Antrag 83/I/2021 Online-Belästigungen „Cyberstalking“

Wir fordern die sozialdemokratischen Abgeordneten des Bundestags und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass § 1 Absatz 2 GewSchG (Gewaltschutzgesetz) um ein benanntes Regelbeispiel der „Verfolgung im Internet“ ergänzt und das GewSchG um eine Sperr- und Löschanordnung bei Cyberstalking Handlungen erweitert wird.

 

 

Empfehlung der Antragskommission:
Ablehnung (Konsens)
Fassung der Antragskommission:
  • LPT I-2021: Überweisung an ASJ
  • LPT II-2021: Stellungnahme ASJ

 

Votum ASJ: Ablehnung

 

Die Ergänzung von § 1 Absatz 2 GewSchG um ein weiteres Regelbeispiel „Verfolgung im Internet“ erscheint derzeit nicht erforderlich, da die von der KDV Mitte + Forum Netzpolitik angestrebte Regelung bereits durch das Gewaltschutzgesetz abgedeckt wird.

 

Nach § 1 Abs. 2 kann das Gericht anordnen, dass der Täter es unterlässt, Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,

wenn eine Person widerrechtlich und vorsätzlich eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.

 

Unzumutbare Belästigungen durch wiederholtes Nachstellen oder Verfolgung unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln sind beispielsweise die wiederholte Beobachtung und Überwachung einer Person, unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon, Telefax, Internet oder Mobiltelefon. Daher werden derzeit von den Gerichten derzeit bereits regelmäßig Anordnungen getroffen, die es der/dem Antragsgegner/-in untersagen, Verbindung zu der/dem Antragsteller/-in aufzunehmen, weder persönlich noch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aller Art, wie Telefon, Internet, Briefe, E-Mails, SMS, auch nicht unter Einschaltung dritter Personen.

Die Ergänzung „Verfolgung im Internet“ als Regelbeispiel schließt keine Regelungslücke, sondern ist verfassungsrechtlich unbestimmt.

Soweit es den Antragstellern um die bessere strafrechtliche Erfassung von Cyberstalking-Verhaltensweisen geht, ist neben dem primär zivilrechtlichen Gewaltschutzgesetz auch die Regelung des § 238 StGB (Nachstellung) zu berücksichtigen. Durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings vom 10. August 2021 ist der strafrechtliche Schutz bereits verbessert worden. Insbesondere ist der enthaltene Katalog der Tathandlungen um spezifische Vorgehensweisen des Cyberstalkings erweitert worden (§ 238 Absatz 1 Nummern 5 bis 7 StGB). Mit Blick auf diese auch ohne zivilrechtliche Unterlassungsanordnung bestehende Strafbarkeit erscheint die vorgeschlagene Änderung des Gewaltschutzgesetzes nicht erforderlich.

Soweit die Antragsbegründung andeutet, dass zukünftig in Fällen von Cyberstalking im Internet auf eine gerichtliche Unterlassungsanordnung verzichtet werden soll, kann dem schon wegen des damit einhergehenden strafrechtlichen Vorwurfs in § 4 GewSchG und den damit notwenigen Bestimmtheitserfordernissen nicht beigetreten werden. Weder der Zeitfaktor, noch die Anonymität der Täter im Netz würde durch die Erweiterung des Gesetzes verändert werden. Ziel des Antrages, frühzeitiger strafrechtlich einen Eintrag im Netz zu sanktionieren, ist nicht gerechtfertigt, da das Strafrecht ultima ratio sein muss.