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Antrag 52/II/2021 Menschenrechte grenzenlos: Für einen wirksamen Schutz von LSBTI-Rechten in der Außen- und Entwicklungspolitik

9.11.2021

Das Versprechen der Menschenrechte umfasst die Möglichkeit, die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität frei und ohne Angst zu leben sowie gleichberechtigt an der Gesellschaft teilzuhaben. Dieses Versprechen ist weit davon entfernt, eingelöst zu sein. Im Gegenteil: Weltweit sind lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt, in vielen Ländern sogar staatlicher Verfolgung und Kriminalisierung. Während vielerorts die Sichtbarkeit queerer Menschen steigt, kommt es teilweise auch zu gewaltsamen queerfeindlichen Backlashs.

 

Für die Außen- und Entwicklungspolitik folgt aus diesem Befund ein klarer Handlungsauftrag. Ziel muss es sein, die Lage queerer Menschen zu verbessern und ihre Selbstbestimmung zu stärken. Dabei ist nicht moralisierendes Verurteilen gefragt, sondern gelebte Solidarität mit den Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Gewalt, Drohungen und Diskriminierung ausgesetzt sind. Wenn wir uns für die Rechte queerer Menschen einsetzen, dann wollen wir damit reale Veränderungen bewirken.

 

Das im März 2021 vorgelegte LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt, um diesen Handlungsauftrag zu erfüllen und das Leitprinzip der Agenda 2030 – „Leave no one behind“ – in die Praxis umzusetzen. Das Konzept muss in der kommenden Wahlperiode mit Leben gefüllt, strukturell in der Arbeit der zuständigen Stellen verankert und mit den erforderlichen finanziellen Mitteln unterlegt werden.

 

Die Covid-19-Pandemie hat den Druck auf queere Communities weiter verstärkt. Gerade jetzt muss unsere Priorität daher sein: “keep the movement alive”.

 

Die SPD-Bundestagsfraktion sowie die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden daher aufgefordert, sich für folgende Maßnahmen einzusetzen:

 

  1. Das LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung muss operationalisiert und konsequent in die Praxis umgesetzt werden. Dazu zählen Konkretisierungen für spezifische Aufgaben und Politikfelder, einschließlich der Arbeit der Auslandsvertretungen. In diesem Rahmen sind im Dialog mit der Zivilgesellschaft konkrete Zielvorgaben zu entwickeln und regelmäßig zu überprüfen. Um die effektive Koordinierung der LSBTI-Menschenrechtspolitik sicherzustellen, muss eine klare Aufgabenzuweisung in den Ressorts und den Auslandsvertretungen sichergestellt sein.
  2. Die Stärkung der Menschenrechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen muss selbstverständlicher Teil der deutschen Außenpolitik sein. Dazu zählt auch, diese Themen sowohl auf Arbeitsebene als auch in hochrangigen Gesprächen bilateral gegenüber Partnerländern zu thematisieren und in internationalen Foren bei entsprechenden Themen eine Vorreiterrolle einzunehmen.
  3. Zentral für den Erfolg von LSBTI-Menschenrechtspolitik ist der Dialog mit Aktivist*innen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren in Partnerländern. Die Auslandsvertretungen sind hier in erster Linie gefordert, geeignete Foren und Formate zu schaffen, um einen solchen Dialog zu organisieren und einen kontinuierlichen Austausch zu ermöglichen. Ziel muss es sein, dass deutsche Auslandsvertretungen weltweit als LSBTI-freundliche und ansprechbare Orte wahrgenommen werden.
  4. Auf diesem Dialog aufbauend muss ein Schwerpunkt des außen- und entwicklungspolitischen Handelns der Bundesregierung  auf den Bedürfnissen von Aktivist*innen vor Ort liegen und sich nach Möglichkeit an ihren Prioritäten ausrichten. Im Rahmen von entwicklungspolitischen Maßnahmen sollten Aktivist*innen vor Ort über partizipative Strukturen Entscheidungs- und Gestaltungsmacht erhalten, um sicherzustellen, dass die beabsichtigte Unterstützung das Ziel erreicht und in ausreichendem Maße auf die Bedürfnisse der jeweiligen LSBTI-Communities zugeschnitten ist. Dazu kann auch eine partizipative Evaluierung bestehender Instrumente und Programme durch die Betroffenen zählen. Die Bundesregierung sollte sich im europäischen und internationalen Rahmen für einen Austausch von best practices einsetzen, um von den Erfahrungen anderer Geberländer – etwa den Niederlanden, Schweden und Kanada – profitieren zu können.
  5. Damit deutsche Unterstützung vor Ort ankommt, muss insbesondere kleinen und nicht registrierten Organisationen ein einfacher und unbürokratischer Zugang zu Fördermöglichkeiten gewährt werden. Dabei braucht es flexible Instrumente, einschließlich cash grants, die leicht auf die spezifischen Bedürfnisse von LSBTI-Aktivist*innen und -Communities zugeschnitten werden können. Auch Themen wie Wohnen, Bildung, Gesundheits- und Finanzdienstleistungen sollten dabei abgedeckt werden können.
  6. Daneben sind bestehende Programme und Instrumente kontinuierlich darauf zu überprüfen, ob sie hinreichend inklusiv gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen ausgerichtet sind. Bei Programmen, die nicht ausdrücklich auf queere Menschen ausgerichtet sind, muss mindestens das “do no harm”-Prinzip gelten. Insbesondere das BMZ soll innovative Maßnahmen zur Integration von queeren Menschen und ihrer Bedarfe in seinen Vorhaben fördern.
  7. Der Schutz von LSBTI-Menschenrechten muss sich auch beim Umgang mit queeren Geflüchteten beweisen. Hierzu muss die Bundesregierung sicherstellen, dass sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Fluchtgründe anerkannt werden und dies in der Praxis effektiv umgesetzt wird. Angesichts der Verfolgungs- und Unterdrückungserfahrungen queerer Menschen erfordert das einen besonders sensiblen Umgang – auch mit Blick auf die bisweilen berechtigte Angst, dass Angaben und Informationen weitergegeben und im Heimatland bekannt werden könnten. Wenn Geflüchtete im Heimatland die eigene sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität zu verheimlichen versucht und auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet haben, um Verfolgung zu entgehen, kann dies einem Schutzanspruch nicht entgegenstehen. Ein “Diskretionsgebot” darf es nicht geben, auch nicht durch die Hintertür. Die Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit bei Rückkehr anhand einer Prognose „diskreten“ Verhaltens lehnen wir ebenso ab wie den Verweis auf „interne Fluchtalternativen“ in Staaten mit LSBTI-feindlicher Gesetzgebung. Angesichts der oft massiven inneren Hürden, die mit einem Outing verbunden sind, dürfen Asylfolgeanträge nicht mehr mit der Begründung abgelehnt werden, dass sich die Asylsuchenden bereits im Erstverfahren hätten outen müssen.  

 

    Antrag 53/II/2021 Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ konsequent umsetzen!

    9.11.2021

    2017 verabschiedete die Bundesregierung die Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“. Trotz der signifikanten Fortschritten, welche in der Umsetzung der Leitlinien erreicht wurden, besteht weiterhin erheblicher Handlungsbedarf, insbesondere in den Bereichen Krisenfrüherkennung und -prävention sowie Strategiefähigkeit. Der Beirat für zivile Krisenprävention hat in seiner Stellungnahme zum Bericht über die Leitlinien einige wichtige Schritte für die Bundesregierung benannt, welche das deutsche Engagement als globaler Akteur in der Krisenprävention und -stabilisierung nachhaltiger und strategischer gestalten würden. Wir fordern den SPD Parteivorstand und die Bundestagsfraktion dazu auf, sich für die konsequente Umsetzung dieser Empfehlungen einzusetzen.

     

    Dies umfasst:

    1. Krisenprävention als kohärenter Gesamtansatz der Bundesregierung in der Formulierung aller politischen Entscheidungen mit außenpolitischem Bezug. Dies schließt insbes. Auch wirtschafts-und handelspolitische Entscheidungen mit ein, wie die Rohstoffstrategie der Bundesregierung sowie krisenpräventative Gesichtspunkte bei der Genehmigung von Waffenexporten durch den Bundessicherheitsrat.
    2. Eine Einbindung relevanter, bislang jedoch nicht beteiligter, Ressorts wie das BMF und das BMWi in krisenbezogenen Ressortabstimmungen von der Fachebene bis zur Staatssekretärsrunde.
    3. Eine Erhöhung und Umschichtung der für den Bereich Krisenprävention und Friedensförderung zugewiesenen finanziellen Ressourcen zugunsten der Prävention struktureller Konfliktursachen, der Antizipation von Krisen und die resultierende gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Transformation. Besonderes Augenmerk ist hier auf nicht-traditionelle Krisen wie die Folgen der COVID-19 Pandemie und den globalen Klimawandel zu legen.
    4. Konkrete Zielsetzungen für den Personalausbau – einschließlich einer konkreten Zielsetzung für den Anteil von Frauen – bei internationalen Polizeimissionen, von Fachexperten an den deutschen Auslandsvertretungen und bei der Förderung zivilgesellschaftlicher Ansätze.
    5. Die konsequente Umwandlung und Weiterentwicklung des Konzepts zur Kommunikation von Krisenengagements, um die notwendige politische und öffentliche Unterstützung für ambitionierte Ausbauziele abzusichern.
    6. Die finanzielle Einplanung und Umsetzung einer wissenschaftlichen Evaluationen in jedem internationalen zivilen, polizeilichen und militärischen Krisenengagement Deutschlands um Fehlentwicklungen vorbeugen und Verbesserungsmöglichkeiten rasch identifizieren zu können. Insbesondere sollte die Bundesregierung dringend eine fundierte, alle Instrumente umfassende Untersuchung der Wirkungen nach 20 Jahren Afghanistan-Engagement anstoßen.

     

    Antrag 54/II/2021 Für einen progressiven transatlantischen Neuanfang!

    9.11.2021

    Die Wiederbelebung und Vertiefung der transatlantischen Beziehungen ist nach der Wahl Joe Bidens zum 46. US-Präsidenten überparteilicher Konsens. Wir fordern die weitergehende, strategische Entwicklung und Umsetzung einer distinkt sozialdemokratischen transatlantischen Agenda, basierend auf progressiven außen-und innenpolitischen Ideen, den Konzepten der „Europäischen Strategischen Autonomie“ und der „Foreign Policy for the Middle Class“ sowie dem Wissen, dass nur eine enge transatlantische Allianz die multilaterale, wertebasierte Ordnung gegen die zunehmende Erodierung durch autokratische Regime bewahren und stärken kann.

     

    Auf Landesebene fordern wir:

    1. Die Entwicklung und Umsetzung eines transatlantischen Austauschprogrammes zwischen Politiker*innen und Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltung mit urbanen Zentren jenseits der US-Küstengebiete mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten (u.a. Klima, Handel, Technologie). Als Beispiel kann das Programm „New Urban Progress“ des Progressiven Zentrums dienen.

     

    Auf Bundesebene fordern wir:

    1. Einen gezielten Kontaktaufbau zwischen Fraktion und Parteivorstand mit dem progressiven Flügel der Demokratischen Partei sowie verwandten Organisationen (z.B. „Justice Democrats“, „Center for International Policy)“ und eine daraus resultierende Agenda für eine gemeinsame progressive Allianz, die alle außenpolitische Bereiche umfasst.
    2. Die Etablierung einer transatlantischen Task-Force zur Stellungnahme und Positionierung gegenüber der von Biden angekündigten „Foreign Policy for the Middle Class“. Diese sollte eine Neujustierung der deutschen und europäischen Außenpolitik auf nationale und internationale wirtschaftliche Verteilungseffekte, ein transparentes Aufbrechen des innen-und außenpolitischen Silodenkens in Parlamenten und Verwaltung sowie einen intensivierten und informationsbasierten außen-und sicherheitspolitischen Bürger*innendialog zu ihrem Kern machen.
    3. Die Gründung eines parlamentarischen bzw. parteilichen Austauschkreises zu Best Practices und Policy-Umsetzung einer innenpolitischen progressiven Agenda, insb. mit Augenmerk auf nachhaltigen Infrastrukturausbau, die Schaffung und angemessene Vergütung von systemrelevanten Stellen im Pflegebereich, Aufarbeitung und Wiedergutmachung von Rassismus und postkolonialem Erbe sowie sozio-ökonomische Mobilität und Bildungsgerechtigkeit.
    4. Das Ziel eines nuklearwaffenfreien Europas bleibt bestehen. Die nukleare Teilhabe dient jedoch der Sicherheit und dem Zusammenhalt innerhalb der NATO. Einen unilateralen Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe darf es daher nicht geben. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik muss immer im Multilateralismus begründet sein – einen deutschen Alleingang ohne Abstimmung mit unseren europäischen Partnern lehnen wir daher ab. Gleichzeitig muss die Bedingung gelten, dass hierdurch kein Einfluss auf die europäische Rüstungsbeschaffungspolitik genommen wird, bspw. durch die nicht-Zertifizierung von Eurofightern oder dem Future Combat Air System.
    5. Eine proaktive Politik des konstruktiven Engagements der Bundesregierung mit dem Atomwaffenverbotsvertrag durch Teilnahme an den Vertragsstaatskonferenzen als Beobachter und Mitfinanzierer; den Einsatz ggü. den Staaten der Stockholminitiative, sich ebenfalls als Beobachter zu beteiligen; und die explizite Befürwortung ggü. den USA, eine “No first use” Policy einzuführen.
    6. Eine Re-Evaluierung des NATO- 2%-Ziels mit dem Ziel eines neuen Abkommens, welches den qualitativen Ausbau militärischer Fähigkeiten festlegt, zu welchem sich einzelne Mitgliedstaaten zu bestimmten Zeitpunkten verhalten sollen. Dieses Abkommen muss gebunden an die Bedingung sein, dass jede Erhöhung der Verteidigungsausgaben mit einer klar ausdefinierten Beschaffungsstrategie einhergeht und dem ausschließlichen Zweck dient, aktuelle Ausrüstungs- Ausbildungs- und Abwehrdefizite der Bundeswehr sowie der EU- und NATO-Partner zu kompensieren. Übergeordnetes Ziel muss stets die auf Kosten- und Kapazitäteneffizienz und -ergänzung ausgelegte Integration der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (insbes. im Rahmen von PESCO) sein. Deshalb soll zudem eine jährliche Evaluierung stattfinden, welche auf die Integration von Ausrüstung und Abwehrsystemen entsprechend dem Ziel einer integrierten europäischen Sicherheitspolitik abzielt und festlegt, ob die Rüstungsausgaben gesenkt werden können.
    7. Die Einsetzung einer transatlantischen Evaluierungsgruppe des Afghanistan-Einsatzes, um Defizite in der Kooperation und Koordinierung konsequent aufzuarbeiten.

     

    Auf EU-Ebene fordern wir:

    1. Die zügige Operationalisierung des transatlantischen Trade and Technology Council um Einheit in den Anstrengungen zur Bewältigung der Sicherheits-, Wirtschafts- und Regulierungsherausforderungen im digitalen und technologischen Bereich zu fördern sowie globale Standards zu setzen, die Privatsphäre, Menschenrechte, Wettbewerb und Transparenz schützen.
    2. Den engen Schulterschluss von Deutschland im Rahmen der Team Europe Initiative mit den USA und das Vorantreiben wichtiger Zukunftsinvestitionen auf multilateraler Ebene zur Erholung nach der Covid-19 Pandemie u.a. im Bereich der nachhaltigen Infrastrukturentwicklung sowie Digitalisierung. Wichtige Initiativen müssen gestreamlined werden. Hierbei muss ein Fokus auch auf der internationalen Zusammenarbeit und entwicklungspolitischen Unterstützung anderer Länder liegen, um einen solidarischen globalen Aufschwung zu ermöglichen.
    3. Einen gemeinsamen Ansatz für die digitale Steuerpolitik in Form der Wiederaufnahme der OECD-Verhandlungen. Regulierungs-, Wettbewerbs-, Inhalts- und Datenschutzprobleme müssen in enger Abstimmung adressiert werden, um globale Normen zu formen und eine nachhaltige Alternative zu autoritären Kontrollversuchen digitaler Zivilsphären zu bieten.
    4. Die Einsetzung einer NATO-EU Taskforce um die Koordinierung zu maximieren, Fähigkeiten zu bündeln und die Umsetzung einer gemeinsamen politischen Agenda sowie eines Strategiekonzepts zur Bekräftigung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat als Kernkonzept aller NATO-Mitgliedstaaten voranzutreiben.
    5. Die weitere Stärkung der europäischen Verteidigungsarchitektur (GSVP) und PESCO mit dem langfristigen Ziel der Schaffung einer Europäischen Armee, ein Instrument, das nicht als Alternative zur NATO gedacht sein soll, sondern als europäischer Pfeiler des transatlantischen Bündnisses, der die strategische Gestaltungsmacht Europas in der Allianz und der Allianz selbst erhöhen würde.

     

    Antrag 55/II/2021 Kein Fußball den Menschenrechtsverletzer*innen: Fußball-WM der Männer in Katar boykottieren!

    9.11.2021

    Fußball ist eine der beliebtesten Sportarten weltweit und mittlerweile ein Milliardengeschäft. In Deutschland wird der Spielbetrieb durch den deutschen Fußball-Bund (DFB) organisiert, der wiederum auf europäischer Ebene in der Union of European Football Associations (UEFA) Mitglied ist. Weltweit werden Wettbewerbe von der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) organisiert. Der größte dieser Wettbewerbe und damit auch der, der das meiste Geld einbringt, ist die Weltmeisterschaft (WM) der Männer, die üblicherweise alle vier Jahre ausgetragen wird.

    2010 wurde die WM 2022 seitens des FIFA-Exekutivkomitees, des damaligen höchsten Entscheidungsgremium der FIFA, an den Katar gegeben. Schon unmittelbar bei der Vergabe gab es kritische Stimmen, was die Lage im Land sowie die klimatischen Bedingungen in Katar angingen. 2020 wurde bekannt, dass drei Mitglieder des Exekutivkomitees bestochen wurden, damit sie für Katar stimmen. Ohne diese Bestechung wäre die WM wahrscheinlich an die USA vergeben wurden. Trotz dieser Korruption wird seitens der FIFA die WM-Vergabe nicht in Frage gestellt.

    Die Stadien wurden für die WM neu gebaut. Schon 2013 wiesen Amnesty International und die Vereinten Nationen auf die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen auf diesen Baustellen und die hohe Zahl von Todesfällen unter den Arbeiter*innen hin. Den Arbeiter*innen, die zumeist aus anderen Ländern, wie Indien, Bangladesch oder Sri Lanka kamen, wurden oftmals die Pässe abgenommen, Löhne wurden nicht oder zu gering bezahlt, Arbeitspausen wurden nicht eingehalten, Zugang zu Trinkwasser nicht gesichert. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) sprach in diesem Zusammenhang von moderner Sklaverei. Nach Recherchen der britischen Zeitung The Guardian sind im Zeitraum von 2011 bis Herbst 2020 mindestens 6751 dieser Arbeiter*innen verstorben. Offiziell wird die Todesursache der meisten Menschen als natürliche Ursache angegeben, allerdings wird bei ausländischen Arbeiter*innen bei unklarer Todesursache in Katar keine Obduktion durchgeführt.  Als weitere Todesursachen werden allerdings auch Arbeits- und Verkehrsunfälle, sowie Suizide angeführt. Die Regierung von Katar hält die Anzahl von mind. 6571 Menschen sogar noch für ‘verhältnismäßig’. Dies zeigt pure Menschenverachtung. Journalist*innen, die über diese unhaltbaren Zustände berichteten, wurde zeitweise festgenommen und ihr Material beschlagnahmt. Trotz dieser Todeszahlen hält die FIFA an ihren Plänen für die WM fest und sieht Katar in der Verantwortung, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Auch deutsche Fußballfunktionäre stellten und stellen die WM und ihren Austragungsort nicht in Frage.

    Auch abseits der Baustellen der WM-Stadien ist die Menschenrechtslage in Katar verheerend. Das Rechtssystem basiert in großen Teilen auf der Scharia, es gibt keine Meinungsfreiheit, queere Menschen werden strafrechtlich verfolgt, bei Vergewaltigungen droht Frauen wegen außerehelichen Geschlechtsverkehr ebenfalls Haft. Die absolutistische Monarchie Katar wird außerdem wegen ihrer Unterstützung von Terrororganisationen immer wieder kritisiert. Als die Taliban die Macht in Afghanistan an sich rissen, wurden Anführer der Taliban mit der katarischen Luftwaffe nach Afghanistan geflogen. In der Hauptstadt Katars, Doha, unterhielten die Taliban bereits seit Jahren ein politisches Büro. Noch im Sommer 2021 zeigte sich die Öffentlichkeit und die Politik in Deutschland betroffen, bestürzt und empört darüber, dass die Bevölkerung in Afghanistan unter Führung der Taliban wieder unter einer fundamentalistischen, islamistischen Diktatur zu leiden haben wird. Es ist zutiefst widersprüchlich, dass der Kampf gegen diese Verhältnisse in Afghanistan jahrelang einen Krieg gerechtfertigt hat, diese Verhältnisse in Quatar jedoch mit der Austragung des prestigeträchtigsten Sportevents der Welt belohnt werden.

    Auch ein erheblicher Anteil der Sponsor*innen des Turniers, deren Werbegelder wiederum mit in die Preisgelder und Teilnahmeprämien der nationalen Fußballverbände fließen, nutzen die WM um sich ihr Image reinzuwaschen. Diese Entwicklung war bereits bei der Europameisterschaft 2020 deutlich zu erkennen. Mit Qatar Airways und Hisense finden sich zwei Staatsunternehmen autoritärer Diktaturen unter den Sponsoren. Mit Vivo und Wanda zwei weitere private Firmen mit Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas. Auch auf Vereinsebene außerhalb der internationalen Wettbewerbe zeigt sich diese Einflussnahme. Zwar gibt es bislang in Deutschland Stauten, die den Vereinsfußball der Deutschen Fußball Liga (DFL) gegen eine allzu große Einflussnahme der Investor*innen schützen. Die Vereine stehen jedoch regelmäßig unter großem Druck diese Regelungen abzuschaffen. Dabei ist zu beachten, dass Länder wie Katar nicht wie herkömmliche Investor*innen ein rein finanzielles Interesse an Investitionen in den Sport haben. Vielmehr geht es darum das internationale Image aufzupolieren. Entsprechend fließen Gelder häufig auch verdeckt und an bestehenden Regeln vorbei. Der Fußball kann kein globaler Friedensbotschafter sein, wenn er von Diktaturen finanziert wird. Damit geht auch einher, dass sich die nationalen Fußballverbände und Ligen in der Planung ihrer Spielpläne nicht von Weltmeisterschaften treiben lassen, die die Menschenrechte nicht achten.

    Die WM in Katar kostet Menschenleben, unterstützt ein System, das Menschenrechte systematisch missachtet und Terrororganisationen fördert. Aufgrund des hohen Stellenwerts, den eine Fußball-WM der Männer genießt, ist klar, dass das Land von der WM massiv – insbesondere finanziell – profitieren wird. Die deutsche Nationalmannschaft der Männer, die seitens des DFBs an dem Turnier teilnimmt, repräsentiert dabei mehr als nur den Dachverband des organisierten Fußballs. Immer wieder wurde diese Nationalmannschaft in der Vergangenheit von Kanzler*innen oder Mandatsträger*innen empfangen oder diese besuchten Spiele im Stadion. Ebenso erhält der DFB im Rahmen verschiedener Projekte immer wieder öffentliche Gelder. Ein Sport und insbesondere das finanzielle Geschäft damit darf nie höhergestellt werden als Menschenrechte.

    Wir fordern daher:

    • Deshalb fordern wir den DFB auf, die WM in Katar zu boykottiert. Zu diesem Aufruf fordern wir ebenfalls die SPD-Bundestagsabgeordneten auf. Sollte der DFB dies nicht tun, fordern wir, dass alle öffentlichen Gelder gestrichen werden. Davon sind Gelder für Jugendförderung ausgenommen.
    • Die Spieler und Trainer der Nationalmannschaft werden aufgefordert, die WM zu boykottieren.
    • Wir fordern alle Mandatsträger*innen auf, keine Reisen nach Katar zur WM zu unternehmen und dieser keine öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
    • Staatliche Stellen haben auf die Menschenrechtsverletzungen in Katar – besonders im Kontext der WM – hinzuweisen
    • Das für Sport zuständige Bundesinnenministerium soll gemeinsam mit dem DFB eine Öffentlichkeitskampagne entwickeln, die die Gründe für die nicht-Teilnahme der Nationalmannschaft verdeutlicht
    • Der DFB und sportpolitische Mandatsträger*innen sollen konkrete Kriterien entwerfen, die bei der zukünftigen Vergabe Turnieren in die Entscheidung einfließen und zum Ausschluss führen können. Zu diesen Kriterien sollen die Lage der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Umweltschutz stärker berücksichtigen.
    • Sofern Katar auch Austragungsort anderer sportlicher Großveranstaltungen (wie z.B. Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen) wird, sollen diese ebenfalls boykottiert werden.
    • Wir fordern, dass nachgewiesene Bestechung von DFB-Funktionär*innen nicht ungeahndet bleibt

    Antrag 56/II/2021 Kein Fußball den Menschenrechtsverletzer*innen: Fußball-WM der Männer in Katar boykottieren!

    9.11.2021

    Wir fordern:

     

    • Der DFB muss die WM in Katar boykottieren. Sollte er dies nicht tun, muss das finanzielle Sanktionen nach sich ziehen.
    • Wir fordern alle Mandatsträger*innen auf, keine Reisen nach Katar zur WM zu unternehmen und dieser keine öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
    • Staatliche Stellen haben auf die Menschenrechtsverletzungen in Katar – besonders im Kontext der WM – hinzuweisen