Archive

Antrag 79/I/2020 Forschen statt Verkaufen: Stärkere Grundfinanzierung von (Grundlagen-) Forschung

30.09.2020

Als eine der weltweit stärksten Forschungsnationen investierte Deutschland 2015 circa 3.1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (dies entspricht etwa 115 Milliarden Euro) in Forschung und Entwicklung. Etwa ein Drittel dieser Ausgaben entfällt laut Forschungsatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft auf Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

 

Trotz dieser auf den ersten Blick hoch scheinenden Investitionen klagen Universitäten und Forschungseinrichtungen immer wieder über massive Finanzierungsprobleme. Investitionen von Seiten des Bundes sind aufgrund des Kooperationsverbots oft schwierig. Weil der Großteil der ‚garantierten‘ Finanzmittel für Administration und Aufrechterhaltung von Lehrbetrieb und Infrastruktur bei steigenden Student*innenzahlen verwendet werden müssen, zwingen diese Finanzierungsmängel Professor*innen, Doktorand*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen einen Großteil ihrer Arbeitszeit mit dem Einwerben von Drittmitteln zu verbringen um bestehende Stellen zu erhalten und neue – meist befristete – Anstellungsverhältnisse zu schaffen. Dies hat dazu geführt, dass die Drittmittelquote bei Universitäten knapp unter 30 Prozent, bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen mittlerweile sogar über 30 Prozent liegt.

 

Bund, EU und staatlich finanzierte Förderorganisationen beteiligen sich neben Wirtschaftsunternehmen munter am Ausschreiben von befristeten Projekten mit Finanzierungssummen in Milliardenhöhe. Dies soll durch Wettbewerb unter den Forschenden die optimale Investition in die aussichtsreichsten Projekte garantieren, führt aber zu einer unproportionalen Verteilung der Forschungsgelder zu Gunsten von Professor*innen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen, die besonders gut darin sind, sich selbst zu vermarkten. Beispielhaft dafür sind die Ergebnisse der dritten Runde der sogenannten Exzellenzinitiative, bei der kleinere Universitäten quasi chancenlos waren. Die dringend benötigten Fördermittel wurden an die großen namhaften Universitäten vergeben, bei denen immense Ressourcen in die Antragsarbeit gesteckt wurden.

 

Des Weiteren fokussieren sich bei dieser wettbewerbsartigen Vergabe von Forschungsmitteln – meist in Kooperation mit Industriepartner*innen – die Investitionen auf vermarktbare und gewinnversprechende Ideen. Auch die Wissenschaft schafft es nicht sich der kapitalistischen Verwertungslogik zu entziehen. Oft werden nur Kombinationen bereits erfolgreicher Forschung als innovativ verkauft und wegen hoher Erfolgsaussichten finanziert. Ideen, Visionen und Träume, die einst der Ursprung von wissenschaftlichem Fortschritt in allen Bereichen waren, gehen bei solchen Vergabeverfahren tendenziell eher leer aus, da die Aussichten auf Erfolg oft nicht kalkulierbar sind. Professor*innen und Wissenschaftler*innen, die zwar als Visionär*innen in ihren jeweiligen Fachgebieten Außergewöhnliches erreichen können, allerdings keine Drittmittel anwerben, werden für ihre Universitäten und Forschungseinrichtungen wertlos, da Kennzahlen und Statistiken die Leistungsbewertung dominieren und Wissenschaftler*innen ohne Finanzmittel weniger forschen und publizieren können.

 

Da die hier kurz dargestellte gegenwärtige Praxis im Wissenschaftsbetrieb eine bürokratische Ressourcenverschwendung ist, die der Grundlagenforschung, dem wissenschaftlich präzisen Arbeiten und Innovation im Weg steht, fordern wir zunächst erneut, dem beschlossenen Antrag C14 – Umdenken bei der Hochschulfinanzierung vom BuKo 2013 folgend:

 

  • Eine vollständige Aufhebung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern um zielgerichtete Forschungsfinanzierung zu erleichtern.
  • Eine Reduzierung der Drittmittelfinanzierung – bei gleichzeitiger Erhöhung der Grundfinanzierung von Forschungseinrichtungen und Universitäten.
  • Eine Überwindung von privaten Drittmittelinvestitionen an öffentlichen Forschungseinrichtungen, um die Freiheit der Forschung zu erhalten.

 

Des Weiteren fordern wir:

  • Die Schaffung von Forschungseinrichtungen mit allen wissenschaftlichen Freiheiten und großzügigen finanziellen Mitteln, losgelöst von ständiger Kontrolle von Erfolgen und Profitabilität, zur Versammlung von führenden Wissenschaftler*innen welche auf ihren Fachgebieten und interdisziplinär zivile Forschung nach Grundregeln wissenschaftlicher Ethik für eine freiere und gerechtere Gesellschaft betreiben.
  • Eine Minimierung der Verwaltungstätigkeit für Forschende. Der Akademische Karriereweg mit einer fortschreitenden Entfernung von Forschung und Entwicklung hin in Administrative Positionen kann nicht der einzig finanziell logische sein. Dafür müssen Arbeitsverträge entfristet werden und eine gerechte Bezahlung für Wissenschaftler*innen in allen Stufen ihrer Karriere garantiert werden.
  • Studentische Hilfskräfte leisten einen wichtigen Beitrag für Lehre und Forschung an den Hochschulen. Um faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, müssen auch studentische Beschäftigte in die Personalvertretungsgesetze der Länder aufgenommen werden. Wissenschaftler*innen sowie studentische Beschäftigte haben außerdem einen Anspruch auf tarifvertraglichen Schutz. Wir fordern daher mit Bezugnahme auf das Templiner Manifest der GEW die Ausdehnung des Geltungsbereichs der Flächentarifverträge des öffentlichen Dienstes auf alle Beschäftigten in Lehre und Forschung.
  • Eine Abschaffung der Exzellenzinitiative zur Forschungsförderung. Die finanziellen Mittel sollen stattdessen für die bedingungslose Ausfinanzierung von Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen verwendet werden.
  • Eine Abkehr der Beurteilung von wissenschaftlichem Erfolg anhand von rein quantitativen Größen im Allgemeinen. Bei den immer weiter steigenden Zahlen an Veröffentlichungen, Konferenzen und Konferenzbeiträgen, ist eine Qualitätssicherung und -beurteilung meist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.

 

Eine Erhöhung der Investitionen und Zuschüsse für frei zugängliche Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und Rohdaten, um wissenschaftlichen Austausch zu stärken und Forschung dadurch zu beschleunigen. Hierbei sollen kleine und sozial- und geisteswissenschaftliche Fachgebiete genauso berücksichtigt werden, wie große- und MINT-Fachgebiete. Wissenschaftler*innen sollten nicht im Wettbewerb gegeneinander antreten, sondern vereint die Forschung vorantreiben. Die Bereitschaft dafür wird aber durch den Wettbewerb um Fördergelder eingeschränkt.

Antrag 150/I/2020 #politics: Social-Media-Plattformen als Ort der politischen Debatte sichern

30.09.2020

Social-Media-Plattformen sind längst Teil unseres Alltags. Viele Menschen sind dort täglich, viele junge Menschen sogar stündlich unterwegs und posten Bilder, Texte oder schreiben mit Freund*innen. Social-Media-Plattformen sind ein Ort für alles, für süße Tierbilder und Updates aus dem Freund*innenkreis, aber sie sind auch ein zentraler Ort für politische Debatten und Meinungsbildung. Die Wichtigkeit von Social-Media-Plattformen für die politische Kommunikation und Meinungsbildung dürfte spätestens deutlich sein, seit der US-Präsident Drohnenangriffe twittert und die CDU auf YouTube zerstört wird.

 

Social-Media-Plattformen bieten dabei – zumindest theoretisch – auch marginalisierten Stimmen die Möglichkeit sich Gehör zu verschaffen und politische Argumente einzubringen und Debatten außerhalb der etablierten Medien- und Politikakteur*innen anzustoßen. So ermöglichen sie es, dass sich Leute in autoritären Regimen leichter organisieren können, wie Beispiele aus dem Arabischen Frühling zeigen. Aber auch in Demokratien vernetzen sich Bewegungen online und können so ihren Protest beispielsweise bei Fridays For Future oder den Black-Lives-Matter-Protesten schneller gemeinsam auch in die Offline-Welt übertragen. Allerdings zeigen sich auch deutliche Nachteile dieser offenen Debattenorte.

 

Hate Speech

So hetzten AfD-Anhänger*innen und andere Rechtsradikale* in den digitalen Kommentarspalten, Menschen werden bedroht und eingeschüchtert, sodass sie sich oft aus den digitalen Debatten zurückziehen. Auch wenn die Barrieren, Hate Speech im Internet zu verbreiten deutlich niedriger sind, so stellt Hate Speech kein rein digitales Problem dar, sondern ist es Symptom für menschenverachtendes Verhalten, welches nach wie vor auf allen Ebenen angegangen werden muss. Im Allgemeinen führt Hate-Speech immer wieder zu einer Debatte darüber, was in sozialen Medien stehen darf. Soziale Netzwerke werden dabei politisch viel zu oft als eine Art ‚Wilder Westen‘ dargestellt, in dem Gesetze nicht gelten. Dieses Bild entsteht vermutlich dadurch, dass Hasskommentare oft nicht geahndet werden, auch wenn sie zur Anzeige gebracht werden. Der Umfang von Hate Speech lässt sich weit definieren. Betroffene erfahren Abwertung, Angriffe oder gegen sie wird zu Hass und Gewalt aufgerufen. Hassrede adressiert regelmäßig bestimmte Personen und Personengruppen und ist Ausdruck struktureller Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die Begriffsbestimmung von Hate Speech ist bedeutend für die strafrechtliche Bewertung. Dass bspw. antisemitische, rassistische oder frauen*feindliche Aussagen mit fadenscheinigen Begründungen als zulässige Meinungsäußerungen geurteilt werden, ist kein neues Phänomen. Im Fall von Renate Künast hat das Landgericht Berlin wüste sexistische Beschimpfungen gegen die Grünen-Politikerin als „Kommentare mit Sachbezug“ und nicht als Beleidigung gewertet. Hier ist wichtig hervorzuheben, dass Hassrede von menschenfeindlicher Abwertung lebt und Gerichte in der Lage sein müssen, eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen. Ansonsten mangelt es nicht nur an Sensibilität auf der Seite der Rechtsanwender*innen, sondern auch an zuverlässigem rechtlichen Schutz für Betroffene. Neben klassischen rechtsradikal motivierten Hasskommentaren müssen wir dabei auch geschlechtsspezifische digitale, über Social-Media-Plattformen ausgeübte Gewalt gegen Frauen* und nichtbinäre Personen in den Fokus setzen. Diese kann beispielsweise in Form von Beleidigungen und Beschimpfungen, Gewalt- bzw. Vergewaltigungsandrohungen und -phantasien, Erpressung, Doxxing (die Veröffentlichung privater Informationen ohne das Einverständnis der betroffenen Person), Mobbing, Identitätsdiebstahl, Stalking, heimlichen Aufnahmen, Bildmontagen in Bezug auf eine Person, Erstellung von täuschend ähnlichen Accounts oder Verleumdungen mit der Absicht, einer Person zu schaden, stattfinden. Dabei hat digitale Gewalt ähnliche Auswirkungen wie schwerwiegendes Mobbing – etwa psychische Beschwerden, psychosomatische Erkrankungen, Depressionen oder Suizidgedanken. Insbesondere von härteren Formen digitaler Gewalt, z.B. sexuelle Belästigung oder Stalking, sind weitaus mehr Frauen* als Männer* und insbesondere junge Frauen* betroffen. Darüber hinaus hat digitale Gewalt gegen Frauen* und nichtbinäre Personen häufig eine Dimension politischer Motivation: Digitale Gewalt trifft Frauen* und queere Menschen insbesondere dann oft, wenn diese sich für feministische oder queere Themen einsetzen. Teilweise organisieren sich Täter*innen dabei sogar in Chatforen, um gezielt Frauen* auf beispielsweise Twitter anzugreifen. Dies geschieht in der Regel aus einer misogynen und/oder queerfeindlichen Motivation der Täter*innen, die sich durch solche digitale Gewalt selbst normalisieren kann. Schwarze Frauen* und queere Personen sowie Women* und queere Persons of Color sind zusätzlich zu diesen Attacken ebenfalls massiven rassistischen Angriffen ausgesetzt. Wir erachten es daher als verheerend, dass durch digitale Gewalt zum einen Frauen* und nichtbinäre Menschen sowie Schwarze Personen und People of Color systematisch aus dem demokratischen Raum Social Media gedrängt werden, und zum anderen die öffentliche Debatte in, aber auch durch Soziale Medien systematisch in Richtung tendenziell antifeministischer, männlich geprägter Inhalte verschoben bzw. verzerrt wird.

 

Die Bundesregierung und der damalige Justizminister Heiko Maas reagierten auf diesen Hate-Speech mit der Einführung des sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Dies verpflichtet die Social-Media-Plattformbetreiber*innen mit mehr 2 Millionen Nutzer*innen Beleidigungen und andere „rechtswidrige“ Inhalte innerhalb einer 7-Tage-Frist nach Eingang einer Beschwerde zu löschen, bei „offensichtlich rechtswidrigen“ Inhalten beträgt die Frist 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde. Die Entscheidung, was „offensichtlich rechtswidrig“ ist, wird dabei allerdings nicht von Gerichten getroffen, sondern von den Plattformen selbst. Dies lehnen wir ab, da die Entscheidung, welche Posts und Kommentare den Strafbestand der Volksverhetzung, Beleidigungen etc. erfüllen, in einem Rechtsstaat von Gerichten zu entscheiden ist und nicht nach undurchsichtigen Regelungen privatwirtschaftlicher Unternehmen. Zwar schließt das NetzDG nicht aus, dass gemeldete Kommentare ebenfalls strafrechtlich zur Anzeige gebracht werden können, die Frage, was aufgrund des NetzDG zu löschen ist und was nicht, trifft allerdings ausschließlich zunächst das Unternehmen. Da die Plattformbetreiber*innen in Falle von Nicht-Löschungen mit Geldstrafen belegt werden können, führt dies in der Praxis dazu, dass immer mehr Inhalte gelöscht und Nutzer*innen gesperrt werden – auch Journalist*innen, Satiriker*innen und Politiker*innen sind davon betroffen. Welche Posts dabei gelöscht werden, und welche nicht, ist dabei oft nicht nachzuvollziehen. So gibt es Fälle, in denen wortgleiche Posts von einigen Nutzer*innen gelöscht werden, während andere identische Posts vorhanden bleiben.

 

Das NetzDG wurde im Rahmen eines ‘Gesetzespaket gegen Hass und Hetze’ im Juni 2020 überarbeitet. Die zentralste Änderung ist hierbei die Einführung einer Meldepflicht für Social-Media-Plattformen an das Bundeskriminalamt (BKA). Diese verpflichtet die Betreiber*innen der Social-Media-Plattformen, Posts, die sie für strafrechtlich relevant halten, nicht mehr nur zu löschen, sondern auch an das BKA zu melden. Informationen, die für die Identifikation der Nutzer*innen notwendig sind sind dabei ebenfalls zu übermitteln. Als solche Informationen werden im NetzDG explizit die IP-Adresse und die Port-Nummer der Nutzer*innen genannt, sofern diese vorhanden sind. Eine IP-Adresse ist eine Art virtuelle Adresse, während eine Port-Nummer eine Art digitaler Fingerabdruck ist, die ein Gerät identifizieren kann. Allerdings werden Port-Nummern von den meisten Netzbetreiber*innen nicht erfasst, ebenso können IP-Adressen durch beispielsweise die Nutzung von Virtual-Privat-Networks (VPN), bei der die Internetaktivitäten über verschiedene IP-Adressen gelenkt werden, verschleiert werden, sodass die ursprüngliche nicht mehr erkennbar ist. Diese Meldepflicht gilt für die Verbreitung von Propagandamitteln oder die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Bildung und Unterstützung krimineller oder terroristischer Vereinigungen, die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte, aber auch für volksverhetzende Posts und Gewaltdarstellungen, die Belohnung und Billigung von Straftaten oder Bedrohungen. Ausgeschlossen von dieser Meldepflicht sind hingegen Beleidigungen, üble Nachrede sowie Verleumdung. In solchen Fällen sollen die Plattformen stattdessen Nutzer*innen Informationen bereitstellen, wie sie eine Strafanzeige stellen können. Wenn ein Post an das BKA gemeldet wird, überprüft dieses, ob der Post eine Straftat darstellt. Falls dies zutrifft, kann das BKA weitere Nutzer*innendaten anfordern, damit der Fall an die jeweils zuständige Landesbehörde überwiesen werden kann.

 

Diese Meldepflicht erleichtert zwar eine juristische Verfolgung, allerdings bleibt die erste Entscheidung, welche Inhalte strafrechtlich relevant sind und damit weitergeleitet werden müssen, den Plattformbetreiber*innen überlassen und nicht – wie in einem Rechtsstaat notwendig – den Gerichten. Da den Betreiber*innen Geldstrafen drohen, wenn sie strafrechtlich relevante Inhalte nicht melden, ist es wahrscheinlich, dass auch Posts an das BKA gemeldet werden, die nicht strafrechtlich relevant sind. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der bisherigen Lösch-Praxis der Unternehmen zu befürchten. Daher kann die Meldepflicht auch führen, dass vielfach Nutzer*innendaten an das BKA weitergeleitet und dort gespeichert werden, ohne das eine Straftat vorliegt. Nutzer*innen werden erst nach vier Wochen informiert, falls ihr Posts und ihre Daten an das BKA übermittelt worden sind, sofern das BKA diesem nicht vorher widerspricht. Wir lehnen diese Datenweitergabe an das BKA ohne einen vorherigen juristischen Beschluss ab. Die bloße Einschätzung eines privaten Unternehmens darf nicht dazu führen, dass massenweise Nutzer*innendaten an Strafverfolgungsbehörden weitergereicht werden. Viele Beleidigungen, Drohungen, gezielte Desinformationen und Diffamierungen verstoßen bereits jetzt klar gegen das Gesetz, es besteht lediglich ein Vollzugsdefizit. Deshalb fordern wir auf soziale Medien zugeschnittene Schwerpunktstaatsanwaltschaften an allen Landgerichten Deutschlands, um Ermittlungsverfahren tatsächlich durchzuführen. Darüber hinaus fordern wir niedrigschwellige Meldestellen für Online-Delikte bei den LKAs.

 

Eine Alternative zu dieser Datenweitergabe ist das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren. Dabei werden Daten bei einem Verdacht auf ein strafbares Verhalten bis zu zwei Monaten gespeichert und erst nach einem richterlichen Beschluss an die Strafverfolgungsbehörden ausgehändigt werden. Angewandt auf das NetzDG hieße das, dass Nutzer*innendaten von einem gemeldeten Post zunächst von den Plattformbetreiber*innen gespeichert werden müssten und nach einem richterlichen Beschluss über den betreffenden Posts an die Behörden weitergegeben werden müssten. Somit würde verhindert werden, dass Betreiber*innen von Social-Media-Plattformen massenhaft direkt Daten ohne richterlichen Beschluss an Strafverfolgungsbehörden weiterreichen. Allerdings ist auch dieses Verfahren durchaus kritisch zu betrachten, da Nutzer*innendaten auch hier zunächst ohne juristische Kontrolle gespeichert werden würden. Auch besonders aufgrund der oben genannten Problematiken bei der Erfassung der Identifikationsnummern, wie der Verschleierung von IP-Adressen, ist auch dieses Vorgehen unverhältnismäßig.

 

Ein weiterer Punkt gegen die Meldepflicht ist das Widerspruchsrecht, dass Nutzer*innen nach einem Beschluss der Regierung aus dem April 2020 gegen die Löschung ihrer Posts erhalten sollen. Dies soll die Plattformbetreiber*innen dazu zwingen, auf Antrag der Nutzer*innen ihre Entscheidung gegenüber diesen zu begründen und erneut zu prüfen. Ebenso muss der*die Nutzer*in die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Durch die Meldepflicht könnte es daher im Rahmen von stattgegeben Widersprüchen dazu kommen, dass Posts wieder online gestellt werden, dass BKA dennoch bereits die Nutzer*innendaten erhalten hat.

 

Sofern es sich um besonders schwere Straftaten (wie Gefahr für Leben) handelt, hat das BKA auch die Möglichkeit Passwörter anzufordern, was einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis darstellt. Diese Pflicht zur Passwortweitergabe gilt dabei nicht nur für Plattformen, die unter das NetzDG fallen, sondern für alle Anbieter*innen von digitalen Medien (sog. Telemedien). Diese Passwortweitergabe ist allerdings wenig erfolgversprechend, da Passwörter nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) von den Plattformen nur verschlüsselt gespeichert und somit auch nur verschlüsselt weitergegeben werden können. Daher müssen die Passwörter von den jeweiligen Stellen zunächst entschlüsselt werden, was viel Zeit in Anspruch nimmt, sofern das Entschlüsseln überhaupt gelingt. Über die Weitergabe ihres Passworts werden die Nutzer*innen nicht informiert. Diese Weitergabe von Passwörtern sehen wir als Einschränkung von Freiheitsrechten im Internet allgemein. Das Vorgehen gegen Hate Speech darf nicht daran geknüpft sein, dass Nutzer*innen damit rechnen müssen, dass ihre Daten an Strafverfolgungsbehörden oder den Verfassungsschutz weitergereicht werden.

 

Im Zuge rechtsterroristischer Anschläge entflammte ebenso erneut eine Debatte über die sogenannte Klarnamenpflicht im Internet und auf Social-Media-Plattformen. Diese von konservativen Politiker*innen geforderte Klarnamenpflicht sieht vor, dass keine Anonymität auf Social-Media-Plattformen bestehen darf und Nutzer*innen nur noch unter ihrem richtigen Namen Inhalte posten dürfen. Diese Forderungen stellt einen massiven Eingriff in die Privatsphäre von Nutzer*innen dar, den wir entschieden ablehnen. Einerseits wird selbst Hate-Speech, der unter Klarnamen veröffentlicht wird, derzeit nicht immer adäquat verfolgt. Andererseits haben auch in einem Rechtsstaat viele Menschen nachvollziehbare Gründe, weshalb sie nicht unter einem Klarnamen kommunizieren. Wer sich beispielsweise antifaschistisch engagiert, kann sich in einigen Gegenden Deutschlands nicht offen dazu bekennen, ohne erhebliche Risiken für das alltägliche Leben auf sich zu nehmen. Um die Privatsphäre der Nutzer*innen zu schützen, muss auch untersagt werden, dass Gesichtserkennungsprogramme Social-Media-Plattformen als Datenbanken nutzen, die dann ebenfalls Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht werden. Dies kann dazu führen, dass Menschen sich nicht trauen, beispielsweise an Demonstrationen teilzunehmen, da sie dort meist keine Kontrolle haben, wer dort von ihnen Fotos macht und anschließend auf Social-Media-Plattformen veröffentlicht.

 

Wir sehen die dringende Notwendigkeit, deutliche rechtliche Schritte gegen Hate-Speech zu setzen, allerdings darf und kann die Einschränkung grundlegender digitaler Freiheitsrechte nicht die Lösung sein. Die Freiheit des Internets darf nicht der Preis für jahrelange Versäumnisse im Bereich der Bekämpfung von Rechtsterrorismus sein. Wir fordern anstatt der Verschärfung der Gesetze, die bestehenden Gesetze anzuwenden und Straftaten wie Hate-Speech konsequent zu verfolgen. Wir sind uns des Spannungsfeldes zwischen der Freiheit des Internet und seiner Nutzer*innen sowie dem Aufkommen von Hate-Speech durchaus bewusst. In diesem hochsensiblen Bereich ist daher auch eine besondere Schulung und Ausbau der betreffenden Stellen bei Polizei und Justiz sowie die Verbesserung und Ausweitung der Angebote für Betroffene notwendig.

 

Gezielte Desinformationen & Politische Werbung

Hate-Speech ist allerdings nicht die einzige Gefährdung der öffentlichen Debatte auf Social-Plattformen. Gezielte Desinformationen (sogenannte “Fake News) verbreiten sich insbesondere auf Social-Media-Plattformen schnell. Gezielte Desinformationen können dabei auch gezielt von sogenannten ‚Bots‘ (Accounts, die von Programmen gestreut werden, die automatisiert Inhalte posten) gestreut werden. Diese Desinformationen werden meistens verbreitet, um Parteien und Kandidat*innen einen Vorteil zu bereiten, indem beispielsweise politische Gegner*innen in ein schlechtes Licht gerückt werden. Gezielte Desinformationen werden auch dazu genutzt, um die Diskussion von Themen zu beeinflussen. Beispiele hierfür sind die Streuung von Falschmeldungen über Übergriffe von Geflüchteten*, die gezielt verbreitet werden, um die Stimmung gegen geflüchtete Menschen aufzuheizen. Insbesondere vor Wahlen stellt diese Beeinflussung des Meinungsklimas ein deutliches Problem dar, wie der Präsidentschaftswahlkampf der USA 2016 oder auch der Vorlauf zum Brexit-Votum zeigte. Die Betreiber*innen der bekanntesten Social-Media-Plattformen sowie u.a. Vertreter*innen der Werbeindustrie unterzeichneten unter Leitung der Europäischen Kommission daraufhin einen Verhaltenskodex, also eine Selbstverpflichtung, um solchen Desinformationen entgegen zu wirken. Dieser Kodex beinhaltet u.a. die Zusagen, Werbeanzeigen auf gezielte Desinformationen zu überprüfen, politische Werbung und Anzeigen deutlich zu kennzeichnen, Regelungen zu Bots in ihren Nutzungsbedingungen festzulegen, die Position von Nutzer*innen zur Nutzung der Plattformen allgemein zu stärken sowie Forschungen zu gezielte Desinformationen zu fördern und nicht zu hindern.

 

Allerdings wurden auch im Vorlauf zur Europawahl unter der Begründung, dass Posts gegen die Richtlinien zu politischen Inhalten und Wahlen verstoßen würden, Posts ohne erkenntliche Gründe gelöscht und Nutzer*innen gesperrt. Auch Politiker*innen, wie Sawsan Chebli, und Zeitungen, wie die Jüdische Allgemeine, waren davon betroffen. Weitergehend kritisieren mittlerweile auch mehrere Landesmedienanstalten, die für die Überwachung der Regulierungen von Rundfunkmedien und Telemedien zuständig sind, dass die bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung von gezielte Desinformationen intransparent und unzureichend sind. Die Selbstregulierung der Plattformen in diesem Bereich ist daher als gescheitert zu betrachten, wie die Landesmedienanstalten ebenfalls schlussfolgern. Es braucht daher klare Vorgaben, wie mit gezielte Desinformationen umzugehen ist und welche Schritte Plattformen ergreifen müssen, um diesen entgegenzuwirken. Dies darf nicht länger auf freiwilliger Basis entschieden werden, da gezielte Desinformationen die politische Meinungsbildung und das Meinungsklima auf undemokratische Weise beeinflussen können. Hier sehen wir die Gesetzgeber*innen in der Pflicht, Wege zu finden, wie mit gezielte Desinformationen – insbesondere im Rahmen von Wahlkämpfen – umgegangen werden muss. Dabei darf es keine staatlichen Instanzen geben, die festlegen, was Wahrheit ist und was nicht. Stattdessen halten wir beispielsweise Warnhinweise neben mutmaßlich gezielten Desinformationen für sinnvoll, sofern diese durch unabhängige Faktenchecker*innen überprüft wurden und für falsch befunden worden. Inwiefern eine solche Einstufung als mutmaßliche gezielte Desinformation vorgenommen wird, ist nach festgelegten, transparenten Kriterien zu entscheiden. Diese Faktenchecker*innen sollten einen journalistischen Hintergrund haben und nicht von Plattformen als Arbeitgeber*innen abhängig sein. Um es den Nutzer*innen leichter zu machen, gezielte Desinformationen zu erkennen, fordern wir Aufklärungskampagnen über gezielte Desinformationen, die von den Landesmedienanstalten zu entwickeln sind und über die Social-Media-Plattformen unentgeltlich ausgespielt werden müssen. 

 

Neben gezielten Desinformationen ist das Kaufen von Likes, Kommentaren usw. und somit von Reichweite ebenfalls eine Möglichkeit, Einfluss auf das Meinungsklima und die politische Meinungsbildung über Social-Media-Plattformen zu nehmen. Während im traditionellen Rundfunk (Fernsehen, Radio) politische Werbung generell verboten ist und es nur klare Ausnahmeregelungen für die Zeit vor Wahlkämpfen gibt, gibt es für Social-Media-Plattformen keine solche Regelungen. Dies ist insbesondere kritisch, da politische Werbung auf diesen Plattformen oft nicht eindeutig als solche gekennzeichnet ist – beispielsweise wenn Bots eingesetzt werden, oder Likes gekauft werden, um die Reichweite von Postings zu erhöhen. Zwar gab es vor der Bundestagswahl 2017 die Zusicherungen von allen demokratischen Parteien, keine Social Bots (Bots, die Profile bespielen und oft nicht als automatisiert zu erkennen sind) zu verwenden, allerdings gibt es hierzu nach wie vor keine gesetzlichen Regelungen. Die AfD kündigte damals an, explizit Social Bots einsetzen zu wollen, was die Notwendigkeit einer Regelung verdeutlicht. Wir fordern eine allgemeine Kennzeichnungspflicht von Social Bots und ein Verbot von diesen und anderen Maßnahmen wie das Kaufen von Likes, Kommentaren usw. zur künstlichen Generierung von Reichweite für politische Posts. Politische Werbung muss stets deutlich als solche erkennbar seien. Dies ist allerdings klar abzugrenzen, von der privaten und unbezahlten politischen Meinungsäußerung von Influencer*innen. Selbstverständlich haben diese das Recht, ihre Meinung frei zu äußern.

 

Social-Media-Plattformen und Meinungsmacht

Private Social-Media-Plattformen sind nicht der Sicherstellung der Meinungsvielfalt verpflichtet, sondern können alle Posts löschen, die gegen ihre Nutzungsbedingungen verstoßen. Daher ist der Vorwurf der Zensur, wenn Posts gelöscht werden, nicht passend, da lediglich staatliche Institutionen die Meinungsfreiheit – und Vielfalt sichern müssen. Dies stellt allerdings ebenfalls ein Problem dar, da Social-Media-Plattformen eine deutliche Meinungsmacht innehaben. Damit ist gemeint, dass was dort gepostet wird, den politischen Diskurs beeinflussen kann. Allein Facebook hatte 2019 in Deutschland 32 Millionen Nutzer*innen, während die Tagesschau beispielsweise 2019 durchschnittlich von ca. 9.8 Millionen Zuschauer*innen gesehen wurde. Wenn solch große Social-Media-Plattformen allerdings beschließen würden, keinen politischen Content von Parteien links der CDU zuzulassen, ist es fraglich, ob es Möglichkeiten gebe, dagegen rechtlich vorzugehen. Die traditionellen Rundfunkmedien sind durch den Rundfunkstaatsvertrag aus eben diesen Gründen der Meinungsmacht dazu verpflichtet, eine Vielfalt an Meinungen abzubilden. Dies gilt – wenn auch in geringerem Umfang im Vergleich zu den öffentlich-rechtlichen Anbieter*innen – auch für private Rundfunkanstalten. Wie politische Meinungen auf Social-Media-Plattformen auch von staatlicher Seite zensiert werden können, zeigt die Plattform TikTok. Diese Plattform kommt, anders als die anderen meistgenutzten Plattformen in Deutschland, nicht aus den USA, sondern aus China. Die App, die insbesondere bei jungen Menschen und Minderjährigen sehr beliebt ist, löscht Inhalte, die sich gegen die chinesische Regierung richten oder aus sonstigen Gründen der Plattform missfallen, oder filtert diese heraus, sodass sie entweder überhaupt nicht mehr für andere Nutzer*innen sichtbar sind oder ihre Reichweite stark eingeschränkt wird. Recherchen von Netzaktivist*innen haben ebenso offen gelegt, dass die Reichweite von Menschen mit Beeinträchtigungen gezielt eingeschränkt wird – angeblich um die betroffenen Personen vor Mobbing zu schützen. In Wirklichkeit werden damit marginalisierte Stimmen auch auf Social-Media-Plattformen verdrängt – und das völlig legal.

 

Social-Media-Plattformen als Ort der demokratischen Debatte sichern

Wir wollen Social-Media-Plattformen, die online die Gesellschaft der Freien und Gleichen verwirklichen. In der alle gleichberechtigt teilhaben und sich äußern können ohne Angst haben zu müssen, bedroht oder beleidigt zu werden. In der nicht privatwirtschaftliche Interessen bestimmen, was wie diskutiert wird, sondern die Menschen selbst, wobei die einzigen Einschränkungen demokratisch legitimierte Gesetze sind, die die Rechte von Minderheiten und Einzelpersonen wirksam schützen. Dies ist für uns grundlegend für einen demokratischen Diskurs. Nach den jetzigen Strukturen ist das nicht möglich. Daher müssen wir Gegenvorschläge machen, wie wir dieses Ideal erreichen wollen.

 

Eine Möglichkeit ist die bestehenden Social-Media-Plattformen in öffentlich-rechtliche Netzwerke in Anlehnung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu überführen oder entsprechend neue Plattformen zu schaffen. Zentrale Herausforderungen sind hier allerdings die Sicherstellung, dass keine staatlichen Akteur*innen und Institutionen Zugriff auf die Daten dieser Netzwerke bekommen und keine Zensur vorgenommen wird. Da soziale Medien international verfügbar sind und dies auch weiterhin sein müssen, muss dieser Schritt auf der Ebene der internationalen Staatengemeinschaft durchgesetzt werden. Wir erkennen allerdings an, dass die Schaffung von öffentlich-rechtlichen Netzwerken auf internationaler Ebene ein langfristiger und hochkomplexer Prozess ist. Daher ist dies unser langfristiges Ziel. Die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit autoritären Regimen in diesem Bereich lehnen wir ab.

 

Allerdings brauchen wir dennoch Wege, die Meinungsmacht privater Social-Media-Plattformen dennoch schnellstmöglich einzugrenzen und sie zum Erhalt der Meinungsvielfalt zu verpflichten. Dies ist notwendig, da die Frage, welche Inhalte gelöscht werden, und wer in welchem Ausmaß zu Wort kommt, besonders bei politischen Inhalten von höchster Relevanz ist. Die Regulierung von Medien ist immer ein hochsensibler Akt, da die freie Meinungsäußerung und freie Medien feste Grundpfeiler jeder Demokratie sind. Wir stellen allerdings fest, dass es im Bereich der Social-Media-Plattformen dennoch eindeutig Regelungen braucht, da sie höchst relevante Akteur*innen in der Medienlandschaft und der politischen Meinungsbildung darstellen. Wir sehen den Medienstaatsvertrag, der bereits von allen Ministerpräsident*innen unterzeichnet wurde und nach der Ratifzierung durch die Landesparlamente voraussichtlich im September 2020 in Kraft treten soll und für alle Plattformen mit mind. einer Million Nutzer*innen gelten wird, als einen ersten wichtigen Schritt. Dieser umfasst einige wichtige Punkte, wie eine Kennzeichnungspflicht von Bots, die Sicherstellung der Gleichbehandlung von journalistisch-redaktionellen Angeboten, sodass Algorithmen keine bestimmten Inhalte bevorzugen dürfen, sowie die Verpflichtung zur journalistischen Sorgfaltspflicht und Strafe für Desinformationen. Diese Schritte gehen zwar in die richtige Richtung, die scheinbare wahllose Löschung von politischen Inhalten bleibt dadurch allerdings unberührt, genauso wie der Missbrauch von Social-Media-Plattformen im Wahlkampf.

 

Die etablierten kapitalistischen Plattformbetreiber*innen haben es geschafft, die dezentrale Struktur des frühen Internets zu monopolisieren. Dieser Plattform-Kapitalismus ist nichts anders als die Ökonomisierung des öffentlichen Diskurses. Die algorithmischen Verfahren, die beispielsweise den eigenen Twitter- oder Facebook-Feed zusammenstellen, sollen uns möglichst lange auf den jeweiligen Seiten verweilen lassen, sodass möglichst viele Werbeanzeigen verkauft werden können. Schon allein deshalb kann ein neutraler öffentlicher Diskursraum nicht endgültig durch den Plattform-Kapitalismus geschaffen werden. Diese Gewinnorientierung erschwert die Regulierung dieser privaten, gewinnorientierten Social-Media-Plattformen weiter. Der Zugang zu den Plattformen wird den Nutzer*innen entgeltfrei zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug erhalten die Plattformbetreiber*innen die entsprechenden Nutzer*innendaten, welche sie sammeln, auswerten und privaten Werbeträger*innen zur Verfügung stellen, um diesen auf bestimmte Zielgruppen zugeschneiderte Werbeangebote zu ermöglichen. Die Profitquelle der Unternehmen ist also nicht der Plattformbetrieb an sich, sondern der Verkauf von Werbefläche. Da emotionalisierende Inhalte mehr Aufrufe generieren, und somit auch rentablere Werbeflächen darstellen, sind gezielte Desinformationskampagnen, die die Nutzerinnen empören und aufbringen, deshalb für die Plattformbetreiber*innen sogar von Vorteil. Mehr noch: die Entfernung von gezielten Desinformationen, die viel geklickt und geteilt werden, steht im direkten Konflikt zur Profitorientierung der Unternehmen. Nur mit massiver öffentlicher Aufmerksamkeit und damit verbundenen Einbrüchen seiner Aktien, konnte beispielsweise Facebook im Nachgang der U.S. Wahl 2016 überhaupt dazu motiviert werden, nur ein wenig zu handeln. Aufgrund der Monopole und Oligopole im Bereich der sozialen Medien, in denen sich Öffentlichkeiten zentral in wenigen Plattformen sammeln, sind alternative Plattformen für Nutzer*innen dazu oft einfach keine Option. Wir schließen uns deshalb der Forderung vieler progressiver Stimmen weltweit an, und fordern die Zerschlagung der großen Plattformbetreiber*innen. Im Kartellrecht müssen Regeln festgeschrieben werden, die die Kombination bestimmter Geschäftsmodelle untersagen. Fusionen von digitaler Anbieter mit Monopolstellung sind grundsätzlich zu untersagen. Denn wenn ein Unternehmen sich lediglich auf den Plattformbetrieb konzentriert, und die Klickzahlen und die daraus generierten Profite in den Hintergrund rücken, besteht kein natürliches Interesse mehr, sich gegen die Entfernung der gezielten Desinformationen zu wehren. Neben dieser Zerschlagung müssen auch bereits bestehende Alternativen zu den etablierten, zentralisierten Social-Media-Plattformen gefördert werden, wie dezentrale Netzwerke. Im Gegensatz zu ihren zentralisierten Pendants laufen diese mit freier Software auf vielen verschiedenen Servern, die auf Basis offener Standards ein gemeinsames Netzwerk bilden. Damit hat kein*e Betreiber*in die alleinige Macht über die Plattform. Dennoch können aber die einzelnen Instanzen moderiert werden und die dortigen Benutzer*innen für Vergehen sanktioniert werden (beispielsweise durch Account-Sperren). Die momentan gültigen Regularien verhindern derzeit, dass sich solche – meist von kleinen Akteur*innen – getragenen Netzwerke etablieren können. Die aktuellen Anforderungen, beispielsweise im Bereich des Urheber*innenrechts lassen sich nur von großen, gewinnorientierten Plattformen erfüllen. Langfristig fordern wir daher, dass die Rechtslage die Verbreitung von dezentralen, gemeinnützig organisieren Plattformen begünstigt und fördert. Teile von solchen Netzwerken können z.B. auch von öffentlich-rechtlichen organisierten Betreiber*innen bereitgestellt werden. Außerdem fordern wir, dass die großen Plattformen zur Interoperabilität verpflichtet werden. Plattformen müssen sich für andere Anbieter öffnen. So wird die Souveränität der Nutzer*innen gestärkt.

 

Darüber hinaus fordern wir die Weiterentwicklung des Medienstaatsvertrags in einen Netzwerk-Staatsvertrag für Social-Media-Plattformen auf europäischer Ebene in Anlehnung an den Staatsvertrag für private Rundfunkmedien. Dieser muss klare Regelungen für die oben benannten Probleme bereitstellen. Insbesondere müssen sich die Social-Media-Plattformen verpflichteten, politische Meinungsäußerungen zuzulassen und nur politische Posts zu löschen, deren Rechtswidrigkeit festgestellt wurde. Löschungen aufgrund eigener politischer Überzeugungen der Netzwerkbetreiber*innen sind durch den Netzwerk-Staatsvertrag als unzulässig festzustellen, ebenso wie die Einschränkung der Reichweite von Nutzer*innen. Betreiber*innen von Social-Media-Plattformen haben die Algorithmen, welche die Inhaltsauswahl beispielsweise auf der Startseite (den sogenannte ‘Feed’) bestimmen, offenzulegen und diese transparent und nachvollziehbar darzustellen. Die Landesmedienanstalten sowie ihre europäischen Äquivalente sind entsprechend aufzustocken, um die Umsetzung dieser Regelungen zu kontrollieren.

 

Ein solcher Netzwerk-Staatsvertrag wird nicht alle genannten Probleme und Herausforderungen sofort lösen können, die mit Social-Media-Plattformen eingehen. Wir sehen allerdings dies als einen entscheidenden ersten Schritt, dass rechtliche Regelungen dafür sorgen, Social-Media-Plattformen als einen öffentlichen Ort der politischen Debatte zu sichern. Insbesondere zur Bekämpfung von Hate-Speech werden noch weitere Schritte notwendig sein.

 

Antrag 65/I/2020 Lehrkräftemangel? – Mehr Kreativität wagen

30.09.2020

Zur Zeit fehlen über 1.000 Lehrkräfte in Berlin, bis 2026 werden es 10.000 Lehrkräfte sein. Die nüchterne Betrachtung dieser Zahlen ist so alarmierend wie erschreckend. Sie sind das Resultat einer Lehrkräfteausbildung, die nicht über dem Bedarf, sondern unter dem Bedarf ausbildet.

Aufgrund dieser Situation bedarf es einer kritischen Analyse der Ursachen, die zu dieser Situation geführt haben. Dennoch müssen wir gleichzeitig Wir müssen kreative, gute und schnelle Wege finden, um den Lehrkräftemangel entgegenzuwirken.

 

Who is Who und What is What?

In der Debatte zum Lehrer*innenmangel ist es wichtig, zwischen verschiedenen Arten des Berufseinstiegs als Lehrkraft zu unterscheiden. Neben der klassischen Lehrer*innenausbildung mit Studium und Referendariat wird zwischen dem Quer-, Seiten- und Direkteinstieg unterschieden.

Quereinsteiger*innen haben ein Studium absolviert, welches äquivalent zu einem „Lehramtsstudium“ verläuft, jedoch ohne Lehramtsoption und den damit verbundenen didaktischen und pädagogischen Inhalten. Das heißt fachlich sind Quereinsteiger*innen genauso qualifiziert wie Absolvent*innen eines Studiums mit Lehramtsoption. Die didaktischen und pädagogischen Inhalte und Fähigkeiten sollen dann im Referendariat erworben werden. Nach einem erfolgreichen 2. Staatsexamen sind sie dann den Kolleg*innen gleichgestellt.

Seiteneinsteiger*innen hingegen arbeiten als Lehrkraft ohne Referendariat, bilden sich aber berufsbegleitend weiter. Sie durchlaufen weder das übliche Studium noch das Referendariat, d.h. sie werden ohne Vorbereitungsdienst eingestellt. Sie haben aber in der Regel ein Studium abgeschlossen, welches allerdings nicht als äquivalent zu einem „Lehramtsstudium“ angesehen wird.

Direkteinsteiger*innen arbeiten ohne zweites Staatsexamen, ohne formale Qualifikation und z.T. ohne abgeschlossenem Studium. Sie durchlaufen also kein Referendariat und keine Weiterbildung und steigen direkt ein. Typische Tätigkeiten sind: Vertretung einzelner Stunden, Betreuung von Hausaufgaben und zeitlich begrenzte Vertretungen von Lehrkräften. Während Seiteneinsteiger*innen und Quereinsteiger*innen meist unbefristet eingestellt werden, werden Direkteinsteiger*innen nur befristet eingestellt.

 

Quereinstieg: Weiter entwickeln, weiterbilden, weitermachen!

Ein Drittel der eingestellten Lehrkräfte im vergangenen Jahr waren Quereinsteiger*innen. Für viele Lehrkräfte vor Ort sind gerade Quereinsteiger*innen eine willkommene Hilfe, da sie die fachliche Qualifikation mit sich bringen. Auch in naher Zukunft werden Quereinsteiger*innen weiterhin eine wichtige und notwendige Stütze darstellen, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Auffällig ist dabei, dass besonders viele Quereinsteiger*innen in Grundschulen eingesetzt werden. Jedoch sind gerade an Grundschulen die didaktischen, pädagogischen und methodischen Kompetenzen von hoher Bedeutung, die aber normalerweise im Rahmen eines Lehramtsstudiums bzw. dem anschließenden Referendariat vermittelt werden. Deshalb müssen viele Quereinsteiger*innen diese Lücken nebenbei und während des Schulbetriebs füllen. Das sorgt dafür, dass sich manche überfordert und alleine gelassen fühlen. Dies verursacht nicht nur Stress und Frust und kann im Zweifel dazu führen, dass man nicht mit Spaß und aus Überzeugung diesen Beruf ausübt und schneller anfällig für Krankheiten wird. Betroffen sind davon auch und vor allem diejenigen Schüler*innen, die gute Lehrkräfte besonders benötigen. Gerade Kinder mit niedrigem sozioökonomischem Status werden so benachteiligt. Daher ist es erschreckend, dass Quereinsteiger*innen überproportional häufig an Schulen mit einem hohen Anteil an finanziell benachteiligten Kindern arbeiten.

 

Zudem gibt es immer weniger Lehrkräfteausbilder*innen und die Programme sind meist auf Laufbahnlehrkräfte abgestimmt und nicht für die Bedürfnisse von Quereinsteiger*innen.

 

Aus diesen Gründen sind eine Reihe von Maßnahmen nötig, um Quereinsteiger*innen einerseits zu entlasten und den Prozess in den Arbeitseinstieg zu professionalisieren und qualitativ zu verbessern.

 

Deshalb fordern wir die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und somit die Bildungssenatorin auf, zugeschnittene Weiterbildungskurse für Quereinsteiger*innen zu entwickeln. Zudem müssen verpflichtende Fort- und Weiterbildungskurse konstant angeboten werden, um einen qualitativ hochwertigen Unterricht gewährleisten zu können. So sollten wo notwendig pensionierte Lehrer*innen durch bspw. finanzielle Anreize hinzugezogen werden können, um diese anbieten zu können. 

 

Zudem fordern wir die Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf, Lehrkräfteausbilder*innen zu stärken und ein Anreizsystem zur Verpflichtung zu entwickeln. Denn es gibt auch einen Ausbilder*innenmangel. Hier soll ein professionsübergreifendes Angebot für Seminarleitungen geprüft werden. 

 

Des Weiteren fordern wir, dass sich die SPD Minister*innen in der KMK (Kultusministerkonferenz) für einheitliche bundesweite Standards einsetzen. Zurzeit variiert die Länge und der Inhalt der Weiterbildungskurse je nach Bundesland, was zur allgemeine Verwirrung beiträgt und zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Bundesländern führt. 

 

Seiteneinstieg ist kein „Zweite-Klasse-Einstieg“!

Ein weiteres Drittel setzt sich aus Seiteneinsteiger*innen zusammen. Die Definition des Seiten- und Quereinstiegs variiert dabei nach Bundesland. Es muss sich nämlich um ein äquivalentes Studienfach handeln, um sich als Quereinsteiger*in bewerben zu können. Das heißt, wenn man Geschichte studiert hat, kann man auch Geschichtslehrer*in werden und das Referendariat absolvieren. Hat man jedoch Kunstgeschichte studiert, wird man als Seiteneinsteiger*in eingestuft und die Möglichkeit des Referendariats ergibt sich nicht. Damit werden der potentiellen Lehrkraft jedoch wichtige Möglichkeiten der pädagogischen und didaktischen Weiterentwicklung vorenthalten.

 

Deshalb gilt es auch hier, einheitliche Standards zu schaffen. Seiteneinsteiger*innen müssen gefördert werden und Möglichkeiten der Weiterbildung wahrnehmen können, die gezielt auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind. Der Seiteneinstieg ist in der jetzigen Situation für viele Schulen eine Chance, die entstandenen Personallücken kurzfristig zu schließen. Das geschieht leider sehr oft zulasten der Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung/ Seiteneinsteiger*innen. Wir setzen uns für berufsbegleitende Qualifizierungsangebote ein, die irgendwann zur vollen Anerkennung als Lehrer*in führen.

 

Konkret fordern wir deshalb, dass Seiteneinsteiger*innen unter bestimmten Voraussetzungen eine Zulassung zum Referendariat erteilt werden soll. Dies soll für das gesamte Bundesgebiet gelten.

 

Des Weiteren sollen Seiteneinsteiger*innen nach einer gewissen Anzahl an besuchten Weiterbildungskursen und Dienstjahre der Weg zum Referendariat ermöglicht werden. Wer sich weiterqualifizieren will, schadet damit weder dem Berufsethos noch den Schulen. Es ist vielmehr eine Bereicherung für die Schüler*innen und die Unterrichtsqualität. 

 

Direkteinstieg: Gemeinsam. Partizipieren. Lernen. 

Direkteinsteiger*innen werden meist als Springer*innen, also Vertretungslehrer*innen, eingesetzt. Jedoch übernehmen in Berlin auch immer mehr Direkteinsteiger*innen weitergehende Aufgaben. Dabei bleibt ihnen meist der Weg zu Weiterbildungsprogrammen verwehrt. Die Argumentation: durch die befristeten Arbeitsverträge würden sie sich nur für kurze Zeit an den Schulen aufhalten und müssten deshalb auch nicht weitergebildet werden. Diese Annahme teilen wir nicht. Zum einen sollte qualitativer Unterricht nicht nur für Regelstunden gelten, sondern auch für Vertretungsstunden. Dafür bedarf es Weiterbildungen, um das didaktische Handwerkszeug zu erlernen und weiterzuentwickeln. Zum anderen sollte jede Person das Recht auf Bildung und somit auch Weiterbildung nach deren Niveau und Ansprüchen nicht verwehrt bleiben. Das gilt auch für Lehrende. Die zudem meist länger als ein Schuljahr an den Schulen eingesetzt werden.

 

Des Weiteren sollten Direkteinsteiger*innen verpflichtende Zeit zum Hospitieren erhalten. Denn bei ausgebildeten Lehrkräften den Unterricht zu begleiten kann vielen Direkteinsteiger*innen weiterhelfen um das Gesehene in ihrem Unterricht anzuwenden. Das Unterrichtsmanagement sowie die Unterrichtsqualität kann verbessert bzw. gesteigert werden. Hinzu kommt, dass die Direkteinsteiger*innen dadurch engeren Kontakt mit ihren Kolleg*innen bekommen und somit inklusiv am Schulgeschehen teilhaben und die Gefahr der Ausgrenzung und der Herabwürdigung minimiert werden können.

 

Wir fordern also die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, dass Direkteinsteiger*innen verpflichtende Hospitation erhalten, sowie der Zugang zu Weiterbildungen ermöglicht, erleichtert und gezielt gefördert wird. Dabei sollten die Weiterbildungsprogramme gezielt auf Direkteinsteiger*innen zugeschnitten und zusätzlich durch Crashkurse ergänzt werden. 

 

Referendariat: Geht nicht, gibt’s nicht! 

In Berlin werden pro Jahr ca. 700 Referendar*innen eingestellt. Ihr Gehalt beträgt zur Zeit ca 1.500 € brutto pro Monat. Hierbei darf eine Arbeitszeit von zehn Stunden pro Woche nicht überschritten werden. Es finden zwei Einstellungstermine im Jahr für das Referendariat in Berlin statt.

 

Diese aktuellen Reglungen ermöglichen es Referendarinnen nicht, ihr Referendariat nach ihren individuellen Bedürfnissen auszurichten. Aufgrund der festen Stundenanzahl und der damit verbundenen Gehaltshöchstgrenze arbeiten viele Referendarinnen, insbesondere in Städten wie Berlin, in einem Zweitjob, was zu einer erhöhten Belastung führt. Gleichzeitig wird den Referendarinnen die Möglichkeit verwehrt, weitere Erfahrungen über ihre Pflichtleistung hinaus in Schulen zu sammeln. Ebenso sollen Referendarinnen nicht gezwungen werden können, mehr Stunden als die vorgeschriebenen zu leisten. Das Referendariat ist für die Studierenden möglichst flexibel zu gestalten, sodass sie es nach ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen anpassen können. Die geltenden Restriktionen sind daher abzuschaffen.

 

Zudem wächst die Frustration, trotz eines abgeschlossenen lehramtsbezogenen Masters weniger zu verdienen als ein*e Seiteneinsteiger*in oder Masterstudierende, welche nebenbei an einer Schule unterrichten. Das sorgt schnell für Unverständnis, statt Anreize zu schaffen, mit Lehramtsoption zu studieren und anschließend ins Referendariat zu gehen. Es kann sogar soweit führen, dass das Referendariat hinausgezögert wird um als Masterabsolvent*in in einer vollen Stelle zu arbeiten. Damit wird dann u.a. der Lehrkräfteausbilder*innenmangel weiter vorangetrieben. Denn wo keine ausgebildete Lehrkraft, da auch kein*e potenzielle*r Lehrkräfteausbilder*in.

 

Des Weiteren werden nur zweimal jährlich Referendar*innen eingestellt. Dabei variieren die Einstellungsfristen von Bundesland zu Bundesland sehr stark. So wie in Hessen, welche 12-mal im Jahr Referendar*innen einstellen, muss auch Berlin hier flexibler werden, um auf die Bedürfnisse der Studierenden und Referendar*innen einzugehen und attraktiv als Referendariatsstandort zu werden.

 

Aus den genannten Ausführungen resultieren drei Forderungen an das Abgeordnetenhaus, den Senat und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie:

 

Erstens setzen wir uns dafür ein, dass die Bezüge im Referendariat zum Leben in Berlin ausreichen und eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Die Höhe der Bezüge darf dabei nie geringer ausfallen als die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten. Im Gegenteil: wir fordern, dass das Land Berlin mittelfristig die höchsten Bezüge im bundesweiten Vergleich auszahlt.

 

Zweitens sollte die Möglichkeit bestehen, dass Referendarinnen bis zu sechs Stunden mehr arbeiten können, sollte dies von den Referendar*innen gewollt sein. Dabei erkennen wir, dass das Referendariat dafür da ist, um Gelerntes zu reflektieren, Unterrichtsinhalte zu er- und verarbeiten sowie Handlungsstrategien und Arbeitsweisen erarbeiten bzw. weiterzuentwickeln. Es muss festgestellt werden, dass momentan diese Zeit bei vielen in die Ausübung eines Nebenjobs fließt, was sich mehr als kontraproduktiv auswirkt. Es sollte jeder Person frei stehen, wie viel Zeit Sie hierfür in Anspruch nimmt und wie hoch die individuelle Belastungsgrenze ist.

 

Drittens fordern wir, dass die Einstellungsfristen flexibler gestaltet werden und Referendar*innen einmal im Monat angestellt werden können. 

 

Bachelor: Theoretisch denken, mit Praxis handeln!

Wir sprechen uns für mehr Praxisbezug und mehr didaktische Inhalte während des Bachelorstudiums aus. Denn die Studierenden müssen bereits zu Anfang des Studiums erfahren, worauf sie sich einlassen und was das spätere Berufsbild konkret bedeutet. Um so frühzeitig und differenziert entscheiden zu können, ob dieses Berufsbild mit Ihren eigenen Vorstellungen übereinstimmt und ob sie die Lehramtsoption ziehen. Im Master, welcher deutlich praxisorientierter ist, kommt eine solche Entscheidung für viele zu spät. Zurzeit findet gerade einmal ein 90-stündiges Beobachtungspraktikum während des Bachelorstudiengangs statt. Das ist zu wenig. Denn viele Studierende, welche mit einer klaren Vorstellung und Hoffnung in das Studium starten, auf das Lehramt vorbereitet zu werden, sind bis zum Bachelorabschluss frustriert und enttäuscht. Die Sinnhaftigkeit des sehr theoretisch aufgebauten Bachelorstudiengangs erschließt sich hier für viele Studierende nicht.

 

Ein Blick nach Finnland ist dabei sehr hilfreich. Dort finden mit dem Beginn des ersten Semesters verpflichtende Praxisstunden an einer Schule statt. Dort wird Theorie und Praxis zusammengedacht. Dabei profitieren beide Seiten. Die Studierenden, welche ihr theoretisch Erlerntes in der Praxis vertiefen und anwenden können und die Schulen, welche damit nah an den wissenschaftlichen Erkenntnissen sind und neue Impulse durch die Studierenden erhalten. Der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis könnte  so besser gelingen. Auch die Universitäten und die Schüler*innen würden von einem engeren Austausch zwischen den Akteur*innen profitieren. Zudem können die Schulen weiter entlastet werden, da die Studierenden auch Unterrichtseinheiten (mit)-übernehmen können.

 

Außerdem muss in den Studienverlaufsplänen eine stärkere Gewichtung zugunsten der Lehramtsbezogenen Berufswissenschaften (LBW) oder auch „Pädagogik, Psychologie, Soziologie und Fachdidaktik“ stattfinden. Der jetzige Anteil ist zu gering, die Einblicke zu oberflächlich. Denn von einem 180 Leistungspunkte Studiengang im Kombi-Bachelor mit Lehramtsoption machen nur 30 Leistungspunkte LBW aus. Das ist erschreckend wenig, und es reicht nicht, um sich eine fundierte Meinung zu bilden, die Lehramtsoption nach dem Bachelor zu ziehen oder nicht.

 

Konkret heißt das, dass wir eine Reform der Studienverlaufspläne und des Lehrkräftebildungsgesetzes (LBiG) fordern, inklusive mehr Gelder für Lehrstuhlstellen und Räumlichkeiten in dem Bereich der Lehramtsbezogenen Berufswissenschaft und Fachdidaktik (LBW). 

 

Zudem fordern wir, dass die Studiengänge mit Lehramtsoption, ähnlich wie in Finnland praktiziert, stärker praxisorientiert strukturiert werden und ein konstanter Anteil an bezahlten Praxisstunden an den Berliner Schulen in den Studienverlaufsplänen integriert wird. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Praxisstunden nicht genutzt werden dürfen, um Lehrer*innen zu ersetzen, insbesondere sollen die Bachelorstudierende keine Berücksichtigung bei der Lehrkräftezumessung finden.  

 

Wir fordern eine Informationskampagne für Bachelorstudierende mit Lehramtsoption. Worin die bestehenden Möglichkeiten, an einer Schule zu arbeiten, beworben werden sollen und eine zentrale Seite mit den Stellenausschreibungen für Bachelor- und Masterstudierende eingerichtet wird. 

 

Master mit Entlastung und Feinschliff zum Erfolg

Das Praxissemester im Masterstudiengang ist gespickt mit zahlreichen Mängeln. Der erste Punkt ist, dass das Praxissemester relativ spät angesetzt ist. Es findet im dritten Semester, also ein Semester vor der planmäßigen Masterarbeit statt. Zu spät rein organisatorisch und viel zu spät als zweite reguläre Praxiserfahrung während der Studierendenlaufbahn.

 

Des Weiteren ist die Verteilung der Studierenden an die jeweiligen Schulen sehr fragwürdig. So müssen viele einen Weg von über einer Stunde Fahrzeit einplanen, um die ihnen zugeteilte Schule zu erreichen. Hinzu kommt, dass die Seminarstunden, welche praxisbegleitend stattfinden, an der jeweiligen Universität stattfinden, was einen enormen Zeitaufwand für jede*n Studierende*n bedeutet.

 

Zudem ist das Praxissemester komplett unentgeltlich, was eine enorme Ungerechtigkeit und finanzielle Problematik bei den Studierenden hervorruft. Da zur Zeit in Berlin ca. 75% der Studierenden neben dem Studium arbeiten müssen, um in dieser Stadt (über-) leben zu können, bedeutet das im Zweifel große Verdienstausfälle während des Semesters. Da dreimal die Woche die Schule besucht wird und Seminarbegleitungen zudem erfolgen, bleibt keine Zeit um einen Nebenjob voll auszufüllen.

 

Wir Jusos begrüßen zudem den Quereinstiegsmaster, welcher an der HU eingeführt wurde. Studierende auch ohne einem Bachelor mit Lehramtsoption die Möglichkeit zu verschaffen den Master of Education zu absolvieren ist angesichts der jetzigen Situation begrüßenswert. Doch begrenzt sich dieser Quereinstiegsmaster zur Zeit nur auf Deutsch, Mathematik und Sachunterricht an einer Grundschule. Hier sollte auch eine Option geschaffen werden, einen Master of Education für den SEK II zu absolvieren.

 

Wir fordern also, dass sich die SPD Mitglieder im Abgeordnetenhaus und in der Senatsverwaltung dafür einsetzen, dass Studierende während des Praxissemesters tariflich bezahlt werden, um so das Praxissemester und die damit verbundenen Erfahrungen zu genießen, anstatt unter finanziellem Druck dieses ausfüllen zu müssen. 

 

Zudem fordern wir, dass das Lehrkräftebildungsgesetz dahingehend abgeändert wird, dass begleitende Praxisstunden an den Schulen in den Studienverlaufsplan integriert wird, damit so, ähnlich wie im Bachelor, Theorie und Praxis Hand in Hand gehen können. 

 

Zum Schluss fordern wir, dass sich die SPD Mitglieder im Abgeordnetenhaus und in der Senatsverwaltung dafür einsetzen, dass ein Quereinstiegsmaster an allen Universitäten in Berlin angeboten werden und zudem auch die Möglichkeit geprüft und Studienverlaufspläne entwickelt werden, dass Studierende einen Quereinstiegsmaster auf SEK II machen können.

 

Antrag 132/I/2020 Alle Möglichkeiten nutzen: Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus zum anhaltenden rechten Terror und Verbindungen zum NSU in Berlin-Neukölln einrichten

30.09.2020

In Berlin gibt es seit über zehn Jahren eine rechte Anschlagserie, die nach wie vor nicht ansatzweise aufgeklärt ist.

 

Eine kleine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus ergab, dass alleine im Zeitraum von Januar bis September 2019 80 Delikte alleine in Neukölln stattgefunden haben, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind.

Immer wieder wurden und werden Menschen, die sich gegen rechts engagieren, durch Graffitis in und an Wohnhäusern eingeschüchtert und bedroht, Brandsätze gelegt und geworfen, Stolpersteine wurden gestohlen oder zerstört.

Eine lange Liste von Straftaten, Übergriffen, Drohanrufen und Brandanschlägen gegen vom rechten Terror betroffenen Personen zeigen, dass bisher unklar ist, ab wann Sicherheitsbehörden von Gefährdungen für konkrete Personen wussten, wie und wieso mit diesen Informationen auf die jeweilige Art umgegangen wurde, welche Schlüsse daraus gezogen wurden und welche Fehlschlüsse zu gefährlichen, lebensbedrohlichen Situation für Betroffenen der rechten Terrorserie geführt haben.

 

Nachdem die Bundesanwaltschaft sich trotz zweimaliger Aufforderung vom Innensenator weigerte, die Ermittlungen an sich zu ziehen, übernahm sie im August 2020 dennoch die Ermittlungen. Die Begründung der zuständigen Generalbundesanwältin liegt darin, dass einer der zuständigen Staatsanwälte befangen sei. Diese Befangenheit ist darin begründet, dass der Staatsanwalt – laut einer Äußerung eines Verdächtigen in einem abgehörten Telefonat – diesem Verdächtigen zugestanden haben soll, dass sich der Verdächtige keine Sorgen machen müsse, da der Staatsanwalt selbst AfD wähle. Das Protokoll dieses abgehörten Anrufs wurde einer Anwältin der Betroffenen erst nach einer Beschwerde zugänglich gemacht. Kurz nach der Aufdeckung dieses Skandals stand einer der Polizeibeamten, der Teil der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus (REX) ist und in diesem Rahmen auch Kontakte mit Betroffenen der Anschläge hatte, wegen einem rassistischen Angriff vor Gericht. Ebenso macht die Berliner Datenschutzbeauftragte öffentlich, dass es im Zusammenhang mit rechtsextremen Morddrohungen an und in Wohnhäusern in Neukölln unerlaubte Datenabfragen der Polizei zu den dort lebenden Personen gab. Die Polizei verweigert allerdings weitestgehend die Aufklärung dieser Abfragen und verweigert die Kooperation mit der Datenschutzbeauftragten. Innensenator Geisel reagierte darauf mit der Einsetzung einer externen Kommission. Diese Kommission, die im September 2020 ihre Arbeit aufnehmen soll, soll aus zwei bis drei Expert*innen bestehen, die nicht aus Berlin kommen und deutschlandweite Erfahrungen im Kampf gegen rechts haben. Mit Ergebnissen dieser Kommission soll frühestens Ende 2020 zu rechnen sein. Dieser Schritt ist aufgrund der massiven Ermittlungsfehler und der Verbindung von Beamt*innen zum rechtsextremen Milieu und den Tatverdächtigen bei weitem nicht ausreichend. Das Vertrauen der Betroffenen und der Zivilgesellschaft in die Berliner Ermittlungsbehörden ist nachhaltig gestört. Betroffene fragen sich, wie sie teilweise mehrfach Opfer von Anschlägen werden konnten, obwohl sie umzogen und ihre Meldeadresse mit Sperrvermerk versehen wurden. Die Staatsanwaltschaft stellt trotz gegenteiliger Versicherungen Ermittlungsverfahren ein. Bis heute wurde noch niemand verurteilt, obwohl die Liste an Straftaten lang und erheblich ist.

 

Das Bundesland Berlin hat keinen NSU-Untersuchungsausschuss eingerichtet, obwohl bekannt ist, dass Verbindungen von Personen des NSU nach Berlin nachgewiesen werden können. Andere Bundesländer mit dieser Verbindung zum NSU handelten auch mit der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Eine Aufklärung, welche Kontakte Mitglieder des NSU, auch das Trio Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt, in Berlin hatten und wo sie sich aufgehalten haben, ist somit nicht vorgenommen worden.

In Bezug auf die rechte Terrorserie in Neukölln kommt hinzu, dass etwa Carsten Szczepanski, bekannter Neonazi und V-Mann des Verfassungsschutzes, bereits im Jahr 1993 verantwortlich war für einen Brandanschlag auf den Kleinbus der Falken Neukölln. Eine Verurteilung erfolgte wegen Sachbeschädigung. Zu V-Mann „Piatto“ wurde Szczepanski in der Haft, in der er nach einem Mordversuch an einen Lehrer aus Nigeria im Jahr 1994 kam. Die Aktivitäten Szczepanskis in der Brandenburger und Berliner Neonaziszene, seine Verbindung zum NSU und der Fakt, dass das Haus der Falken-Neukölln auf der Terrorliste des NSU auftauchet und dass aktive Mitglieder der Falken-Neukölln und er SPD Neukölln Betroffene der rechten Terrorserie sind, der lassen die Vermutung nahe legen, dass auch hier eine direkt Verbindung aufzumachen ist.

 

Diesen Indizien muss im Sinne der Möglichkeiten eines Untersuchungsausschusses detailliert nachgegangen werden, um abgesehen von der Aufklärung aktueller Taten, die Strukturen, Netzwerke und Wege der rechten Gruppen nachvollzogen werden könne. Nur so ist es möglich, Schlüsse für künftige Ermittlungen und konkrete Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Straftaten zu ziehen. Es gilt, die Sicherheit für alle Menschen zu erhöhen und den Betroffenen zu zeigen, dass alle Mittel ergriffen werden, um zu schützen und weitere Taten zu verhindern. Die Terrorlisten des NSU sind die Verbindung zur aktuellen Terrorserie. Diese Verbindungen müssen untersucht werden.

 

Aktuell zeigen die veröffentlichten Ergebnisse der Besonderen Aufbauorganisation (BAO), der sogenannten Sonderermittlungsgruppe „Fokus“, dass systematische Untersuchungen höchst brisante und relevante Ergebnisse liefern können. So sind durch Ermittlungen der BAO 500 Menschen in Dateien zu Feindeslisten von tatverdächtigen Rechtsextremisten aufgetaucht, die vorher unbekannt waren. Außerdem konnten so Verbindung zwischen Taten und Tätern hergestellt und bisher unbekannte Strukturen erkannt werden. Dieses Ziel kann ein Untersuchungsausschuss unterstützen.

 

Mittlerweile wurde eine Petition im Umfang von 25.000 Unterschriften an das Abgeordnetenhaus übergeben. Die Betroffenen fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Umgang der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden mit der rechten Anschlagserie. Das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden sei zerrüttet, sie fordern Aufklärung.

 

Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen Menschen und fordern daher:

 

  • Die schnellstmögliche Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus noch in dieser Legislaturperiode, um Strukturen und Netzwerke vergangener Straftaten nachvollziehen zu können und Vorgehenswiesen der Sicherheitsbehörden daraufhin zu beleuchten
  • Eine Überprüfung, inwiefern der NSU und seine historischen Netzwerke mit der aktuellen Terrorserie in Verbindung stehen
  • Eine Untersuchung möglicher strategischer Ermittlungsfehler, um eine endgültige Aufklärung der Straftaten zu ermöglichen

 

Antrag 83/I/2020 Demokratiebildung? Jugendbeirat!

30.09.2020

Die Wahlbeteiligung gerade bei Erst- bzw. Jungwähler*innen geht zurück bzw. stagniert. Ein Grund hierfür ist die mangelnde Partizipation von Kindern und Jugendlichen sowie eine mangelhafte Erziehung und Förderung von Jugendvereinen, die das Demokratieverständnis für Kinder und Jugendliche fördern und damit einen Beitrag leisten, die jungen Menschen zu mündigen Demokrat*innen zu erziehen. Damit ein Teil dazu beigetragen wird, diesem Trend entgegengewirkt wird und um Kindern und Jugendlichen die Vertretung ihrer eigenen politischen Interessen zu ermöglichen, fordern wir, dass ein Jugendbeirat auf Bezirks- und Landesebene etabliert wird.

 

Jugendbeirat – aber warum? 

Erst einmal was ist überhaupt ein Jugendbeirat und was sind seine Aufgaben?

 

Ein Jugendbeirat ist ähnlich wie ein Seniorenbeirat ein Beirat, der von Jugendlichen im Alter von 12-18 Jahre gewählt wird und sich aus Jugendlichen in diesem Alter zusammensetzt. Bei der Zusammensetzung muss dabei auf die Quotierung geachtet werden. Wahlberechtigt sind alle Jugendlichen im Bezirk bzw. der Stadt.

 

Die Mitglieder des Beirats erhalten hier die Möglichkeit an den politischen Prozessen aktiv zu partizipieren und ihre Ideen einzubringen. Sie dürfen Anträge bzw. Anfragen stellen und erhalten Rederecht in Ausschüssen und BVV- Versammlungen.

 

Ein Jugendbeirat ist gelebte Demokratie und es ist überfällig eben jenen in Berlin einzuführen. Zudem sollte dort wo ein Seniorenbeirat existiert auch ein Jugendbeirat partizipieren dürfen.

 

Deshalb fordern wir, dass sich die SPD-Mitglieder der Bezirksfraktionen und des Abgeordnetenhauses dafür einsetzen, dass das Bezirksverwaltungsgesetz um eine Norm ergänzt wird:

  • Kinder- und Jugendbeteiligung: Der Bezirk muss bei Planungen und Vorhaben die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen. Zur Wahrnehmung dieser Interessen soll ein Kinder-und Jugendbeirat gebildet werden. Der Beirat ist parteipolitisch und konfessionell neutral. Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig.

 

  • Im Rahmen des Aufgabenbereiches des Kinder-und Jugendbeirates unterstützen die Organe des Bezirks den Beirat in seinem Wirken. Sie beziehen ihn zur Beteiligung der Kinder 25und Jugendlichen beiallen Planungen und Vorhaben in die Entscheidungsfindung ein.

 

Der Kinder-und Jugendbeirat erhält eine genaue Satzung, welche folgende Bereiche umfasst: Aufgaben, Zusammensetzung, Wahlzeit, Wahlverfahren, Geschäftsordnung, Vorstandstätigkeiten, Finanzierung und Datenverarbeitung. Änderungen der Satzung kann vom gewählten Kinder-und Jugendbeirat vorgenommen werden. Bedarf jedoch die einfache Zustimmung der Bezirksversammlung.