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Antrag 63/II/2018 Für eine gerechte Wohn- und Mietenpolitik

14.10.2018

Berlin ist eine pulsierende Metropole. Immer mehr Menschen strömen in die Stadt. Doch die Popularität Berlins zieht auch internationale Investor*innen an, die in Zeiten der Niedrigzinspolitik der EZB ihr Kapital in den Wohnungsmarkt geben. Das hat u.a. zur Folge, dass die Mieten seit Jahren konstant steigen, allein in Berlin in den letzten Jahren um mehr als 80%.

 

Der Zustrom in die Stadt und die Verknappung sowie Verteuerung von Wohnraum stellt die Stadtgesellschaft vor eine zunehmend schwer auszuhaltende Belastung. Auf der einen Seite fürchten Mieter*innen, die seit Jahrzehnten in ihren Wohnungen wohnen, die Verdrängung aus ihren angestammten Kiezen. Menschen, die neu nach Berlin gekommen sind sehen sich andererseits im ständigen Wettbewerb um sehr knappen bezahlbaren Wohnraum. Beide Seiten sind jeweils der Spielball international agierender und auf Profit ausgerichteter Immobilienunternehmen.

 

Das grundsätzliche Dilemma liegt dabei in dem Widerspruch, den Wohnraum als Ware aufzufassen, die je nach Bedarf produziert bzw. zur Verfügung gestellt werden kann. Dem ist nicht so! Aus diesem Grund ist die Benutzung des Begriffs „Wohnungsmarkt“ fatal. Markt bedeutet, dass es zu jedem Gut auch ein Komplementärgut gibt. Das heißt, dass die Kund*innen die Option haben, ein Gut nicht zu kaufen, weil es zu teuer ist, und stattdessen ihre Bedürfnisse durch ein anderes zu denken. Das ist aber beim sogenannten Wohnungsmarkt nicht der Fall. Menschen müssen wohnen. Hat Mensch einen Job in einer bestimmten Stadt oder dort Familie, dann kann Mensch nicht einfach diese Stadt zugunsten einer günstigeren Gegend verlassen. Die Menschen müssen also schlicht die Preise zahlen, die von ihnen verlangt werden. Sie können sich dem nicht entziehen, weswegen auch die so oft beschworenen regulierenden Kräfte des Marktes nicht greifen.

 

Die Effekte können wir derzeit in allen deutschen Großstädten beobachten: Wohnen wird selbst für gut verdienende Menschen unbezahlbar. Private Immobiliengesellschaften sind nicht daran interessiert, dem grundrechtlichen Anspruch nachzukommen und Wohnungen für alle Mieter*innen zu bauen. Denn ebengenau dadurch, dass das Angebot gering gehalten wird, können umso höhere Preise für den Bestand verlangt werden, denn die Menschen haben keine Option diese Preise nicht zu bezahlen. Immobilien sind zur Wertanlage wohlhabender Menschen geworden, die ihren Reichtum durch Rendite aus Wohnungen vermehren wollen. Die Wohnungsnot macht die großen Städte für Investor*innen nur noch attraktiver. Wir befinden uns in einer Spirale. Investiert wird von privater Seite nur da, wo die Kosten gering und die Profite groß sind, nicht da wo Bedarf besteht. Wenn Wohnungen oder ganze Häuser von Investor*innen für zwei-bis dreistellige Millionenbeträge gekauft werden, sind daran oft Renditeerwartungen geknüpft, die es zu erfüllen gilt. Das führt bei bestehenden Immobilien zu Mieterhöhungen und Verdrängung. Durch diese Teuerungsspirale wird der Mietspiegel erhöht, dadurch der Boden und das Bauen teurer, was sich wiederum auf die Mieten niederschlägt.

 

Die Sozialdemokratie darf dem nicht länger zusehen. Seit jeher verfolgt unsere Partei den Anspruch, dass durch den Kapitalismus entstandene Ungleichgewicht in der Gesellschaft durch eine entsprechende soziale Politik auszugleichen. Gemeinsam stehen wir auch im Kontext der Mieten- und Wohnthematik an der Seite derjenigen, die vermeintlich hilflos Kapitalinteressen gegenüberstehen. Die Wohnraumfrage entwickelt sich vor allem in urbanen Ballungsgebieten wie Berlin immer deutlicher zu der sozialen Frage unserer Stadtgesellschaft. Das durch die Wertsteigerung betriebene Geschäft mit dem menschlichen Grundbedürfnis “Wohnen” darf in einer solidarischen und freiheitlichen Gesellschaft keine Daseinsberechtigung finden. Verdrängung, Ausgrenzung, Konkurrenzdruck sind für uns Sozialdemokrat*innen keine Pfeiler einer lebenswerten Gesellschaft. Doch genau diese Mechanismen werden durch die Profitlogiken freigesetzt! Die soziale Ungleichheit in der jetzigen Situation des angespannten Miet- und Wohnsituation zu beheben sowie mit neuen Ideen und Forderungen in die Öffentlichkeit zu gehen, ist dringender denn je. Und es ist ja nicht so, als gäbe es keine Gegenmodelle: Genoss*innenschaften oder kommunale Unternehmen können Wege einer Wohnraumversorgung ohne Profitinteresse ebnen.

 

Doch bedarf es aktuell weitergehende und drastischere Maßnahmen, um der grassierenden Ungerechtigkeit etwas Wirkungsvolles entgegensetzen zu können.

 

Deswegen fordern wir:

 

Auf Bezirksebene:

Konsequentes Vorgehen gegen Leerstand und Zweckentfremdung. Bei spekulativem Leerstand oder Zweckentfremdung von Wohnraum muss das Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes auch konsequent angewandt werden. Dies beinhaltet, wenn nötig und möglich, die Zwangsverwaltung einer Immobilie über eine Treuhänder*in, eine anschließende Sanierung und Umwandlung in 100% sozialen Wohnraum. Der Bezirk Hamburg Mitte hat dieses Jahr einen Präzedenzfall geschaffen, der als Vorbild für konsequentes und engagiertes Handeln von Seiten des Bezirksamtes dient.

 

Flächendeckende Einrichtung von Mieter*inneberatungen in Kiez- und Wahlkreisbüros. Eine Klage im Rahmen der Mietpreisbremse, die Erwägung eines möglichen Vorkaufsrechts, oder eine Mieterhöhung wegen Modernisierung sind komplexe und bürokratische Fragen. Zur Unterstützung der Bürger*innen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte und der Förderung von Mietinitiativen fordern wir in Kooperation mit Vereinen und bestehenden Initiativen Miter*innenberatungen regelmäßig und flächendeckend in allen SPD Kiez- und Wahlkreisbüros anzubieten.

 

Ausweitung der bezirklichen Milieuschutzgebiete Entsprechend der bisherigen Beschlusslage

 

Kleingartenkolonien in innerstädtischen Bereichen kritisch prüfen, Konzepte für Ausgleichsflächen erarbeiten.

 

Auf Landesebene:

Verpflichtender sozialer Wohnungsbau auch auf Grundstücken mit Befreiung von Bebauungsplänen. Das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung schreibt vor, dass bei Neubauten mindestens 30% des entstehenden Wohnraums Sozialwohnungen sein müssen. Gilt für ein Baurecht jedoch eine Befreiung vom Bebauungsplan (die Regel in Westberlin), gilt diese Vorgabe hingegen nicht. Investor*innen können in diesem Fall komplett fürs Hochpreissegment oder Eigentumswohnungen bauen. Wir fordern, dass auch für Befreiungen Auflagen formuliert werden, damit auch dort sozialer Wohnraum entsteht.

 

Erhöhung der verpflichtenden sozialen Wohnbauquote von 30% auf 50%. Die Stadt brauch dringend mehr sozialen Wohnraum. Die aktuelle Vorgabe von mindestens 30% reicht bei weitem nicht aus. Wir fordern deshalb im Rahmen des Berliner Modells die verpflichtende Sozialbauquote von 30% auf 50% zu erhöhen.

 

Entfristung der Bindungen von Sozialwohnungen. Die Bindung für sozialen Wohnraum läuft in der Regel nach 20 bis 25 Jahren aus, sodass die Besitzer*innen danach nicht mehr an die Kriterien des sozialen Wohnbaus gebunden sind. Aktuell fallen jährlich mehr Sozialwohnungen aus der Bindung als neue gebaut werden. Daher fordern wir eine Entfristung der Bindungen. Was einmal sozialer Wohnraum ist muss es auch bleiben.

 

Aufstockung des Ankaufsfonds zur Ausübung des Vorkaufsrechts für die Bezirke. Da Marktpreise für die entsprechenden Immobilien gezahlt werden müssen, ist das Vorkaufsrecht für die Bezirke ein kostspieliges aber nichtsdestotrotz wichtiges Unterfangen. Zur Unterstützung muss der dafür vorgesehene Ankaufsfonds von Seiten des Landes deutlich aufgestockt werden.

 

Städtischen Wohnbaugesellschaften mit Ressourcen zum Bauen ausstatten. Bei allen gesetzlichen Regulierungen: in Berlin muss mehr gebaut werden. Die Kapazitäten privater Baufirmen sind meist komplett ausgelastet, was den Bauprozess selbst bei vorhandenem Willen und Geld auf Jahre hinauszieht. Wir fordern die städtischen Wohnbaugesellschaften mit den entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen auszustatten, sodass sie vermehrt in der Lage dazu sind selbst zu bauen.

 

Zentrales Bewerbungsportal für Wohnungen der städtischen Wohnbaugesellschaften einrichten. Wohnungssuchende sind auf Portale wie Immowelt, Immoscout, oder Immonet angewiesen, um überhaupt eine Chance zu haben etwas zu finden. Zumindest was die städtischen Wohnbaugesellschaften angeht, kann das Land eine Alternative einrichten. Wir fordern ein zentrales Bewerbungsportal für alle Wohnungen in städtischer Hand. Dieses Portal muss Suchenden die Möglichkeit geben anonymisierte und diskriminierungsfreie Bewerbungen abzugeben.

 

Eine gemeinwohlorientierte Reform der BIM. Wir fordern die Reform der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) von einem profitorientierten Unternehmen zu einem Bodenfonds und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die BIM muss zukünftig Liegenschaften der Stadt nach politischen Kriterien im öffentlichen Interesse verwalten, nicht nach Marktlogik und Profitmotiven. Sie muss dafür genutzt werden und mit entsprechenden finanziellen Möglichkeiten ausgestattet werden vermehrt Flächen in den Besitz der öffentlichen Hand zurückzuführen, nicht Liegenschaften zu veräußern, oder nach profitorientierter Marktlogik zu verwalten.

 

Neuregelungen Nutzen und Grundstücke von der BImA erwerben. Ein Haushaltsvermerk im Bundeshaushalt 2018 macht es für die BImA möglich Liegenschaften priorisiert und zu günstigeren Konditionen an Kommunen zu verkaufen als zuvor, als das Prinzip der Meistbietenden galt. Wir fordern, dass das Land Berlin diese neuen Möglichkeiten wahrnimmt und, auch wenn es zunächst viel Geld kostet, diese Liegenschaften erwirbt. Langfristig möchten wie die BImA reformieren, kurzfristig jedoch muss man jede Möglichkeit nutzen, um neue Flächen zu gewinnen. Langfristig wird sich die Investition in die Stadt auszahlen.

 

Wohnraum für Studierende und Azubis fördern. Studierende und Azubis gehören bei der Wohnungssuche zu den besonders prekären Gruppen. Die Plätze in Wohnheimen reichen bei weitem nicht aus, die Wartezeiten betragen in der Regel mehr als ein Jahr. Wir fordern eine drastische Erhöhung des Wohnraums für Studierende und Azubis. Dafür müssen neue Wohnheime bei der Bebauung freier Flächen priorisiert, und ggf. kreative Ansätze wie die Füllung von Leerstand mit studentischem Wohnraum genutzt werden. Das Studierendenwerk soll außerdem endlich wieder über eine eigene Bauabteilung verfügen.

 

Die Erhöhung der Traufhöhe. Wir fordern die Traufhöhe von 22m deutlich zu erhöhen, und in geeigneten Gebieten den Hochhausbau voranzutreiben. Freiflächen sind insbesondere im Stadtkern mittlerweile eine Rarität. Angesichts des dringend benötigten Wohnraums muss man nun zwangsläufig auch in die Höhe denken. Die historische Traufhöhe von 22m prägt zwar das einzigartige Berliner Stadtbild, darf aber für Neubauprojekte kein Dogma mehr sein. Auch Nachverdichtung und Aufstockung auf bestehende Altbauten muss einfacher und schneller ermöglicht werden.

 

Auf Bundesebene:

Eine Verschärfung der Mietpreisbremse und einen Mietenstopp. Die Mietpreisbremse muss endlich ein wasserdichtes Instrument des Mieter*innenschutzes werden. Wir begrüßen die aktuellen Reformvorschläge, wollen aber noch weiter gehen. Wir fordern, dass das Gesetz über die Mietpreisbremse entfristet wird, und so über 2020 hinaus ein fester Bestandteil deutschen Rechts wird. Außerdem darf ein Verstoß gegen die Mietpreisbremse keine Ordnungswidrigkeit mehr sein, sondern eine Straftat. Wir fordern dafür die gesetzliche Vorgabe von Konsequenzen, welche bei Verstößen verhängt werden müssen. Wir schließen uns außerdem den Forderungen von Andrea Nahles und Thorsten Schäfer-Gümbel nach einem Mietenstopp an, wonach in Gebieten mit angespanntem Wohnmarkt die Mieten nicht höher als die Inflationsrate steigen dürfen. Wir definieren die gesamte Stadt Berlin demnach als Gebiet mit angespanntem Wohnmarkt.

 

Eine kontrollierte Modernisierungsumlage. Die Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form ist ein preistreibendes Instrument, welches von Vermieter*innen regelmäßig für ungerechtfertigte Mieterhöhungen missbraucht wird. Zusätzlich zur Senkung der Umlage, welche bereits Beschlusslage ist, fordern wir, dass Vermieter*innen nachweisen müssen, dass die Modernisierung tatsächlich energetisch sinnvoll ist, bevor die Umlage greifen kann. Außerdem fordern wir eine Deckelung der Umlage bis zum Zeitpunkt der Amortisierung der Modernisierungsmaßnahme. So wird der tatsächliche Zweck der Finanzierung von sinnvoller energetischer Sanierung erfüllt, anstatt einen Anreiz für überflüssige Renovierungen zum Zweck einer permanenten Mieterhöhung zu liefern.

 

Eine Verschärfung der sozialen Erhaltungssatzungen (Milieuschutz). Der Milieuschutz ist eines der größten Instrumente der Bezirke. Um ihn zu stärken und Schlupflöcher zu schließen, muss jedoch das Bundesgesetzt geändert werden. Wir fordern, dass die Frist das Vorkaufsrecht auszuüben von 2 auf 6 Monate verlängert wird, damit die zuständige Kommune genügend Zeit hat den Vorgang zu Prüfen und zu Bearbeiten. Wir fordern außerdem, dass für Abwendungsvereinbarungen, welche Immobilienbesitzer*innen mit den Kommunen erreichen können, um den Verkauf zu verhindern, strenge Kriterien festgelegt werden. Dazu gehört der verpflichtende soziale Wohnungsbau, sowie eine Entfristung der festgeschriebenen Kriterien, damit die Immobilie nicht nach wenigen Jahren wieder für Spekulation genutzt werden kann. Außerdem fordern wir, dass die Umwandung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten komplett verboten wird.

 

Eine gemeinwohlorientierte Reform der BImA. Wir fordern die Reform der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), weg von der Profitorientierung und hin zu einem Bodenfonds, der Liegenschaften im Sinne des öffentlichen Interesse verwaltet und dessen Zielsetzungen politisch festgelegt werden. Eine solche reformierte BImA muss mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um vermehrt Flächen in den Besitz der öffentlichen Hand zurückzuführen. Diese müssen dann entweder an Kommunen für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus oder der sozialen Infrastruktur überführt werden, oder vom Bund für seine Infrastruktur genutzt werden. Die BImA darf nicht selbst als Vermieterin, Verkäuferin oder Preistreiberin auf dem privaten Immobilienmarkt auftreten.

Antrag 182/II/2018 Vorfahrt für Kinder im Berliner Straßenverkehr!

14.10.2018

Kinder sind mit Abstand die schwächsten Verkehrsteilnehmer im Berliner Straßenverkehr. Besonders gefährdet sind Kinder auf ihren Schulwegen. In den letzten Jahren stiegen leider auch die Zahlen von Verkehrsunfällen, an denen Kinder beteiligt waren. Das liegt unter anderem an dem noch nicht vollständig ausgeprägten Gefahrenbewusstsein von Kindern und auch an unübersichtlichen Gegebenheiten vor Ort. Auf Kinder muss im Straßenverkehr besondere Rücksicht genommen werden, da sich ein realistisches Bewusstsein von Gefahren, aber auch von Handlungsabsichten anderer sowie von Entfernungen und Geschwindigkeiten erst im Laufe ihrer Entwicklung herausbilden.

 

Das vom Senat eingebrachte Mobilitätsgesetz ist zwar in vielerlei Hinsicht fortschrittlich, allerdings tauchen die Bedürfnisse von Kindern im Straßenverkehr so gut wie gar nicht auf. Dabei kann der Gesetzgeber erheblich dazu beitragen, die Situation von Kindern im Straßenverkehr zu verbessern, z.B. durch

 

  • Technische und städtebauliche Maßnahmen,
  • Verkehrsrechtliche Maßnahmen,
  • Verkehrserziehung von Erwachsenen und Kindern,
  • konsequente Überwachung dieser Maßnahmen.

 

Nur ein Zusammenspiel dieser Punkte kann zu einer größeren Sicherheit für Kinder im Straßenverkehr beitragen. Wir brauchen eine kinderfreundliche Verkehrsraumgestaltung und Verkehrsplanung. Denn Kinder bewegen sich nicht nur zu Fuß, sondern auch mit Rollern, Fahrrädern oder Inlineskatern usw. im Straßenverkehr und haben dementsprechende Anforderungen.

 

1. Technische und städtebauliche Maßnahmen

Kinder bewegen sich überwiegend in einem kleinen Radius in ihrem heimatlichen Umfeld. Um die Wege für Kinder so gering wie möglich zu halten, müssen die Kiezstrukturen gestärkt werden und entsprechende Angebote, wie Kitas, Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Parks, Spielplätze und ähnliches dicht beieinander sein. Es ist daher nötig die Wege in den Kiezen sicherer zu machen. Dies ist z.B. durch folgende Maßnahmen möglich:

 

  • Tempo 30 in den Kiezen und den umliegenden Hauptverkehrsstraßen. Nur ein geringes Fahrtempo erhöht die Sicherheit, um auf die Unwägbarkeiten von Kindern reagieren zu können.
  • Verkehrsberuhigte Bereiche vor Schulen. Gerade vor Schulen ist die Situation oft unübersichtlich für Kinder.

 

Eine stark reduzierte Geschwindigkeit kann zu ausreichend Sicherheit beitragen. Auch ein temporäres Halte- beziehungsweise Durchfahrverbot, kann die Situation morgens an den Schulen entschärfen.

 

  • Sowohl der Fußgängerweg, als auch Fahrradangebotstreifen müssen ausreichend breit sein, damit ein ungehindertes und sicheres Passieren von allen Verkehrsteilnehmern gewährleistet ist. Denn vor allem jüngere Kinder brauchen Platz auf den Fußgängerwegen, um sich zum Beispiel auf Fahrrädern bewegen zu können.
  • Es bedarf der klaren Abgrenzung zwischen den Fahrbahnen und Fußgängerwegen. Vor allem bei Fahrradwegen ist eine bauliche Absenkung oder eine klare Abtrennung mit Pollern vom Fußweg notwendig, um Kindern den Unterschied zwischen den verschiedenen Wegen deutlich zu machen.
  • Fußgängerüberwege müssen so gestaltet sein, dass sie durch Gehwegvorstreckungen deutlich in den Verkehr hineinragen, und somit auch der ruhende Verkehr überblickt werden kann. Es muss durch bauliche Maßnahmen verhindert werden, dass auch nur ein kurzes Halten von Autos an Fußgängerüberwegen möglich ist. Denn vor allem für Kinder sind sichere Fußgängerüberquerungen absolut notwendig. Doch dadurch, dass durch Autos immer größer werden, ist es den Autofahrern kaum möglich Kinder im Straßenverkehr wahrzunehmen. Vor allem bei Fußgängerüberwegen kann dies schwerwiegende Folgen haben.
  • Zebrastreifen bieten eine sichere Überquerung für Kinder an. Doch viele Autofahrer ignorieren diese inzwischen. Daher sind Aufpflasterungen, Signalleuchten oder Gehwegvorstreckungen sinnvolle Mittel, um Zebrastreifen deutlich von der restlichen Fahrbahn abzuheben.
  • Die Dauer von Grün-Phasen bei Ampeln sollte so gestaltet sein, dass diese eine Überquerung der Straßen auch mit Kinderschritten ermöglichen. Vor allem bei kleinen Mittelinseln ist dies notwendig.

 

Daher sollte die Wartezeit auf die nächste Grün-Phase so kurz wie möglich gehalten werden. Dies lässt sich alles durch eine adäquate und kindgerechte Ampelschaltung verhindern. Kindgerechte Ampelschaltung bedeutet aber auch, dass Fußgänger und abbiegender Verkehr nicht gleichzeitig Grün haben.

 

  • Ausreichende Beleuchtung von Schulwegen. Gerade in den dunklen Wintermonaten ist eine ausreichende Ausleuchtung der Wege notwendig, um gesehen zu werden, aber auch um rechtzeitig Gefahren erkennen zu können.
  • Haltestellen sollten möglichst in unmittelbarer Nähe von Schulen sein. Bei der Notwendigkeit zur Überquerung von Straßen, sollten Haltestellen in unmittelbarer Nähe zur Ampel sein. Kinder suchen sich häufig den kürzesten Weg. Wenn allerdings die Bushaltestelle weit entfernt und auf der anderen Straßenseite liegt, der sichere Übergang jedoch einen Umweg bedeutet, dann wird dieser häufig nicht genommen, sondern sich eher der Gefahr ausgesetzt.
  • Vor allem Straßenbahnhaltestellen und deren Übergänge müssen mit Signalen oder Schranken auf eine einfahrende Straßenbahn hinweisen.

 

Vor allem bei Straßenbahnübergängen kann dies zu gefährlichen Situationen führen, wenn einfahrende Straßenbahnen übersehen werden.

 

2. Verkehrsrechtliche Maßnahmen

Auch Verkehrsrechtliche Maßnahmen sind sinnvoll, um den Weg von Kindern sicherer zu gestalten. Hierzu gehört:

 

  • Verpflichtende Abbiegeassistenten für alle LKWs. Viele Unfälle mit LKWs geschehen beim Abbiegevorgang und könnten mit elektronischen Abbiegeassistenten verhindert werden. Der Berliner Senat soll sich deswegen weiter für eine unverzügliche Einführung solcher Abbiegeassistenzsysteme einsetzen.
  • Parallele Grünphasen von Fußgängern und abbiegenden Verkehr ist zu vermeiden.
  • Ausreichende Beschilderung mit Hinweisen auf Schulwege. Nicht nur direkt vor den Schulen brauchen wir Hinweisschilder auf Kinder, sondern auch auf den Hauptverkehrswegen zu den Schulen und Spielplätzen. Nur wenn Autofahrer auf die Gefahren hin sensibilisiert werden, kann ein Mehr an Rücksichtnahme entstehen.

 

3. Verkehrserziehung von Erwachsenen und Kindern

Doch auch Erziehung ist ein wichtiger Aspekt:

 

  • Es bedarf einer umfassenden Mobilitätserziehung in Kita und Schule für alle Kinder. Bereits im Kleinkindalter muss hierzu der Grundstein gelegt werden, um verkehrssicheres Verhalten von Anfang an zu erlernen. Kinder müssen entsprechend ihres Alters an die verschiedenen Gefahrensituationen und Risiken im Straßenverkehr herangeführt werden.
  • In den ersten Schultagen sollen alle Grundschulen ein Verkehrstraining anbieten. Denn vor allem die jungen ABC-Schützen brauchen zu Beginn ihres Schullebens eine pädagogische Unterstützung, um bald selbständig ihren Schulweg meistern zu können.
  • Behörden müssen für die Gefahren von Kindern im Straßenverkehr sensibilisiert werden und sie auch ernst nehmen. Zu oft wird das Thema Gefahren für Kinder im Straßenverkehr missachtet. Dabei sollte es nicht immer nur um den fließenden Verkehr gehen, sondern auch um die jüngsten und schwächsten Verkehrsteilnehmer.
  • Jede Grundschule bedarf ihres eigenen aktualisierten und visuell anschaulichen Schulwegplans, damit Eltern und Kinder gemeinsam einen sicheren Weg zur eigenen Schule finden können.
  • Kinderstadtpläne in den Bezirken und Kiezen können veranschaulichen, wie Kinder sicher zu den ihnen relevanten Orten gelangen können. Kinderstadtpläne geben nicht nur einen Überblick über die wichtigsten kindgerechten Orte, sondern auch über sichere Wege zu diesen hin.
  • Die Jugendverkehrsschulen sind ein wichtiger Aspekt der Verkehrsbildung für Kinder und müssen dementsprechend ausgestattet sein. Die Bildungseinrichtungen sollen in regelmäßigen Abständen die Verkehrsschulen besuchen. In den Verkehrsschulen können Kinder sicher und unter pädagogischer Anleitung das richtige Verhalten im Straßenverkehr lernen.
  • Aktionen, wie „Zu Fuß zur Schule“ sind wichtig und müssen gefördert werden. Elterntaxis sind extrem gefährlich für Kinder, die zur Schule kommen. Aktionen, wie „Zu Fuß zur Schule“ können daher helfen auf die Problematik aufmerksam zu machen und Kinder in ihrer Selbständigkeit alleine zur Schule zu gehen bestärken.
  • In der Fahrschule soll Verkehrserziehung in Bezug auf Kinder stärker geleistet werden.

 

4. Konsequente Überwachung dieser Maßnahmen

Schlussendlich bedarf es jedoch der konsequenten Überwachung dieser Maßnahmen, damit sie ihre Wirkung entsprechend entfalten können.

 

Unsere Forderungen sind:

 

Bauliche Maßnahmen

  • Ausreichende Breite von Fußgängerwegen und Fahrradangebotsstreifen
  • Deutliche Abgrenzung von Fahrbahn und Fußgängerwegen
  • Deutliche Erkennbarkeit von Gehwegvorstreckungen (z.B. durch Aufpflasterungen)
  • Verhinderung von kurzfristigen Halten an Fußgängerüberwegen (z.B. durch Poller)
  • Vermehrter Einsatz von Zebrastreifen
  • Verlängerung von Grün-Phasen für Fußgänger bei Lichtsignalanlagen, wenn bislang kein ungehindertes passieren möglich ist
  • Ausreichende Beleuchtung von Schulwegen
  • Einrichtung von Haltestellen in unmittelbarer Nähe von Schulen und bei Überquerungsnotwendigkeiten vermehrter Einsatz von Querungshilfen (Lichtsignalanlagen, Zebrastreifen)
  • Übergänge an Straßenbahnhaltestellen sind mit Signalen oder Schranken auszustatten

 

Verkehrsrechtliche Maßnahmen

  • Verpflichtende Abbiegeassistenten für alle LKWs und Kleintransporter
  • Parallele Grünphasen von Fußgängern und abbiegenden Verkehr vermeiden
  • Ausreichende Hinweisschilder (Achtung Schulweg) auf Hauptverkehrsstraßen
  • Tempo 30 in den Kiezen und den umliegenden Hauptverkehrsstraßen
  • Verkehrsberuhigte Bereiche vor Schulen

 

Maßnahmen der Verkehrserziehung

  • Förderung der Verkehrserziehung in Kita und Schule unter Einbeziehung der Eltern (z.B. durch das Bildungsprogramm; durch Informationsmaterialien)
  • Verkehrstraining an den Grundschulen in den ersten Schultagen des neuen Schuljahres
  • Sensibilisierung der Behörden hinsichtlich Gefahren für Kinder im Straßenverkehr (z.B. durch Schulungen)
  • Schulwegpläne an jeder Grundschule
  • Kinderstadtpläne für jeden Bezirk und Kiez
  • Stärkung der Jugendverkehrsschulen
  • Förderung von Aktionen wie „Zu Fuß zur Schule“

 

Antrag 62/II/2018 Für eine gerechte Bodenpolitik

14.10.2018

Die Mietpreisentwicklung in deutschen Großstädten unterliegt trotz vielfacher Anstrengungen immer noch einer ansteigenden Tendenz. Die Instrumente von Kommunen und Stadtstaaten zur Mietendämpfung sind dabei weitgehend ausgeschöpft. Initiativen, wie den Berliner Bundesrats-Vorstoß zur Verschärfung der Mietpreisbremse zeigen zwar die richtigen Instrumente auf, die Erfolgsaussichten sind allerdings aufgrund der herrschenden Mehrheitsverhältnisse relativ gering.

 

Außerdem greifen diese Maßnahmen vorwiegend bei bestehenden Mietverhältnissen und im Bestandswohnungssegment. Daneben muss allerdings gewährleistet werden, dass im ausreichenden Maße neuer Wohnraum, besonders im bezahlbarem Segment, entsteht. Die Förderung von Wohnraum bei kommunalen oder landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist dabei ein zentraler Baustein. Die derzeitigen Eigentumsverhältnisse machen es allerdings unmöglich, dass diese Aufgabe ausschließlich von kommunalen oder landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bewerkstelligt wird. Die privaten Eigentümer stehen deswegen gerade in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten umso mehr in der Pflicht.

 

Einer der Gründe für die galoppierende Mietpreisentwicklung ist der parallel stattfindende Anstieg der Bodenpreise. In Berlin beispielsweis haben sich die Bodenrichtwerte innerhalb der vergangen zehn Jahre in Gebieten, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, mehr als verzehnfacht.

 

Deswegen fordern wir:

  • Die Einführung einer Bodenwertzuwachssteuer oder ähnlich wirkender Steuern, die leistungslosen Gewinn durch Bodenwertzuwachs abschöpft und Eigentümer baureifen Landes dazu anhält, das Land für Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Grundsteuer C kann diesem Anliegen zuträglich sein. Deswegen muss die Einführung im Sinne der oben genannten Intention konsequent verfolgt werden.
  • Die Kommission prüft eindringlich, inwieweit eine von Hans-Jochen Vogel avisierte Aufteilung von Verfügungseigentum und Nutzungseigentum für nicht durch Eigenbedarf genutztes Bauland in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (gem. §556d BGB) sinnvoll sein kann.
  • Die Abschöpfung von Planungsgewinnen (durch Umwidmung der Flächennutzung) als weiteres Instrument neben städtebaulichen Verträgen (gem. §11 BauGB), wie sie etwa im „Berliner Modell“ der kooperativen Baulandentwicklung praktiziert wird.
  • Die dadurch generierten Mittel müssen bei Berücksichtigung des Gesamtdeckungsgrundsatzes nach §7 Haushaltsgrundsätzegesetz – also des Zweckbindungsverbotes von Steuern – den kommunalen und landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Rückführung von BIMA-Flächen an Kommunen muss erfolgen.

 

Der rasante Anstieg der Bodenpreise macht die Spekulation mit Boden besonders attraktiv. Baureifes oder nicht baureifes Land wird dabei unbebaut vorgehalten und nicht einer gesellschaftlich zuträglichen Wohnnutzung überführt, um in der Zukunft einen deutlich höheren Verkaufspreis zu erzielen. Diese leistungslosen Gewinne sind besonders bedenklich. Investor*innen profitieren von der besseren Erschließung durch Verkehrswege und sonstiger Infrastruktur durch die öffentliche Hand, ohne jedoch Wertsteigerung durch eigenes Zutun zu befördern. Ihre Gewinnaussichten ergeben sich einzig und allein durch Abwarten und Verstreichen von Zeit. Diesen marktwirtschaftlichen Fehlanreizen muss entgegen gewirkt werden.

 

Die zentrale Rolle von Bodenpolitik hat Hans-Jochen Vogel bereits in den 70er Jahren seinerzeit als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München und anschließend als Bundesminister angemahnt. Die Vorschläge, die auf sein Wirken hin Beschlussposition der SPD wurden und in einem Referentenentwurf seines Ministeriums mündeten, es allerdings nie zu einem Kabinettsbeschluss, geschweige denn zu einer Gesetzesverabschiedung gebracht haben, hat der Regierende Bürgermeister a.D. nun wieder aufgegriffen.

 

Es ist seinem Wirken zu verdanken, dass eine Enquete-Kommission zur nachhaltigen Bodenpolitik im Koalitionsvertrag verankert wurde. Umso mehr bedauern wir es, dass aus der angedachten Enquete-Kommission lediglich eine Expertenkommission zur Baulandgewinnung beim BMIBH geworden ist. Eine progressive Baulandpolitik scheint in dieser Konstellation kaum möglich.

 

Mit dem Einsetzen einer Kommission für Wohnungsbau beim Parteivorstand geht die SPD dagegen in die richtige Richtung, um über den Kompromiss im Koalitionsvertrag hinaus Instrumente zu entwickeln, die der angespannten Wohnungslage in Ballungsräumen gerecht werden. Dabei sollte auch das Thema Bodenpolitik eine besondere Bedeutung zukommen.

 

Die von Hans-Jochen Vogel in den 70er Jahren in die Diskussion gebrachten und nun erneut gestellten Forderungen müssen deshalb erneut in Betracht gezogen werden.

Antrag 105/II/2018 „Europa für Berlin“ - Antrag zum Europa-Wahlkampf

14.10.2018

Der Landesvorstand der SPD wird aufgefordert, im Europa-Wahlkampf auch die Berliner Interessen hinsichtlich einer Bewerbung für die neuen nutzbaren EU-Programme (z. B. das EU Programm CEF („Connecting Europa Facilities“) für Transeuropäische Netze und Knotenpunkte wie Berlin) zu thematisieren. Ziel ist es, wichtige Infrastrukturprojekte für Berlin, aber auch Maßnahmen zu Logistik, Klimaschutz, Energie und Innovation aus dem neuen Programm der nächsten Förderperiode (voraussichtlich über 30 Milliarden € Volumen) zu finanzieren.

 

Beispiele für die Hauptstadtregion Berlin sind die Finanzierung des zweigleisigen Ausbau der Bahnstecke Berlin – Stettin, die Leistungssteigerung wichtiger überlasteter Strecken für den wachsenden Pendler*innenverkehr auf der Schiene (etwa durch Digitalisierung der Stadtbahn, Nauen – Charlottenburg sowie den Korridor Brandenburg – Berlin – Frankfurt/Oder) sowie mit Westpommern abgestimmte Vorplanungen zum Wiederaufbau der Karniner Brücke.

Antrag 49/II/2018 Wasserversorgung in öffentliche Hand

14.10.2018

Die Wasserversorgung gehört in die öffentliche Hand vor Ort. Das muss im Grundgesetz verankert werden. Die SPD Bundestagsfraktion muss sich dafür einsetzen.