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Antrag 114/II/2021 Obdachlosigkeit beenden

9.11.2021

Obdachlosigkeit und obdachlose Menschen gehören wie selbstverständlich zum Berliner Stadtbild. Auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, zum Ausbildungsplatz und in den öffentlichen Verkehrsmitteln begegnen sie uns, ohne dass wir uns weiter mit ihnen beschäftigen. Auch der Staat hat die Situation und die Probleme obdachloser Menschen viel zu lange unterschätzt und sie vor allem als „Gefahr für die öffentliche Ordnung“ begriffen, was dazu geführt hat, dass sich vor allem zivilgesellschaftliche und kirchliche Organisationen um die Bedürfnisse und Sorgen obdachloser Menschen kümmern. Diese sind dabei chronisch unterbesetzt, haben finanzielle Probleme und könnten ihre Angebote ohne das ehrenamtliche Engagement vieler Bürger*innen überhaupt nicht aufrechterhalten. Das muss sich ändern! Wir brauchen staatliche, auf die Bedürfnisse obdachloser Menschen zugeschnittene, barrierefreie und garantierte Hilfsangebote!

 

Zuständigkeit der Behörden

Wir fordern:

  • Die Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen für obdachlose Menschen in allen Bürger*innenämtern.
  • Die Betreuung von obdachlosen Personen dort, wo ihr Lebensumfeld ist. Die Zuordnung von obdachlosen Personen nach Geburtsmonat ist abzuschaffen. Obdachlose Personen muss freier Zugang zu den Bürger*innenämtern ihrer Wahl verschafft werden.
  • Die Gebühr für die Ausstellung eines vorläufigen Personalausweises ist abzuschaffen.
  • Es soll ein Kooperationsabkommen zwischen dem Land Berlin und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erzielt werden, um die Zuständigkeiten für die bezirkliche Dokumentenausstellung und die Beantragung und Verwaltung von Grundsicherungsleistungen für obdachlose Personen in einer Behörde zu bündeln und in einem Behördengang zu ermöglichen. Diese Behörde soll ebenfalls medizinische und psychologische Beratungsleistung und Betreuungsangebote durch Sozialarbeiter*innen vornehmen können.
  • Die Schaffung einer eigenen Landesbehörde für die Bekämpfung von Obdachlosigkeit, welche bei der Senatsverwaltung für Soziales angesiedelt werden soll. Die gesetzliche Grundlage für diese Behörde soll in einem eigenen Obdachlosigkeitsgesetz geschaffen werden. Obdachlosigkeit soll nicht mehr im ASOG geregelt sein.
  • Massive Ausweitung der Finanzierung. Die Bezirke brauchen bedarfsgerechte und gesicherte Finanzierung für Sozialarbeiter*innen, Notunterkünfte und die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse von obdachlosen Menschen.
  • Langfristig fordern wir die Schaffung eines neuen Sozialgesetzbuches XV auf Bundesebene eigens für die zielgerichtete Bekämpfung von Obdachlosigkeit als soziales Problem. Letztendlich soll die Zuständigkeit gänzlich aus den Jobcentern entfernt werden und bei einer eigenen Bundesbehörde zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit angesiedelt werden. Die Maßnahmen sollen von Bundesebene finanziell verstetigt werden, damit die neue Behörde die Kommunen und die Betroffenen bestmöglich, bedarfsgerecht, zielgerichtet und effizient unterstützen kann.

 

Unterbringung

Wir fordern:

  • So schnell wie möglich Notunterkünfte, zum Beispiel aus Containern oder in leerstehenden Hotels und Bürogebäuden, die auf die grundlegenden Bedürfnisse (Privatsphäre, Barrierefreiheit, Haustiere, Partnerschaften, Sicherheit) obdachloser Menschen eingehen, zu bauen und zur Verfügung zu stellen.
  • Die Unterbringung obdachloser Menschen in Einzelzimmern
  • Modellprojekte – wie housing first – mehr in den Fokus zu rücken und diese auszuweiten.
  • Die bestehenden Unterkünfte durch geschultes und ausgebildetes Personal, sowie deutlich höhere Finanzmittel, zu unterstützen.

 

housing first

Wir fordern:

  • Das Projekt Housing First Berlin, welches nachweislich und nachhaltig wirksam ist, muss als Regelkonzept der Berliner Wohnungslosenhilfe über die ganze Stadt ausgeweitet werden.
  • Investitionen des Landes Berlin in das Unterbringungssystem müssen künftig in den Bau und die Bewirtschaftung bezahlbarer Wohnungen fließen.
  • Städtische Wohnungsbaugesellschaften (GEWOBAG, degewo etc.) müssen Soforthilfe leisten, mehr Wohnungen für das Projekt Housing First zur Verfügung stellen und neue Wohnungen hierfür bauen.
  • Von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung gestellte Wohnungen müssen verkehrsgünstig liegen.

 

Frauen in Obdachlosigkeit

Wir fordern:

  • Die Durchführung einer geschlechtsspezifischen Datenerhebung.
  • Die Schaffung neuer staatlicher Unterkünfte für Frauen in allen Stadtteilen. Konkret: eine Notunterkunft für obdachlose Frauen in der City West.
  • Überwachung von Hotspots von sexuellen Übergriffen durch die verstärkte Präsenz von Sicherheitspersonal.
  • Die Ermöglichung einer kostenfreien Nutzung aller öffentlichen Toiletten für Frauen.
  • Die Ausstattung von öffentlichen Toiletten mit kostenfreien Hygieneprodukten und Schwangerschaftstests.

 

Migration und Obdachlosigkeit

Wir fordern:

  • Die Unterstützung der Berliner Obdachlosenhilfe durch die Anstellung von Menschen mit Sprachkenntnissen oder den Einsatz von Dolmetscher*innen.
  • Eine gesamteuropäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe.
  • “Housing First” als Förderprojekt bei der Kommission anzusiedeln.
  • Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren für EU-Mitgliedsstaaten, die Menschenrechte durch staatliche Repressionen gegen obdachlose Menschen missachten.

 

Altersarmut und Obdachlosigkeit

Wir fordern:

  • Die Einführung von Hilfsangeboten im Rahmen der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Obdachlosenhilfe, welche auf die Bedürfnisse von Rentner*innen eingehen können und die sie bei Behördengängen, Besorgungen und auf der Suche nach ggf. günstigeren

Wohnungen unterstützen.

 

Medizinische Versorgung

Wir fordern:

  • Mehr öffentliche Gelder für die Bezahlung von medizinischem Personal in Ambulanzen für obdachlose Menschen bereitzustellen.
  • Die Schaffung kostenloser ambulanter psychiatrischer Betreuung unabhängig von einer stationären psychiatrischen Behandlung und gleichzeitiger Unterbringung der Menschen in einem eigenen und sicheren Wohnumfeld. Das bedeutet, den Sozialpsychiatrischen Dienst auszuweiten, mehr Personal einzustellen und eine verstärke Zusammenarbeit von Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen und Psychiater*innen.
  • Ein Angebot sozialpsychiatrischer Gespräche in allen zivilgesellschaftlichen Einrichtungen für obdach- und wohnungslose Menschen soll eingeführt und durch das Land Berlin finanziert werden, wobei die Inanspruchnahme der Hilfe durch Dolmetscher*innen immer möglich sein muss.
  • Die Schaffung und Finanzierung von mehr (therapeutischem) Wohnraum für die Zeit nach einem Klinikaufenthalt für obdachlose Menschen.
  • Eine unbürokratische allgemeine Krankenversicherung für obdachlose Menschen.

 

Mobile Hilfsangebote

Wir fordern:

  • Die finanzielle und personelle Ausstattung der mobilen Hilfsangebote deutlich auszubauen und staatliche Stellen, die die zivilgesellschaftlichen Angebote unterstützen, aufzubauen.
  • Die Aufnahme mobiler Hilfsangebote in das Portfolio bereits bestehender staatlicher Hilfsangebote.

 

 

Sicherheit obdachloser Menschen

Daher fordern wir:

  • Die allgemeine Öffnung der Notunterkünfte für Hunde oder separate Zimmer für Menschen mit Tieren.
  • Engere Zusammenarbeit der Berliner Polizei mit den Hilfseinrichtungen und deren geschultes Personal.
  • Sensibilisierung und Schulung der Berliner Polizist*innen im Umgang mit obdachlosen Menschen.
  • Eine anonyme Anlaufstelle innerhalb der Polizei, zu etablieren, damit obdachlose Menschen Unterstützung erhalten können.

Drogenpolitik

Wir fordern:

  • Die Aufhebung der Meldepflicht für Drogenbesitz in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe.
  • Den massiven Ausbau von Konsumräumen in allen Berliner Bezirken.
  • Eine kompetente Drogenberatung durch speziell geschultes Personal bei gleichzeitiger Unterbringung der Menschen in einem sicheren Wohnumfeld.
  • Den Ausbau des Angebotes an sogenannten Spritzenautomaten.

 

Nutzung des ÖPNV

Wir fordern:

  • In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn und der BVG Konzepte zu entwickeln, die es obdachlosen Menschen auch weiterhin ermöglichen sollen, Bahnhöfe und Bahnhofshallen als Schlafplatz oder Zufluchtsort vor schlechtem Wetter zu nutzen.

 

Verbesserung der Datenlage

Wir fordern:

  • Vor der nächsten Zählung muss klar zu kommunizieren, dass aus den erhobenen Zahlen ein entsprechender Ausbau der Unterbringungsmöglichkeiten folgt.
  • Bei der kommenden Zählung die Freiwilligen im Vorfeld intensiv von Expert*innen zu schulen. Gleichzeitig bessere Schätzmethoden zur Erfassung verdeckter Obdachlosigkeit zu entwickeln.
  • Das Zählen in unbeleuchteten Flächen und den Kontakt mit obdachlosen Menschen unter Berücksichtigung der Sicherheit der Zählenden zu gewährleisten, ohne hierfür Sicherheitskräfte einzusetzen.

 

Antrag 123/II/2021 Die Gender Data Gap endlich schließen

9.11.2021

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Landesparlamente auf, auf eine Schließung der Gender Data Gap hinzuarbeiten. Insbesondere fordern wir:

  • Unternehmen und Behörden sollen verpflichtet werden, bei allen datenbasierten Anwendungen und Entscheidungen Datengrundlagen unter Wahrung von Datenschutzrichtlinien und individuellen Persönlichkeitsrechten offen zu legen.
  • Unternehmen und Behörden sollen verpflichtet werden, bei allen datenbasierten Anwendungen und Entscheidungen offen zu legen wie sichergestellt wurde, dass zugrundeliegende Datensätze keinen geschlechtsspezifischen Bias haben, beziehungsweise wie in der konkreten Auswertung ein geschlechtsspezifischer Bias korrigiert wurde. Dies ist ein wichtiger erster Schritt zu unserer weiterreichenden Forderung, dass möglichst alle Daten in anonymisierter Form öffentlich zugänglich gemacht werden.
  • Alle staatlichen Behörden werden aufgefordert bestehende Datensätze auf einen geschlechtsspezifischen Bias zu überprüfen und durch die Erhebung zusätzlicher Daten zu schließen, wenn dies möglich ist.
  • In Projekten sollen Bundes- und Landesbehörden neue Datensätze aufbauen, die Fragestellungen gezielt Genderdivers untersuchen
  • Über eine Ausweitung der Finanzierung für Universitäten und Hochschulen soll gezielt Grundlagenforschung zur Möglichkeit der Repräsentation von Minderheiten in Daten und datengetriebenen Anwendungen ermöglicht werden.

 

 

Antrag 200/II/2021 Änderung § 11 (2) Organisationsstatut der SPD (Funktions- und Mandatsträger, Quotierung)

9.11.2021

§ 11 Absatz 2  Organisationsstatut wird durch Einfügen des Wortes „mindestens“  im letzten Satz wie folgt geändert:

(2) In den Funktionen und Mandaten der Partei müssen nach Maßgabe dieses Statuts und der Wahlordnung Frauen und Männer mindestens zu je 40 % vertreten sein. Die Pflicht richtet sich an das wählende oder entsendende Gremium. Die Quotierung bezieht sich insbesondere auf Mehrpersonengremien wie Vorstände, geschäftsführende Vorstände, von Vorständen eingesetzte Gremien und Delegationen. Die Satzungen der Gliederungen können zulassen, dass dem Vorstand zwei gleichberechtigte Vorsitzende, davon mindestens eine Frau, angehören.

 

bisherige Formulierung:

(2) In den Funktionen und Mandaten der Partei müssen nach Maßgabe dieses Statuts und der Wahlordnung Frauen und Männer mindestens zu je 40 % vertreten sein. Die Pflicht richtet sich an das wählende oder entsendende Gremium. Die Quotierung bezieht sich insbesondere auf Mehrpersonengremien wie Vorstände, geschäftsführende Vorstände, von Vorständen eingesetzte Gremien und Delegationen. Die Satzungen der Gliederungen können zulassen, dass dem Vorstand zwei gleichberechtigte Vorsitzende, davon eine Frau, angehören.

Antrag 107/I/2021 Maßnahmen zur wirksamen Stärkung des Vermögenaufbaus zugunsten unterer und mittlerer Einkommen in Deutschland

23.03.2021

Neben einer Veränderung der Ziele einer Wirtschaftspolitik, die in den letzten zwei Jahr­zehnten insbesondere aufsteigende Leistungsbilanzüberschüsse und eine über dem In­vestitionsniveau liegende Sparquote gesetzt und dadurch die Vermögensakkumulation reicherer Bevölkerungsschichten begünstigt hat, sind Maßnahmen zu definieren, die auf eine deutlich stärkere Vermögensbildung bei den finanziell schwächeren Bürgern zielt.

Wir sind der Meinung, dass dort anzusetzen ist, wo Hindernisse die Bildung von Vermögen erschweren, insbesondere wenn:

  • ein schwaches bis kein Sparpotential aufgrund eines niedrigen Einkommens vorhanden ist bzw.
  • der Zugang zur Anschaffung von Wohneigentum oder rentableren Geld­ver­mögens­anlagen aufgrund finanzieller Verhältnisse und persönlicher Kenntnisse erschwert wird.

 

Folgende Maßnahmen sollen in Betracht gezogen werden:

 

1. Stärkere Teilhabe der Mitarbeitenden an der Wertentwicklung der Unternehmen durch Ausgabe von Unternehmensanteilen an die Belegschaften

Fondsstrukturen können einen wesentlichen Beitrag zur Beteiligung der Belegschaften an der Wertentwicklung und dem Unternehmenserfolg bieten. Dedizierte Spezialfonds, z.B. in Form treuhänderischer Zwischengesellschaften, an denen die Mitarbeitenden beteiligt werden, würden in ihrer Rechnung die Anteile an den arbeitgebenden Unternehmen halten. Solche Lösungen, die im Ausland seit langer Zeit Anwendung finden, sollen auch in Deutschland Einsatz finden:

  • zur Herstellung einer effizienten Strukturierung des Beteiligungsangebots, das leichter an die Gesamtheit der Belegschaft gerichtet werden kann, sowie
  • zum besseren Schutz der Interessen der am Unternehmen beteiligten Belegschaften gegenüber ihren Arbeitgebern mit einer konsequenten Ausgestaltung der Anlegervertretung in den Gesell­schafts­organen wie z.B. in der Hauptversammlung

 

Die Wahrnehmung der Interessen der Mitarbeitenden durch die Instrumente der betrieblichen Mitbestimmung sowie der tariflichen Bindung werden durch derartige Beteiligungsmodelle nicht berührt. Das durch eine Beteiligung des Arbeitnehmenden am Unternehmen zugleich übernommene Risiko (für den Ausfall der Beteiligung bei Insolvenz) soll durch Mitspracherechte u.a. in der Anlegervertretung gemindert werden.

 

Solche unter­neh­mensbezogene Lösungen sollen in der Weise ausgelegt werden, dass anderes, mit einer Mitarbeiterbeteiligung nicht verbundenes Wert­papiervermögen der Mitarbeitenden eingeschlossen und gefördert wird[1], Damit werden möglich:

  • eine Risikominimierung durch eine gute Streuung der Anlegerportfolien, die somit nicht nur aus Beteiligungen an einzelnen Unternehmen bestehen. Diese tragen mit sich m Extremfall das Risiko des Totalausfalls, insbesondere wenn es um Beteiligungen an Startups geht.
  • die Übertragung der Portfolioverwaltung auf professionelle und unabhängige Unternehmen, die u.a. die Funktion der Anlageentscheidung zur Entlastung oft überforderter AnlegerInnen übernehmen
  • Kostenvorteile für die investierten Mitarbeitenden dank der Nutzung von Skaleneffekten, welche zusätzlich breiter angelegte Anlagestrategien erlauben, die den einzelnen Investoren verwehrt wären

 

Ein ganz wesentlicher Aspekt ist, dass Fondsstrukturen dazu geeignet sind, Steuervergünstigungen zugunsten ihren Beteiligten einzuführen, die auf eine Besserstellung der unteren und mittleren Einkommen zielen und somit den Vermögensbau stark zu fördern. Dabei wäre z.B. die steuerbefreite Wieder­anlage im Fonds denkbar, wie in anderen Ländern bereits möglich ist. Dort werden Erträge von der Einkommensteuer – meistens aber nicht von den Sozial­abgaben – befreit, solange sie im Fonds bleiben. Durch die Einschränkung auf solche Spezialfonds wird eine nicht sinnvolle Übertragung solcher Ausnahmen auf nicht zu vergünstigende Vermögen konsequent vermieden und die einheitliche Gestaltung des Steuergesetzes grundsätzlich bewahrt

Unternehmen sollten außerdem in die Lage versetzt werden, ihre Fondsangebote für die Mit­ar­bei­tenden zusammenzulegen, um Skalenvorteile besser zu nutzen. Die Fonds werden durch Zuführungen der Arbeitgeber und dessen Mitarbeiter gespeist.

 

2. Umverteilung von Unternehmensanteilen

Die Bundesrepublik Deutschland selbst soll einen Dachfonds initiieren (ein „Deutsch­lands­fonds“), an dem sich unternehmenseigene Beteiligungsprogramme an­schließen können.

Neben den somit im Fonds zusammenfließenden Beteiligungen sind zwei weitere wichtige Investitionsquellen zu aktivieren:

  • Wiederanlage von Erträgen aus dem Wertzuwachs von mit öffentlichen Mitteln finanzierten Innovationsunternehmen
    Innovation wird oft dank der Unterstützung durch den Staat möglich. Diese Unterstützung erfolgt in verschiedenster Weise, u.a. über die Verfügungs-stellung erheblicher Finanzmittel, insbesondere wenn das Unternehmensrisiko am höchsten ist und der privaten Finanzierung sehr enge Grenzen gesetzt sind – z.B. während der Startup-Phase eines Unternehmens.
    Wir fordern, dass der Bund bzw. die Länder am Wertzuwachs der durch öffentliche Mittel finanzierten Unternehmen in geeigneter Weise durch Übernahme von Kapitalbeteiligungen partizipieren und dass daraus entstehende Erträge in Form von Dividenden und Veräusserungsgewinnen in der Fondsstruktur reinvestiert werden, sodass sie der Allgemeinheit und insbesondere vermögensärmeren Gruppen zugute kommen können.
  • Ausgabe von Gratisaktien und -anteilen
    Darüber hinaus fordern wir die Ausgabe von Gratisaktien und -anteilen von Unternehmen in einem zu bestimmenden maximalen Rahmen zugunsten des skizzierten „Deutschlandsfonds“. Hierdurch wird unmittelbar eine Umverteilung von Vermögenswerten der UnternehmenseigentümerInnen zu Gunsten der arbeitnehmenden Teile der Gesellschaft erreicht.

 

3. Abbau der steuerlichen und kostentechnischen Nachteile für Gering- und Normalverdienende

Zur Verstärkung bestehender und künftiger Maßnahmen ist eine deutliche Anhebung der derzeitigen steuerlichen Anreize erforderlich, welches auch mit dem Ausland gleichzieht. Der derzeit geringe Freibetrag für den vergünstigten Bezug von Belegschaftsaktien (§ 3 Nr. 39 EStG) sollte von derzeit € 360/Jahr auf ein „europäisches“ Niveau“ gebracht werden (d.h. auf mindestens € 3.000/Jahr – eine Erhöhung des Freibetrags auf nur € 720 wird seit langer Zeit in der Koalition diskutiert und ist erwartet).

Eine entsprechende Erhöhung der Arbeitnehmer-Sparzulage gem. Fünftem Vermögensbildungsgesetz (20% von max. € 400, d.h. € 80 / Jahr) sollte ebenfalls vorgenommen werden.

 

4. Erleichterungen beim Kauf von selbstgenutztem Wohnraum für Gering- und Normalverdienende

Zur wirtschaftlichen Unterstützung des Kaufs von selbstgenutztem Wohnraum – ins­be­son­dere von Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und Vermögen – sollen Erleichterungen eingeführt werden, z.B. durch die Befreiung von der Grund­er­werbsteuer in bestimmten Fällen. Darüber hinaus soll diesen vermögensarmen Gruppen weitere Ver­günstigungen in der Anschaffung, u.a. bei der Vermittlung der Wohnung zukommen. In Berlin können z.B. die Gesamttransaktionskosten ca. 15% des Kaufpreises eines Ob­jektes erreichen und stellen somit eine Hürde für finanzschwache, private Käuferinnen und Käufer dar. Private Käuferinnen und Käufer sind hier gegenüber Unternehmen besonders im Nach­teil, wenn man bedenkt, dass die auf der Basis von Prozentsätzen kalkulierten Kosten auf bereits hohe zu erbringende Summen zu berechnen sind während Unternehmen derartige Kosten über die Nutzung rechtlicher und steuerrechtlicher Konstruktionen begrenzen können. Wir wollen das Bürgerinnen und Bürger gezielt gegenüber in Wohnraum investierenden Unternehmen bevorzugt bzw. durch steuerrechtliche und fördertechnische Maßnahmen begünstigt werden.

Antrag 87/I/2021 Für eine kohärente werte-, normen- und interessenbasierte China-Strategie für Deutschland und Europa

21.03.2021

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die deutsche Außenpolitik eine langfristige China-Strategie für Deutschland und Europa im Sinne der Resilienzstärkung demokratischer Werte entwickelt. Diese sollte auf den Grundwerten der regelbasierten, multilateralen Ordnung und der universalen Menschenrechte basiert sein. Technologische Fortschritte und die Anforderung einer proaktiven Gestaltung dieser sollen ebenso im Blick behalten werden wie die Stärkung der europäischen wirtschaftlichen Souveränität.

 

Auf Landesebene fordern wir:

  1. Einen gezielten Ausbau der China-Expertise in Deutschland, einschließlich der stärkeren Nutzung ehrenamtlicher, innerparteilicher Expertise, der Fraktion im Bundestag und Europaparlament.
  2. IT-Ausrüstungen, auf die die öffentliche Hand Einfluss hat, sollten nicht aus China (sondern bevorzugt aus der Europäischen Union ) kommen.

 

Auf Bundesebene fordern wir: 

  1. Einen gezielten Ausbau der China-Expertise in Deutschland, einschließlich des SPD-Parteivorstands, der Fraktion im Bundestag und Europaparlament und innerhalb der Landesverbände.
  2. Sicherzustellen, dass die Bundesregierung eine eingehende Evaluierung der deutschen und europäischen Lieferketten in allen mit China verflochtenen kritischen  Industrien beginnt, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden oder zu beseitigen und die für die Versorgungssicherheit notwendige Diversifizierung sicherzustellen.
  3. Eine umfassende öffentliche Aufklärungsinitiative zu ausländischen Desinformationskampagnen im Sinne des umzusetzenden Digital Services Act, einschließlich denen aus China, zu initiieren.

 

Auf EU-Ebene fordern wir:

  1. Eine stärkere EU-Exportkontrolle beim Handel mit militärisch oder zivil nutzbaren Dual-Use-Gütern wie beispielsweise Überwachungstechnologien. EU-Unternehmen müssen sich hier stets an menschenrechtlichen Sorgfaltsstandards halten.
  2. Den koordinierten Ausbau der bislang nur ansatzweise existierender Tracker von Daten zu  Investitionen von Drittstaaten einschließlich China innerhalb der EU zu einem umfassenden Überblick
  3. Eine Erweiterung des regionalen Umfangs und eine bessere Koordinierung der Ressourcen zur Umsetzung der EU-Konnektivitätsstrategie
  4. Die Ergänzung der East Stratcom Task Force des EAD durch ein Team aus China-Expert*innen.
  5. Die Schaffung eines EAD-Trackers für bilaterale Gespräche der EU-Mitgliedstaaten zur Erleichterung von Entwicklung und Umsetzung einer pan-europäischen Strategie im Umgang mit China.
  6. Die Schaffung einer EU-weiten öffentlichen Aufklärungsinitiative zu United Front Aktivitäten sowie Einführung eines China-spezifischen Registers zur Erfassung von chinesischen Versuchen der Einflussnahme auf Politik- und Wirtschaftsakteure in der EU.

 

Auf multilateraler Ebene fordern wir:

  1. Die gezielte Förderung von Repräsentant*innen aus Deutschland und der EU – inklusive verbündeter Staaten – im Hinblick auf Kandidaturen in führenden Positionen in internationalen Organisationen (allen voran in den UN und ihren Gremien). Das Ziel muss es dabei sein, der Staatengemeinschaft personelle Alternativen zu chinesischen Kandidaturen (und verbündeten Staaten) anzubieten und damit chinesischen Versuchen der Unterlaufung von bereits vereinbarten politischen, menschenrechtlichen, wirtschaftlichen und technologischen Standards entgegenzuwirken, die mit chinesischem Führungspersonal wahrscheinlicher ist. Auch die SPD sollte sich vermehrt die personelle Förderung sozialdemokratischer Werte innerhalb der Vereinten Nationen zum Ziel machen.
  2. Eine dauerhafte und breit angelegte Finanzierung internationale Organisationen mit breit gestreuten und höheren Pflichtbeiträgen sowie weniger freiwilligen Beiträgen, um zum einen die langfristige Arbeitsfähigkeit internationaler Organisationen zu gewährleisten.
  3. Die konsequente strategische Zusammenarbeit mit demokratischen Staaten aus der EU und anderen (auch im Globalen Süden) innerhalb der UN und anderen internationalen Organisationen, um bei Themen, Wahlen und Abstimmungen gezielt und kohärent Mehrheiten zu bilden, welche die demokratieorientierte, wertebasierte multilaterale Weltordnung unterstützen. Ein Projekt  im Rahmen einer Gruppe von gleichgesinnten Staaten, einschließlich aller EU-Mitgliedstaaten, eine Finanzierungsinitiative für den 5- und 6G-Ausbau zu schaffen, wäre ein Beispiel. Diese sollte auch als erster Schritt dazu dienen, Staaten des Globalen Südens eine auf demokratischen Werten basierte Alternative zur “Digitalen Seidenstraße” anzubieten.