Archive

Antrag 74/I/2023 Betroffenen eine Stimme geben und endlich zu internationaler guter Praxis aufschließen

27.04.2023

Beschwerdemechanismen für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch Entwicklungszusammenarbeit einrichten und menschenrechtlich ausgestalten

 

Dass auch Vorhabern der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit unbeabsichtigte massive negative Folgen für die Bevölkerung in den Partnerländern haben können, zeigten nicht zuletzt die Vorwürfe rund um die Naturschutzgebiets-Finanzierung in der DR Kongo (s.u.a. Antwort auf Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/27414): Die Anrainer-Bevölkerung war schwersten Menschenrechtsverletzungen durch die Parkwächter der unterstützten Naturschutzbehörde ausgesetzt. Die beteiligte deutsche Entwicklungszusammenarbeit (BMZ/KfW) erfuhr hierdurch erst durch eine britische NGO.

 

Damit Betroffene in solchen Fällen sich direkt an die entsprechenden Entwicklungsgeber wenden können und ihre Beschwerden in einem transparenten Verfahren vorbringen können, haben internationale und zunehmend bilaterale Geber (ua Weltbank, Europäische Investitionsbank, EBRD, UNDP, Green Climate Fund, Japan, Frankreich, USA, Nordische Staaten) internationale Beschwerdemechanismen für Betroffene eingerichtet.

 

Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Mechanismen mit Blick auf Zugänglichkeit, Verfahren, Transparenz orientiert sich dabei inzwischen an den erprobten Kriterien der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Nr. 31). Der erste deutsche Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte 2016-2020 verpflichtet demententsprechend auch die entwicklungspolitischen Durchführer (S.15). In Deutschland haben die DEG und zuletzt die Internationale Klimaschutzinitiative –  letztere unter sozialdemokratischer Leitung ! –  entsprechende menschenrechtlich ausgestaltete Mechanismen etabliert.

 

Das BMZ hat zwar bereits 2011 in seinem Menschenrechtskonzept einen entsprechenden Prüfauftrag formuliert. Ein Ergebnis soll nun 2023 veröffentlicht werden. Es reicht dabei nicht, wenn das BMZ einfach auf die bestehenden Mechanismen von GIZ und KfW Entwicklungsbank verweist, denn diese sind nicht entsprechend der menschenrechtlichen Vorgaben ausgestaltet.

 

Die deutsche Entwicklungspolitik muss endlich zu internationaler guter Praxis aufschliessen und ihre extraterritoriale menschenrechtliche Verantwortung wahrnehmen.

 

Wir fordern daher von der Leitung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion

1) die entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen zunächst dazu zu verpflichten, dem BMZ ohne Aufforderung vollständig, regelmäßig und zeitnah Bericht zu erstatten, welche Beschwerden eingehen und wie diese bearbeitet werden,

 

2) verbindliche Vorgaben für die Verfahren und Ausgestaltung entwicklungspolitischer Beschwerdemechanismen insbesondere von GIZ und KfW (wie auch der anderen Durchführungsorganisationen BGR und PTB)  zu machen, die den menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte entsprechen (insbesondere Leitprinzip 31),

 

3) ein Gremium im BMZ einzusetzen, dass diese Mechanismen monitort und

 

a) unabhängig ist von den operativen Strukturen der entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen (institutionelle Ausgestaltung),

b) fachliche Expertise hinzuziehen kann, die über entsprechende Beschwerdemechanismusexpertise verfügen (Expertise und Budget)

c) eine Überprüfung nicht nur der rechtliche Ausgestaltung, sondern auch der tatsächlichen Umsetzung vornehmen kann (robustes Monitoring)

d) ein Mandat hat, den Umsetzungsorganisationen bei Feststellung von Mängeln verbindliche Vorgaben zur Verbesserung der Verfahren machen zu können (Wahrnehmung der staatlichen Menschenrechtsverpflichtung)

e) die Ergebnisse seiner Arbeit der Öffentlichkeit zugänglich macht (Webseite mit Berichten oä)  (Transparenz)

f) dem Bundestag regelmäßig Bericht erstattet (Rechenschaftslegung).

 

Antrag 72/I/2023 Koloniale Kontinuitäten in der Entwicklungszusammenarbeit: Erkennen, verstehen, handeln!

27.04.2023

Seit Jahrzehnten fordern sowohl Akteur*innen als auch Organisationen der Zivilgesellschaft -vor allem aus dem Globalen Süden- eine Auseinandersetzung mit kolonialen Kontinuitäten in der praktischen Umsetzung von Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und humanitärer Hilfe. Die weltweiten Black Lives Matter Bewegungen haben diese Forderungen in die Mitte der Gesellschaft hineingetragen.

 

In den vergangenen drei Jahren erfolgten zu diesem Themenkomplex Publikationen von Nichtregierungsorganisationen, der Fachpresse, als auch Aktivist*innen, die kritisch und selbstreflexiv kolonialrassistische Strukturen in der EZ bekunden. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hielt Veranstaltungen zu diesem Thema ab. Das Komitee für internationale Zusammenarbeit des britischen House of Commons (Äquivalent zum Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung / AWZ im Deutschen Bundestag) veröffentlichte im Jahr 2022 einen Report mit Empfehlungen an die britische Regierung zum “Umgang mit Rassismus in der Entwicklungszusammenarbeit”.

 

Auch das Auswärtige Amt gibt Studien zur Diversität existierender Förder- und Kooperationsstrukturen in Auftrag. Die neue Afrikastratgie des BMZ sieht die Vermeidung rassistischer Strukturen und postkolonialer Kontinuitäten als ein Strang zur Beseitigung von Diskriminierung und Ungleichheit.

 

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung hält fest: „Wir wollen koloniale Kontinuitäten überwinden, uns in Partnerschaft auf Augenhöhe begegnen und veranlassen unabhängige wissenschaftliche Studien zur Aufarbeitung des Kolonialismus”. (S. 126 KOA Vertrag)

 

Eine sozialdemokratische und feministische Entwicklungspolitik ist auch eine antirassistische und dekoloniale Entwicklungspolitik.

 

Aus diesem Grund fordern wir die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und das sozialdemokratisch geführte Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) dazu auf:

 

ein Berichtswesen in Auftrag zu geben, das sich mit kolonialen Kontinuitäten und Rassismus in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auseinandersetzt. Dieses soll sich inhaltlich an dem Bericht des britischen Unterhauses orientieren und wissenschaftlich unabhängig in Auftrag gegeben werden. Dieser regelmäßige Bericht soll sowohl die Praxis des Ministeriums, der Durchführungsorganisationen als auch weiterer Zuwendungsempfänger*innen – insb. internationaler Nichtregierungsorganisationen (INRO) – zum Gegenstand haben. Interne Arbeitsgruppen des Ministeriums sowie der Durchführungsorganisationen und der Zivilgesellschaft, die sich mit Kolonialrassismus auseinandersetzen, sollen in diesen Prozess genauso einbezogen werden wie externe Fachpersonen des Globalen Südens.

 

Konkrete Punkte und Analysegegenstand des Berichtswesens müssen u.a. sein:

  • antirassistischer Prüfstand der Praxis des Marketings von Zuwendungsempfänger*innen des BMZ im Bereich der EZ inklusive Patenschaftsmodellen zur Spendenmittelakquise
  • vergleich der Entlohnungsstrukturen von lokalen und internationalen Fachkräften als auch sozialen Sicherungssystemen bzgl. äquivalenter Kompetenz und Qualifikation
  • Zusammensetzung von Vorsitz und Vorstand von INROs hinsichtlich Diversität und Ursprungsländern Globaler Norden/Globaler Süden
  • Praxis der Wissensgenerierung und Wissenshoheit für Lösungsansätze in der EZ bezüglich ihres Ursprungs und Einbezuges Globaler Norden/Globaler Süden
  • Überprüfung von flexiblen Finanzierungsmechanismen für lokale und regionale Strukturen jenseits von Organisationen mit Sitz im Globalen Norden (“Lokalisierung”)
  • Prüfung von internen antirassistischen Beschwerdemechanismen und Standards von Ministerien, Durchführungsorganisationen und Zuwendungsempfänger*innen.
  • Kritische Auseinandersetzung von kolonialen Kontinuitäten in der Geschichte des BMZs – dies schließt Sprache und Verhalten vergangener Hausleitungen mit ein

 

Antrag 59/I/2023 Artikel 31 Istanbul-Konvention konsequent umsetzen: Sicherheit der Frauen und Gewaltschutz muss Vorrang haben vor Umgangs- und Sorgerecht

27.04.2023
  1. Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestags werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Artikel 31 der Istanbul-Konvention (IK) zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen wirksam umgesetzt wird. Das zivilrechtliche Umgangs- und Sorgerecht muss unverzüglich so ausgestaltet werden, dass der Gewaltschutz Vorrang hat.
  2. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses werden aufgefordert zu prüfen, ob die Umsetzung des Artikel 31 IK im Wege einer Bundesratsinitiative forciert werden kann und entsprechend zu handeln.
  3. Auf Bundes- und Landesebene sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit bei Entscheidungen über das Umgangs- und Sorgerecht Gewalttaten gegen den nicht-gewalttätigen Elternteil immer berücksichtigt werden. Die Vorschläge und Empfehlungen der unabhängigen Expertenkommission (GREVIO) sind einzubeziehen.

 

[1] Artikel 31 – Sorgerecht, Besuchsrecht und Sicherheit

(1) Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht betreffend Kinder berücksichtigt werden.

(2) Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts nicht die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder gefährdet.

[2] Group of Experts on action against violence against woman an domestic violence.

[3] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/202386/3699c9bad150e4c4ff78ef54665a85c2/grevio-evaluierungsbericht-istanbul-konvention-2022-data.pdf

Antrag 51/I/2023 Kostenübernahme für LRS- und Dyskalkulie-Training 

27.04.2023

Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion werden aufgefordert, sich für eine Kostenübernahme des Trainings für Menschen mit Lese-Rechtschreibstörung und Dyskalkulie durch die Krankenkassen und die Bundesagentur für Arbeit einzusetzen. 

Antrag 28/I/2023 Förderung Privater Solaranlagen nach niederländischen Vorbild

27.04.2023

Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die Einspeisevergütung für kleine Solaranlagen in Privathaushalten deutlich anzuheben. Dieser erhöhte Wert ist auf den Wert der bezogenen Energiemenge gedeckelt. Darüber hinaus sollen die jetzigen Werte gelten.

Hierdurch soll wie nach Niederländischem Vorbild die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen in Privathaushalten gesteigert werden.

 

Erklärung: Wenn dieses umgesetzt werden würde, könnten Betreiber von Solaranlagen ihre Stromrechnung deutlich reduzieren. Auch Mieter die Kleinstanlagen (Balkon Solaranlagen) betreiben könnten, einen Zählerwechsel vorausgesetzt, tagsüber Energie in das allgemeine Stromnetz einspeisen und Abends nutzen. Hierdurch könnte die Stromrechnung etwas reduziert werden.