vergleich zur U-Bahn ist der Ausbau um ein Vielfaches günstiger und schneller zu realisieren. Der Verkehrsträger Tram ist daher besonders dort gefragt, wo Buslinien an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und Neubaugebiete zügig an den ÖPNV angeschlossen werden müssen. Im Westteil der Stadt besteht dabei ein besonderer Nachholbedarf.

 

Angesichts des massiven Wachstums der Stadt und der guten finanziellen Haushaltslage muss jedoch auch ein Ausbau des U-Bahnnetzes in Angriff genommen werden. U-Bahnen können deutlich mehr Fahrgäste transportieren, sind wetterunabhängig und daher besonders zuverlässig. Im Vergleich zur Straßenbahn können mit der U-Bahn auch längere Strecken in kürzerer Zeit zurückgelegt werden. Während die im ehemaligen Westteil der Stadt gelegenen Stadtquartiere ­­– insbesondere in zentralen Lagen – bereits gut an das U-Bahnnetz angebunden sind, sind die östlichen Bezirke teilweise nur schlecht oder gar nicht versorgt. Nur etwa ein Viertel der momentan 192 Stationen befinden sich im ehemaligen Ostteil der Stadt. Wer will, dass auch weite Strecken zügig absolviert werden können und der ÖPNV auch in den Außenbezirken eine attraktive Alternative zum eigenen Auto ist, muss neben dem Straßenbahn- und S-Bahn- auch das U-Bahnnetz ausbauen. Außerhalb der dichtbebauten Stadtmitte mit ihrer geologisch schwierigen Ausgangssituation besteht das Potential U-Bahnbauten kostengünstiger zu realisieren, als es bei der U5 Unter den Linden der Fall ist. Auch die S-Bahn muss weiterhin ein wichtiges Verkehrsmittel bleiben, sie ist die effektivste Möglichkeit auch Pendler*innen von Außerhalb, ohne Individualverkehr in die Stadt zu bringen. Dabei muss sowohl auf eine Steigerung der Qualität geachtet werden, aber auch auf einen weiteren Ausbau der Strecken und Takte. Insbesondere die Wiederinbetriebnahme von Strecken, die durch die Teilung stillgelegt wurden, sind vergleichsweise einfach umzusetzende, erste Maßnahmen.

 

Die Einwohner*innenzahlen Berlins steigen rasant. Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt ist äußerst positiv. Die Haushaltslage bietet die Chance auch langfristige Projekte in Angriff zu nehmen.

Daher fordern wir:

  • Einen zügigen und konstanten Ausbau des Straßenbahnnetzes. Buslinien mit einem hohen Fahrgastaufkommen müssen mittelfristig wo möglich vollständig durch Straßenbahnen ersetzt werden, soweit möglich, getrennt vom Autoverkehr. Der Wiederausbau im Westteil der Stadt darf sich nicht nur auf die Gebiete innerhalb des S-Bahn Rings konzentrieren. Für die bereits bestehenden Straßenbahnlinien müssen die Voraussetzungen für eine zügige Verdichtung des Takts geschaffen werden.
  • Einen gleichzeitigen Ausbau des S- und U-Bahnnetzes. Die von der Senatsverwaltung für Verkehr bereits anvisierten Verlängerungen der U8 in das Märkische Viertel und der U6 zum geplanten Stadtquartier auf dem Flughafen Tegel sollen realisiert werden. Auch weitere Ausbaumaßnahmen sollen zeitnah geprüft, konkretisiert und umgesetzt werden. Grundlage sollen die im Flächennutzungsplan von 2016 enthaltenen Planungen sein. Neben dem Ausbau muss auch der Neubau von S- und U-Bahnstrecken in Angriff genommen werden. Die existierenden Planungen, etwa für U-Bahnlinien vom Hauptbahnhof nach Marzahn und von Potsdamer Platz nach Falkenberg sowie für eine S-Bahnlinie von Springfuhl nach Spindlersfeld sollen konkretisiert und vorangetrieben werden. Auch der komplette Neubau von Linien im Ostteil der Stadt muss bereits jetzt in Angriff genommen werden. Die existierenden Planungen für Strecken vom Hauptbahnhof über Landsberger Allee nach Marzahn sowie vom Potsdamer Platz über Weißensee nach Falkenberg sollen konkretisiert und vorangetrieben werden. Die Anbindung schon bestehender, aber nicht genutzter Tunnel und Bahnhöfe soll geprüft und wenn möglich in das Netz integriert werden.  

 

Wir wollen die nahezu vollständige Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Gleichzeitig wollen wir allen Menschen in unserer Stadt ein attraktives Mobilitätsangebot jenseits des Autos bieten. Um dies zu erreichen, dürfen die verschiedenen Träger des ÖPNV nicht weiter gegeneinander ausgespielt werden. Berlin braucht einen Ausbau von Straßenbahnen, S-Bahnen und U-Bahnen.

Antrag 96/II/2018 Für eine angemessene Erhöhung des BAföG-Wohngeldsatzes!

11.10.2018

Ein Zimmer in Berlin für weniger als 250 Euro – die Nadel im Heuhaufen!

 

Der Zuschlag für die Wohnkosten wird beim Ausbildungsförderungsgesetz des Bundes, kurz BAföG, ausschließlich in Form einer Wohnpauschale gewährt, die derzeit 250 Euro im Monat beträgt, die Höhe der tatsächlichen Miete, die Studierende zahlen müssen, wird also nicht berücksichtigt.

 

Im Jahr 2017 ergab eine Erhebung des Deutschen Studentenwerks, dass in Deutschland nicht einmal für jede*n zehnten Student*in ein Wohnheimplatz zur Verfügung steht, in Berlin sogar nur für jede*n zwanzigste*n. Die Unterbringung in einem kleinen Zimmer eines Studierendenwohnheims ist aber beinahe die einzige Möglichkeit. Die Durchschnittsmiete in Studierendenwohnheimen liegt mit 240 Euro deutschlandweit knapp unter dem Wohnanteil des Bafögs, die Mieten in den Wohnheimen der Studierendenwerke kosten allerdings bis zu 640 Euro. Private Wohnheime haben in den meisten Fällen Mieten von über 350 Euro.

 

Ab dem Jahr 2015 hat der Bund auch die vorher 35%, die die Länder finanzierten, übernommen, womit die Zustimmungspflicht des Bundesrats entfiel. Somit liegt die Zuständigkeit für die Erarbeitung einer BAföG-Reform nun eindeutig beim Bund.  Im Koalitionsvertrag der Unionsparteien und der SPD auf Bundesebene wird reichlich wolkig eine Reform des BAföG angekündigt: „Das Ausbildungsförderungsgesetz des Bundes (BAföG) wird ausgebaut und die Leistungen werden deutlich verbessert.“ Laut dem bildungspolitischen Sprecher der SPD soll bis zum Wintersemester 2019/2020 die BAföG-Reform in Kraft treten und u.a. eine Vereinfachung des Antragsverfahrens beinhalten sowie eine Anpassung der Verschuldungsgrenzen. Das kann uns aber nicht genug sein! Wir fordern, dass sich der BAföG-Wohngeldsatz am örtlichen Wohnungsmarkt orientiert und somit in Städten mit hohen Mieten auch höher ausfällt. Die Pauschale ist ungerecht, da sie Studierende, die aufgrund des geringeren Einkommens ihrer Eltern BAföG beziehen (müssen), zusätzlich benachteiligt: Wenn diese Studierenden aus eher einkommensschwachen Elternhäusern in einer teureren Stadt studieren möchten, müssen sie einen deutlich höheren Anteil ihres verfügbaren Einkommens in die Miete investieren, beispielhaft hätte jemand, der den BAföG- Höchstsatz ohne die Versicherungszuschläge bekommt (650€), bei 350€ Miete für ein Zimmer – und das ist wie oben erläutert für Berliner Verhältnisse moderat – noch 300€ im Monat zum Leben, wovon allerdings auch der Semesterbeitrag (ca. 50€ auf den Monat gerechnet) bezahlt werden muss – es verblieben 250 Euro, also gerade einmal 60% des Hartz 4- Regelsatzes (416€) – der ja eigentlich das Existenzminimum darstellen soll. Somit sind diese weniger finanzkräftigen Studierenden oft gezwungen, neben dem Studium zu jobben, nicht um sich „etwas leisten“ zu können, sondern schlicht zur Deckung der Lebenshaltungskosten.

 

Ein Lichtblick verschwindet im schwarzen Loch

 

Erst vor vier Monaten brachte die rot-rot-grüne Regierung Berlins im Bundesrat zwei Initiative ein, die zum einen eine Anhebung der Wohnpauschale auf 300 Euro sowie die Möglichkeit für Studierende in teureren Wohnlagen, wo der pauschale Betrag nicht kostendeckend ist, zusätzlich 100 Euro zu beantragen forderte und zum anderen u.a. die Erhöhung von Bedarfssätzen, Freibeträgen und die Angleichung des Satzes an die Lohn- und Preisentwicklung. Beide Vorstöße sind sehr begrüßenswert! Allerdings fanden sie keine Mehrheit im Bundesrat, da die Länder mit Unionsregierungsbeteiligung nicht für die Initiativen stimmten. Auch der Plan der Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU), erst zu ergründen, warum die Anzahl der BaföG-Empfänger*innen zurückgegangen ist, lässt einen einen wortwörtlich schwarz sehen in Bezug auf eine schnelle und umfassende Reform des BaföG. Während die CDU Bildungsministerin als Grund für den Rückgang der Anzahl der BaföG-Empfänger*innen die gute Wirtschaftslage und die gestiegenen Einkommen  der Eltern sieht, steht für uns Jusos fest, dass eine schnelle Reform des BaföG notwendig ist, wenn so wie heute 67% der Studierenden einen Nebenjob als anteilige Finanzierung ihres Lebensunterhalts ausüben.

Der Gedanke, der ursprünglich hinter der Einführung des BAföG stand, nämlich der der Chancengleichheit im Bildungswesen, die auch Kindern einkommensschwacher Eltern ermöglicht, an universitärer Bildung teilzuhaben, ist und bleibt ein ursozialdemokratischer! Die durch die hohen Mietpreise in Großstädten, wie Berlin bedingte Erosion dieser bisher ohnehin nur unzulänglich verwirklichten Chancengleichheit ist für uns nicht hinnehmbar – der Handlungsbedarf besteht im Hier und jetzt!

Wir fordern, dass bis zu der dringend nötigen Anpassung des Wohngelds im BAföG die sozialdemokratisch geführten Länder mit gutem Beispiel voran gehen und die zusätzlichen Kosten einer Erhöhung der Wohnpauschale entsprechend des vom Land Berlin im Bundesrat eingebrachten Gesetzesantrags selbst tragen. Natürlich kann die Anpassung des BaföG-Satzes nicht die endgültige Lösung sein.

Parallel zu dieser kurzfristigen Förderung der Studierenden, die akut ihre prekäre Lage am Wohnungsmarkt verbessern soll, muss selbstverständlich auf mittelfristige Sicht wieder ausreichend bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, damit die Mieten in Zukunft nicht weiter steigen, sodass immer höhere BAföG-  Wohngeldsätze nötig werden, sondern sich auf einem niedrigeren Niveau stabilisieren. Mehr geförderte Wohnungen, die zu sozialverträglichen Konditionen vermietet werden können, helfen nicht nur Studierenden, sondern auch Azubis und anderen Geringverdienern und sind somit das gesamtgesellschaftliche Ziel einer sozialdemokratischen Wohnungspolitik. Langfristig soll bezahlbarer Wohnraum für Studierende neu errichtet werden, indem die Länder die Studierendenwerke entsprechend finanziell ausstatten.

 

Insgesamt fordern wir daher,

– die SPD-Bundestagsfraktion auf, sich für eine weitreichende Reform des BAföG einzusetzen, die beinhaltet, dass die Wohnpauschale zugunsten eines am örtlichen Wohnungsmarkt orientierten Wohngeldsatzes ersetzt wird.

– die sozialdemokratisch geführten Bundesländer und die SPD-Abgeordneten der Landesparlamente auf, sich dafür einzusetzen, dass die Landesregierungen bis zum Inkrafttreten der oben genannten Reform die Wohnpauschale entsprechend des im Bundesrat eingebrachten Gesetzesantrags auf Landesebene selbstständig ergänzend erhöht. Die entsprechenden Kosten werden durch die Landeshaushalte getragen.

– Auf der anderen Seite hat die öffentliche Hand dafür zu sorgen, dass die Mieten öffentlicher Studierendenwohnheime die Wohnkostenpauschale nicht überschreiten.