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Antrag 213/II/2019 Sitzzuteilungsverfahren bei Wahlen in Berlin und deutschlandweit vereinheitlichen!

23.09.2019

Bereits im Januar 1999 kam der Bundeswahlleiter zu dem Schluss, dass das Sainte-Laguë-Verfahren anderen Verfahren vorzuziehen ist. Also muss auch Berlin einen wichtigen Schritt gehen und gegen Ungleichheit bei deutschen Landtagswahlen vorgehen.

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus sollen sich für eine Änderung des Berliner Wahlgesetzes (WahlG BE) einsetzen, die eine Ablösung des Hare-Niemayer-Verfahrens (siehe WahlG BE §17, Absatz 2) bei Wahlen zum Abgeordnetenhaus und eine Ablösung des d’Hondt-Verfahrens bei den Wahlen zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (siehe §22, Absatz 1) durch das Sainte-Laguë-Verfahren vorsieht. Wir sind der Überzeugung, dass bei einer Verhältniswahl ein Wahlauszählverfahren nach Sainte-Laguë zu einer gerechteren Sitzverteilung in den Volksvertretungen führt. Die SPD sollte sich daher in den Ländern für die Einführung dieses Verfahrens einsetzen.

 

Das Sainte-Laguë-Verfahren, das bereits seit der Bundestagswahl 2009 Anwendung findet, sollte 2008 das Hare-Niemayer-Verfahren ablösen, welches wiederrum 1985 das d’Hondt-Verfahren ersetzte. Jedoch gehen die 16 Bundesländer beim Sitzzuteilungsverfahren ihren eigenen Weg, sodass in zehn Ländern das Sainte-Laguë-Verfahren nicht verwendet wird. Das d’Hondt-Verfahren und das Hare-Niemayer-Verfahren wurden erst in sechs Bundesländern ersetzt und auch Berlin hat noch keine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes durchgesetzt.

 

Für beide – bei der Bundestagswahl abgelösten – Verfahren gilt: Sie sind undemokratisch und verletzen die Wahlgleichheit schwerwiegend! Das d’Hondt-Verfahren bevorzugt nachweislich große Parteien. Da dieses Verfahren teilweise auch bei der Zuteilung von Ausschusssitzen angewendet wird, verstärkt sich dieser Effekt. Dadurch werden kleine politische Kräfte stark benachteiligt.

 

Beim Hare-Niemeyer-Verfahren – der Quotenmethode mit Restausgleich nach größeren Bruchteilen – treten jedoch diverse Paradoxien auf. Diese Paradoxien können unter anderem bewirken, dass eine Partei bei Erhöhung der Sitzzahl Sitze verlieren kann (Alabama-Paradoxon). Des Weiteren kann es nach dem New-State-Paradoxon dazukommen, dass bei Streichung einer Partei eine andere Partei Sitze verliert. Das Populations-Paradoxon besagt wiederum, dass eine Partei bei Stimmengewinnen Sitze verlieren kann und eine andere Partei bei Stimmenverlusten Sitze dazu gewinnen kann. Diese Paradoxien stellen die Wahlgleichheit bei Anwendung dieses Verfahrens infrage.

 

Weitere Adressat*innen: SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

 

Antrag 112/II/2019 Gemeinschaftsschule

23.09.2019

Die Gemeinschaftsschule entspricht sozialdemokratischen Vorstellungen von gleichen Chancen für alle Kinder und vom Aufbau einer demokratischen Gesellschaft. Die Berliner SPD wird aufgefordert, eine Informationskampagne für diesen Schultyp zu entwickeln, um ihn zu unterstützen. Das betrifft die bestehenden Gemeinschaftsschulen, die neu zu errichtenden sowie die schon bestehenden Schulen, die sich in eine Gemeinschaftsschule verwandeln wollen.

Antrag 127/II/2019 Schüler*innenhaushalt auf alle Schulen ausweiten

23.09.2019

 Das Konzept von Schüler*innenhaushalten ist einfach. Die Schüler*innen einer Schule bekommen eine Summe Geld zur Verfügung gestellt, arbeiten Verwendungsvorschläge aus und entscheiden in einem demokratischen und angeleiteten Verfahren über die Umsetzung. Damit wird bei den Schüler*innen nicht nur die Erkenntnis gefördert, wie demokratische Strukturen funktionieren, sondern auch, dass Sie Erfolg haben.

 

Aktuell nehmen 33 Schulen an diesen Projekt Teil. Im Rahmen der Qualitätsoffensive der Senatsbildungsverwaltung ist die Ausweitung des Projekts auf alle Bezirke vorgesehen. Diese Schritte sind sehr begrüßenswert, gehen aber noch nicht weit genug. Oftmals gibt es Unklarheiten, wer das Geld für die einzelnen Schulen bereitstellt. Sei es die Schule selbst, der Bezirk, oder die Senatsbildungsverwaltung. Damit diese Unklarheiten der landesweiten Umsetzung des Projekts nicht länger entgegenstehen, fordern wir

  1. Die Bereitstellung eines verbindlichen von der Größe der einzelnen Schulen abhängendes Budget zwischen 1.000 und 5.000 Euro im Jahr pro Schule. Die Gelder sollen diesem Projekt zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden.
  2. Eine Erhöhung des Fördervolumen des „Schüler*innenhaushalt“ als Projekt der „Servicestelle Jugendbeteiligung“. Die Gelder sollen insbesondere für eine Aufstockung des Personals zweck adäquater Begleitung der Schüler*innen verwendet werden.
  3. Die Ausweitung der Schulen hat sich an den Kapazitäten des Projekts zu orientieren. Die Anzahl der Teilnehmenden Schulen (Siehe Punkt 1) ist parallel zu diesen Kapazitäten (Siehe Punkt 2) aufzustocken. Ziel ist es im Jahr 2025 alle Berliner Schulen, von diesem Projekt zu erfassen.
  4. Dazu sollen die im Rahmen der „Strategie für die politische Bildung an Berliner Schulen“ im Haushalt 2020/21 veranschlagten 3.000€ pro Schule (ges.: 0,89 Mio € 2020 und 2,0 Mio € 2021) für das Projekt verwendet werden.
  5. Inhaltlich, soll das Projekt eine verstärkte Anknüpfung an die im Schulgesetz verankerten Entscheidungsstrukturen erfahren. Langfristig, soll sich das Projekt derart etablieren, dass der Schüler*innenhaushalt, ein reguläres, der GSV zur Verfügung stehendes Gestaltungsmittel ist.

 

Antrag 166/II/2019 Kostenlose Ausgabe von Schwangerschaftsschnelltests in Berlin

23.09.2019

Schwangerschaftsschnelltests kosten zwischen 5-10€ in deutschen Drogerien und Apotheken. Zu fast jeder Tages- und Nachtzeit sind sie kaufbar. Etwas preisintensivere Modelle werben mit digitalen Anzeigen oder mit der Berechnung der genauen Zahl der Tage die ein Mensch mit Uterus schon schwanger ist. Und dennoch sind immer noch genug Hürden vorhanden die Menschen mit Uterus davon abhalten einen Schwangerschaftsschnelltest zu kaufen.

 

Beginnend bei den Kosten, die auf den ersten Blick nicht hoch erscheinen mögen, die jedoch eine Stunde Arbeit im Mindestlohnniveau darstellen oder für junge Menschen mit Uterus mehrere Wochen Taschengeld bedeuten können. Die Hürde besteht hier nicht ausschließlich im Kaufpreis selbst, sondern auch in dem Fakt, dass es überhaupt Geld kostet einen Schwangerschaftsschnelltest zu machen. Studien zeigen, dass vor allem Menschen mit Uterus Schwangerschaftsschnelltests nutzen, die keine Schwangerschaft geplant haben zum Zeitpunkt des Tests. Für diese ist es umso wichtiger zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit zu haben, denn solange §218 noch besteht gilt die Nichtverfolgung eines Schwangerschaftsabbruchs nur für die ersten drei Monate einer Schwangerschaft. In einigen Fällen bemerken Menschen mit Uterus die Schwangerschaft erst nach 6 Wochen oder auch schon nach dem Ablauf der Frist. Das ist fatal! Diese Menschen mit Uterus haben im Extremfall keine Möglichkeit mehr einen Abbruch in Deutschland durchzuführen oder in anderen Fällen eine enorm kurze Bedenkzeit um über einen Abbruch nachzudenken und die Pflichtberatung zu absolvieren. Aber auch Scham ist ein Faktor, der gerade bei jungen Menschen mit Uterus nicht zu unterschätzen ist, daher braucht es für sie eine möglichst niedrigschwellige Möglichkeit an Schnelltests zu kommen, zum Beispiel Schultoiletten.

 

So früh wie möglich von einer Schwangerschaft zu erfahren ist jedoch nicht nur für die Menschen mit Uterus wichtig, die keine Schwangerschaft geplant haben. Auch für Menschen mit Uterus die ein Kind geplant haben ist es mehr als relevant früh genug von einer Schwangerschaft zu erfahren, um beispielsweise die Lebensweise gesünder für sich und den Embryo zu gestalten.

 

Schwangerschaftsschnelltests für Zuhause arbeiten alle mit der gleichen Methode, einem Urintest, der die Konzentration des Hormons HCG nachweist. Dieser Test kann schon am ersten Tag der ausbleibenden Menstruation angewandt werden und somit ungefähr zwei Wochen nach der Befruchtung. Diese Tests haben eine mehr als 90% Genauigkeit. Ein kostenlos abgegebener Test muss also nicht teuer in der Bereitstellung sein, es kann sich um einfache Teststreifen handeln, die dieselbe Genauigkeit aufweisen wie teurere Modelle.

 

Der Kampf um die kostenlose Verfügbarkeit von Schwangerschaftstests ist kein neuer: Schon in den 70/80er Jahren haben Feminist*innen Zentren eröffnet in denen Menschen mit Uterus kostenlos einen Schwangerschaftstest durchführen konnten um im Anschluss daran eine Beratung und Gespräche mit Ärtz*innen in Anspruch nehmen konnten.

 

Dass Schwangerschaftsschnelltests zu einem Markt geworden sind kritisieren wir. Wir halten es für falsch, dass immer neue Märkte rund um den Körper von Frauen* entstehen und das Unternehmen immer noch Profit aus Frauen*hygiene und sexueller Selbstbestimmung ziehen. Wir Jusos Berlin sehen es als Selbstverständlichkeit, dass Frauen* alle Mittel bereitgestellt werden um mehr Selbstbestimmung über ihren Körper zu erlangen.

 

Daher fordern wir:

Die kostenlose Ausgabe von Schwangerschaftstests in Berliner Apotheken, Zentren für sexuelle Gesundheit des Landes Berlin und öffentlichen Institutionen mit viel Publikumsverkehr, insbesondere Schul- und Unitoiletten. Für die Umsetzung zuständig sollen die bezirklichen Gesundheitsämter sein.

Es soll auch geprüft werden, ob eine Abgabe durch Gynäkolog*innen möglich ist.

Eine Kampagne zur Bekanntmachung dieser Möglichkeit in der Öffentlichkeit.

 

Antrag 170/II/2019 Pro Choice statt Pro Femina – Für eine ergebnisoffene Beratung zu Schwangerschaftsabbrüchen!

23.09.2019

Es ist keine neue Forderung: Die Abschaffung der Zwangsberatung für Schwangere, die eine Abtreibung durchführen lassen möchten. Noch ist diese Forderung nicht Realität, aber wir halten weiterhin daran fest. Bis dahin wollen wir jedoch, dass die angebotenen Beratungen seriös durchgeführt werden und die schwangeren Menschen, wie vorgeschrieben, im Anschluss an die Beratung einen Beratungsschein erhalten, welchen sie für die Durchführung eines Abbruches laut Gesetz vorweisen müssen (StGB §219 Absatz 2Satz 2).

 

Am 1. Juli 2019 hat am Kurfürstendamm 69 die Berliner „Beratungsstelle“ des Vereins „Pro Femina“ eröffnet. „Pro Femina“ bietet laut eigener Aussage Beratungen „für Frauen im Schwangerschaftskonflikt“  an.

 

Die Verwechslung mit der staatlich anerkannten Beratungsstelle „pro familia“ ist hier allein durch die Namensgebung durchaus gewollt. „Pro Femina“ stellt dabei jedoch weder einen Beratungsschein aus, noch beraten sie ergebnisoffen oder seriös. Laut einiger Erlebnisberichte von Personen, die in einer durch „Pro Femina“ geleiteten Beratungsstelle waren, setzen diese die Schwangeren* sogar auch nach der Beratung weiter unter Druck, keinen Abbruch vornehmen zu lassen, indem sie diese u.a. mit Anrufen regelrecht terrorisieren. Bei all dem versucht „Pro Femina“ sich als normale Beratungsstelle darzustellen, denen die Sorgen von schwangeren Menschen am Herzen liegen. Dies ist jedoch nicht der Fall – die Embryonen, das „potentielle neue Leben“, stehen in der Beratung im Vordergrund, nicht aber das Leben der schwangeren Person. Eine Abtreibung wird hierbei nicht als legitime Entscheidung dargestellt. Schwangere werden bewusst getäuscht und in ihrem Recht auf eine selbstbestimmte Entscheidung eingeschränkt – entscheiden sie sich für einen Abbruch der Schwangerschaft, müssen sie in eine andere Beratungsstelle, die einen Beratungsschein ausstellt.  Teilweise ist dafür dann aber keine Zeit mehr: „Pro Femina“ zögert die Beratung meist so lange hinaus, bis die ersten 12 Wochen der Schwangerschaft überschritten sind und eine Abtreibung nach dem Gesetz nicht mehr möglich ist (StGB §218a Absatz 1 Punkt 3). Ratsuchenden wird finanzielle Unterstützung angeboten, wenn sie sich dafür entscheiden, die Schwangerschaft fortzuführen. Die engen Verbindungen von „Pro Femina“ zur sog. Lebensschutzbewegung sind u.a. an der Person Kristijan Aufiero zu sehen, führendes Mitglied von „Pro Femina“ und ebenfalls Vorsitzender des „Birke e.V.“, welcher der Lebensschutzbewegung zuzuordnen ist.

 

Eine solche Missachtung des Rechts auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die bewusste Täuschung von Schwangeren* lehnen wir entschieden ab!

Wir kämpfen für das Recht von Menschen, selbst zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft fortführen möchten oder nicht!

Wir fordern die Schließung der selbsternannten Beratungsstellen von „Pro Femina“!

Wir fordern die ergebnisoffene Beratung von Schwangeren* in Krisensituationen und den freien Zugang zu Informationen über Abtreibungen!

Wir fordern die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung auf, sämtliche Einrichtungen von „Pro Femina“ in Berlin aufgrund dauerhaften Verstoßes gegen StGB §219(2) und das Schwangerschaftskonfliktgesetz Absatz 2 „Schwangerschaftskonfliktberatung“ §5ff. umgehend zu schließen.