Antrag 202/II/2022 Wasser schützen!

Grundwasserknappheit bekämpfen

Die Klimakrise und damit einhergehende Erderwärmung haben verschiedene Facetten. Für den Ballungsraum Berlin ergibt sich eine jetzt schon spürbare Knappheit. Die Wasserknappheit.

 

Bereits in den letzten Sommern konnte man die Wasserknappheit in Berlin kaum übersehen. Der Boden trocknet aus, Grünanlagen verbrennen und werden braun, und der Pegelstand der Gewässer sinkt. Die Wärme unserer Sommer beträgt inzwischen circa zwei Grad mehr als in der Klimareferenzperiode 1961 bis 1990. Das birgt eine 15 Prozent höhere Verdunstung von Wasser, die spürbar ist.

 

In den letzten Jahren hat der Ballungsraum Berlin Trinkwasser hauptsächlich aus der Spree und Dahme bezogen. Wir reichern mit dem Wasser dieser Gewässer das Grundwasser künstlich an und nutzen es dann für unsere Grundwasserversorgung. Doch über die Jahre hinweg sinkt der Grundwasserspiegel, eine beunruhigende Entwicklung.

 

Die Trockenheit und der Mangel an Niederschlag der letzten Sommer führt dazu, dass wir unseren niedrigen Grundwasserspiegel nicht mehr ausgleichen können. Das war erstmals 2003 der Fall und ist seit 2018 jährlich zu beobachten. Unsere Wasservorräte erholen sich nicht mehr, in diesem Jahr beträgt beispielsweise das Wasseraufkommen im Spreewald nur ein Viertel des notwendigen Normalaufkommens. Das Wasseraufkommen der Spree wird sich in den kommenden Jahren aufgrund der geplanten Flutung der stillgelegten Brandenburger Braunkohletagebaue, wie dem geplanten Ostsee nördlich von Cottbus, drastisch verringern. Diese Wasserknappheit wird sich auch auf den Flusspegel der Berliner Spreeabschnitte auswirken. Und auch nach abgeschlossener Flutung wird die erweiterte Verdunstungsfläche der so entstandenen Tagebauseen zu einem geringeren Pegelstand der angeschlossenen Fließgewässer führen.

 

Und diese Lage wird sich in den kommenden Jahren nicht verbessern, denn nicht nur sinkt das Aufkommen von Grundwasser, auch unser Trinkwasserverbrauch steigt seit Jahren. Seit 2007 lassen sich steigende Gebrauchsmengen verzeichnen, so lag der Berliner Trinkwasserverbrauch 2016 bei 117,1 Litern pro Kopf/pro Tag. 2019 waren es schon 119,5 Liter pro Kopf/pro Tag. Dies liegt zwar unter dem Bundesdurchschnitt von 128 Litern pro Einwohner*in pro Tag, der Berliner Wasserverbrauch wird sich durch die vermehrte Ansiedelung von Industrie und Gewerbe sowie dem gesteigerten Wasserverbrauch aufgrund von mehr Hitzetagen jedoch perspektivisch erhöhen. Unsere einstige sehr Abwassergetriebene Debatte verändert sich in eine, die Wassersparen in den Fokus rückt.

 

Deshalb fordern wir:

 

  • Der Senat muss sich prioritär mit Wassersparen auseinandersetzen und Maßnahmen erarbeiten, die zu einem geringeren Grundwasserverbrauch führen. Dabei soll insbesondere eine mögliche Nutzung des sogenannten Grauwassers, auch in Kombination mit Regenwasser, eingehend geprüft werden. Langfristig soll eine Pflicht zum Einbau entsprechender Anlagen bei dafür technisch geeigneten Neubauten eingeführt werden. Die Umrüstung von Bestandsbauten soll angemessen gefördert werden, insbesondere auch durch Beratungsangebote
  • Ein Gesetz, dass die exzessive Bewässerung von Gärten, das Auffüllen von Pools und das Waschen von Autos einschränken kann, um den Wasserverbrauch zu mindern.
  • Die Übermäßige Nutzung von Wasser soll Privatpersonen ab einem bestimmten Verbrauch, der weit über dem landesweiten Durchschnitt liegt, ohne dabei Grünanlagen zu versorgen, mit gestaffelten Preisen erheblich mehr kosten.
  • Die Überschüsse, die die Berliner Wasserbetriebe erzielen, sollen dem Berliner Landeshaushalt nur zweckgebunden für die Wasserwirtschaft zur Verfügung stehen und beispielsweise für die Pflege, Säuberung und Renaturierung von Gewässern, für den Ausbau und die Sanierung des Trink- und Abwassersystems, für den Ausbau des Trinkwasserbrunnennetzes und den Bau von Rückhaltebecken eingesetzt werden. Die erzielten Überschüsse dürfen nicht weiterhin für den Schuldenabbau Berlins verwendet werden.
  • Der Berliner Senat soll verstärkt mit den zuständigen Brandenburger Behörden in den Austausch treten, um eine gemeinsame Wasserstrategie für den Wasserraum Berlin-Brandenburg erarbeiten. Hierbei sollen sowohl die kommunalen Bevölkerungsversorgungsbetriebe als auch zivilgesellschaftliche Initiativen wie der Berliner Wasserrat und die Wassertafel Berlin-Brandenburg beteiligt werden

 

Kleingewässer erhalten

Doch das Problem ist nicht nur unsere Grundwasserspiegel, der gesamte Umgang mit Wasser scheint in Berlin nicht prioritär zu sein. Wir haben über 400 Kleingewässer (natürliche Teiche, Sölle und Tümpel) in Berlin die gepflegt werden müssen. 6,7 Prozent der Landesfläche besteht aus Wasser. Und das ist ein großer Gewinn für unsere Lebensqualität. Gewässer sind der Schlüssel um eine Stadt herunterzukühlen, sie produzieren im Zusammenwirken mit der Ufervegetation Verdunstungskühle, was zu einer lokalen Temperaturabsenkung führt.

 

Natürliche Gewässer sorgen für Artenvielfalt und erhalten Lebensräume von Tieren. Sie erbringen immense Ökosystemleistungen, beispielsweise die Regulierung des Kohlenstoffzyklus und führen auch zur erhöhten Grundwasserneubildung.

 

Außerdem zeigt der große Sommerliche Andrang an die Berliner Seen, für welche Lebensfreude die Berliner Gewässer sorgen.

 

Doch unsere Gewässer müssen auch dementsprechend gepflegt und umsorgt werden, 48 Prozent unser Kleingewässer ist sind einem mangelhaften Zustand. 37,6 Prozent sind bereits trockengefallen. Der Berliner Senat hat vermutlich über 100 Kleingewässer nicht einmal registriert und kann somit nicht für den Erhalt dieser Naturoasen wirken.

 

Deshalb fordern wird:

 

  • Regenwasser darf nicht direkt in die Kanalisation abgeführt werden, sondern muss örtlich gesammelt und zuerst den Kleingewässern zur Verfügung gestellt werden. Übriges Regenwasser darf der Kanalisation oder anderen Bewässerungszwecken zugeführt werden.
  • Der Senat muss mehr Mittel und Personal für die Pflege und Renaturierung von Kleingewässern zur Verfügung stellen. Hierbei muss besonders den Bezirksämtern notwendige Mittel und notwendiges Personal zur Verfügung gestellt werden!
  • Umfassend müssen alle Kleingewässer in Berlin registriert und nach ihrem Zustand beurteilt werden. Nach dieser Datenerfassung muss der Senat schnellstmöglich Maßnahmen vorlegen, die zum Erhalt der Gewässer führen.
  • Bei der Entwicklung dieser Maßnahmen müssen der Erhalt der Ökosysteme an und im Gewässer in angemessener Weise mit den Naherholungsinteressen der Bevölkerung abgewogen werden

 

Gerechte Wasserverteilung

Die häufigen trockenen Sommer und die immer gravierende Knappheit an Wasser habe auch zu Folge, dass der Wasserbedarf zur Bewässerung in der Landwirtschaft steigen wird. Derzeit hat die Bewässerungslandwirtschaft in Deutschland mit einer Wasserentnahme von ca. 1,3 Prozent der gesamten Entnahmemenge nur eine geringe Bedeutung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 451.800 Hektar landwirtschaftliche Fläche in Deutschland bewässert (2015). Die Beregnungsbedürftigkeit wird deutschlandweit tendenziell zunehmen, allerdings ist dies regional sehr unterschiedlich. Die Bewässerungsmenge ist stark abhängig von der landwirtschaftlichen Produktion. So wird der Obst- und Gemüsebau bisher stärker bewässert, als dies für viele Ackerkulturen der Fall ist. Hingegen werden Wälder, die ebenfalls stark unter der anhaltenden Trockenheit leiden, bisher nicht bewässert. Zukünftig werden also mehr Gruppen als heute um eine knapper werdende Ressource konkurrieren. Deshalb müssen wir über eine gerechte Verteilung und dementsprechend über eine Priorisierung der Ressource Wasser nachdenken, die auch die Bedürfnisse der (Gewässer-) Ökosysteme berücksichtigt. Dabei muss mitgedacht werden, dass die Nutzung und der Konsum von Wasser ein Grundbedürfnis für alle Menschen sind, Trinkwasserversorgung hat immer die höchste Priorität.

 

Deshalb fordern wir:

 

  • Die Einsetzung einer Berlinweiten, sowie bundesweiten Planungsgruppe, die ein Maßnahmenpapier erarbeitet, um nachhaltiges Wassermanagement zu garantieren.
  • Die Entwicklung einer Informationskampagne für Bürger*innen, die zum Wassersparen ermutigt und die Bevölkerung hinsichtlich der knappen Ressource sensibilisiert.

 

Stadtflächen ökologisch nutzen

Die massive Bebauung der Stadt hat für die Artenvielfalt und Biodiversität fatale Folgen. Immer mehr Raum wird versiegelt und betoniert. Auch der Neubau von 100.000 notwendigen Wohnungen bis 2026 wird diese Lage verschärfen. Diese Versiegelung (Boden wird luft- und wasserdicht abgedeckt) führt zur Hemmung von Gasaustausch und dem erschwerten Versickern von Regenwasser. Außerdem kann massive Versiegelung zu örtlichen Überschwemmungen führen, da bei starken Regenfällen Regenwasser nur in die Kanalisation gelangen kann, die auf solche Starkwetterereignisse nicht ausgerichtet ist. Regenwasser wird aufgrund unser Mischkanalisation immer sofort zu Abwasser und kann gar nicht erst zur Grundwasserversorgung beitragen. Deshalb hat sich der Senat bereits das Ziel gesetzt die Einleitung von Regenwasser ins Abwasser jährlich um ein Prozent zu minimieren. Versiegelung führt außerdem zur Störung von Bodenfruchtbarkeit – die Bodenfauna hat keinen Austausch mit Luft und Wasser und wird so nachhaltig geschädigt, Lebensraum kann gar nicht erst entstehen. Die Stadt wird erhitzt, da der Boden kein Wasser aufnehmen und Abgeben kann und somit keine Verdunstungskühle entsteht.

 

Die Entsiegelung von Flächen kann zu kleinen Naturoasen führen: so könnten einzelne Regengärten geschaffen werden. Regengärten sind mit Bäumen, Stauden und Sträuchern bepflanzte Versickerungsflächen, die Berlin langfristig wieder in eine Schwammstadt verwandeln sollen. Die Schwammstadt soll Wasser aufsaugen wie ein Schwamm, und es bei Notwendigkeit auch wieder abgeben. Regenwasser soll also vor Ort bleiben und vor Ort bewirtschaftet werden. Dazu eignen sich die bereits in Pilotprojekten erprobten Regengärten. Einzelne kleine Flächen müssen prioritär mit verschiedensten Pflanzen begrünt werden. Der Regen versickert dort bis zu einem Drittel besser als auf rasenbestandeten Anlagen, außerdem wird das Schadstoffpotential durch erhöhte Filterleistung minimiert und Rückzugsräume für Insekten, Vögel und Kleinsäuger entstehen. Die Entsiegelung von Flächen kann direkt mit dem Schaffen von Naturoasen verbunden werden.

 

In Berlin beträgt diese versiegelte Fläche 34% Prozent der Stadt, damit gehört Berlin, noch vor Städten wie Bremen und Hamburg, zu den 10 am stärksten versiegelten Kommunen Deutschlands. Dieses Problem hat auch der Senat erkannt und erhebt in verschiedenen Datenbanken Entsiegelungspotentiale. Damit der Senat seinen eigenen Lösungsstrategien folgt fordern wir:

 

  • Parks und Grünflächen dürfen abseits der Gehwege und dafür vorgesehener Sportflächen wie Skateparks nicht asphaltiert werden. Für die Gehwege soll außerdem geprüft werden, ob luft- und wasserdurchlässige Baumaterialien verwendet werden können.
  • Jede Flächenversiegelung muss durch eine Entsiegelung, sowie Herstellung der natürlichen Bodenverhältnisse auf der entsiegelten Fläche, auf dem Stadtgebiet, gepaart sein
  • Die Überprüfung sämtlicher unbebauter Flächen auf Entsiegelungspotential darf nicht stagnieren
  • Entsiegelung von Parkraumflächen, wo möglich
  • alle, dauerhaft nicht mehr genutzten, versiegelten Flächen müssen entsiegelt werden
  • die umfassende Ausstattung und Koordinierung der Entsiegelungssanstrengungen der Bezirksämter
  • das Pilotprojekt Regengarten muss besonders gefördert und erweitert werden
  • Regenwassergewinnung muss bei Neubau und Sanierung Prioritär behandelt werden und darf nicht direkt ins Abwasser weitergeleitet werden

 

Naturraum Fluss erhalten

Flüsse sind in Deutschland häufig leider nicht mehr Lebensraum von Pflanzen und Tieren. Der natürliche Flusslauf wurde begradigt, der Bootsverkehr führt zu Schadstoffen und hohem Wellenausschlag. So auch in Berlin. Viele der Boote auf der Spree sind alte Dieselkähne mit enormen CO2 Ausstoß. Circa 100 Fahrgastschiffe verkehren täglich auf den Berliner Gewässern und nur wenige von Ihnen sind mit Schadstofffiltern ausgerüstet. Und es gibt keine Auflagen, um den Schiffsverkehr zu modernisieren. Nur wenige Reedereien machen ihre Schiffe Umweltverträglicher und nur einzelne Fahren nicht mit Diesel.

 

Außerdem erkennen wir seit Jahrzehnten einen Rückgang von Röhrichtbeflanzung in unseren Gewässern, also auch Flüssen Die Röhrichtbestände in den Berliner Gewässern sorgen für natürlichen Lebensraum verschiedenster Tiere, doch Schiffsinduzierter Wellenschlag, ankernde Boote und Munitionsbergung führen zum Rückgang von Schilf und Schwimmpflanzenbeständen. Palisaden sollen nun vielerorts für den Schutz von Röhrichtbeständen sorgen. Dies muss auch in der Spree besonders beachtet werden. Inzwischen werden alle drei in die Spree fließenden Flüsse (Panke, Erpe und Wuhle) in umfassenden Teilen renaturiert, diese Zielsetzung sollte auch für die Spree gelten.

 

Berlin hat sich selbst das Ziel gesteckt auf einem Drittel der Uferlinien Röhricht wachsen zu lassen, um eine Begrünung voranzutreiben.

 

Um die Spree als grüne Wasserstraße innerhalb Berlins zu erhalten, fordern wir:

 

  • Der Senat muss vor allem den Bezirksämtern mehr Personal und finanzielle Mittel bereitstellen, um die schützenden Palisaden der Spree und anderer Gewässer zu pflegen, damit Röhricht wachsen kann.
  • Die Abgeordneten der SPD Fraktion im AGH und die Berliner SPD Abgeordneten Bundestag setzten sich für ein Verbot von Dieselbetriebenen Schiffsverkehr auf der Spree ein, um die CO2 und Schadstoffbelastung zu verringern.
  • Die Effekte von Geschwindigkeitsbegrenzung von Bootsverkehr, sowie ein Nachtfahrverbot auf der Spree müssen untersucht und ausgewertet werden, um daraufhin Maßnahmen zu erarbeiten, die den Lärmschutz und die Verringerung von CO2 Ausstoß gewährleisten.
  • Dieselben Anstrengungen sollen für alle weiteren Bundeswasserstraßen auf Berliner Gebiet angestrebt werden.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt durch Leitantrag (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Empfehlung FA X: Ablehnung – Verweis auf Klima-Leitantrag

Dieser Antrag kann in vorliegender Form nicht befürwortet werden, denn er enthält viele sachliche Fehler. Wir brauchen z.B. keine Pilotprojekte „Regengärten“, da die gut erprobte Grünflächenplanung, die z.B. im StEP Klima 2.0 nochmals festgeschrieben worden ist, existiert und angewendet werden muss. Im Leitantrag zum Thema Klima sind aber sehr viele Punkte zur Thematik schon enthalten.