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Antrag 04/II/2022 Dann müssen wir es eben machen: Wirksame Entlastungen auf Landesebene

9.10.2022

Die am 04. September 2022 vorgestellten Eckpunkte zum dritten Entlastungspacket werden nicht ausreichen, um in den kommenden Monaten entstehende bzw. sich noch verschärfende Härten zu verhindern. Die durchschnittlichen absoluten Beträge der „Entlastung“ übersteigen aufs Jahr gerechnet kaum die bereits jetzt entstandenen Mehrkosten für Strom und Heizung der Berliner Haushalte.

 

Das Eckpunktepapier stellt zu Beginn den angeblich „begrenzten finanzielle Spielraum des Bundeshaltshaushalts“ fest. Darüber hinaus werden die ohnehin schon engen finanziellen Spielräume der Lander weiter beschnitten, indem ihnen ein Teil der Ausgaben für das Paket auferlegt werden. An der derzeit wegen der Pandemie noch ausgesetzten Schuldenbremse wird ab Januar wieder ausnahmslos festgehalten. Folglich sind vonseiten des Bundes zunächst keine weiteren Maßnahmen zu erwarten. Angesichts von Milliardenausgaben für Banken und Unternehmen in vergangenen Krisen oder vor kurzem erst für die Bundeswehr erscheint diese Haltung geradezu zynisch.

 

Die Schuldenbremse schränkt die Handlungsfreiheit der demokratisch gewählten Landesparlamente immens ein, da im Gegensatz zum Bund der Landeshaushalt grundsätzlich ohne Kredite zu gestalten ist. In einer Situation wie der Gegenwärtigen, darf eine auf ökonomisch zweifelhaften Annahmen aufbauende Regel nicht den Zusammenhalt der Gemeinschaft und das Vertrauen in den Staat untergraben.

 

Wir begrüßen daher die Initiative Berlins zur Fortführung eines tarifzonenübergreifenden vergünstigten Tickets. Bezahlbare öffentliche Mobilitätsangebote entlasten Haushalte spürbar und dämpfen dadurch die Inflation. Bestehende Angebote müssen ausgebaut und zusätzliche geschaffen werden.

 

Derzeit erhöhen Vermieter*innen die Betriebskostenvorauszahlung in Mietwohnungen um ein Vielfaches. Maßnahmen wie die Energiepauschale und Heizkostenzuschüsse werden diese Mehrkosten nur für einen sehr begrenzten Zeitraum abfangen. Anstatt einen Kündigungsschutz zu schaffen, verweist das Papier auf Regelung des „sozialen Mietrechts“, um Obdachlosigkeit aufgrund geschuldeter Mietzahlung zu verhindern. Allerdings kann bei fristlosen Kündigungen wegen Zahlungsrückstandes kein Härtefall geltend gemacht werden. Berlin muss deshalb unbürokratisch verhindern, dass es aufgrund von Energiearmut zu Kündigungen und Räumungen in die Obdachlosigkeit kommen wird. Dazu sind auch die landesrechtlichen Kompetenzen der Wohnungsgesetzgebung auszureizen, beispielsweise indem Belegungsrechte gegenüber großen Immobilienunternehmen auf gesetzlicher Grundlage durchgesetzt werden. Da es an erschwinglichen Wohnungen mangelt, muss das Land alle Möglichkeiten ausschöpfen, um im gebotenen Fall Ersatzwohnraum bereitstellen zu können.

 

Sparen in der Krise! Das war und ist immer der grundfalsche Weg. Umso bedenklicher das insbesondere der Bundesfinanzminister diesen als „Kurs halten“ bezeichnet. Berlin muss in der Krise seiner Wirtschaft umfangreich unter die Arme greifen und durch öffentliche Investitionen die Arbeit und damit die Existenzgrundlage von Millionen Berliner*innen sichern.

 

Wir fordern daher:

1. Das Abgeordnetenhaus stellt im Rahmen eines Nachtragshaushalts eine „außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Landes entzieht“ nach § 18 der Landeshaushaltsordnung fest, um zusätzlichen finanziellen Spielraum bei der Bewältigung der gegenwärtigen Krisen zu schaffen. Dabei ist der Tilgungszeitraum etwaiger Kreditermächtigungen möglichst großzügig auszugestalten.

2. Die Schaffung weiterer umfassender, öffentlicher Mobilitätsangebote, darunter:

    1. Der schnellstmögliche Ausbau des beschlossenen Radverkehrsplans
    2. Die schnellstmögliche Realisierung des 10-Minuten-Taktes für Busse, wie im Nahverkehrsplan beschlossen
    3. Die Förderung eines gemeinwohlorientierten Lastenradverleihs
    4. Ein am „BerlKönig“ angelehntes Konzept für Rufbusse in den Außenbezirken und schlecht angebundenen Teilen der Innenstadt, der weitgehend mit dem normalen BVG-Tarif nutzbar ist.

3. Das Land schafft kurzfristig technisch wie personell ausreichend ausgestattete Anlaufstellen für Berliner*innen, die aufgrund steigender Energiekosten vor Problemen stehen. Diese:

    1. Koordinieren die effektive Inanspruchnahme von staatlichen Hilfeleistungen, wie z.B. den zusätzlichen Heizkostenzuschuss beim Wohngeld.
    2. Gewährleisten in Zusammenarbeit mit den Behörden, die kurzfristige (Teil-)Auszahlung von Leistungen, auch wenn z.B. nur eine vorläufige Prüfung von Anträgen innerhalb der gebotenen Zeit möglich ist.
    3. Unterstützen auch innerhalb bestehender Strukturen (Wohnungsbündnis) die Vermittlung von Ersatzwohnraum, wenn eine Kündigung nicht abwendbar oder Mietzahlungen nicht nachhaltig zu stemmen sein werden. Bei Misserfolg werden Bescheinigung zwecks Nachweises der unbilligen Härte einer Kündigung erteilt
    4. Schaffung einer spezialgesetzlichen Grundlage zur Ermöglichung krisenbedingter Wohnungseinweisungen
    5. Bewirtschaften leerstehende und ausschließlich kurzzeitig vermietete Wohnungen, um günstigen Ersatzwohnraum bereitstellen zu können. Die weitergehende Überführung in Gemeineigentum ist dabei zu prüfen.

4. Zur Stärkung der Berliner Wirtschaft, legt das Land ein umfangreiches Investitionsprogramm auf. Dieses unterstützt insbesondere Unternehmen in den Bereichen der erneuerbaren Energien. Die zügige Verwirklichung des Berliner Solargesetzes wird ebenfalls besonders gefördert.

5. Die Prüfung einer landesrechtlichen Ergänzungsabgabe, um Krisenprofiteur*innen an den Kosten zu beteiligen und der sich weiter verschärfenden Ungleichheit etwas entgegenzusetzen.

6. Das Land prüft, wie in diesem Zusammenhang aufkommende, personelle Engpässe kurzfristige auch durch die vergütete Einbindung der Zivilgesellschaft überbrückt werden können.

Antrag 16/II/2022 Abbau von Kommunikationsbarrieren zwischen Hörenden und Gehörlosen/Schwerhörigen in der SPD

9.10.2022

In Deutschland benutzen gehörlose und stark schwerhörige Menschen in der Kommunikation untereinander oft die Gebärdensprache. Mit dem Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes 2002 ist die Deutsche Gebärdensprache als vollwertige Sprache in Deutschland anerkannt. Gehörlose und stark schwerhörige Kinder wachsen seitdem zunehmend bilingual auf.

 

Gerade Jugendliche und junge Erwachsene fordern ein verstärktes Einsetzen der Deutschen Gebärdensprache in der Kommunikation mit den hörenden Menschen. Da diese zumeist keine Deutsche Gebärdensprache erlernt haben, braucht es für die gemeinsame Kommunikation den breiten Einsatz von u.a. Gebärdensprach- und/oder Schriftdolmetscher*innen.

 

Gehörlose und schwerhörige Menschen haben ein gesetzliches Recht auf politische Teilhabe und Partizipation. Dieses Recht ist im Lebensalltag häufig erst noch einzulösen, u.a. das Recht auf

  • eine barrierefreie und verständliche Vermittlung von Informationen zum politischen und gesellschaftlichen Geschehen,
  • einen gleichberechtigten Zugang zu und Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen ohne zusätzliche individuelle finanzielle Belastungen – auch in politischen Strukturen.

 

Auch die SPD mit ihren Gliederungen und Arbeitsgemeinschaften weist nach innen und außen noch zahlreiche Kommunikationsbarrieren zwischen Hörenden und Gehörlosen bzw. Schwerhörigen auf.

 

Wir fordern daher für den bereits beschlossenen aber noch weiter zu entwickelnden SPD-Inklusionsplan:

  • Die Entwicklung von klaren Regelungen zum Ausbau einer barrierefreien Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen/Schwerhörigen u.a. für die Teilhabe und das Engagement am Parteileben z.B. bei der Vorbereitung und Durchführung von Parteiveranstaltungen.
  • Regelungen auch für mögliche Kandidaturen von Menschen mit Beeinträchtigungen, u.a. gehörlose und schwerhörige Genoss*innen für politische Mandate und Ämter. Entstehende Kosten sind von der Solidargemeinschaft und nicht vom einzelnen Menschen mit Beeinträchtigung zu tragen.
  • Die Vergütung für den Einsatz von Gebärdensprach- und/oder Schriftdolmetscher*innen soll im Grundsatz nach den jeweils aktuellen Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) ) erfolgen.
  • Die Entwicklung von Aktionen und Maßnahmen zur stärken Sensibilisierung für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen – u.a. auch für die verschiedenen Bedürfnisse von Gehörlosen und Schwerhörigen – bei Haupt- und Ehrenamtlichen.

 

 

Antrag 307/II/2022 Schutz vor unberechtigten Eigenbedarfskündigungen und vor Verdrängung in der Innenstadt

9.10.2022

1. Allein in Berlin wurden in den letzten 10 Jahren über 100.000 Wohnungen in Mietshäusern in Eigentumswohnungen umgewandelt. Dies bedeutet, dass im Schnitt demnächst jährlich ca. 10.000 Wohnungen allein in Berlin aus der geltende Kündigungssperrfrist von 10 Jahren fallen. Hier droht vor allem in Berlin eine soziale Katastrophe und Verdrängungswelle in den vor allem betroffenen Innenstadtkiezen durch Eigenbedarfskündigungen.

 

2. Der Berliner Senat wird deswegen aufgefordert, im Bundesrat eine Reform des Rechts der Eigenbedarfskündigungen auf den Weg zu bringen, die mindestens folgende Punkte enthält:

 

  • Die mögliche Kündigungssperrfrist wird, falls rechtlich möglich auch für bestehende Mietverträge, um 10 Jahre auf 20 Jahre verlängert, da ansonsten eine massive Zunahme der Wohnungslosigkeit durch Eigenbedarfskündigungen in Städten wie Berlin droht.
  • Der Tatbestand des Eigenbedarfs wird konkretisiert und enger gefasst werden. Der Kreis der begünstigten Personen ist auf nahe Familienangehörige zu begrenzen.
  • Eigenbedarf kann nur vorliegen, wenn die gekündigte Wohnung ständig, dauerhaft und ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Dabei muss das Eigenbedarfsinteresse über das Ende der Kündigungsfrist hinaus fortbestehen.
  • Mieter*innen werden in Härtefällen besonders geschützt, und zwar wenn besondere Voraussetzungen vorliegen, wie z.B. Alter, Erkrankungen und Kinder in der Schule oder Kita oder falls nachweislich kein gleichwertiger Wohnraum in der Nachbarschaft gefunden werden kann.
  • Umzugskosten für die Mieter*innen, die ausziehen müssen, werden im Falle einer berechtigen Eigenbedarfskündigung zukünftig der*die Eigentümer*in tragen.
  • Es wird ein Register der Eigenbedarfskündigungen eingeführt. Bei jeder ausgesprochenen und vollzogenen Eigenbedarfskündigung muss der Nachweis der Registrierung vorlegen. So wird ausgeschlossen, dass eine Kündigung spekulativ erfolgt.
  • In das Register werden auch der Einzug und der Auszug im Zeitraum von 5 Jahren des*derjenigen, der*die gekündigt hat, eingetragen. Wenn ein Auszug frühzeitiger erfolgt, muss durch den*die Eigentümer*in nachgewiesen werden, dass kein Missbrauch vorliegt.
  • Missbräuchliche Eigenbedarfskündigungen werden einen angemessenen Schadensersatz für die verdrängten Mieter*innen zur Folge haben, die die i.d.R. stark erhöhten neuen Mietkosten der ehemaligen Mieter*innen angemessen abbilden.
  • Missbräuchliche Eigenbedarfskündigungen werden weiterhin als Ordnungswidrigkeit mit hohen Bußgeldern belegt.
  • Es wird sichergestellt, dass öffentlich einsehbar ist, ob und wann Mietshäuser in Eigentumswohnungen umgewandelt worden sind, damit Mieter*innen zu jeder Zeit wissen, welche Schutzfristen gelten (Öffnung Grundbuch oder eigenes Kataster)

 

3. Der Berliner Senat wird aufgefordert, von Eigenbedarfskündigung betroffenen Mieter*innen bevorrechtigt Zugang zu kommunalen Wohnungen und Wohnungen mit Belegungsbindung zu geben, so wie früher sog. „Sanierungsbetroffene“ vorrangig in Berlin mit Ersatzwohnraum versorgt wurden.

Antrag 37/II/2022 Alle Energienetze in Berlin rekommunalisieren

9.10.2022
  1. Die Berliner SPD bekräftigt ihren Beschluss zur Rekommunalisierung vom 13.10.2010 (Landesparteitag)
  2. Nachdem inzwischen das Stromnetz erfolgreich vom Land Berlin erworben wurde, sollte Berlin zügig die Übernahme des Fernwärmenetzes von Vattenfall angehen.
  3. Vor dem Hintergrund des Ausbaues einer Wasserstoff-Infrastruktur ist auch der Erwerb des Gasnetzes, der GASAG oder eine strategische Beteiligung an der GASAG sinnvoll. Berlin sollte diese Varianten zielgerichtet angehen.
  4. Parallel sollte Berlin schnell und zielgerichtet eine quartiersbezogene Energieleitplanung inkl. Wärmeplanung mit dem Ziel der Versorgung durch 100% Erneuerbare Energien auf den Weg bringen. Dabei ist je nach Kiez eine sinnvolle und vor allem bezahlbare Mischung aus Maßnahmen zur Energieeinsparung an und in den Gebäuden, zur Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme sowie zur Nutzung leitungsgebundener Energien zu finden. Klimaschutz wird nur dann gelingen, wenn es auch eine Akzeptanz bei ärmeren Haushalten gibt, die ohnehin in der Regel weniger Energie verbrauchen, einfach weil sie weniger Geld zur Verfügung haben. Dabei muss Berlin auch auf Wasserstoff in der Energieversorgung setzen, der vor allem in Kraft-Wärme-Kopplung in Zeiten des Strommangels (wenig Sonne und Wind) die Versorgung mit Strom und Wärme sicherstellt. In Zeiten mit viel Wind und Sonne können dagegen stärker Wärmepumpen zum Einsatz kommen, wobei sich in Berlin besonders Kombinationen aus dem Einsatz von Wärmepumpen mit Geothermie, Abwärmenutzungen und Niedertemperaturwärmenetzen anbieten.
  5. Um die notwendige breite gesellschaftliche Akzeptanz für diese vor allem netzgebundenen Lösungen zu finden und auch die Eigenkapitalbasis zu verbreitern, wird eine Minderheitsbeteiligung von Berlinerinnen und Berlinern über eine Bürgerenergiegenossenschaft seitens der SPD unterstützt.

 

Antrag 28/II/2022 Fairer Wettbewerb – Chancengleichheit für alle

9.10.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senates und die Mitglieder der SPD Fraktion im Abgeordnetenhaus sollen sich für folgende Punkte einsetzen:

 

  • Die Umsetzung des Mindestlohnes in der gewerblichen Personenbeförderung muss gewährleistet werden. Deshalb müssen die technischen Voraussetzungen getroffen werden, damit neben dem Taxigewerbe auch Krankentransporte und Mietwagen die gesetzliche Zahlung des Mindestlohnes auszahlen und ihn nicht unterlaufen.
  • Es muss mehr Personal in der Kontrolle der gewerblichen Personenbeförderung eingestellt werden, damit die verantwortlichen Behörden den Rechtsrahmen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) konsequent umsetzen können.
  • In der gewerblichen Personenbeförderung müssen gleiche Arbeitszeiterfassungen für alle Anbieter gelten (Taxi, Krankentransporte, sowie Mietwagen). So wird Schwarzarbeit verhindert.
  • Es müssen für Mietwagen und Krankentransporte Mindesttarife gelten, damit nicht auf dem Rücken des Personals und der Verkehrssicherheit ein unlauterer Wettbewerb nach unten stattfindet
  • Die Rückkehrpflicht für Mietwagen muss endlich überwacht werden.
  • Nach dem jüngsten Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 besteht in Deutschland nun jedoch eine Pflicht zur systematischen Erfassung der gesamten Arbeitszeit. Dies muss digital und manipulationssicher gewährleistet, umgesetzt und kontrolliert werden.
  • Beförderungstarife zeitnah anpassen. Inflation Auswirkungen des Krieges und der Pandemie sowie die Einführung des Mindestlohnes müssen in der Festsetzung des Taxitarifes immer zeitnah angepasst werden. Das Taxigewerbe ist Teil des ÖPNV und für die individuelle Mobilität der Berlinerinnen und Berliner mit verantwortlich. Die Taxitarife werden vom Staat und nicht von den gewerblichen Unternehmen festgelegt. Wer die Preisentwicklungen nicht rechtzeitig anpasst, treibt Unternehmen in den Bankrott oder in die Illegalität. Das muss der Staat durch zeitnahe und sofortige Anpassungen der Tarife unterbinden.