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Antrag 84/I/2021 Daten von Mietfahrrädern und E-Scootern für die Allgemeinheit nutzbar machen

21.03.2021

Der Berliner Senat und die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus werden aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass Anbieter von Rideshare-Systemen in Berlin Informationen über die Zahl und Nutzung ihrer Fahrzeuge sowohl der Senatsverwaltung als auch der Öffentlichkeit automatisiert und maschinenlesbar zur Verfügung stellen. Dafür soll der Standard „Mobility Data Specification“ (MDS) zum Einsatz kommen und außerdem eine öffentliche Schnittstelle entsprechend der „General Bikeshare Feed Specification“ (GBFS) bereitgestellt werden. Die Senatsverwaltung wird kurzfristig die für die Speicherung der Daten nötige Infrastruktur und mittelfristig Möglichkeiten zur Auswertung und Nutzung dieser Verkehrsdaten schaffen. Vorbild kann hier das 2019 etablierte Modell der Stadt Hamburg sein.

Antrag 94/I/2021 Dekolonisierung der staatlichen Museen, Sammlungen und Kunsthallen bundesweit voranbringen

21.03.2021

Vom Humboldt Forum über das Münchener Museum 5 Kontinente bis hin zum Berliner Naturkundemuseum – bundesweit werden Kunst- und Naturobjekte sowie menschliche Gebeine aus den ehemaligen kolonisierten Gesellschaften präsentiert.

 

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung auf,

  • ein Gesetz zur Restitution von Kultur, Naturgütern und menschlichen Gebeinen zu verabschieden, das in seinem Bekenntnis zur allgemeinen Restitution allumfassend ist.
  • jegliche Forschung an menschlichen Körpern bzw. Körperteilen aus kolonisierten Gebieten in deutschen Museums-, Universitäts- und Privatsammlungen, die nicht ihrer schnellstmöglichen Rückführung dient, zu verbieten.

 

Museumssammlungen mit kolonialen Kontexten müssen verstärkt auf ihre Provenienz überprüft werden und Kulturgüter im Fall eines unrechtmäßigen Erwerbs an die Ursprungsgesellschaften restituiert werden. Daher fordern wir, dass

  • die Beweislast bei der Klärung von Provenienz zu Lasten der aktuellen Besitzer:innen umgekehrt werden muss.
  • die Mittel für Provenienzforschung erhöht werden.
  • die Beteiligung bei der Provenienzforschung durch Forscher:innen aus den Herkunftsländern unterstützt wird.
  • Kultur- und Naturobjekte, die im Zuge kolonialer Unrechtsherrschaft nach Deutschland gebracht wurden, eigentumsrechtlich an die Herkunftsgesellschaften zurückübertragen oder zur Rückgabe angeboten werden.

 

Angelehnt an die Verfahren für geraubte Kunstgegenstände während der Nationalsozialistischen Herrschaft (Washingtoner Erklärung) fordern wir:

  • Das Zugänglichmachen von Archiven, auch elektronisch, insbesondere für Menschen aus den Herkunftsgesellschaften der Exponate.
  • Die Inventarisierung der in Archiven von Museen, Sammlungen und Kunsthallen befindlichen Exponate aus ehemaligen Kolonien und Identifikation von geraubten Gegenständen.
  • Den Aufbau eines zentralen Registers zur Erfassung von Raub- und Beutekunst aus kolonialen Kontexten.
  • Die Einrichtung einer Vermittlungs- oder Schlichtungsstelle, die wenn keine einvernehmliche Regelung zwischen Herkunftsgesellschaft und Museen gefunden werden kann, eine Empfehlung ausspricht.

 

Des Weiteren fordern wir:

  • Auch ohne Vorliegen einer Rückgabeforderungen soll es Aufgabe der Museen sein, aktiv die Provenienz ihrer Sammlungsgüter zu erforschen, auf Vertreter:innen der Herkunftsgesellschaften zuzugehen und Möglichkeiten, der bezahlten Leihgabe oder der gemeinsamen Ausstellung anzubieten.
  • Die Herkunftsgesellschaften müssen als rechtmäßige Eigentümer:innen von Kultur und Naturgütern anerkannt werden, die während des Kolonialismus entwendet wurden. Die Herkunftsgesellschaften sollen selbst entscheiden können, ob sie diese Objekte zurückfordern oder sie als bezahlte Leihgabe an westliche Museen überlassen oder gemeinsame Ausstellungen anstreben.
  • Kultur- und Naturkundemuseen müssen ein Höchstmaß an Sammlungstransparenz bieten, indem sie die betroffenen Gesellschaften informieren und einbeziehen und mehrsprachige Online-Inventare für Expert:innen und die interessierte Öffentlichkeit auf der ganzen Welt bereitstellen.
  • Umwandeln der Museen hin zu Lern- und Erinnerungsorten über ihre eigene Entstehungsgeschichte und Verwicklungen in der Kolonialzeit und der Folgen der Kolonialzeit.
  • Diese Forderungen müssen insbesondere im Hinblick auf das Humboldt Forum mit sofortiger Wirkung umgesetzt werden. In Bezug auf das Humboldt Forum fordern wir die sofortige Rückgabe der durch Raub und Hehlerei erworbenen Benin-Bronzen nach Nigeria.
  • Einen zentralen sowie dezentrale Erinnerungsorte als Gedenkstätten für die Opfer des deutschen Kolonialismus und weiteren ehemaligen Kolonialmetropolen.

 

Antrag 88/I/2021 Entschiedene Hilfe für die demokratische Protestbewegung in Myanmar

21.03.2021

Für die Unterstützung der demokratisch gewählten Volksvertreter*innen und die Zivilbevölkerung von Myanmar nach dem Februarputsch

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung, der Landesregierung sowie die SPD-Bundestagsfraktion werden aufgrund der nach dem Staatsstreich vom 01.02. anhaltenden und schwerwiegenden Gewaltanwendung seitens der Militärregierung Myanmars dazu aufgefordert, für die demokratisch gewählten Volksvertreter*innen und die Zivilbevölkerung des Landes konkrete, umfassende und schnelle Unterstützungsmaßnahmen zu entwerfen, zu budgetieren und umzusetzen.

 

Konkrete Maßnahmen zur Solidarisierung und Unterstützung fordern wir vom Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Bundesministerium des Innern:

 

  • Dem von myanmarischen Militär eingesetzten State Administration Council jegliche diplomatische und politische Anerkennung versagen. Der SAC bleibt ein illegitimes Organ der Putschisten und repräsentiert in keiner Weise die Zivilbevölkerung Myanmars.
  • Das so genannte “Committee Representing the Pyidaungsu Hluttaw” (CRPH) als legitime Volksvertretung anzuerkennen und zu unterstützen.
  • Gezielte Sanktionen gegen das Militär und hochrangige Offiziere verhängen. Breite Sanktionen haben sich als ineffektiv und nachteilig für die Bevölkerung erwiesen.
  • Aktiv mit NGOs zusammenarbeiten, die sich vor Ort für den Schutz demokratischer Rechte einsetzen.
  • Den Rückzug der deutschen Entwicklungshilfe überdenken und die für die Zusammenarbeit mit der Regierung reservierten Mittel in die Unterstützung der Zivilgesellschaft umleiten.
  • Einen schnellen Weg für politisches Asyl für Dissident*innen aus Myanmar anbieten.
  • Lobbyarbeit für eine Emergency Special Session der UN-Generalversammlung einleiten, um die Vetos von China und Russland im Sicherheitsrat zu umgehen und so eine stärkere Verurteilung des Putsches in Myanmar erreichen.

 

Antrag 85/I/2021 Menschenrechtsverletzungen des Al Sisi Regimes in Ägypten entgegentreten

21.03.2021

Die SPD Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, unverzüglich zu prüfen, welche Sanktionsmöglichkeiten gegen einzelne natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen oder – verstöße verantwortlich sind gemäß der Verordnung EU 2020/1998 des Europäischen Rates möglich, geeignet und sinnvoll sind, um den fortdauernden menschenrechtswidrigen Repressionsmaßnahmen gegen Regimegegner*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen insbesondere massiven Verletzungen der Meinungs-, Bildungs- und Versammlungsfreiheit entgegenzutreten.

 

Die Vorgänge zur Ermordung des Wissenschaftlers Giulio Regeni und des Aktivisten Eric Lang sowie die Repressalien gegen Patrick Zaki sind lediglich international bekannte Vorgänge. Diese und viele anderen Vorgänge insbesondere gegenüber Bürger*innen Ägyptens sind Anlass genug schon jetzt Maßnahmen zu ergreifen, die dem Al Sisi Regime deutlich machen, dass es sich schon jetzt außerhalb des Wertekanons der Weltgemeinschaft bewegt und unverzüglich eine Änderung der politischen Rahmenbedingungen erwartet werden.

 

Mit folgenden Maßnahmen soll unverzüglich begonnen werden:

  • sofortiger Exportstopp von Waffen und anderen Militärgütern nach Ägypten
  • Freilassung aller politischen Gefangenen in Ägypten
  • Freilassung aller Inhaftierten ohne Prozess
  • Sanktionen gegen führende, verantwortliche Persönlichkeiten aus Staat und Gesellschaft
  • Garantie internationaler Standards bei der Strafverfolgung, der Unschuldsvermutung und fairen Prozessen; Beschränkung der Untersuchungshaft auf höchstens sechs Monate
  • keine Beteiligung deutscher Sportler an bilateralen oder internationalen Sportwettkämpfen in Ägypten
  • Garantie für alle ägyptischen Bürger*innen nach Einreise in die EU wieder nach Ägypten zurückkehren zu können
  • deutliche, hörbare Kritik an Frankreich, Al Sisi mit dem höchsten Zivilordens Frankreichs auszuzeichnen (wofür??) und ihn in die Ehrenlegion aufzunehmen; dies ist keine innere Angelegenheit Frankreichs, dies ist eine Verletzung europäischer Grundwerte

Gespräche müssen geführt werden, jedoch wird sich ohne spürbare Reaktionen in Ägypten nichts ändern.

 

Erläuterungen:

  • die Waffen der ägyptischen Armee werden sowohl in Libyen wie im Jemen eingesetzt. Darüber hinaus werden Waffen der Armee auch im Inneren eingesetzt. Alle Polizeikräfte sind per Gesetz Soldaten der Armee.
  • seit 2013 sitzen mehr als 60.000 Ägypter*innen aus politischen Gründen im Gefängnis, manche seit über acht Jahren, die meisten ohne Gerichtsurteil
  • in Ägypten gilt nicht die Unschuldsvermutung; Untersuchungshaft ist gleichgestellt mit Strafhaft; dies verstößt gegen internationale Vereinbarungen, die Ägypten ratifiziert hat
  • Verantwortliche für die Grundrechtsverletzungen sind bekannt und müssen international sanktioniert werden; was mit Belarus möglich ist muss auch mit Ägypten möglich sein
  • die Botschaft Ägyptens ist die diplomatische Vertretung, die Botschaft in Berlin,  mit den meisten Nebenstellen in Berlin und in Deutschland; welche dieser Nebenstellen Botschaftsfunktion oder Geheimdienstfunktion hat, ist nicht klar; der ägyptische Geheimdienst schüchtert Ägypter*innen in Deutschland und Europa  massiv ein
  • in Belarus sollen keine internationalen Eishockeywettbewerbe ausgetragen werden, was richtig ist, und die handballweltmeisterschaft vor wenigen Wochen in Ägypten findet in Kairo und Alexandria direkt neben Gefängnissen statt in denen bis heute gefoltert wird; es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden
  • ein drastisches Einschüchterungsmittel ist die Drohung, dass Kritiker des Regimes die Wiedereinreise nach Ägypten versagt wird; dies ist ein aktueller Grund für viele ägyptische Aktivisten, nicht ins Ausland zu reisen; hier feiert die Staatssicherheit (Stasi) der DDR fröhliche Urständ; Deutschland muss hier laut und deutlich handeln
  • es kann nicht hingenommen werden, dass Al Sisi, ein Menschenrechtsverletzer ersten Grades, mit hohen Orden eines EU Mitgliedslandes geehrt wird; dies darf nicht still hingenommen werden

 

Antrag 42/I/2021 Demokratisierung der europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik!

21.03.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung, die SPD-Bundestagsfraktion sowie die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament werden dazu aufgefordert, ihre Zustimmung zu einer verstärkten Europäisierung der Sicherheitspolitik an Bedingungen zu knüpfen, die einer intergouvernementalen Entkoppelung von demokratischer Kontrolle und den zunehmenden Kapazitäten im Bereich der Verteidigungs-und Sicherheitspolitik vorbeugen.

 

Wir unterstützen explizit die Entwicklung des strategischen Kompasses als neuem Grundlagendokument der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union (EU) sowie das Ziel, gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungsinteressen zu verfolgen. Allerdings muss die Ausweitung der militärischen Kapazitäten und der Verteidigungspotentiale der EU im Ganzen mit einer Verstärkung der parlamentarisch-demokratischen Kontrolle durch das EU-Parlament und die nationalen Parlamente verbunden werden.

 

Mit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) wurde ein erster wichtiger Schritt zu mehr supranationaler Gemeinsamkeit in der europäischen Sicherheits-, Verteidigungs- sowie Rüstungspolitik getan. Dieser Prozess hin zu einer echten Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion muss nun entschlossen vorangetrieben und gleichzeitig einer effektiven demokratischen Kontrolle unterworfen werden:

 

  1. Eine sozialdemokratische Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat zum Ziel, demokratische Kontrolle, sog. „Checks und Balances“, aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Anstatt weitere Kapazitäten und Fähigkeiten auf zwischenstaatlicher Ebene zu schaffen – etwa um Größenvorteile in der Handlungsfähigkeit zu gewinnen –, sollte eine Neugestaltung supranationaler europäischer Kompetenzbefugnisse in der GSVP im Fokus stehen. Wir fordern daher eine stärkere Beteiligung des EU-Parlaments an der Überprüfung, Billigung und strategischen Lenkung gemeinsamer GSVP-Ressourcen.
  2. Für EU-Missionen im Ausland muss für das EU-Parlament ein Parlamentsvorbehalt Anwendung finden, der dem des Bundestages für Auslandseinsätze der Bundeswehr entspricht. Für die EU im Ganzen betreffenden sicherheits- und verteidigungspolitischen Maßnahmen müssen die Kontroll- und Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parlaments – analog zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren – das gleiche Gewicht haben wie Beschlüsse des Europäischen Rats und des Ministerrats.
  3. Außerdem halten wir es für zwingend notwendig, dass das Europäische Parlament an der Aufstellung, Entwicklung und Evaluation des Erfolgs von Strategien für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union (GASP) und der GSVP, wie zum Beispiel bei der Aufstellung von gesamteuropäischen Prioritäten (strategischer Kompass), aktiv mit einbezogen wird, damit es seine demokratische Rolle als Kontrollorgan der Exekutive ausüben kann und demokratische Verantwortlichkeiten aufgebaut werden.
  4. Um demokratisch entkoppelten Kapazitäten entgegenzutreten und um parlamentarisch-demokratische Verantwortlichkeit zu schaffen, fordern wir auch, dass sich Agenturen wie FRONTEX vor dem Europäischen Parlament zu verantworten haben, wenn es zu Verletzungen von Menschenrechten oder der Missachtung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) durch seine Beamte kommt.