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Antrag 108/II/2021 Lieber VBB statt Paigo.de

9.11.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und im Abgeordnetenhaus sind aufgefordert auf die Umsetzung der folgenden Punkte hinzuwirken:

  1. Der VBB richtet ein Verfahren ein durch das festgestellt wird, ob ein*e Kund*in nach Feststellung einer „fahrscheinslosen“ Benutzung des ÖPNV, eine Fahrtberechtigung hat. Das bedeutet eine automatisierte Prüfung ob zwischen Kund*in und VBB ein Vertrag besteht. Erst wenn die Feststellung negativ ausgeht, erhalten Kunden eine Zahlungsaufforderung. Dies betrifft insbesondere Abonnent*innen einer Zeitkarte („Fahrcard“), eines Schüler*innentickets, eines Studierendenausweises oder eines Azubi-Tickets. Im Zweifel sind die datenschutzrechtlich gebotenen Voraussetzungen in der allgemeinen Beförderungsbedingung des VBB zu schaffen.
  2. Dem VBB zu untersagen mit privaten Inkassounternehmen, wie Paigo.de zusammenzuarbeiten, also das Eintreiben des erhöhten Beförderungsentgelts zu privatisieren. In dem Zuge sind Inkassogebühren auf das notwendige Minimum zu reduzieren und transparent in der allgemeinen Beförderungsbedingung zu regeln.
  3. Einen Verhaltenskodex für Kontrolleur*innen zu erarbeiten und durchzusetzen und das Outsourcing der Fahrscheinkontrollen zu beenden.
  4. Wir halten an unserer Beschlusslage fest. Wir Jusos fordern einen fahrscheinlosen, barrierefreien und beitragsfinanzierten ÖPNV.

 

Antrag 109/II/2021 Südausgang des S-Bahnhofs Westend endlich wieder eröffnen

9.11.2021

Die Mandatsträger*innen der SPD auf Bezirks- und Landesebene werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Südausgang des S-Bahnhofs Westend südlich des ehemaligen Parexel-Gebäudes zur Straße „Am Bahnhof Westend“ endlich wieder eröffnet wird.

Antrag 12/II/2021 Der Kulturstandort Deutschland muss krisensicher gemacht werden

9.11.2021

In Deutschland leben ungefähr 1,8 Millionen Menschen, die dem Kultursektor angehören. Was aber nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass das Erschaffen von Kunst und Kultur auch Arbeit ist. Arbeit, die in den meisten Fällen auf selbstständiger bzw. freiberuflicher Basis erfolgt, wodurch alle anfallenden Kosten (Miete(n), Materialkosten, Produktionskosten, Fahrtkosten, Versicherungsbeiträge etc.) von ihnen eigenständig und im vollen Umfang getragen werden müssen. Um diese Kosten Decken und zusätzlich dazu auch noch Umsatz generieren zu können, sind viele Künstler*innen auf öffentliche Auftritte vor Publikum angewiesen. Entfallen diese Auftritte, bleiben sie auf diesen und ggf. weiteren Kosten sitzen.

Die Corona-Krise hat gezeigt, wie sehr Künstler*innen von diesen Auftritten abhängig sind und auch, wie schnell sie diese Abhängigkeit in eine wirtschaftliche und soziale Notsituation bringen kann. Aufgrund der Übertragungsart der Viren mussten seit dem Beginn der Pandemie zahlreiche Konzerte, Lesungen, Konzerte und sonstige Auftritte vor einem Publikum abgesagt werden. Auf bereits getätigte Vorauszahlungen blieben viele der Künstler*innen sitzen. Weitere Einnahmen blieben ebenfalls aus. Die Bundesregierung hat zwar eine Künstler*innensoforthilfe bis zum 31.03.2021 ausgelobt. Doch diese einmalige Zahlung erfolgte zum einen mit großer Verspätung und vermochte es bei vielen nicht, die laufenden Kosten abzudecken. Für viele blieb daher nur die Möglichkeit der Verschuldung.

Gerade in einer Metropole wie Berlin leben und wirken besonders viele Kulturschaffende. Dadurch ist die prekäre Situation vieler Künstler*innen besonders hier stark spürbar gewesen. Ein Ende der Pandemie und der daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen gerade für den Kulturbereich ist nach aktuellem Stand noch nicht vollends absehbar. Unklar bleibt daher auch die Situation vieler Künstler*nnen in Berlin und Deutschland. Daher setzen wir uns besonders stark für Künstler*innen ein.

Es gilt allerdings nicht nur Künstler*innen während der aktuell laufenden Pandemie zu unterstützen. Daher muss auch die Kulturbranche für eventuelle Extremsituationen vorab abgesichert werden. Denn die Kultur- und Kreativwirtschaft leistet mit rund 174 Milliarden Euro Umsatz jährlich nicht nur einen wichtigen Beitrag für die deutsche Wirtschaft, sondern erhält und entwickelt auch die kulturelle Vielfalt in unserem Land.

Wir fordern daher:

  • Die Einführung einer monatlich ausgezahlten Grundsicherung für selbstständige Kunstschaffende in Ausnahmesituationen wie Pandemien, die ohne Antrag und sofort bei Feststellung einer Ausnahmesituation ausgezahlt wird. Sie gilt sofort und als Überbrückung zu dem von uns schon gefordertem Bürgergeld. Die Grundsicherung soll den täglichen persönlichen Bedarf während des beruflichen Ausfalls abdecken (Miete, Nebenkosten, Unterhaltskosten etc.). Diese Zahlung kann beansprucht werden, sollte die Ausführung der Arbeit auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Diese Grundsicherung wird nur über einen begrenzten Zeitraum hinweg gewährt. Eine Verlängerung kann aber beantragt werden. Träger der Grundsicherung soll mittelfristig die Künstlersozialkasse (KSK) sein. Dazu muss der Zugang zur KSK für alle künstlerischen Berufe und Arbeitsverhältnisse niedrigschwellig geöffnet werden und mittels einer Einmalzahlung die KSK angemessen ausgestattet werden, um ein entsprechendes Leistungsniveau bieten zu können. Kurzfristig soll das Land Berlin mit gutem Beispiel vorangehen und eine entsprechende Stelle auf Landesebene schaffen.
  • Staatliche Ersatzleistungen für pandemie- oder ähnliche krisenbedingte Ausfälle von Veranstaltungen. Z.B. im Falle von geleisteten Vorauszahlungen durch Künstler*innen (Materialkosten, Fahrtkosten etc.) für Auftritte, Ausfall der Künstlergage etc. Die Ersatzleistung soll dabei in erster Linie marktwirtschaftlich schwachen Künsterl*innen zugutekommen, wie Solo-Selbstständigen, Kollektiven und kleineren Veranstaltungsfirmen. Um dieses Ziel zu erreichen muss die Ersatzleistung im Gesetzgebungsverfahren mit geeigneten Bedingungen wie einer Höchstsumme pro Einzelzahlung oder einer Staffelung nach Umsatz der Antragsteller*innen ausgestaltet werden.
  • Die Befreiung der Kommunen von ihren (Alt)Schulden, um ihnen mehr finanzielle Möglichkeiten zu geben und Kultur auf lokaler Ebene zu fördern.
  • Eine staatliche Übernahme der Versichertenbeitragszahlung zur Künstlersozialkasse nach Feststellung einer Ausnahmesituation.

Antrag 45/I/2021 Für eine gemeinsame europäische Rüstungsexportpolitik

21.03.2021

Der Landesparteitag/Bundesparteitag begrüßt und teilt die von der Bundestagsfraktion in ihrem Positionspapier vom 25.11. 2019 Schärfung der  Kontrolle und Genehmigung von Rüstungsexporten – europäische Abstimmung intensivieren  vorgenommene Bewertung, dass die vom Bundeskabinett am 26.6.2019 neu gefassten „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ nicht ausreichen, die Lücke zwischen den seit Jahrzehnten von der deutschen Politik vertretenen Grundsätzen einer restriktiven Rüstungsexportpolitik und der tatsächlichen Genehmigungspraxis für Rüstungsexporte und deren Kontrolle zu schließen.

 

Wir unterstützen die an diese Diagnose geknüpften Forderungen der Bundestagsfraktion, die praktische Umsetzung dieser Grundsätze  durch eine Rüstungsexportkontrollgesetz und weitere Maßnahmen zur Sicherung der rechtlichen Verbindlichkeit der Vorgaben für Rüstungsexporte und der Wirksamkeit der Kontrollen der tatsächlich getätigten Rüstungslieferungen zu gewährleisten.

 

Wir erkennen an, dass die von der Bundestagsfraktion in ihrem Papier aufgestellten Forderungen  geeignet sind, die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der deutschen und europäischen Rüstungsexportpolitik zu verringern und bei konsequenter Anwendung einen Rahmen für die Realisierung des in den „Politischen Grundsätzen…“ formulierten Leitziels „durch eine Begrenzung und Kontrolle der deutschen Rüstungsexporte einen Beitrag zur Sicherung  des Friedens und der Menschenrechte, zur Gewaltprävention sowie einer nachhaltigen Entwicklung der Welt zu leisten“ zu schaffen.

 

Die notwendige Weiterentwicklung der Rüstungsexportpolitik Deutschlands und der EU muss den grundsätzlichen Widerspruch zwischen normativen Grundsätzen und gängiger Praxis einer „restriktiven Rüstungsexportpolitik“ auflösen:

 

Bei Rüstungsexporten in sog. Drittländer ist das „grundsätzliche“  Verbot solcher Exporte in

Länder, die gegen die Kriterien sowohl der

 

  • Politische Grundsätze als auch des
  • Gemeinsamen Standpunkts der EU betreffend die Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern von 2008

 

verstoßen, längst zur Ausnahme, die mit besonderen sicherheitspolitischen Belangen Deutschlands zu begründende Ausnahme dagegen  in der Genehmigungspraxis zu Regel geworden.

 

Verschärfung bisheriger Maßnahmen und zusätzliche Maßnahmen zur Umsetzung und Durchsetzung einer restriktiven Rüstungsexportpolitik

 

Ein Rüstungsexportkontrollgesetz sollte folgende in dem SPD-Positionspapier und darüber hinaus aus unserer Sicht erforderliche Verschärfungen und Präzisierungen enthalten:

 

  1. Eine verbindliche, mit zielgerichteten Sanktionierungen verbundene gesetzliche Normierung der in dem Abschnitt Allgemeine Prinzipien der aktuellen Fassung der Politischen Grundsätze aufgeführten Kriterien sowie der acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU.
  2. Gesetzliche Fixierung der Berichtspflichten der Bundesregierung mit folgenden Elementen:

 

  • quartalsweise Berichterstattung
  •  Angaben zu konkreten Rüstungsgütern und nicht lediglich zu Waffenkategorien
  • Aufnahme von Herstellungsgenehmigungen, Lizenzerteilungen und Reexporten in die Berichterstattung
  • Angaben über die im Berichtszeitraum tatsächlich erfolgten Rüstungslieferungen und tatsächlich erfolgten Abschlüsse von Rüstungskooperationen und nicht nur zu den Genehmigungen
  • Statistik der im Bundessicherheitsrat  und im übrigen Geschäftsgang der sonstigen Genehmigungsbehörden erfolgten Genehmigungen und Ablehnungen
  • Angaben zu den auf Grund von Ausnahmetatbeständen entgegen den unter 1. genannten Kriterien erfolgten Genehmigungen im Verhältnis zu den auf Grund dieser Kriterien erfolgten Ablehnungen und ggf. Erklärungen für ein aus diesen Zahlen resultierendes, das Prinzip einer restriktiven Rüstungsexportpolitik in Frage stellendes Missverhältnis

 

  1. Gesetzliche Fixierung einer Regelung, welche eine Auslagerung von Rüstungsproduktionen ins Ausland zur Umgehung der strengen deutschen Exportrichtlinien verhindert
  2. Veröffentlichung alle abschließenden Entscheidungen des Bundessicherheitsrats in transparenter Form im Internet
  3. Regelmäßige Post-Shipment-Berichte der Bundesregierung zur Sicherung der Endverbleibskontrolle von gelieferten Rüstungsgütern
  4. Einführung einer Sonderberichtspflicht der Bundesregierung zu bereits erfolgten und noch nicht genehmigten, aber geplanten (z.B.  durch Voranfragen auf den Weg gebrachten) Rüstungslieferungen und Rüstungskooperationen bei Bekanntwerden besonders schwerer Verstöße gegen Menschenrechte und das Kriegsvölkerrecht unter Einsatz von Waffen deutscher Herkunft auf Verlangen eines Drittels der Mitglieder des Bundestags
  5. Regelhafte Begrenzung der Laufzeit von Genehmigungen von Rüstungslieferungen auf zwei Jahre, Möglichkeit einer früheren Rücknahme oder Aussetzung von Genehmigungen bei nachträglichem Bekanntwerden von  Verstößen gegen Genehmigungskriterien
  6. Verlagerung der Verantwortung für die Genehmigung von Rüstungsexporten vom Wirtschaftsministerium auf das Auswärtige Amt
  7. Verpflichtung der Bundesregierung zu einer konkreten sicherheitspolitischen Begründung jeder Genehmigung von Rüstungslieferungen und Rüstungskooperation, die unter Berufung auf Ausnahmetatbestände von den vorgegebenen Kriterien abweicht.

 

Zusätzliche mittelfristige Maßnahmen zur Sicherung der Einhaltung der Grundsätze und Kriterien für deutsche Rüstungsexporten und Ziels der Reduzierung der der Rüstungsexporte:

  1. Unterzeichnung des ATT-Vertrags (UN-Vertrag über den Waffenhandel) als verbindliches Kriterium für Verträge mit Drittstaaten
  2. Erhöhung von Zahl und Umfang der  Post-Shipment-Kontrollen, verbindlicher Ausschluss von Ländern, welche diese Kontrollen ver- oder behindern oder sonst gegen die Regeln der Transparenz des Endverbleibs gelieferter Rüstungsgüter verstoßen und kein Offenlassen von Schlupflöchern mit Hilfe des Terminus „grundsätzlich“ wie in der aktuellen Fassung der „Politischen Grundsätze“
  3. Senkung der „de Minimis“-Grenzen für Einsprüche Deutschlands gegen Regelverletzungen des Kooperationspartners bei übernationalen Rüstungsexportprojekten. Wahrnehmung des deutschen Mitsprache- und ggf. Vetorechts gegen eine regelwidrige Durchführung derartiger Projekte im Sinne der Grundsätze der postulierten wertegebundenen deutschen Rüstungsexportpolitik und nicht in der Form einer reinen „salvatorischen Klausel“.
  4. Start einer diplomatischen Initiative zu Verhandlungen mit den wichtigsten Rüstungsproduzenten und Rüstungsexportländern dieser Erde zu einer  numerischen Reduzierung der Waffenproduktion und der Rüstungsexporte auf  allen Seiten um 10%.

 

Stärkere Einbeziehung der europäischen Ebene:

 

Die in diesem Antrag geforderten nationalen Maßnahmen reichen nicht aus und können ihre Ziele nicht erreichen, wenn nicht zugleich politisch-institutionelle Grundlagen für eine in der Praxis wirksame gemeinsame Rüstungsexportpolitik der EU geschaffen werden. Der Gemeinsame Standpunkt vom 8.12.2008 ist zwar als Beschluss des Europäischen Rates für die EU- Mitglieder rechtsverbindlich, enthält aber keinerlei Überprüfungs- und Sanktionsmöglichkeiten für Verletzungen der in ihm festgelegten Regeln und Kriterien für Rüstungsexporte und auch keine ausreichenden Informationspflichten gegenüber den anderen Mitgliedstaaten und gegenüber EU-Organen. Zudem bilden die im Vertrag über die Arbeitsweise der EU (Art. 346(b)A-EUV) festgeschriebenen Souveränitätsrechte der Mitgliedsstaaten ein Hindernis, diese im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung des „Gemeinsamen Standpunkt“ stärker in der Pflicht zu nehmen. Daher treten wir für folgende Maßnahmen auf EU-Ebene ein:

 

  1. Verabschiedung einer gemeinsamen Rüstungsexportstrategie durch den Europäischen Rat und das Europäische Parlament
  2. Schaffung eines europäischen Rüstungsexportkontrollregimes mit einem Überprüfungsorgan auf der Ebene der Kommission oder des EADs
  3. Präzisierung zentraler Kriterien des „Gemeinsamen Standpunkts“ und Stärkung seiner Rechtsverbindlichkeit durch eine Neuformulierung als EU-Verordnung
  4. Stärkung der europäischen Rüstungskooperation mit dem Ziel, diese von Exporten in Drittländer unabhängig zu machen
  5. Abschluss bindender Verträge zwischen den Mitgliedsstaaten zu gemeinsamen Rüstungsexportstandards. Nutzung der deutsch-französischen Zusammenarbeit zu einem bilateralen Modellvertrag als ersten Schritt auf dem Weg zu gesamteuropäischen Standards. Sollten die Verhandlungen für einen solchen Modellvertrag scheitern oder stocken sind europäische Vorhaben sowie gemeinsame Vorhaben mit anderen EU-Partnerstaaten prioritär zu behandeln, um die europäische Standardsetzung voranzutreiben.

 

Antrag 16/I/2021 Berliner Wohnraum-Sicherungsgesetz – Verdrängung und Spekulation eindämmen und einen sozialen Wohnungsmarkt erhalten

18.03.2021

Die Situation am Wohnungsmarkt ist auch ein Jahr nach der Einführung des Mietendeckels angespannt, obgleich dieser bereits viele Berliner*innen finanziell entlastet hat. Gleichwohl sind die landesrechtlichen Möglichkeiten zur Regulierung noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. Insbesondere im Bereich der Länderkompetenzen im Wohnungs- und Ordnungswesen verbleiben weitreichende Spielräume. Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und Abgeordnetenhaus werden daher zur Umsetzung der folgenden Punkte aufgefordert diese Handlungsspielräume zu nutzen und wenn nötig im Wege einer Bundesratsinitiative abzusichern:

 

Landesrechtliche Wohnraumsicherung

 

Der Bestand an belegungsgebundenen Sozialwohnungen in Berlin sinkt kontinuierlich. Belegungsgebunden bedeutet, dass die Wohnungen nur an Mieter*innen mit einem Wohnungsberechtigungsschein (WBS) vermietet werden dürfen. Ein WBS wird auf Antrag vom zuständigen Wohnungsamt erteilt, wenn das Haushaltseinkommen eine bestimmte Grenze nicht übersteigt. Schätzungsweise haben inzwischen über die Hälfte der Berliner Haushalte Anspruch auf einen WBS. Im Gegenzug für die Belegungsbindung erhalten Immobilieneigentümer*innen meist Förderungen wie z. B. günstige Kredite. Die Belegungsbindung endet innerhalb einer gewissen Frist nach Ablauf der Förderung, sodass Sozialwohnungen in der Regel nach 30 Jahren in den “freien” Markt übergehen.

 

Als Ergänzung zu Mietpreisbegrenzung wie dem Mietendeckel und der Mietpreisbremse, fordern wir die Einführung eines Berliner Wohnraumsicherungsgesetz. Dieses Gesetz stützt sich auf die ausschließliche Landeskompetenz im Wohnungswesen. Es soll vorschreiben, dass ein signifikanter Teil des Wohnungsbestandes, auch ohne Gegenleistung der Wohnraumförderung der Belegungsbindung unterliegt, also nur an Mietinteressent*innen mit WBS vergeben werden darf. Die Miethöhe für solche Belegungsgebunden Wohnung soll sich an der Ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren und diese um einen festzulegenden Prozentsatz unterschreiten.

 

Auf dem freien Mietmarkt werden zahlungskräftige Interessent*innen regelmäßig bevorzugt. Zusätzlich sehen sich Interessent*innen rassistischer Diskriminierung, sowie Benachteilugung aufgrund ihres sozialen Status ausgesetzt. Diese Phänomene sind, auch bei der Vermietung belegungsgebundener Wohnungen zu beobachten. Im Bundesrecht gibt es bereits die Möglichkeit Mieter*innen für belegungsgebundene Wohnungen staatlich zuzuweisen (Besetzungsrecht nach § 26 Abs. 2 WoFG). Berlin soll davon insbesondere zugunsten von Mieter*innen Gebrauch machen, die vergleichsweise geringe Chancen auf einen Mietvertrag hätten.

 

Belegungsbindung nach öffentlich geförderter Sanierung

 

Fast 50% der städtischen klimaschädlichen Emissionen kommen aus dem Bau- und Immobilienwesen. Um die Vision einer klimaneutralen Stadt zu verwirklichen, muss ein Großteil des Wohnungsbestandes in Berlin innerhalb der nächsten Jahre energetisch saniert werden.

 

Um eine schnelle Transformation zur Klimaneutralität zu fördern, soll das Land Berlin Förderprogramme zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden auflegen. Hierbei sollen die bestehenden Möglichkeiten des Baugesetzbuches, wie zum Beispiel Sanierungssatzungen genutzt werden, sofern diese Möglich und zur Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum zweckmäßig sind.

 

Im Gegenzug für die Förderung, soll das Land nach §2 WoFG, Belegungsrechte an bestehende Wohneinheiten erwerben, die im Rahmen der vorgeschlagenen Wohnraumsicherung genutzt werden. So können Wohnung, die nach Ablauf der Belegungsbindung dem sozialen Wohnungsmarkt entzogen wurden, wieder einer sozialverträglichen Nutzung zugeführt werden.

 

Umlageverbot bei unangetasteter Gewinnsubstanz

 

Ein Großteil des Wohnungsbestandes in Berlin befindet sich in der Hand von Aktiengesellschaften. Diese sollen künftig Mieter*innen vor einer Umlage von Kosten für Modernisierungen und verkappten Entmietungen auf den Mietzins glaubhaft machen müssen, dass ein Sanierung nicht unter Rückgriff auf die bisherigen Unternehmensgewinne finanzierbar ist. Zum Unternehmensgewinn zählen auch die Auszahlungen an Aktionär*innen. Die Auszahlungen dürfen bis auf die Höhe des durchschnittlichen Zinssatzes gekürzt werden. Ist diese Tatsache den Mieter*innen nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, kann die Mieterhöhung einseitig bis auf den vorherigen Mietzins gemindert werden.

 

Sanierungs-TÜV und Zweckentfremdungsverbot

 

Berlin soll als ordnungsrechtliches Mittel einen Sanierungs-TÜV für Mietobjekte einführen. Wir fordern die sozialdemokratischen Senator*innen und Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf, die zur Beauftragung dieser Einrichtung erforderliche gesetzliche Grundlage zu schaffen. Vermieter*innen müssen alle 10-Jahre den Zustand des Mietobjekts vor einer unabhängigen und mit der Aufsicht und Vergabe von Prüfsiegeln beauftragten Einrichtung nachweisen.  Entspricht dieser nicht der aktuellen Rechtslage, insbesondere der gebotenen Instandhaltungen und energetischen Sanierungen, ist der TÜV zu verweigern. Für diesen Fall soll ein Zweckentfremdungsverbot nach Hamburger Vorbild (Hamburgisches Wohnraumschutzgesetz) greifen. Die Aufsichtsbehörde kann demnach die Sanierung der Wohnung treuhänderisch auf Kosten der Eigentümer*innen vornehmen. Das Umlageverbot bei unangetasteter Gewinnsubstanz bleibt unberührt.

 

Wohnungs- und Mietenkataster und Transparenzregister

 

Die geringe öffentliche Kontrolle beim Erwerb und Verkauf von Immobilien, machen Berlin seit längerem zu einem attraktiven Ort für Geldwäsche.

 

Gleichzeitig basieren viele gesetzliche Regelungen auf der sog. ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Streit um ihre Höhe prägt eine Vielzahl von Mieterhöhungs- und Mietpreisbremsenverfahren. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird in der Regel über Mietspiegel abgebildet, die Erstellung methodisch ausbaufähig ist und häufig angegriffen werden.

 

Um den Mangel an Informationen über Wohnraum, sei es Eigentümer*in, wirtschaftliche Berechtigte, oder Miethöhen zu beseitigen, fordern wir die Einführung eines Wohnungs- und Mietenkataster. Dieses soll für jede Immobilie die Eigentums- und Berechtigungsverhältnisse, den Bestand an Mietwohnungen und die vereinbarten Miethöhen samt Nebenabreden erfassen.

 

Milieuschutzberatung und Finanzierungsagentur

 

Milieuschutzgebiete sind ein baurechtliches Instrument der Stadtentwicklung. Vorrangiges Ziel ist es die Sozialstruktur, also die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, in einem bestimmten Gebiet zu erhalten.

 

Wird eine Immobilien in einem Milieuschutzgebiet verkauft, so hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht. Er kann innerhalb von zwei Monaten selbst oder zu Gunsten Dritter in den Kaufvertrag eintreten. Der*die Kaufende kann einen Vorkauf mittels einer Abwendungsvereinbarung verhindern. Im Gegenzug werden bestimmte Auflagen vereinbart. Beispielsweise dürfen für eine bestimmte Zeit lang keine Sanierungen oder Umwandlungen in Eigentumswohnungen durchgeführt werden.

 

In der Praxis herrscht ein enormes Kräfteungleichgewicht zwischen Mieter*innen und Bezirk gegenüber Käufer*innen und Verkäufer*innen. Einerseits liegen aufgrund des überhitzten Marktes die Kaufpreise deutlich über dem Verkehrswert der Objekte, andererseits muss das Vorkaufsrecht innerhalb einer vergleichsweise kurzen Frist gezogen werden, wobei die Finanzierung des Vorkaufs sichergestellt sein muss. Wir fordern daher weiterhin, dass sich die SPD auf allen Ebenen für eine Preislimitierung beim Vorkauf von Immobilien in Milieuschutzgebieten einsetzt.

 

Zusätzlich fordern wir die Einführung einer Milieuschutzberatung. Betroffene Mieter*innen sollen vom Bezirk aktiv über die Situation und die Möglichkeiten eines Vorkaufs informiert werden. Ziel ist es, dass nicht nur die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, welche oft nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten entscheiden, ob sie in den Kaufvertrag eintreten, miteinbezogen werden. Stattdessen soll auch auf die Möglichkeit durch den Erwerb durch andere, gemeinwohlorientierte Dritte hingewiesen werden.

 

Der Senat soll die Überführung von Objekten in Milieuschutzgebieten in die Hände der Mieter*innen oder gemeinwohlorientierte Akteur*innen durch Fördermaßnahmen unterstützen, beispielsweise indem günstige Darlehen gewährt werden.

 

Ein Vorkaufsrecht für einzelne Wohneinheiten

 

Zudem sollten Mieter*innen von Einzelwohnungen ein über § 577 Abs. 1 BGB hinausgehendes Vorkaufsrecht erhalten. Vermieter*innen werden in dem Rahmen verpflichtet Mieter*innen vor Verkauf der Wohnung das Mietobjekt zu einem angemessenen Preis anzubieten. Angemessen ist der Preis, wenn er den Verkehrswert der Wohnung nicht übersteigt. Als Einzelwohnungen gelten alle Mietwohnungen, die sich im Privateigentum des* der Vermieter*in befinden und keine zusammenhängenden Wohneinheiten darstellen bzw. als zusammenhängende Wohneinheiten an unterschiedliche Dritte zum Verkauf angeboten werden sollen. Das Vorkaufsrecht kann unbeschadet des Milieuschutzes auch an staatliche Stellen abgetreten werden, und von diesen zugunsten der Mietenden im Rahmen der Erbpacht ausgeübt werden. Entsprechende Mittel insbesondere für sozial bedürftige sollen in den Haushalt eingestellt werden. Diese Maßnahmen sollen insbesondere Verdrängungseffekten entgegenwirken.