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Antrag 79/II/2019 Brücke über den Landwehrkanal

23.09.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass eine kreuzungsfreie Verbindung für Fußgehende und Radfahrende über den Landwehrkanal und die Autostraßen Schöneberger- und Reichpietsch-Ufer (zwischen Gleisdreieck- und Tilla-Durieux-Park) geschaffen wird.

Dazu soll

1. ein Planungswettbewerb ausgerichtet werden
2. die erforderliche Finanzierung – unter Berücksichtigung hierzu bereits getätigter Rückstellungen – in die Haushaltsplanung aufgenommen werden.

Insbesondere eine Verwendung der Gelder für den ökologischen Ausgleich soll dabei geprüft werden, da diese bis 2020 ausgegeben sein müssen.

Antrag 122/II/2019 Sicherheit erhöhen und Ehrenamt unterstützen – Schulsanitäter*innen in Berlin fördern

23.09.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses und die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senates werden ersucht, die Ausbildung von Schulsanitäter*innen an den Schulen im Land zu fördern und diesbezügliche Kooperationen mit Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen, wie z.B. dem Arbeiter-Samariter-Bund oder dem Deutschen Roten Kreuz, einzugehen.

 

Zudem soll durch entsprechendes Werbematerial an den Berliner Schulen für den Schulsanitätsdienst geworben und für die Ausbildung interessierter Schüler*innen Räume bereitgestellt werden.

Antrag 111/II/2019 Diskriminierungskritische Berliner Schulkulturen stärken: Rassismus konsequent benennen, bearbeiten und beheben!

23.09.2019

2018 gab es 180 Beschwerden von Diskriminierung an Berliner Schulen. Die meisten Vorfälle fallen in die Kategorie Rassismus (106). Die meisten Beschwerden beziehen sich auf Lehrer*innen und weiteres Schulpersonal (84) oder Schulmaterial/Schulregeln (24).

 

Aus aktuellen, diskriminierungskritischen wissenschaftlichen Studien – die bekannteste unter ihnen im Auftrag der ehemaligen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Aydan Özuguz – wissen wir: Deutsche Schulbücher bilden die gesellschaftliche Realität oft einseitig ab. Migration und Vielfalt werden vor allem als Problem dargestellt für eine weiterhin überwiegend als homogen abgebildete Gesellschaft. Migrant*innen werden wiederholt als passiv Betroffene oder Opfer dargestellt. In Schulbüchern haben Deutsche in der Mehrzahl keinen Migrationshintergrund bzw. sind alle weiß. Viele Schulbuchdarstellungen verfallen immer wieder in das dramatisierende Muster „eigen“ und „fremd“. Noch schlimmer steht es um die Darstellung von »Afrika«-Bildern und Schwarz-Weiß-Konstruktionen in deutschen Schulbüchern. Auch hier belegen wissenschaftliche Studien, wie Unterrichtsmaterialien koloniale Afrikabilder reproduzieren und oft rassistisches Gedankengut transportieren. Der koloniale Duktus bleibt von den Lehrenden oft unerkannt. Denn rassismuskritische Aus- oder Weiterbildung sind keine verpflichtenden Fortbildungen für Lehrer*innen in Berlin.

 

Die deutsche Kolonialzeit mit ihrer Linie vom Rassismus und Imperialismus zum Nationalsozialismus ist kein verpflichtender Inhalt im Geschichtsunterricht an Berliner Schulen.
Seit 2004 gibt es im Land Berlin keine zentrale Zulassung von Schulbüchern mehr (als einziges Bundesland). Das bedeutet, jede Schule muss selbst entscheiden, welche Lehr- und Lernmittel sie im Unterricht einsetzt. Die Auswahl trifft die jeweilige Fachkonferenz der Schule unter Berücksichtigung der Grundsätze, die von der Gesamtkonferenz beschlossen wurden. Eine diskriminierungskritische Leitlinie gibt es für Schulbücher in Berlin nicht.
Die SPD forderte 2014 in einem Beschluss des Landesparteitages „dass alle Lehrbücher, -hefte und weiteres Lehr- und Lernmaterial, dass in Berliner Schulen genutzt wird, auf alle Diskriminierungsformen überprüft werden, und, dass das Ergebnis dieser Prüfung veröffentlicht wird. Die Prüfung der Lehrmaterialien soll durch eine Berliner Schulbuchkommission erfolgen.“
Bis heute ist dies jedoch nicht umgesetzt.

 

Die von der SPD Fraktion eingebrachte Änderung in der Novelle des Berliner Schulgesetzes 2018 hält fest: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf zukunftsfähige, diskriminierungsfreie schulische Bildung und Erziehung ungeachtet insbesondere (…) , der ethnischen Herkunft, einer rassistischen Zuschreibung. (…) Schulen sind verpflichtet, Schülerinnen und Schüler vor Diskriminierungen zu schützen. Ziel ist es, die Vielfalt der Lebensweisen und unterschiedlichen kulturellen Werte und Normen zu vermitteln und (…) nicht ein rassendiskriminierendes Verständnis zu fördern.“ Der Nationale Aktionsplan gegen Rassismus von 2017 und die Verankerung der UN Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft im Berliner Koalitionsvertrag (2016 – 2021) seien hier als zwei weitere wichtige Bezugspunkte genannt, die formal anerkennen, dass systematische Barrieren einschneidend auf die Lebensführung marginalisierter Menschen in Deutschland wirken.

 

Im Vergleich mit anderen Schulgesetzen in Deutschland geht das Diskriminierungsverständnis im Berliner Schulgesetz sehr weit. Die darin enthaltenen gerechtigkeitsorientierten Innovationen müssen gefestigt und erweitert werden!

In den letzten Jahren wurde in der Senatskanzlei die hohe Sensibilisierung für dieses Thema auch haushaltmäßig unterlegt. Berlin besitzt noch immer als einziges Land in Deutschland eine Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen, die an den Senat für Bildung angegliedert ist.

 

Doch dies alleine reicht nicht aus, um die gemeldeten Diskriminierungsfälle gründlich zu bearbeiten und um eine grundlegende diskriminierungskritische Schulkultur einzuführen!
Wir Sozialdemokrat*innen setzen uns für eine gleichgestellte und diskriminierungsfreie Gesellschaft ein, die eine soziale Mitgliedschaft aller Gruppen – vor allem vulnerabler Gruppen -sichert und konsequent umsetzt. Das Schulgesetz ist der Rahmen, eine solche Gesellschaft an jenem Ort zu ermöglichen, der entscheidend für das Leben aller Menschen ist: die Schule.

 

Um das zu erreichen und die immer noch bestehenden Lücken zu schließen, fordern wir die Mitglieder des Berliner Senats auf, folgende Elemente einer Antidiskriminierungsstrategie auf den Weg zu bringen:

 

1. Lang angelegte, Studien, regelmäßige Stichproben und periodische Prüfungen von Schulbüchern aller Fachrichtungen unter Einbeziehung von migrantisch-diasporischen Selbstorganisationen und Wissenschaft für alle großen Diskriminierungsbereiche durchführen, um diskriminierende Muster aufzuweisen (bestenfalls bundeslandübergreifende Kooperationen) und die regelmäßige Veröffentlichung der Ergebnisse. Die Studien werden von einer unabhängigen Beschwerdestelle eingeführt.

 

2. Der Senat muss ein Konzept für „Kunstfehleranalysen“ für das Bildungssystem entwerfen und einführen, um analytisch und systematisch festzuhalten, warum bestimmte Abläufe, Verfahren und Prozesse strukturelle und institutionelle Diskriminierungsrealitäten hervorbringen!

 

3. Verbindliche Antidiskriminierungsfortbildungen von der Spitze (Schulaufsicht) durch in die Fläche gehend (einzelnen Schulen)!
Die verpflichtende Fortbildung des Schulpersonals ist bereits im Schulgesetz vorgeschrieben. Eine diskriminierungskritische Fortbildung muss verpflichtend vom Senat vorgeschrieben werden für alle Lehrer*innen aller Fächer sowie weiteres pädagogisches Personal und Rektor*innen an der Schule und die Verwaltung. Dies schließen alle Beschäftigten der Schulbehörden sowie der angegliederten Verwaltung im Land Berlin mit ein.

 

4. Die Antidiskriminierungsbeauftragte für Berliner Schulen und Kitas muss mit festgelegten Befugnissen ausgestattet werden, um einen effektiven und wirksamen Diskriminierungsschutz herzustellen. Die Antidiskriminierungsstelle muss mit einem rassismus- und diskriminierungskritisch kompetenten Menschen besetzt werden. Die oder der Beauftragte muss umfassende intersektional-rassimuskritische Kompetenzen mitbringen und zudem eine fundierte, solidarische Netzwerkarbeit mit den Selbstorganisationen vulnerabler Gruppen nachweisen können. Die Antidiskriminierungsbeauftragte sorgt für die verwaltungsinterne Aufarbeitung von
Diskriminierungsfällen. Sie muss durch eine beim Parlament angesiedelte Unabhängige Beschwerdestelle ergänzt werden, die Akzeptanz in der zivilgesellschaftlichen Landschaft schafft. Die Stelle muss unabhängig, weisungsungebunden und mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet sein. Vorbild ist dabei die Stelle der Datenschutzbeauftragten. Zu den für die unabhängige Informations- und Beschwerdestelle einzuführenden Rechten gehören: Umfassendes Informations- und Akteneinsichtsrecht, Recht, Maßnahmen vorzuschlagen und Handlungsempfehlungen zu geben und in besonderen Fällen Eskalationsrechte sowie Erhebung von Diskriminierungsdaten.

 

5. Eine diskriminierungskritische didaktische Qualifizierung an Hochschulen sichern!
Lehrer*innen müssen didaktisch geschult werden, wie sie Diskriminierung erkennen und Strategien vermitteln können, wie mit Diskriminierung umgegangen und ihr vorgebeugt werden kann. Schüler*innen müssen dazu befähigt werden, Diskriminierung zu erkennen, zu benennen und ihr entgegenzuwirken. Didaktische Forschung muss gefördert werden, um herauszuarbeiten, wie Schlüsselkompetenzen in der Erkennung von Stigmatisierung und Ungerechtigkeit durch Lehrer*innen, Schüler*innen und der Schulverwaltung erlernt und aufgebaut werden. Kollektive Empathie, soziale Wertschätzung und solidarisches Handeln müssen als Schlüsselkompetenzen für die Erhöhung des sozialen Zusammenhalts in stark pluralisierten Gesellschaften im Lehrplan fundiert werden.

 

6. Vorgaben des Senates für Bildung zur Didaktisierung von Lehrmaterialien anhand von Kriterien von Diversität und Rassismuskritik schaffen!
Verfahren müssen entwickelt werden, um die Expertise von migrantisch-diasporischen Communities in der Produktion von Schulbüchern und Bildungsmaterialien systematisch nutzbar zu machen. Der Senat muss Vorgaben für einen Mindeststandarts für fachliche Expertise aus der Wissenschaft für die Entwicklung von Schulbüchern vorgeben.
Einseitige eurozentristische Perspektiven müssen dokumentiert, überarbeitet und überwunden werden. Vor allem afrikanische Gesellschaften dürfen nicht mehr als geschichtslos und passiv abgebildet werden. Durch staatliches Handeln angeregte Diversität muss ein Rahmen geschaffen werden, vielfältige Entwürfe und Perspektiven auf Geschichte und Gegenwart in Lehrmaterialen, Film, Lehrbüchern und digitalisierten Materialien abzubilden. Leitperspektiven von Respekt, Vielfalt und Gemeinsamkeiten müssen in allen Fächern geschaffen und deren Einhaltung durch Prüfung sichergestellt werden.

 

7. Die Befassung mit dem europäischen und insbesondere mit dem deutschen und von Berlin ausgehenden Kolonialrassismus sowie mit dem antikolonialen Widerstand muss sowohl als verpflichtender Teil, als auch Querschnittsthema des Lehrplans für die gesamte Neuere Geschichte eingeführt werden (Globalgeschichtliche Ausrichtung des Unterrichts, Thematisierung der Ambivalenz von Humanismus und europäischer Aufklärung auf der einen sowie Kolonisierung, Versklavung und Rassismus auf der anderen Seite). Berlins koloniales Erbe im Spiegelbild heutiger stadtpolitischer Realitäten zu reflektieren muss Bestandteil des Geschichtsunterrichtes in Berlin werden!

 

8. Rassismuskritik muss als Mainstream des Curriculums aufgenommen werden! 

Soziale und kulturelle Diversität muss in den Rahmenlehrplänen stärker verankert werden. Der große Spielraum, den die Berliner Curricula bieten, muss diesbezüglich rassismuskritisch strukturiert werden. Gleichstellungsorientierte Kompetenzbildung von Grundlagen der wechselseitigen Anerkennung zur Akzeptanz von sozialer, geschlechtlicher, religiöser und kultureller Vielfalt, müssen als Querschnittsqualifikation in allen Fächern verankert werden. Deren Erreichung muss durch Prüfungen sichergestellt werden.

 

9. Der Anteil von sozialer und kultureller Diversität beim Lehrerpersonal systematisch erhöhen: Ansätze von ‚Recruitment and Retainment’ sowohl für die horizontale Ebene (Anzahl), als auch für der vertikale Ebene (Entscheidungs- und Führungspositionen) umsetzen!
Gemeinsam mit vulnerablen Communities, ihren Selbstorganisationen und der Wissenschaft muss der Senat Strategien erarbeiten und finanziell hinterlegen, die soziale und kulturelle Diversität unserer pluralen Gesellschaft im Lehrpersonal konsequent abzubilden.

Fürsorgepflicht muss diskriminierungskritisch reformuliert werden: Fürsorge gilt nicht nur gegenüber marginalisierten Schüler*innen sondern auch gegenüber marginalisierten Lehrer*innen und Verwaltungspersonal aus vulnerablen Gruppen. Ziel ist es nicht nur, ein vielfältiges Personal im Schulwesen durch gezieltes Anwerben von Führungspersonal aus marginalisierten Gruppen aufzubauen, sondern Strategien zu entwickeln, dieses auch dauerhaft in der Organisation zu halten zu können (Retainment) wie z.B. durch Mentor*innenprogramme.
Hauptkernschraube kann der Rückkehr zum Konzept der ‚Pädagogischen Hochschule’ sein. Hier hat der Staat stärker Einwirkung auf die spezifische Strukturierung der Ausbildung und kann gezielt Räume für eine Heterogenitäts- und Diskriminierungskritische Didaktik schaffen.

 

10. Einen Tag gegen Diskriminierung an jeder Berliner Schule!

Es soll ein verpflichtender Tag gegen Diskriminierung eingeführt werden, an dem sich jede Schule beteiligen muss. Inwiefern die Organisation erfolgt, ist der Schule freigestellt, ein individueller Beitrag ist aber Pflicht. An einem solchen Tag sollen die Schüler*innen sich einen ganzen Tag (und vielleicht durch die Vorbereitung auch schon im Vorfeld) mit dem Thema Diskriminierung heute befassen. Sie sollen beispielsweise innerhalb eines Projekts lernen, was Diskriminierung überhaupt heißt. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass der Tag für die Schüler*innen trotz eines ernsten Themas altersgerecht und attraktiv gestaltet wird. Das Land soll durch Aufzeigen oder Bereitstellen von (bereits bestehenden) Angeboten die Schulen unterstützen. Dieser Tag sollte jedoch nicht an einem zentralen Datum stattfinden, da beispielsweise versch. Initiativen nicht die Kapazitäten haben, an einem Tag in allen Berliner Schulen zu sein.

Antrag 117/II/2019 Qualitätsoffensive für Berliner Schulen!

23.09.2019

Wir leben in einer wachsenden Stadt, damit stehe auch unsere Schulen vor sehr großen Herausforderungen. Für uns als Sozialdemokrat*innen steht fest, dass die Qualität an den Schulen unter der wachsenden Stadt nicht zurückstecken darf.

 

In den letzten Monaten und Jahren wurde bereits viele Anstrengungen unternommen, um die Herausforderungen zu meisten. Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder in den Bezirksverordnetenversammlungen, Bezirksämtern, dem Abgeordnetenhaus und des Berliner Senats auf, sich für eine Qualitätsoffensive an den Berliner Schulen einzusetzen. Dabei stehen folgende Maßnahmen im Vordergrund:

 

  • Mit mobilen Erweiterungsbauten und Containerlösungen konnte an vielen Standorten die größte Not gelöst werden. Aus diesen Erfahrungen müssen die zukünftigen Projekte lernen können: Welche Anbieter haben sich etabliert? Bei welchen Schnittstellen gibt es noch Verbesserungspotential? Bestehende Mängel müssen unverzüglich behoben werden und dürfen nicht erst über die nächsten Sanierungspläne abgehandelt werden.
  • Wir begrüßen die zahlreichen Sanierungen an Berliner Schulen, bei der Umsetzung sollen Beeinträchtigungen durch Schmutz und Lärm für Lehrkräfte und Schüler*innen so gering wie möglich gehalten werden. Eine gute Kommunikation zu den Sanierungen und Neubauten mit den Schulleitungen, Elternvertretungen und der Öffentlichkeit ist sehr wichtig. Wir begrüßen die Bemühungen der AG Öffentlichkeit der Berliner Schulbauoffensive und fordern die Etablierung einer zentralen Ansprechperson in jedem Schulamt, die die Schulleitungen regelmäßig informiert und ansprechbar ist.
  • Mit dem kostenlosen Schulessen an Grundschulen hat die SPD einen wichtigen Beitrag zur familienfreundlichen Stadt geleistet. Bei der Umsetzung müssen wir die Schulen und Eltern weiter unterstützen: das formale Antragsverfahren muss abgestellt oder vereinfacht werden, gelungene Umstellungen müssen unter den Schulen ausgetauscht werden, damit sichergestellt wird, dass das kostenlose Mittagessen in ausreichend Zeit eingenommen werden kann und nicht zu Unterrichtsausfall führt. Das kostenlose Mittagessen soll eine finanzielle Entlastung für Berliner Familien sein, dies gilt auch für die Mitarbeiter*innen der Caterer. Es muss sichergestellt werden, dass auch hier trotz des Mehraufwands keine Arbeitnehmerrechte verletzt werden.
  • Mit der Einstellung von Quer- und Seiteneinsteiger*innen ist es gelungen, dass die Anzahl der Lehrer*innen in Berlin trotz des bundesweiten Lehrkräftemangels erneut angestiegen ist. Wir brauchen eine bessere Verteilung dieser Lehrkräfte, damit neue von erfahrenen Kolleg*innen profitieren können. Eine bessere Verteilung muss dazu führen, dass die Schulen in besonders sensiblen Bereichen (Klassenleitung, Lernanfangs-Klassen) grundsätzlich auf vollausgebildete Lehrkräfte zurückgreifen können.
  • Um die Qualität zu verbessern, muss Berlin ein attraktiver Arbeitgeber für Lehrkräfte sein, daher müssen die Arbeitsbedingungen verbessert werden: Entlastung von Verwaltungsaufgaben, Möglichkeiten für Weiterbildung der Lehrkräfte schaffen, Klassenfrequenzen absenken und Personalschlüssel erhöhen, verlässliche Schulreinigung sicherstellen, Gesundheits- und Schwangerschaftsschutz umsetzen.

 

Antrag 118/II/2019 Segregation im Berliner Schulsystem bekämpfen

23.09.2019

Die soziale Segregation im Berliner Schulsystem zeigt sich darin, dass wir zahlreiche Schulen haben, die überwiegend von Kinder aus ärmeren Familien besucht werden, während es an anderen Orten in der Stadt Schulen gibt, die fast ausschließlich von Famlien aus der Mittelschicht aufgesucht werden. Die Ursachen der Segregation sind vielschichtig und dennoch stellen immer mehr Studien einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Segregation in Schulen und den Ergebnissen in Leistungsvergleichen fest: je durchmischter die Klasse, desto besser die Leistung, vor allem der benachteiligten Schüler*nnen. Somit leistet die Durchmischung der Berliner Schulen einen Beitrag zu deren Qualität und muss eines der zentralen Ziele der Berliner Bildungspolitik bleiben.

 

Im vergangenen Jahrzehnt haben wir mit der Schulstrukturreform einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu mehr Durchmischung getan, die zeitgleiche Reform der Mittelzuweisung (Personal für Sprachförderung, Bonusprogramm, Zulage für Lehrkräfte) ist ebenfalls ein wichtiger Baustein gewesen. Wir müssen auf dieser Grundlage weiter aufbauen und nächste Schritte im Sinne einer verstärkten Durchmischung an Berliner Schulen gehen.

In diesem Sinne werden die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats aufgefordert, folgende Maßnahmen noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen:

 

1. Stärkung der gymnasialen Oberstufen im Verbund

Die Schulstrukturreform der Nullerjahre und die damit einhergehende Abschaffung der Hauptschulen war ein entscheidender Baustein für mehr Durchmischung in unseren Schulen. Das Versprechen der Gleichwertigkeit der beiden Säulen der Berliner Bildungslandschaft ist jedoch (noch) nicht zu Ende eingelöst. Insbesondere sind die Integrierten Sekundarschulen (ISS) und Gemeinschaftsschulen (GemS) ohne eigene Oberstufe in den Fokus zu rücken. Wir müssen anerkennen: ISS und GemS mit eigener Oberstufe werden den entsprechenden Schulformen ohne eigener Oberstufe bevorzugt. Noch in dieser Legislatur soll daher schulgesetzlich und konzeptionell erreicht werden, dass jede weiterführende Schule selbst und nicht nur durch Kooperation mit Oberstufenzentren (OSZ) zu allen Abschlüssen führt. Dies kann sie entweder in Form einer eigenen Oberstufe, im Verbund mit weiteren ISS/GemS oder im Verbund mit einem OSZ machen. Die bisherige rein kooperative Form der Zusammenarbeit zwischen OSZ und ISS hat sich im Kampf gegen Segregation an Schulen als hinderlich erwiesen und ist daher abzulehnen.
Der Ausbau der Verbundoberstufen, gerade in Regionen in schwieriger Lage muss, strategisch von den Schulaufsichten begleitet werden. Dazu gehört auch die Klärung des bezirklichen Konfliktes zwischen der Schaffung von Schulplätzen im allgemeinbildenden Bereich auf der einen Seite und Schaffung der Oberstufenplätze auf der anderen Seite.

 

2. Gleichlaufende Förderung innerhalb der GemS/ ISS-Säule

Sozialdemokratische Politik darf die Gemeinschaftsschulen und Integrierte Sekundarschulen nicht gegeneinander ausspielen. Beide verfolgen ein gemeinsames Ziel. Unser politisches Ziel für die Zukunft bleibt die Gemeinschaftsschule. Jedoch gilt es die bestehenden GemS und ISS im Gleichschritt weiterzuentwickeln und sie zu einer gemeinsamen, starken dem Gymnasium gleichgestellten Säule zu entwickeln. Anknüpfend an den Beschluss 106/I/2019 soll die Stärkung der gemeinsamen ISS/GemS-Säule in dieser Legislatur folgende Punkte beinhalten:

 

  • GemS werden bei Neugründungen von Schulen besonders berücksichtigt,
  • freiwillige Fusionen von Grundschulen und ISS zu Gemeinschaftsschulen werden von Schulaufsichten positiv begleitet,
  • diejenigen GemS und ISS, die sich besonders der Inklusion widmen, bekomen entsprechende personelle Unterstützung,
  • der Zugang zu GemS und ISS wird jeweils kritisch betrachtet und ggf. im Sinne einer höheren Durchlässigkeit reformiert.

 

3. Neue Sozialindizes müssen her

Das sozialdemokratische Leitprinzip „Beste Schulen in schwieriger Lage“ heißt in derPraxis, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen sich an der sozialen Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler orientiert. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben wir immer wieder nach diesem Ansatz agiert: sei es die personelle Auststattung, die Schulen in schwieriger Lage erheblich mehr Personal zumisst, das Bonusprogramm, das den Schulen mehr Geld zur freien Verfügung gewährt oder die finanzielle Zulage für Lehrkräfte, die an Schulen in schwieriger Lage arbeiten – immer bildet der Sozialindikator die Grundlage für die besondere Mittelzuweisung.
Auch zukünftig soll sich die sozialdemokratische Bildungspolitik an diesen Kriterien orientieren. Der aktuelle Sozialindikator LmB (der die Anzahl der bisher lernmittelbefreiten SchülerInnen widergibt) wird jedoch wegen der eingeführten Lernmittelfreiheit generell wegfallen. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen stabilen, möglichst fehlerresistenten Faktor zu etablieren. Das alleinige Erfassen der Berlinpass-Inhaber reicht dabei nicht. Insbesondere soll bei der Einführung des Indikators darauf geachtet werden, dass sich der Aufwand für die Schulen im Rahmen hält und dass auch das Spektrum der Kriterien über den reinen Transferleistungsempfängerkreis hinaus geweitet wird. Als Vorbild kann dabei der Hamburger Sozialindex dienen.

 

4. Schulentwicklung an Schulen in schwieriger Lage

Die datenorientierte Schul- und Unterrichtsentwicklung ist das Kernstück des aktuellen Qualitätspakets der Senatsverwaltung für Bildung. Das Ziel ist es dabei, alle Berliner Schulen darin zu stärken, kritisch auf die eigenen Ergebnisse zu schauen und sich auf dieser Grundlage konkrete, messbare Ziele für Schul- und Unterrichtsentwicklung zu stecken. Schulen in schwieriger Lage werden jedoch mehr brauchen als nur das Indikatorenmodell. Sie brauchen zeitliche Ressourcen für ihre Lehrkräfte, professionelle Begleitung und ein ausreichendes Budget, mit denen die Schulen selbst zu ihrer jeweiligen Situation passende zusätzliche Angebote schaffen. Nur dann können sie auch die tatsächlichen Motoren der Schulentwicklung in Berlin werden, die sie laut dem Leitspruch „Beste Schulen in schwieriger Lage“ sein sollen. Die Voraussetzungen für die besondere Stärkung der Schulen in schwieriger Lage sind bereits mit dem Haushalt 20/21 bereitzustellen.

 

5. Auch für Privatschulen gilt das Sonderungsverbot

Unser Grundgesetz ist eindeutig: keine – auch keine Privatschule – hat das Recht Kinder aufgrund des Geldbeutels der Eltern abzulehnen. Die Landesregelungen zu Privatschulen – sowohl im Schulgesetz als auch die Durchführungsverordnung – bilden dieses Ziel jedoch nicht adäquat ab. Im Sinne des LPT-Beschlusses 86/I/2018 gilt es daher, noch in dieser Legislaturperiode eine verbindliche Schulgeldtabelle für Privatschulen einzuführen, die sicherstellt, dass das Schulgeld vom Einkommen der Eltern abhängt und für Familien ohne Einkommen kein Schulgeld verlangt wird. Damit stellen wir sicher, dass auch Privatschulen für alle Familien zugänglich sind. Das Finanzierungsmodell soll zudem im Rahmen der bisher zur Verfügung stehenden Zuschüsse eine höhere Zuweisung an Privatschulen ermöglichen, die verstärkt inklusiv arbeiten und Schüler*innen aus sozial benachteiligten Familien aufnehmen.