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Antrag 83/I/2023 Landeseinbürgerungszentrum (LEZ) interkulturell errichten

27.04.2023

Für den Fall der Annahme des Berliner Koalitionsvertrages zwischen CDU und SPD werden die SPD-geführte Spitze der Innensenatsverwaltung und der SPD-Landesvorstand aufgefordert, bei der Umsetzung und Errichtung des Landeseinbürgerungszentrums an den bisherigen Zielen festzuhalten.  Wir hatten als Sozialdemokrat:innen in den Koalitionsvertrag zwischen SPD, GRÜNEN und Linken reinformuliert: „Ein Landeseinbürgerungszentrum (LEZ) der Hauptverwaltung wird errichtet. Anträge sollen einheitlich und effektiv bearbeitet werden, um Einbürgerungszahlen deutlich zu erhöhen und die Einbürgerungspraxis zu verbessern.

 

Dazu wird das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz geändert. Anträge sollen online möglich sein und binnen drei Monaten beschieden werden. Mit der Antragsprüfung wird nicht erst dann begonnen, wenn die geforderte Aufenthaltsdauer erreicht ist. Das LEZ soll dementsprechend personell und finanziell stark ausgestattet sein. Es soll eigenständig, interkulturell, kommunikativ und digital aufgestellt sein und proaktiv in Communities, Gesellschaft und Medien hinein kommunizieren. Hierzu werden wir bis spätestens zum Doppelhaushalt 2024/25 den Einsatz von Einbürgerungslots*innen, die Einbürgerungen bewerben, fachlich beraten und Kampagnen prüfen. Neben zentralen Einbürgerungsfeiern können auch die Bezirke Einbürgerungsfeierlichkeiten durchführen.“

Antrag 80/I/2023 Verbesserung der Standards in Unterkünften nach ASOG

27.04.2023

Die Mindeststandards für vertragsfreie Einrichtungen, deren privatrechtliche Vermieter:innen Unterkunftsplätze anbieten, die nach ASOG belegt werden, sind veraltet (2011) und müssen vom Land dringend angehoben werden. Künftig müssen die Betreiber verpflichtet werden, Sozialbetreuer:innen vorzuhalten, damit die Menschen in den Unterkünften sicherer und informierter sind.

Antrag 77/I/2023 Queer Refugees Welcome! Für eine Reform der Geflüchtetenpolitik

27.04.2023

Wir fordern eine grundlegende Reform der Geflüchtetenpolitik besonders mit Blick auf LSBTQIA*-Geflüchtete. Hierzu sollen die SPD-Abgeordneten von Bund und Land sich für eine Reform der notwendigen Gesetze einsetzen, die folgende Maßnahmen enthält:

 

  1. § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Asylgesetzes soll klarstellend um die “sexuelle Orientierung” und “Geschlechtsidentität” als Gründe der Flucht vor Verfolgung ergänzt werden. Mit der Aufnahme der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität ins Asylgesetz wird die nationale Gesetzgebung an die Richtlinie 2011/95/EU angepasst, die diese Verfolgungsgründe bereits anerkennt.
  2. Für alle Mitarbeitenden von Ämtern, Behörden und Aufnahmeeinrichtungen sollen Sensibilisierungsprogramme zum Umgang mit LSBTQIA*-Geflüchteten verpflichtend angeboten werden. Diese Sensibilisierungsprogramme sollen in Zusammenarbeit mit entsprechenden zivilgesellschaftlichen Organisationen eingerichtet werden.
  3. Bundesweit soll ein behördenunabhängiges Asylberatungssystem eingerichtet werden. Die Beratungen sollen hierbei u.a. als Einzelgespräche zur Verfügung stehen. Darüber hinaus müssen die Beratungsangebote niedrigschwellig und flächendeckend angeboten werden und vor behördlichen Anhörungen wahrnehmbar sein. Die Einrichtung eines behördenunabhängigen Asylberatungssystems kommt der in Richtlinie 2013/33/EU festgeschriebenen Verpflichtung nach, Geflüchtete im Asylprozess über ihre Rechte und mögliche Rechtsberatungsstellen zu informieren. Dabei gewährleistet das Angebot von Einzelgesprächen, dass queere Menschen nicht vor Dritten ein Zwangsouting erleben müssen. Frühzeitige Beratungsangebote gewährleisten zudem, dass die Asylsuchenden rechtzeitig über die eigenen Rechte aufgeklärt werden.
  4. Sogenannte Ankerzentren werden abgeschafft und durch dezentrale Unterbringungen ersetzt.
  5. In allen Aufnahmeeinrichtungen muss Zugang zu rechtlicher, gesundheitlicher und psychologischer Betreuung für LSBTQIA*- Geflüchtete gewährleistet werden. Zudem müssen weitere Aufnahmeeinrichtungen speziell für LSBTQIA*-Geflüchtete geschaffen werden.
  6. Alle Kommunen werden insbesondere verpflichtet, Wohnraum für LSBTQIA*-Geflüchtete bereitzustellen. Ausreichende Mittel werden zentral zweckgebunden zur Verfügung gestellt. Hierbei soll in jedem Fall jeweils Gruppen- und Einzelunterbringung grundsätzlich gewährleistet sein. Diese Wohnungen werden entweder von Fachträger*innen der queeren Wohnhilfe oder der Queerarbeit verwaltet oder von explizit hierfür zu schulendem Fachpersonal kommunaler Trägerschaften. Der Gesetzgeber legt Fristen zur Einrichtung und ihrer Kontrolle fest, sodass die Nichterfüllung dieser Aufgabe durch die Kommunen verhindert werden kann. Eine Einrichtung zu Lasten expliziten Wohnens bspw. für junge Geflüchtete oder flüchtende Frauen* findet nicht statt.
  7. Abschiebungen dürfen nicht weiter durchgeführt werden. Abschiebungen sind ein inhumanes Mittel der Geflüchtetenpolitik, wodurch Menschen häufig in lebensbedrohliche Situationen gebracht werden. Da ein Verfolgungsgrund aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität niemals ausgeschlossen werden kann, sind alle Abschiebungen abzulehnen.

 

Antrag 74/I/2023 Betroffenen eine Stimme geben und endlich zu internationaler guter Praxis aufschließen

27.04.2023

Beschwerdemechanismen für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch Entwicklungszusammenarbeit einrichten und menschenrechtlich ausgestalten

 

Dass auch Vorhabern der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit unbeabsichtigte massive negative Folgen für die Bevölkerung in den Partnerländern haben können, zeigten nicht zuletzt die Vorwürfe rund um die Naturschutzgebiets-Finanzierung in der DR Kongo (s.u.a. Antwort auf Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/27414): Die Anrainer-Bevölkerung war schwersten Menschenrechtsverletzungen durch die Parkwächter der unterstützten Naturschutzbehörde ausgesetzt. Die beteiligte deutsche Entwicklungszusammenarbeit (BMZ/KfW) erfuhr hierdurch erst durch eine britische NGO.

 

Damit Betroffene in solchen Fällen sich direkt an die entsprechenden Entwicklungsgeber wenden können und ihre Beschwerden in einem transparenten Verfahren vorbringen können, haben internationale und zunehmend bilaterale Geber (ua Weltbank, Europäische Investitionsbank, EBRD, UNDP, Green Climate Fund, Japan, Frankreich, USA, Nordische Staaten) internationale Beschwerdemechanismen für Betroffene eingerichtet.

 

Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Mechanismen mit Blick auf Zugänglichkeit, Verfahren, Transparenz orientiert sich dabei inzwischen an den erprobten Kriterien der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Nr. 31). Der erste deutsche Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte 2016-2020 verpflichtet demententsprechend auch die entwicklungspolitischen Durchführer (S.15). In Deutschland haben die DEG und zuletzt die Internationale Klimaschutzinitiative –  letztere unter sozialdemokratischer Leitung ! –  entsprechende menschenrechtlich ausgestaltete Mechanismen etabliert.

 

Das BMZ hat zwar bereits 2011 in seinem Menschenrechtskonzept einen entsprechenden Prüfauftrag formuliert. Ein Ergebnis soll nun 2023 veröffentlicht werden. Es reicht dabei nicht, wenn das BMZ einfach auf die bestehenden Mechanismen von GIZ und KfW Entwicklungsbank verweist, denn diese sind nicht entsprechend der menschenrechtlichen Vorgaben ausgestaltet.

 

Die deutsche Entwicklungspolitik muss endlich zu internationaler guter Praxis aufschliessen und ihre extraterritoriale menschenrechtliche Verantwortung wahrnehmen.

 

Wir fordern daher von der Leitung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion

1) die entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen zunächst dazu zu verpflichten, dem BMZ ohne Aufforderung vollständig, regelmäßig und zeitnah Bericht zu erstatten, welche Beschwerden eingehen und wie diese bearbeitet werden,

 

2) verbindliche Vorgaben für die Verfahren und Ausgestaltung entwicklungspolitischer Beschwerdemechanismen insbesondere von GIZ und KfW (wie auch der anderen Durchführungsorganisationen BGR und PTB)  zu machen, die den menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte entsprechen (insbesondere Leitprinzip 31),

 

3) ein Gremium im BMZ einzusetzen, dass diese Mechanismen monitort und

 

a) unabhängig ist von den operativen Strukturen der entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen (institutionelle Ausgestaltung),

b) fachliche Expertise hinzuziehen kann, die über entsprechende Beschwerdemechanismusexpertise verfügen (Expertise und Budget)

c) eine Überprüfung nicht nur der rechtliche Ausgestaltung, sondern auch der tatsächlichen Umsetzung vornehmen kann (robustes Monitoring)

d) ein Mandat hat, den Umsetzungsorganisationen bei Feststellung von Mängeln verbindliche Vorgaben zur Verbesserung der Verfahren machen zu können (Wahrnehmung der staatlichen Menschenrechtsverpflichtung)

e) die Ergebnisse seiner Arbeit der Öffentlichkeit zugänglich macht (Webseite mit Berichten oä)  (Transparenz)

f) dem Bundestag regelmäßig Bericht erstattet (Rechenschaftslegung).

 

Antrag 72/I/2023 Koloniale Kontinuitäten in der Entwicklungszusammenarbeit: Erkennen, verstehen, handeln!

27.04.2023

Seit Jahrzehnten fordern sowohl Akteur*innen als auch Organisationen der Zivilgesellschaft -vor allem aus dem Globalen Süden- eine Auseinandersetzung mit kolonialen Kontinuitäten in der praktischen Umsetzung von Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und humanitärer Hilfe. Die weltweiten Black Lives Matter Bewegungen haben diese Forderungen in die Mitte der Gesellschaft hineingetragen.

 

In den vergangenen drei Jahren erfolgten zu diesem Themenkomplex Publikationen von Nichtregierungsorganisationen, der Fachpresse, als auch Aktivist*innen, die kritisch und selbstreflexiv kolonialrassistische Strukturen in der EZ bekunden. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hielt Veranstaltungen zu diesem Thema ab. Das Komitee für internationale Zusammenarbeit des britischen House of Commons (Äquivalent zum Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung / AWZ im Deutschen Bundestag) veröffentlichte im Jahr 2022 einen Report mit Empfehlungen an die britische Regierung zum “Umgang mit Rassismus in der Entwicklungszusammenarbeit”.

 

Auch das Auswärtige Amt gibt Studien zur Diversität existierender Förder- und Kooperationsstrukturen in Auftrag. Die neue Afrikastratgie des BMZ sieht die Vermeidung rassistischer Strukturen und postkolonialer Kontinuitäten als ein Strang zur Beseitigung von Diskriminierung und Ungleichheit.

 

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung hält fest: „Wir wollen koloniale Kontinuitäten überwinden, uns in Partnerschaft auf Augenhöhe begegnen und veranlassen unabhängige wissenschaftliche Studien zur Aufarbeitung des Kolonialismus”. (S. 126 KOA Vertrag)

 

Eine sozialdemokratische und feministische Entwicklungspolitik ist auch eine antirassistische und dekoloniale Entwicklungspolitik.

 

Aus diesem Grund fordern wir die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und das sozialdemokratisch geführte Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) dazu auf:

 

ein Berichtswesen in Auftrag zu geben, das sich mit kolonialen Kontinuitäten und Rassismus in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auseinandersetzt. Dieses soll sich inhaltlich an dem Bericht des britischen Unterhauses orientieren und wissenschaftlich unabhängig in Auftrag gegeben werden. Dieser regelmäßige Bericht soll sowohl die Praxis des Ministeriums, der Durchführungsorganisationen als auch weiterer Zuwendungsempfänger*innen – insb. internationaler Nichtregierungsorganisationen (INRO) – zum Gegenstand haben. Interne Arbeitsgruppen des Ministeriums sowie der Durchführungsorganisationen und der Zivilgesellschaft, die sich mit Kolonialrassismus auseinandersetzen, sollen in diesen Prozess genauso einbezogen werden wie externe Fachpersonen des Globalen Südens.

 

Konkrete Punkte und Analysegegenstand des Berichtswesens müssen u.a. sein:

  • antirassistischer Prüfstand der Praxis des Marketings von Zuwendungsempfänger*innen des BMZ im Bereich der EZ inklusive Patenschaftsmodellen zur Spendenmittelakquise
  • vergleich der Entlohnungsstrukturen von lokalen und internationalen Fachkräften als auch sozialen Sicherungssystemen bzgl. äquivalenter Kompetenz und Qualifikation
  • Zusammensetzung von Vorsitz und Vorstand von INROs hinsichtlich Diversität und Ursprungsländern Globaler Norden/Globaler Süden
  • Praxis der Wissensgenerierung und Wissenshoheit für Lösungsansätze in der EZ bezüglich ihres Ursprungs und Einbezuges Globaler Norden/Globaler Süden
  • Überprüfung von flexiblen Finanzierungsmechanismen für lokale und regionale Strukturen jenseits von Organisationen mit Sitz im Globalen Norden (“Lokalisierung”)
  • Prüfung von internen antirassistischen Beschwerdemechanismen und Standards von Ministerien, Durchführungsorganisationen und Zuwendungsempfänger*innen.
  • Kritische Auseinandersetzung von kolonialen Kontinuitäten in der Geschichte des BMZs – dies schließt Sprache und Verhalten vergangener Hausleitungen mit ein