Antrag 101/I/2023 Kein catchiger Titel, aber dafür catchige Krankheiten: für Testmöglichkeiten von STIs

Status:
Annahme mit Änderungen

Sexuell übertragbare Krankheiten (STIs) kommen immer häufiger vor: In Deutschland hat sich die Zahl der Syphilis-Fälle in den Jahren von 2009 bis 2019 verdoppelt und seit 2001 sogar vervierfacht. Dass einige STIs auch über Oralsex übertragbar sind, ist oft unbekannt. Aufgrund der leichten Übertragbarkeit wäre es wichtig, sich vor allem bei wechselnden Sexualpartner*innen regelmäßig auf STIs zu testen, auch wenn keine Symptome auftreten. Leider ist das aufgrund verschiedener Hindernisse nicht die Lebensrealität vieler Menschen:

Zum einen sind STIs weiterhin tabuisiert. Zudem sind STI-Tests nicht leicht zugänglich: Wenn man im Internet nach STI-Tests in Berlin sucht, erhält man viele kommerzielle Angebote wie private Testzentren oder Testkits für zu Hause, die über 100 Euro kosten.

Zwar gibt es bereits einige sehr gute Angebote, zum Beispiel von der Berliner Aidshilfe oder dem Checkpoint (einem Zentrum für sexuelle Gesundheit mit Test- und Behandlungsangebote für STIs sowie Beratungsangebote zu sexueller Gesundheit, Chemsex/Substanzkonsum und queeren Themen), bei dem die Kosten für HIV-Tests, die meist zwischen 5 und 25 Euro liegen, erstattet werden können.

Bislang gibt es außerdem die Möglichkeit von STI-Tests in den Gesundheitsämtern von vier Bezirken (Mitte, Marzahn-Hellersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf) mit telefonischer Voranmeldung. HIV-Tests dort kosten 10 Euro für Zahlungsunfähige.

Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist allerdings in der Regel an das Vorliegen von Anzeichen einer STI gebunden bzw. wenn bei dem*der Sexpartner*in bereits eine STI festgestellt wurde. Es ist allerdings nicht immer so, dass die Anzeichen einer STI bemerkt oder als solche wahrgenommen werden. So können diese unbemerkt an weitere Personen übertragen werden. Es ist daher wichtig präventiv die Möglichkeit zu haben, unabhängig vom Geldbeutel, einen STI-Test zu machen bevor es zur unbemerkten Verbreitung bzw. auch Schäden durch Nicht-Behandeln der Infektion kommt. Auch die vorhandenen Strukturen und Angeboten müssen gestärkt und ausgebaut werden, um Hürden wie lange Anfahrtswege und überlastete Testkapazitäten zu senken.

Ein anonymes Testangebot bereitzustellen ist heutzutage noch für viele Menschen wichtig. Offene, niedrigschwellige Testangebote bieten in der Regel anonyme Tests an. Sie auszubauen ist daher ein wichtiges Anliegen. Gerade auch, weil es ebenso Menschen gibt, die ohne gesetzliche Krankenversicherung ihr Leben bestreiten müssen und daher diese niedrigschwelligen Testangebote benötigen.

Epidemiologische Kennziffern verdeutlichen, dass FINTA*-Personen sowie queere Menschen am häufigsten an STIs leiden. Hinzu kommt auch, dass selbige oftmals sowieso schlechteren Zugang zu medizinischer Infrastruktur haben. Die Ausweitung der Testmöglichkeiten stellt auch eine Möglichkeit da, die bestehende Stigmatisierung durch sexuell-übertragbare Krankheiten weiter einzudämmen und mehr Aufmerksamkeit für STIs zu erzeugen.

Aus diesem Grund fordern wir, dass…

  • das Testangebot für sexuell-übertragbare Krankheit so ausgebaut wird, dass in jedem Bezirk mindestens eine Möglichkeit zur Testung besteht. Dies soll möglich sein, durch unabhängige, gemeinnützige und finanzierte Stellen, um die Kostenlosigkeit zu gewährleisten. Entsprechend soll § 1 Gesundheitsdienst-Zuständigkeitsverordnung (GDZustVO) angepasst werden.
  • Es soll ein gesetzlicher Anspruch geschaffen werden, sodass STI-Tests auch ohne Anlass, also ohne Symptome bzw. STI-Nachweis bei Sexpartner*in, von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
  • Das Land Berlin wird aufgefordert die Förderung von Projekten, welche STI-Tests anonym und niedrigschwellig anbieten in dem Maße zu erhöhen, sodass diese zukünftig höhere Kapazitäten für Tests bereitstellen können und diese kostenfrei in Anspruch genommen werden können
  • die STI-Testung in ärztlichen Praxen mit infektiologischem Schwerpunkt für alle jederzeit zugänglich ist und die Kosten für die Tests vollständig von der Krankenkasse getragen werden.
  • der Zugang zur HIV-Prophylaxe PrEP (Präexpositionsprophylaxe) und die dauerhafte und vollständige Kostenübernahme durch Krankenkassen allen, unabhängig vom Sexualverhalten, ermöglicht wird.
  • Zielgruppenspezifische finanzielle Mittel für mehr Aufklärung und Informationen zu Testzentren.

zusätzlich in allen Bildungseinrichtungen nicht-stigmatisierende Bildungsangebote und Ansprechpersonen eingerichtet werden und auch außerhalb von Bildungseinrichtungen Aufklärungsangebote ausgebaut werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Das Zentrum für sexuelle Gesundheit bietet HIV- und STI-Testungen, sowie gesundheitliche und psychosoziale Beratung zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI) und HIV an.
Diese Beratung steht allen Menschen offen und kann auch anonym in Anspruch genommen werden. Das Beratungsangebot sollte jedoch bekannter gemacht werden. Deshalb soll eine Informationskampagne des Landes Berlin und der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BzGA) gestartet werden, die neben Informationen zu Testungen und Beratungsmöglichkeiten über den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten und Infektionen informiert.

Das Testangebot für sexuell-übertragbare Krankheit sollte in Berlin außerdem auch personell so ausgebaut werden, dass in jedem Bezirk eine Möglichkeit zur kostenlosen Testung besteht. Dies soll durch den Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes und die Förderung von unabhängigen gemeinnützigen Stellen, welche STI-Tests anonym und niedrigschwellig anbieten, erreicht werden.
Das Land Berlin wird entsprechend aufgefordert, die Förderung von solchen Projektenin ausreichendem Maße zu erhöhen, sodass diese zukünftig höhere Kapazitäten für Tests bereitstellen können.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Kosten von STI-Tests auch ohne Anlass, also ohne Symptome bzw. STI-Nachweis bei Sexpartner*innen, von den Krankenkassen übernommen werden.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung werden darüber hinaus aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Zugang zur HIV-Prophylaxe PrEP (Präexpositionsprophylaxe) allen Menschen in Deutschland, unabhängig vom Sexualverhalten und vom Versicherungsstatus, auf Wunsch kostenlos zur Verfügung steht.

Über die Möglichkeit, eine HIV-Infektion durch PrEP oder durch medikamentöse Therapie (therapy as protection, TasP) zu vermeiden, muss intensiver aufgeklärt werden, damit deutlich mehr Menschen davon profitieren können – auch über die Gruppen hinaus, die die PrEP bereits nutzen.

 

 

 

Beschluss: Annahme mit Änderungen
Text des Beschlusses:

Das Zentrum für sexuelle Gesundheit bietet HIV- und STI-Testungen, sowie gesundheitliche und psychosoziale Beratung zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI) und HIV an.
Diese Beratung steht allen Menschen offen und kann auch anonym in Anspruch genommen werden. Das Beratungsangebot sollte jedoch bekannter gemacht werden. Deshalb soll eine Informationskampagne des Landes Berlin und der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BzGA) gestartet werden, die neben Informationen zu Testungen und Beratungsmöglichkeiten über den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten und Infektionen informiert.

Das Testangebot für sexuell-übertragbare Krankheit sollte in Berlin außerdem auch personell so ausgebaut werden, dass in jedem Bezirk eine Möglichkeit zur kostenlosen Testung besteht. Dies soll durch den Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes und die Förderung von unabhängigen gemeinnützigen Stellen, welche STI-Tests anonym und niedrigschwellig anbieten, erreicht werden.
Das Land Berlin wird entsprechend aufgefordert, die Förderung von solchen Projektenin ausreichendem Maße zu erhöhen, sodass diese zukünftig höhere Kapazitäten für Tests bereitstellen können.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Kosten von STI-Tests auch ohne Anlass, also ohne Symptome bzw. STI-Nachweis bei Sexpartner*innen, von den Krankenkassen übernommen werden.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung werden darüber hinaus aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Zugang zur HIV-Prophylaxe PrEP (Präexpositionsprophylaxe) allen Menschen in Deutschland, unabhängig vom Sexualverhalten und vom Versicherungsstatus, auf Wunsch kostenlos zur Verfügung steht.

Über die Möglichkeit, eine HIV-Infektion durch PrEP oder durch medikamentöse Therapie (therapy as protection, TasP) zu vermeiden, muss intensiver aufgeklärt werden, damit deutlich mehr Menschen davon profitieren können – auch über die Gruppen hinaus, die die PrEP bereits nutzen.

 

 

 

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: