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Antrag 306/I/2020 Grundrechte achten: Quellen-TKÜ begrenzen, Überwachungsgesetze evaluieren

2.12.2020

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert:

  1. Die Nutzung sogenannter Staatstrojaner, staatlich entwickelter oder anderweitig beschaffter Schadsoftware für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Q-TKÜ) digitaler Endgeräte, muss auf die Polizeibehörden beschränkt bleiben. Eine zusätzliche Ausweitung der Befugnisse auf das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Milititärischen Abschirmdienst, den Bundesnachrichtendienst, sowie die 16 bundesdeutschen Landesämter für Verfassungsschutz lehnen wir ab. Dies gilt erst Recht für die noch weitergehende Onlinedurchsuchung. Die Nutzung der Quellen-TKÜ durch Polizeibehörden sollte kritisch hinterfragt werden.
  2. Mitwirkungspflichten für Provider müssen auf ein Maß begrenzt bleiben, das die neutrale Mittlerrolle und das Vertrauensverhältnis zwischen Providern und Kund*innen wahrt und Verschlüsselung unangetastet lässt. Insbesondere das Umleiten von Datenflüssen zum unbemerkten Einspielen von Schadsoftware zur Überwachung ist grundsätzlich abzulehnen.
  3. Der Einsatz von Q-TKÜ ist aus verfassungsrechtlichen Gründen, unabhängig von der durchführenden Behörde, an nachfolgende Kriterien zu knüpfen. Diese sind auch bei einer etwaigen Erweiterung der Kompetenzen in Bezug auf die Quellen-TKÜ auf nicht-polizeiliche Behörden zu beachten:
    • Rechtsgrundlagen für Q-TKÜ sind zu befristen (Ablaufklausel bzw. sunset clause) und müssen nach zwei Jahren durch den Bundestag unabhängig evaluiert werden. Sie müssen klar benennen, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen der Einsatz erlaubt ist. Ein Verweis auf die allgemeinen Aufgaben einer Behörde genügt nicht.
    • Der Einsatz von Q-TKÜ muss immer einer richterlichen Genehmigung unterliegen (Richtervorbehalt). Dies muss ggf. auch für den Einsatz durch Geheimdienste gelten.
    • Jeder Einsatz von Q-TKÜ muss im Vorhinein klar befristet und eingegrenzt werden sowie im Anschluss an den Überwachungszeitraum evaluiert werden. Dieser Bericht ist im Falle des Einsatzes durch Geheimdienste dem jeweiligen parlamentarischen Kontrollgremium vorzulegen.
    • Hinweise auf Straftaten, die in keiner Beziehung zum Anlass der Q-TKÜ stehen, dürfen nur bei schwersten Straftaten in anderen Verfahren weiterverwertet werden, wenn der Einsatz der Q-TKÜ auch in einem Verfahren für diese Straftat erlaubt gewesen wäre (Zufallsfunde).
    • Alle Behörden, die Q-TKÜ durchführen, erstellen einen jährlichen Bericht, in dem sie klar definierte Kennzahlen zu allen Ermittlungsverfahren, in denen eine Q-TKÜ zum Einsatz kam, offenlegen (mindestens Anzahl der Verfahren mit Q-TKÜ, Dauer der Verfahren sowie Anzahl der Betroffenen und Angaben über Ermittlungserfolge). Der Bericht ist im Falle von Geheimdiensten dem jeweiligen parlamentarischen Kontrollgremium vorzulegen und die Öffentlichkeit über die Anzahl der Verfahren zu informieren. Berichte der Polizeibehörden sollen in einer geeigneten Form der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
  4. Der behördliche Umgang mit IT-Sicherheitslücken, deren Ausnutzung für den Einsatz der Q-TKÜ erforderlich ist, muss gesetzlich reguliert werden. Ein solches gesetzlich geregeltes Schwachstellenmanagment muss klare Kriterien für die Risikoabschätzung im Bezug auf das Geheimhalten von einzelnen Sicherheitslücken beeinhalten, um ein möglichst effektives Schwachstellenmanagement zu garantieren. Ziel muss dabei sein, Sicherheitslücken so schnell wie möglich zu schließen.
  5. Die Bundesregierung gibt eine unabhängige Studie in Auftrag, die die Zuständigkeiten der deutschen Sicherheitsbehörden (Geheimdienste und Polizei in Bund und Ländern) auf Überschneidungen und Mehrfachzuständigkeiten untersucht. Ziel der Studie ist es, die Zusammenarbeit der Behörden besser zu koordinieren, Doppelarbeit und Kommunikationsprobleme zu vermeiden sowie klare Zuständigkeiten zu ermöglichen. Eine solche Entflechtung schont Ressourcen in den einzelnen Behörden und bündelt alle relevanten Informationen in der jeweils zuständigen Behörde.
  6. Die Bundesregierung beauftragt eine unabhängige wissenschaftliche Studie zur Bestandsaufnahme aller Befugnisse und tatsächlichen Maßnahmen, mittels derer öffentliche Stellen in die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, Vertraulichkeit der Kommunikation sowie auf auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme der Bürger*innen eingreifen oder eingreifen können (sog. Überwachungsgesamtrechnung). Dies umfasst auch Befugnisse zur Heranziehung von Daten privater Stellen. Die Bestandsaufnahme soll jeweils Umfang, Intensität, Dauer und Art der Grundrechtseingriffe sowie die tatsächliche Qualität vorgesehener Kontrollmechanismen für diese Eingriffe, insbesondere von Richtervorbehalten und Datenschutzkontrollen, beinhalten. Diese sog. Überwachungsgesamtrechnung umfasst sowohl gezielte als auch ungezielte Befugnisse und Maßnahmen durch öffentliche Stellen, inklusive der Nachrichtendienste, die auf deutschem Staatsgebiet stattfinden oder deutsche Staatsbürger*innen betreffen. Die Studie ist der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
  7. Der bereits beschrittene Weg, die personelle und technische Ausstattung der Polizeibehörden zu verbessern wird konsequent weitergeführt. Polizeiliche Ermittlungsarbeit im Internet, wie z.B. die sogenannte „Internetstreife“, wird weiter ausgebaut. Ebenso sind Staatsanwaltschaften mit den nötigen personellen und technischen Ressourcen auszustatten.

Antrag 305/I/2020 Gerechtigkeitslücken im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) schließen (II): Bemessungszeitraum vom Elterngeld für Eltern nach einer Weiterbildung flexibilisieren

2.12.2020

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder im Bundestag und in der Bundesregierung auf, im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) eine Ausnahmeregelung zu schaffen, die den Bemessungszeitraum vom Elterngeld für Eltern nach einer beruflichen Weiterbildung vor der Geburt des Kindes flexibilisiert.

Antrag 304/I/2020 Gerechtigkeitslücken im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) schließen (I): Teilzeitarbeit in Elternzeit für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen

2.12.2020

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder im Bundestag und in der Bundesregierung auf, eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen, die im § 15 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Absatz 7 Satz 1 ersatzlos streicht.

  • 15 im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz regelt den Anspruch von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen auf Verringerung der Arbeitszeit im Rahmen der Elternzeit und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme. Absatz 7 Satz 1 regelt, dass ein Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit erst besteht, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mindestens 15 Personen beschäftigt. Diese Ausnahme bedeutet leider eine konkrete Ungleichbehandlung von Millionen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die es für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen umgehend zu korrigieren gilt.

Antrag 87/I/2020 Bei Elterngeldberechnung für Selbstständige Corona-Pandemie berücksichtigen

1.10.2020

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion werden aufgefordert, die Regelungen für die Berechnung des Elterngeldes in 2021 für Selbstständige so anzupassen, dass den Eltern keine Nachteile durch die Corona-Pandemie entstehen, beispielsweise durch eine Ausweitung des Bemessungszeitraums auf das höhere der letzten beiden Wirtschaftsjahre oder einen Korrekturwert für die von der Pandemie betroffenen Monate, sofern nur ein vorheriger Wirtschaftszeitraum besteht.

Antrag 80/I/2020 Freiwilligenjahr stärken und attraktiver machen!

1.10.2020

Das Freiwilligenjahr leistet einen hervorragenden Beitrag zur Stärkung des Gemeinwohls und ist zugleich eine sehr wertvolle Erfahrung für diejenigen, die es wahrnehmen. Deshalb möchten wir das Freiwilligenjahr für alle noch attraktiver machen.

 

Wir fordern,

  1. dass alle in Deutschland lebenden Schülerinnen und Schüler nach Beendigung der schulischen Ausbildung die Möglichkeit haben müssen, ein Bundesfreiwilligendienst (BuFDi), das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) zu absolvieren;
  2. dass alle Schülerinnen und Schüler spätestens 20 Wochen vor Beendigung der schulischen Ausbildung gefragt werden, ob Sie ein Freiwilligenjahr leisten wollen;
  3. dass alle Teilnehmenden während des Freiwilligenjahres kostenlos den öffentlichen Personennah- und Fernverkehr in ganz Deutschland nutzen können;
  4. dass alle Projekte mit sozialen, karitativen, ökologischen und gemeinnützigen Tätigkeiten Projekte für ein Freiwilligenjahr darstellen, wenn die Qualifizierungsvoraussetzungen nachgewiesen werden können;
  5. dass alle Projekte nachweisen müssen, dass sie die Teilnehmenden nicht als Ersatzarbeitskräfte, sondern als zusätzliche Arbeitskräfte einsetzen und diese angelehnt an den BAföG Höchstsatz (861,-Euro) bezahlen.
  6. dass alle Projekte die Freiwilligen auf ihre Aufgaben ausreichend vorbereiten, während ihrer Tätigkeit unterstützen und die Persönlichkeitsentwicklung der Freiwilligen unterstützen müssen;
  7. dass alle Teilnehmenden nach Abschluss des Freiwilligenjahres ein Nachweis über ihre Tätigkeiten erhalten.