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Antrag 12/II/2021 Der Kulturstandort Deutschland muss krisensicher gemacht werden

9.11.2021

In Deutschland leben ungefähr 1,8 Millionen Menschen, die dem Kultursektor angehören. Was aber nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass das Erschaffen von Kunst und Kultur auch Arbeit ist. Arbeit, die in den meisten Fällen auf selbstständiger bzw. freiberuflicher Basis erfolgt, wodurch alle anfallenden Kosten (Miete(n), Materialkosten, Produktionskosten, Fahrtkosten, Versicherungsbeiträge etc.) von ihnen eigenständig und im vollen Umfang getragen werden müssen. Um diese Kosten Decken und zusätzlich dazu auch noch Umsatz generieren zu können, sind viele Künstler*innen auf öffentliche Auftritte vor Publikum angewiesen. Entfallen diese Auftritte, bleiben sie auf diesen und ggf. weiteren Kosten sitzen.

Die Corona-Krise hat gezeigt, wie sehr Künstler*innen von diesen Auftritten abhängig sind und auch, wie schnell sie diese Abhängigkeit in eine wirtschaftliche und soziale Notsituation bringen kann. Aufgrund der Übertragungsart der Viren mussten seit dem Beginn der Pandemie zahlreiche Konzerte, Lesungen, Konzerte und sonstige Auftritte vor einem Publikum abgesagt werden. Auf bereits getätigte Vorauszahlungen blieben viele der Künstler*innen sitzen. Weitere Einnahmen blieben ebenfalls aus. Die Bundesregierung hat zwar eine Künstler*innensoforthilfe bis zum 31.03.2021 ausgelobt. Doch diese einmalige Zahlung erfolgte zum einen mit großer Verspätung und vermochte es bei vielen nicht, die laufenden Kosten abzudecken. Für viele blieb daher nur die Möglichkeit der Verschuldung.

Gerade in einer Metropole wie Berlin leben und wirken besonders viele Kulturschaffende. Dadurch ist die prekäre Situation vieler Künstler*innen besonders hier stark spürbar gewesen. Ein Ende der Pandemie und der daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen gerade für den Kulturbereich ist nach aktuellem Stand noch nicht vollends absehbar. Unklar bleibt daher auch die Situation vieler Künstler*nnen in Berlin und Deutschland. Daher setzen wir uns besonders stark für Künstler*innen ein.

Es gilt allerdings nicht nur Künstler*innen während der aktuell laufenden Pandemie zu unterstützen. Daher muss auch die Kulturbranche für eventuelle Extremsituationen vorab abgesichert werden. Denn die Kultur- und Kreativwirtschaft leistet mit rund 174 Milliarden Euro Umsatz jährlich nicht nur einen wichtigen Beitrag für die deutsche Wirtschaft, sondern erhält und entwickelt auch die kulturelle Vielfalt in unserem Land.

Wir fordern daher:

  • Die Einführung einer monatlich ausgezahlten Grundsicherung für selbstständige Kunstschaffende in Ausnahmesituationen wie Pandemien, die ohne Antrag und sofort bei Feststellung einer Ausnahmesituation ausgezahlt wird. Sie gilt sofort und als Überbrückung zu dem von uns schon gefordertem Bürgergeld. Die Grundsicherung soll den täglichen persönlichen Bedarf während des beruflichen Ausfalls abdecken (Miete, Nebenkosten, Unterhaltskosten etc.). Diese Zahlung kann beansprucht werden, sollte die Ausführung der Arbeit auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Diese Grundsicherung wird nur über einen begrenzten Zeitraum hinweg gewährt. Eine Verlängerung kann aber beantragt werden. Träger der Grundsicherung soll mittelfristig die Künstlersozialkasse (KSK) sein. Dazu muss der Zugang zur KSK für alle künstlerischen Berufe und Arbeitsverhältnisse niedrigschwellig geöffnet werden und mittels einer Einmalzahlung die KSK angemessen ausgestattet werden, um ein entsprechendes Leistungsniveau bieten zu können. Kurzfristig soll das Land Berlin mit gutem Beispiel vorangehen und eine entsprechende Stelle auf Landesebene schaffen.
  • Staatliche Ersatzleistungen für pandemie- oder ähnliche krisenbedingte Ausfälle von Veranstaltungen. Z.B. im Falle von geleisteten Vorauszahlungen durch Künstler*innen (Materialkosten, Fahrtkosten etc.) für Auftritte, Ausfall der Künstlergage etc. Die Ersatzleistung soll dabei in erster Linie marktwirtschaftlich schwachen Künsterl*innen zugutekommen, wie Solo-Selbstständigen, Kollektiven und kleineren Veranstaltungsfirmen. Um dieses Ziel zu erreichen muss die Ersatzleistung im Gesetzgebungsverfahren mit geeigneten Bedingungen wie einer Höchstsumme pro Einzelzahlung oder einer Staffelung nach Umsatz der Antragsteller*innen ausgestaltet werden.
  • Die Befreiung der Kommunen von ihren (Alt)Schulden, um ihnen mehr finanzielle Möglichkeiten zu geben und Kultur auf lokaler Ebene zu fördern.
  • Eine staatliche Übernahme der Versichertenbeitragszahlung zur Künstlersozialkasse nach Feststellung einer Ausnahmesituation.

Antrag 33/II/2021 Alle Schüler*innen auf Gymnasien zieldifferent beschulen

2.11.2021

Wir fordern die SPD Berlin auf, sich in etwaigen Koalitionsverhandlungen für eine Reform für den Übergang auf das Gymnasium einzusetzen, die die individuellen Leistungsstärken und Potentiale der Kinder in den Blick nimmt. Die Reform des Aufnahmeverfahrens soll in Zukunft das „Abschulen“ von Schüler*innen an Gymnasien ersetzen. Gymnasien sollen stattdessen die Schüler*innen auf Grundlage eines zieldifferenten Lehrplans beschulen.

Antrag 108/I/2021 Lebenslanges Lernen fördern – Demokratie stärken

27.03.2021

Ein Konzept für das Lebenslange Lernen der SPD Berlin

 

Lebenslanges Lernen ist ein Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe und zur Stärkung des demokratischen Gemeinwesens. Wir stärken die Einrichtungen der Weiterbildung und fördern gezielt Orte und Strukturen, die freiwilliges Engagement und demokratische Beteiligung ermöglichen. Wir stellen uns damit in die sozialdemokratische Tradition der Arbeiterbildungsstätten, der Volkshochschulbewegung und progressiver Weiterbildungspolitik.

 

Wir führen Demokratielernen und politische Bildung in Schulen, Kindertagesstätten und außerschulischen Lernorten fort. Der um sich greifenden gesellschaftlichen Polarisierung, der Verbreitung von Verschwörungstheorien und den systematischen Angriffen auf die Demokratie setzen wir unsere sozialdemokratische Initiative für Zusammenhalt, Aufklärung, gemeinsames Lernen, Gute Arbeit und eine Stärkung demokratischer Teilhabe entgegen.

 

Wir vertreten ein inklusives Verständnis der Erwachsenenbildung, das die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen in den Mittelpunkt stellt. Die aufsuchende Bildungsarbeit, der Einsatz digitaler Medien und innovativer Formate sind für uns selbstverständlich. Ebenso die Einbeziehung von Personen, die aufgrund von Alter, Bildung, Sprache oder körperlichen Einschränkungen, die klassischen, kursförmigen Angebote der Erwachsenenbildung wenig oder gar nicht wahrnehmen.

Dass Lebenslanges Lernen und Demokratieförderung zusammengehören, sollte sich auch im künftigen Ressortzuschnitt des Senats widerspiegeln. Wir möchten diesem für Berlin wichtigen gesellschaftlichen Handlungsfeld mehr Bedeutung zukommen lassen und setzen uns für eine bessere Koordination auf Senatsebene sowie zwischen Senat und Bezirken ein.

 

Ein Modellprogramm „Demokratische und lernende Stadt“ starten

 

Wir wollen Begegnung, lebenslanges Lernen und demokratische Beteiligung miteinander verbinden. Mit einem Modellprogramm „Demokratische und lernende Stadt“ schaffen wir koordiniert durch die Volkshochschulen „Orte des Lernens und der Demokratie“ in den Kiezen und entwickeln somit ein Netz von Orten der Begegnung und der Kommunikation, in denen neue Formen des Lernens, der Beteiligung und lokaler Demokratie erprobt und gelebt werden können. Die Einrichtung eines Demokratiefonds ermöglicht es, die Initiativen bei der Gestaltung ihrer Nachbarschaft zu unterstützen. Die Orte des Lernens und der Demokratie sind von Vielfalt geprägt. In ihnen arbeiten engagierte Menschen verschiedener Berufsgruppen zusammen. Sie sprechen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unabhängig von ihrer Herkunft an und schaffen Begegnungs- und Lernanlässe für alle.

 

Eine wesentliche Aufgabe dieser Orte des Lernens und der Demokratie ist es, sich mit den zahlreichen Angeboten in den Bezirken und Kiezen zu vernetzen. Diese reichen von der Bibliothek über die Nachbarschaftshäuser, Stadtteilzentren und Freiwilligenagenturen bis zu den Quartiersmanagements, BENN-Standorten (Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften), Familienzentren und Partnerschaften für Demokratie sowie den bezirklichen Anlaufstellen für Bürgerbeteiligung. Zur Finanzierung der Orte des Lernens und der Demokratie werden 50% der Mittel den Bezirken zur, eigenen Schwerpunktsetzung zur Verfügung gestellt. Die anderen 50% werden durch ein vom Senat direkt getragenes Förderprogramm umgesetzt. Bei der Verortung sollen Quartiere zwischen Stadtgrenze und S-Bahn-Ring besondere Beachtung finden. Wir wollen zu Diskussionen über die Zukunft der Stadt und zum guten Zusammenleben in den Quartieren anregen, bspw. zu der Frage, wie wir das Wohnen, Lernen, Arbeiten, Beteiligen und Einkaufen in der Stadt nach der Corona-Epidemie gestalten wollen.

 

Ein Haus der Demokratie und der digitalen Bildung errichten

 

Neben dezentralen Orten errichten wir an der Urania Berlin ein zentrales „Berliner Haus der Bürgerbeteiligung, Demokratie und der digitalen Bildung“. Es enthält einen Veranstaltungsort für die bezirklichen Einrichtungen des lebenslangen Lernens sowie für die gesamtstädtisch agierenden freien Träger. Das Haus bietet neben einem Café als Treffpunkt Arbeits- und Begegnungsräume. Es vernetzt überdies die bereits existierenden und neu errichteten kieznahen Lern-, Beteiligungs- und Begegnungsorte und entwickelt überbezirkliche und gesamtstädtische Angebote. Im Berliner „Haus der Demokratie und digitalen Bildung“ wird ein Kompetenzzentrum Digitale Bildung eingerichtet. Das Kompetenzzentrum richtet Ideenwettbewerbe für digitale Innovation im Feld der Erwachsenenbildung aus und richtet sogenannte skills labs ein. Es kooperiert eng mit dem Servicezentrum der Berliner Volkshochschulen, der Landeszentrale für politische Bildung, der Landesbibliothek, den Berliner Einrichtungen der Engagement- und Demokratieförderung sowie mit dem CityLab. Das Land Berlin beteiligt sich an der durch den Bund beabsichtigten Ertüchtigung und dem Ausbau der Urania und übernimmt die Finanzierung des Betriebs der Einrichtung.

 

Die Erwachsenenbildung in der Verfassung Berlins verankern

 

Wir wollen die Erwachsenenbildung in der Berliner Verfassung verankern und damit das Lebenslange Lernen als vierte Säule des Bildungssystems stärken. Damit folgen wir dem Vorbild der Weimarer Reichsverfassung vor 100 Jahren sowie diverser Landesverfassungen z.B. von Brandenburg und Bremen. Allen Erwachsenen soll durch öffentliche Einrichtungen wie Volkshochschulen und andere mit öffentlichen Mitteln unterstützte Einrichtungen die Teilhabe an Weiterbildung ermöglicht werden. Aufgaben der Weiterbildung umfassen allgemeine, politische, berufliche und kulturelle Weiterbildung und schließen das Nachholen von Schulabschlüssen sowie Eltern-und Familienbildung ein.

 

Soziale Sicherheit für die Beschäftigten in der Erwachsenenbildung stärken

 

An den 12 Berliner Volkshochschulen werden jährlich mehr als 20.000 Kurse mit ca. 980.000 Unterrichtseinheiten für fast 240.000 Teilnehmende angeboten und das mit einem Personalbestand, der unter 50% der Personalausstattung aller großstädtischen VHS in Deutschland liegt. Wir werden den Personalausbau an den Berliner Volkshochschulen kontinuierlich vorantreiben, sowohl im Hinblick auf Verwaltungsmitarbeitende, festangestelltes pädagogisches Personal als auch auf Kursleitende. Dabei berücksichtigen wir den gestiegenen Personalbedarf an Medienwarten sowie Programmverantwortlichen im Feld der digitalen Bildung. Wir werden die Arbeitsbedingungen und die soziale Absicherung der freiberuflich Tätigen stärken und setzen uns für die Festanstellung von arbeitnehmerähnlich beschäftigten Dozierenden an Volkshochschulen ein.

 

Die Chancen der digitalen Transformation in der Erwachsenenbildung nutzen

 

Die Digitalisierung verändert wie wir leben, lernen und arbeiten. Beschleunigt wurde dieser Prozess durch die Corona-Krise. Um den enormen Herausforderungen zu begegnen, setzen wir an drei Punkten an: Wir stärken die Demokratie- und Medienbildung. Wir unterstützen die Einrichtung einer Taskforce Digitalisierung, die Vorschläge für neue digitale Lernformate und -inhalte erarbeiten wird. Wir legen einen Investitionsfonds Digitalisierung in der Erwachsenenbildung auf. Über diesen Fonds soll die Stärkung der digitalen Infrastruktur an Volkshochschulen und bei anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung des Landes Berlin finanziert werden.

 

Beteiligung und Engagement ausbauen – das demokratische Gemeinwesen mit einem Gesetz stärken

 

Unsere Vision für Berlin ist die einer demokratischen Metropole im 21. Jahrhundert. Sie versteht sich als Teil einer internationalen Allianz demokratischer und lernender Städte, die von lernfreudigen, kritischen und engagierten Bürgerinnen und Bürgern und von einer gelebten demokratischen Kultur getragen wird.

 

Engagement und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sind für eine Demokratie systemrelevant. Um für die Förderung von Engagement, Beteiligung und Demokratie ein stabiles Fundament zu schaffen, werden wir ein Gesetz zur Stärkung des demokratischen Gemeinwesens auf den Weg bringen.

 

Wir werden das Landesprogramm für Demokratie. Vielfalt. Respekt weiterentwickeln. Damit stärken wir die Strukturen des Landes und der Bezirke sowie zivilgesellschaftliche Akteure, die Engagement fördern, Extremismus-Prävention betreiben, demokratische Werte gegen Hass im Netz verteidigen, Diskriminierung entgegentreten, Gruppen ohne Lobby eine Stimme geben, antidemokratische, rassistische und antisemitische Vorfälle registrieren und Opfern helfen.

 

Wir werden in die demokratische Infrastruktur unserer Stadt investieren. Dazu zählt der Ausbau der historisch-politischen Bildung an den Volkshochschulen sowie die Stärkung der Landeszentrale für politische Bildung als zentraler Impulsgeber und Netzwerkknoten der politischen Bildungsarbeit. Die Landeszentrale soll darin unterstützt werden, neue Wege der aufsuchenden politischen Bildung in den Bezirken zu gehen – sei es im Rahmen von Stadtteildialogen oder Demokratiewerkstätten, mit Hilfe von mobilen Formaten auf Straßen und Plätzen oder im digitalen Raum. Damit wollen wir die Teilhabe von allen Bürgerinnen und Bürgern an der politischen Willensbildung und an Beteiligungsverfahren ermöglichen.

 

Um Demokratie zu stärken, ergänzen wir etablierte repräsentative Formen der Demokratie durch neue Formen der Bürgerbeteiligung. Wir werden im Rahmen von Modellprojekten die Bezirke bei der Erprobung neuer Beteiligungsformate wie z.B. Stadtteilkonferenzen und Bürgerräten unterstützen und eine Übertragung auf weitere Bezirke prüfen. Bei der Entwicklung neuer Beteiligungsinstrumente, wie z.B. des gesamtstädtischen Bürgerhaushalts („Beteiligungshaushalt“), werden wir Zugänge erleichtern, aufsuchende Formen der Beteiligung in Nachbarschaften und Kiezen entwickeln und Maßnahmen der aufsuchenden politischen Bildung einbeziehen, um bislang unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen anzusprechen. Die Engagementstrategie und Leitlinien für Bürgerbeteiligung werden wir systematisch umsetzen und in einem gesamtstädtischen Ansatz guter Beteiligung verbinden.

 

Ein besonderer Tag im Jahr, an dem die vielfältigen Aktivitäten für eine lebendige demokratische Kultur in allen Bereichen der Stadt sichtbar sind, soll der 15. September (Internationaler Tag der Demokratie) sein. Wir wollen ihn als Berliner Demokratietag etablieren und in Zukunft jährlich allen Einrichtungen, die Lernen, Engagement und Demokratie fördern, eine Plattform bieten, um sich auszutauschen, ihre Arbeit zu zeigen und Lust auf Beteiligung zu wecken.

 

Die Möglichkeiten des Bildungsurlaubs werden in Berlin noch zu wenig genutzt und sind zu wenig bekannt. Mit einer Initiative wollen wir gemeinsam mit Trägern, Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen für den Bildungsurlaub als einen wichtigen Zugang zur politischen Bildung und der beruflichen Weiterbildung werben.

 

 

 

Mit kommunalpolitischer Bildung die lokale Demokratie stärken

 

Ehrenamtlich aktive Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sind Stützen unserer Demokratie. Damit sich Bürgerinnen und Bürger wirksam politisch beteiligen können, bauen wir als Berliner SPD weiterhin kommunalpolitische Bildungsangebote durch Bildungswerke und Bildungsinitiativen aus, die Wissen darüber, wie man sich politisch engagieren kann, vermitteln.

 

Wir werden die Entwicklung digitaler Angebote der kommunalpolitischen Bildung unterstützen. Ein Teil soll sich dem Erlernen digitaler Techniken selbst widmen, um breiten Zugang zur Digitalisierung zu schaffen, lebenslanges Lernen und demokratisches Engagement im Netz zu fördern.

 

Teilhabe an Erwachsenenbildung erleichtern und Beteiligungsprozessen für alle öffnen

 

Wir werden das Berliner Erwachsenenbildungsgesetz mit Leben füllen und die Förderung so ausstatten, dass innovative Vorhaben und neue Felder der Erwachsenenbildung gestärkt, erprobt und verstetigt werden können. Wir werden die Förderung in den kommenden Jahren schrittweise ausbauen. Wir wollen die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger ermöglichen unabhängig vom Einkommen. Wir werden das Erwachsenenbildungsgesetz in seiner Wirksamkeit evaluieren und eine institutionelle Förderung freier Träger über das Gesetz prüfen.

 

In Berlin können ca. 300.000 erwachsene Menschen nicht ausreichend lesen und schreiben, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das ist nicht akzeptabel. Wir wollen die Senatsstrategie Alphabetisierung und Grundbildung zu einer Landeskonzeption Alphabetisierung und Grundbildung weiterentwickeln, Lernangebote und innovative Lernzugänge ausbauen und die bezirklichen Alpha-Bündnisse stärken.

 

Bildung geht hin, interessiert und bezieht ein. Wir wollen aufsuchende Bildungsangebote an Volkshochschulen, bei freien Trägern der Erwachsenenbildung und der Landeszentrale für politische Bildung stärken. Diese müssen außerhalb von den Einrichtungen dort stattfinden, wo die Menschen sind. Ein Schwerpunkt liegt hier neben ihrer fachlichen Expertise auf der Netzwerkarbeit im Stadtteil.

 

Wir setzen uns im Sinne des Rechts auf Bildung dafür ein, Angebote für Seniorinnen und Senioren als feste Bestandteile der Erwachsenenbildung auszubauen. Sie gehen auf die Lebensbedürfnisse und die Lebenserfahrung älterer Menschen in Inhalt, Tempo und Methodik ein. Sie bieten einen möglichst kostengünstigen Zugang zu Bildung in allen Themenbereichen und wirken Vereinsamung entgegen. Intergenerationale Bildungsangebote sollen den Zusammenhalt der Generationen durch gemeinsames Lernen stärken.

 

Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Berlin sind im Hinblick auf ihr Personal und ihre Angebote noch nicht so divers, wie es die postmigrantische Berliner Stadtgesellschaft ist. Wir werden die diversitätssensible Öffnung der Einrichtungen vorantreiben, sie in der Auseinandersetzung mit Diskriminierung bestärken und die Kooperation von Einrichtungen der Erwachsenenbildung mit Migrantenselbstorganisationen fördern. Bei der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung setzen wir auf niedrigschwellige und aufsuchende Dialogformate, um bisher unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen anzusprechen.

 

Kulturelle Bildung und Demokratie

 

Kulturelle Bildung ist demokratische und Persönlichkeitsbildung mit kulturellen und künstlerischen Ausdrucksformen. Sie hat allgemein das Ziel, durch Teilhabe und Rezeption Wahrnehmungsfähigkeiten zu stärken sowie Kreativität, Sensibilität und Urteilskraft zu entwickeln. Sie trägt als Kultur für alle zur gesellschaftlichen Selbstverständigung wesentlich bei.

 

In digitalen Zeiten ist die Fähigkeit, Bilder kritisch einordnen, lesen und entschlüsseln zu können, zur politischen Notwendigkeit geworden. Kunst ist ein Mittel der politischen Bewusstseinsbildung. Sie kann eingefahrene Seh- und Denkweisen aufweichen, neue Erkenntnisse ermöglichen und politischen Forderungen Ausdruck verleihen. Kunst ist politisch und politisierend, weil sie die symbolische Gegenwart möglicher Welten aufruft und „Einbildungskraft“ fördert.

 

Bildungsangebote durch Kunst und Kultur und ihre Vermittlung haben gerade bei der Aufnahme Schutzsuchender (2015) und in der Pandemie (2020) gezeigt, dass sie flexibel auf Veränderungen reagieren können und vielen Gruppen die kulturelle Teilhabe ermöglichen. Vor allem Theater, aber auch andere Einrichtungen der Stadt und der Freien Szene haben sich zu Orten einer demokratischen Kultur entwickelt.

 

Mit einem breiten und integrativen Kulturbegriff greifen wir die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Menschen auf. Dazu sollen Künstlerinnen und Künstlern zusammen mit Expertinnen und Experten der Jugend- und Erwachsenenbildung Vorschläge entwickeln, um Erfahrungen der letzten Jahre zu sichern und in praktische Handlungsschritte umzusetzen.

 

Wir sichern den Projektfonds Kulturelle Bildung des Senats, bauen ihn aus und verknüpfen ihn mit der Erwachsenenbildung. Wir wollen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren als Kulturbeauftragte, Kunst- und Kulturagenturen in die Erwachsenenbildung einbeziehen. Im Rahmen lokaler Bildungsbündnisse kulturelle Bildung werden wir die Kooperation von Kultur- und Bildungsinstitutionen fördern und dabei an guten Erfahrungen vor allem zwischen Schulen, Jugendkunstschulen und Kultureinrichtungen ansetzen.

Antrag 107/I/2021 Maßnahmen zur wirksamen Stärkung des Vermögenaufbaus zugunsten unterer und mittlerer Einkommen in Deutschland

23.03.2021

Neben einer Veränderung der Ziele einer Wirtschaftspolitik, die in den letzten zwei Jahr­zehnten insbesondere aufsteigende Leistungsbilanzüberschüsse und eine über dem In­vestitionsniveau liegende Sparquote gesetzt und dadurch die Vermögensakkumulation reicherer Bevölkerungsschichten begünstigt hat, sind Maßnahmen zu definieren, die auf eine deutlich stärkere Vermögensbildung bei den finanziell schwächeren Bürgern zielt.

Wir sind der Meinung, dass dort anzusetzen ist, wo Hindernisse die Bildung von Vermögen erschweren, insbesondere wenn:

  • ein schwaches bis kein Sparpotential aufgrund eines niedrigen Einkommens vorhanden ist bzw.
  • der Zugang zur Anschaffung von Wohneigentum oder rentableren Geld­ver­mögens­anlagen aufgrund finanzieller Verhältnisse und persönlicher Kenntnisse erschwert wird.

 

Folgende Maßnahmen sollen in Betracht gezogen werden:

 

1. Stärkere Teilhabe der Mitarbeitenden an der Wertentwicklung der Unternehmen durch Ausgabe von Unternehmensanteilen an die Belegschaften

Fondsstrukturen können einen wesentlichen Beitrag zur Beteiligung der Belegschaften an der Wertentwicklung und dem Unternehmenserfolg bieten. Dedizierte Spezialfonds, z.B. in Form treuhänderischer Zwischengesellschaften, an denen die Mitarbeitenden beteiligt werden, würden in ihrer Rechnung die Anteile an den arbeitgebenden Unternehmen halten. Solche Lösungen, die im Ausland seit langer Zeit Anwendung finden, sollen auch in Deutschland Einsatz finden:

  • zur Herstellung einer effizienten Strukturierung des Beteiligungsangebots, das leichter an die Gesamtheit der Belegschaft gerichtet werden kann, sowie
  • zum besseren Schutz der Interessen der am Unternehmen beteiligten Belegschaften gegenüber ihren Arbeitgebern mit einer konsequenten Ausgestaltung der Anlegervertretung in den Gesell­schafts­organen wie z.B. in der Hauptversammlung

 

Die Wahrnehmung der Interessen der Mitarbeitenden durch die Instrumente der betrieblichen Mitbestimmung sowie der tariflichen Bindung werden durch derartige Beteiligungsmodelle nicht berührt. Das durch eine Beteiligung des Arbeitnehmenden am Unternehmen zugleich übernommene Risiko (für den Ausfall der Beteiligung bei Insolvenz) soll durch Mitspracherechte u.a. in der Anlegervertretung gemindert werden.

 

Solche unter­neh­mensbezogene Lösungen sollen in der Weise ausgelegt werden, dass anderes, mit einer Mitarbeiterbeteiligung nicht verbundenes Wert­papiervermögen der Mitarbeitenden eingeschlossen und gefördert wird[1], Damit werden möglich:

  • eine Risikominimierung durch eine gute Streuung der Anlegerportfolien, die somit nicht nur aus Beteiligungen an einzelnen Unternehmen bestehen. Diese tragen mit sich m Extremfall das Risiko des Totalausfalls, insbesondere wenn es um Beteiligungen an Startups geht.
  • die Übertragung der Portfolioverwaltung auf professionelle und unabhängige Unternehmen, die u.a. die Funktion der Anlageentscheidung zur Entlastung oft überforderter AnlegerInnen übernehmen
  • Kostenvorteile für die investierten Mitarbeitenden dank der Nutzung von Skaleneffekten, welche zusätzlich breiter angelegte Anlagestrategien erlauben, die den einzelnen Investoren verwehrt wären

 

Ein ganz wesentlicher Aspekt ist, dass Fondsstrukturen dazu geeignet sind, Steuervergünstigungen zugunsten ihren Beteiligten einzuführen, die auf eine Besserstellung der unteren und mittleren Einkommen zielen und somit den Vermögensbau stark zu fördern. Dabei wäre z.B. die steuerbefreite Wieder­anlage im Fonds denkbar, wie in anderen Ländern bereits möglich ist. Dort werden Erträge von der Einkommensteuer – meistens aber nicht von den Sozial­abgaben – befreit, solange sie im Fonds bleiben. Durch die Einschränkung auf solche Spezialfonds wird eine nicht sinnvolle Übertragung solcher Ausnahmen auf nicht zu vergünstigende Vermögen konsequent vermieden und die einheitliche Gestaltung des Steuergesetzes grundsätzlich bewahrt

Unternehmen sollten außerdem in die Lage versetzt werden, ihre Fondsangebote für die Mit­ar­bei­tenden zusammenzulegen, um Skalenvorteile besser zu nutzen. Die Fonds werden durch Zuführungen der Arbeitgeber und dessen Mitarbeiter gespeist.

 

2. Umverteilung von Unternehmensanteilen

Die Bundesrepublik Deutschland selbst soll einen Dachfonds initiieren (ein „Deutsch­lands­fonds“), an dem sich unternehmenseigene Beteiligungsprogramme an­schließen können.

Neben den somit im Fonds zusammenfließenden Beteiligungen sind zwei weitere wichtige Investitionsquellen zu aktivieren:

  • Wiederanlage von Erträgen aus dem Wertzuwachs von mit öffentlichen Mitteln finanzierten Innovationsunternehmen
    Innovation wird oft dank der Unterstützung durch den Staat möglich. Diese Unterstützung erfolgt in verschiedenster Weise, u.a. über die Verfügungs-stellung erheblicher Finanzmittel, insbesondere wenn das Unternehmensrisiko am höchsten ist und der privaten Finanzierung sehr enge Grenzen gesetzt sind – z.B. während der Startup-Phase eines Unternehmens.
    Wir fordern, dass der Bund bzw. die Länder am Wertzuwachs der durch öffentliche Mittel finanzierten Unternehmen in geeigneter Weise durch Übernahme von Kapitalbeteiligungen partizipieren und dass daraus entstehende Erträge in Form von Dividenden und Veräusserungsgewinnen in der Fondsstruktur reinvestiert werden, sodass sie der Allgemeinheit und insbesondere vermögensärmeren Gruppen zugute kommen können.
  • Ausgabe von Gratisaktien und -anteilen
    Darüber hinaus fordern wir die Ausgabe von Gratisaktien und -anteilen von Unternehmen in einem zu bestimmenden maximalen Rahmen zugunsten des skizzierten „Deutschlandsfonds“. Hierdurch wird unmittelbar eine Umverteilung von Vermögenswerten der UnternehmenseigentümerInnen zu Gunsten der arbeitnehmenden Teile der Gesellschaft erreicht.

 

3. Abbau der steuerlichen und kostentechnischen Nachteile für Gering- und Normalverdienende

Zur Verstärkung bestehender und künftiger Maßnahmen ist eine deutliche Anhebung der derzeitigen steuerlichen Anreize erforderlich, welches auch mit dem Ausland gleichzieht. Der derzeit geringe Freibetrag für den vergünstigten Bezug von Belegschaftsaktien (§ 3 Nr. 39 EStG) sollte von derzeit € 360/Jahr auf ein „europäisches“ Niveau“ gebracht werden (d.h. auf mindestens € 3.000/Jahr – eine Erhöhung des Freibetrags auf nur € 720 wird seit langer Zeit in der Koalition diskutiert und ist erwartet).

Eine entsprechende Erhöhung der Arbeitnehmer-Sparzulage gem. Fünftem Vermögensbildungsgesetz (20% von max. € 400, d.h. € 80 / Jahr) sollte ebenfalls vorgenommen werden.

 

4. Erleichterungen beim Kauf von selbstgenutztem Wohnraum für Gering- und Normalverdienende

Zur wirtschaftlichen Unterstützung des Kaufs von selbstgenutztem Wohnraum – ins­be­son­dere von Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und Vermögen – sollen Erleichterungen eingeführt werden, z.B. durch die Befreiung von der Grund­er­werbsteuer in bestimmten Fällen. Darüber hinaus soll diesen vermögensarmen Gruppen weitere Ver­günstigungen in der Anschaffung, u.a. bei der Vermittlung der Wohnung zukommen. In Berlin können z.B. die Gesamttransaktionskosten ca. 15% des Kaufpreises eines Ob­jektes erreichen und stellen somit eine Hürde für finanzschwache, private Käuferinnen und Käufer dar. Private Käuferinnen und Käufer sind hier gegenüber Unternehmen besonders im Nach­teil, wenn man bedenkt, dass die auf der Basis von Prozentsätzen kalkulierten Kosten auf bereits hohe zu erbringende Summen zu berechnen sind während Unternehmen derartige Kosten über die Nutzung rechtlicher und steuerrechtlicher Konstruktionen begrenzen können. Wir wollen das Bürgerinnen und Bürger gezielt gegenüber in Wohnraum investierenden Unternehmen bevorzugt bzw. durch steuerrechtliche und fördertechnische Maßnahmen begünstigt werden.

Antrag 42/I/2021 Demokratisierung der europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik!

21.03.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung, die SPD-Bundestagsfraktion sowie die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament werden dazu aufgefordert, ihre Zustimmung zu einer verstärkten Europäisierung der Sicherheitspolitik an Bedingungen zu knüpfen, die einer intergouvernementalen Entkoppelung von demokratischer Kontrolle und den zunehmenden Kapazitäten im Bereich der Verteidigungs-und Sicherheitspolitik vorbeugen.

 

Wir unterstützen explizit die Entwicklung des strategischen Kompasses als neuem Grundlagendokument der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union (EU) sowie das Ziel, gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungsinteressen zu verfolgen. Allerdings muss die Ausweitung der militärischen Kapazitäten und der Verteidigungspotentiale der EU im Ganzen mit einer Verstärkung der parlamentarisch-demokratischen Kontrolle durch das EU-Parlament und die nationalen Parlamente verbunden werden.

 

Mit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) wurde ein erster wichtiger Schritt zu mehr supranationaler Gemeinsamkeit in der europäischen Sicherheits-, Verteidigungs- sowie Rüstungspolitik getan. Dieser Prozess hin zu einer echten Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion muss nun entschlossen vorangetrieben und gleichzeitig einer effektiven demokratischen Kontrolle unterworfen werden:

 

  1. Eine sozialdemokratische Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat zum Ziel, demokratische Kontrolle, sog. „Checks und Balances“, aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Anstatt weitere Kapazitäten und Fähigkeiten auf zwischenstaatlicher Ebene zu schaffen – etwa um Größenvorteile in der Handlungsfähigkeit zu gewinnen –, sollte eine Neugestaltung supranationaler europäischer Kompetenzbefugnisse in der GSVP im Fokus stehen. Wir fordern daher eine stärkere Beteiligung des EU-Parlaments an der Überprüfung, Billigung und strategischen Lenkung gemeinsamer GSVP-Ressourcen.
  2. Für EU-Missionen im Ausland muss für das EU-Parlament ein Parlamentsvorbehalt Anwendung finden, der dem des Bundestages für Auslandseinsätze der Bundeswehr entspricht. Für die EU im Ganzen betreffenden sicherheits- und verteidigungspolitischen Maßnahmen müssen die Kontroll- und Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parlaments – analog zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren – das gleiche Gewicht haben wie Beschlüsse des Europäischen Rats und des Ministerrats.
  3. Außerdem halten wir es für zwingend notwendig, dass das Europäische Parlament an der Aufstellung, Entwicklung und Evaluation des Erfolgs von Strategien für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union (GASP) und der GSVP, wie zum Beispiel bei der Aufstellung von gesamteuropäischen Prioritäten (strategischer Kompass), aktiv mit einbezogen wird, damit es seine demokratische Rolle als Kontrollorgan der Exekutive ausüben kann und demokratische Verantwortlichkeiten aufgebaut werden.
  4. Um demokratisch entkoppelten Kapazitäten entgegenzutreten und um parlamentarisch-demokratische Verantwortlichkeit zu schaffen, fordern wir auch, dass sich Agenturen wie FRONTEX vor dem Europäischen Parlament zu verantworten haben, wenn es zu Verletzungen von Menschenrechten oder der Missachtung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) durch seine Beamte kommt.