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Antrag 176/I/2018 Schluss mit Ersatzfreiheitsstrafen!

30.04.2018

Wir fordern: Die bundesweite Abschaffung von Ersatzfreiheitsstrafen durch die ersatzlose Streichung des §43 StGB.

Wir treten außerdem weiterhin dafür ein, dass das Fahren ohne Fahrschein („Schwarzfahren“) entkriminalisiert wird. Weitere Vergehen sollen zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft werden.

Wir fordern die SPD auf, sich für die Erarbeitung eines Konzeptes für einen fairen, gerechten und sozialen Umgang mit Menschen, die sich Geldstrafen nicht leisten können, einzusetzen.

Rund zehn Prozent aller Inhaftierten in Deutschland sitzen eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe ab. Damit ist Deutschland Spitzenreiter im europäischen Vergleich – weit vor Frankreich, England und Wales, Spanien und den skandinavischen Ländern.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe wird dann verhängt, wenn Verurteilte ihre Geldstrafen nicht bezahlen können. Meistens handelt es sich um Delikte wie „Schwarzfahren“ oder kleinere Diebstähle. Obgleich solche Delikte von Personen aus allen Bevölkerungsteilen begangen werden, müssen vor allem ökonomisch und sozial benachteiligte Menschen aufgrund ihrer Zahlungsunfähigkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe ableisten, also nicht, weil sie die Geldstrafen nicht bezahlen wollen, sondern es schlichtweg nicht können. Die Geldstrafe wird wie folgt berechnet: Ein Tagessatz entspricht 1/30 des Nettoeinkommens. Häufig wird das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen sowie der Bedarf an Einkommen zur Sicherung eines Mindestlebensstandards grob geschätzt. Nicht selten werden die Menschen zu bis zu 30 Tagessätzen verurteilt und müssen folglich bis zu einem ganzen Monatsgehalt als Strafe zahlen.

 

Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann, muss pro Tagessatz einen Tag im Gefängnis verbringen. Personen, die die geforderte Summe nicht aufbringen können, erleiden dadurch

  1. eine unverhältnismäßige Strafe für ein minderes Delikt, das keinen größeren Schaden verursacht und das deswegen auch nicht mit einer Freiheitsstrafe eingebüßt werden sollte.
  2. Sie werden damit für dieselben Delikte stärker bestraft als zahlungskräftigere Personen.

 

Die Tagessätze von Geldstrafen sind oftmals unangemessen hoch. Selbst bei Berücksichtigung des Nettohaushaltseinkommens, kommen nah am Existenzminimum lebende Menschen schnell in Bedrängnis. Sie werden verhältnismäßig stärker belastet als besserverdienende Menschen. Somit ist die Ersatzfreiheitsstrafe eine Armutsstrafe.

 

Die Freiheitsstrafe stellt für Betroffene mehrfache Bestrafung dar und setzt eine Abwärtsspirale in Gang: Selbst nach (wiederholten) kurzen Haftstrafen haben Betroffene es besonders schwer einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung zu finden. Oft führt ein Haftbefehl auch zu einer Kündigung und gesellschaftlicher Stigmatisierung. Während der Haftstrafe können Gefangene arbeiten. Dennoch zahlen sie nicht in die Sozialsysteme ein, weshalb sie langfristig auch von einem deutlich höheren Altersarmutsrisiko betroffen sind. Statt zu resozialisieren, führt die Ersatzfreiheitsstrafe zu einem weiteren sozialen und ökonomischen Abstieg in der Gesellschaft. Die Freiheitsstrafe verschärft soziale Ungleichheiten!

 

Das Strafrecht soll Gerechtigkeit durchsetzen und keine Ungleichheiten reproduzieren, daher ist ein anderer Umgang mit Menschen, die sich Geldstrafen zu den geforderten Fristen und Höhen nicht leisten können, nötig. Formal können Betroffene innerhalb von zwei Wochen nach Rechtsprechung Einspruch gegen die Umwandlung der Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe erheben, einen Antrag auf Ratenzahlung stellen oder die Ableistung der Strafe durch gemeinnützige Arbeit beantragen. Viele Betroffene sind jedoch nicht über ihre Rechte informiert, lassen die kurze Frist verstreichen oder sehen sich überfordert, eine gemeinnützige Arbeit zu finden. Oft fehlt der Zugang zu Rechtsberatung, Rechtsbeistand und psychosozialer Unterstützung. Menschen mit höherer Bildung, mit mehr Vermögen und Einkommen werden erheblich seltener durch Ersatzfreiheitsstrafen bestraft und sind demnach auch nicht von den eben genannten sozialen Folgeschäden einer Ersatzfreiheitsstrafe betroffen.

 

Nicht nur für die einzelnen Betroffenen stellen die Ersatzfreiheitsstrafen unverhältnismäßige Strafen mit erheblichen Folgen dar. Eine inhaftierte Person verursacht pro Tag über 100 Euro an Kosten. Bei durchschnittlich fünf bis 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe für kleine Delikte wie Schwarzfahren kommen jährlich mindestens 200 Millionen Euro an Kosten nur die Inhaftierung zustande. Auch diese Kosten sind als unverhältnismäßig anzusehen. Die von der SPD Berlin bereits geforderte Herabstufung des Schwarzfahrens von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit reicht noch nicht aus, um dieses Problem ausreichend zu lösen. Denn auch wenn das bei einer Ordnungswidrigkeit verhängte Bußgeld nicht gezahlt werden kann, können Ersatzfreiheitsstrafen drohen. Die SPD muss sich weiterführende Konzepte zur Entkriminalisierung solcher geringfügigen Delikte einsetzen. Diese Konzepte sollen unbedingt die unterschiedlichen sozialen und ökonomischen Voraussetzungen verschiedener Menschen mitbedenken und somit ein sozial faires und verhältnismäßiges Verfahren bei kleinen Delikten ermitteln.

Antrag WV153/I/2018 Für unsere Grundrechte: Abrüsten bei den Polizeien

30.04.2018

Der Umgang mit den Demonstrationen während der verschiedenen G20-Gipfel-Veranstaltungen im letzten Jahr sowie zum Beispiel rund um den Parteitag der AfD in Hannover haben gezeigt, dass wir das Grundrecht auf Demonstration besser schützen müssen, sodass alle Menschen von diesem Grundrecht gebrauch machen können und gefahrlos, sicher und frei demonstrieren können.

 

Dazu gehört einerseits konsequentes Vorgehen der Polizei bei Demonstrationen gegen gewalttätige Störer*innen von friedlichen Versammlungen und von freier Meinungsäußerung. Denn wer das Versammlungsrecht missbraucht um Gewalt gegen Menschen und Dinge auszuüben und damit friedliche Teilnehmer*innen von Demonstrationen in der Ausübung ihres Grundrechts gewalttätig behindert und gefährdet, muss von der Polizei daran gehindert werden.

 

Gleichzeitig liegt es auch in der Verantwortung der Polizei bei potentiellen Konfliktsituationen während Demonstrationen ihren Beitrag zur Deeskalation der Situation zu leisten. Die Eskalation der Gewalt rund um den G20-Gipfel hat erneut gezeigt, dass weder ein massives Personal- noch Materialaufgebot der Polizei auf potentielle Gewalttäter*innen abschreckend wirkt und eine solche Eskalation verhindern kann. Im Gegenteil, eine solche Abschreckungsstrategie wirkt provozierend, weil sie auf eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit auch friedlicher Demonstrant*innen hinausläuft. Auch die mehreren hundert teilweise schwer verletzte Polizist*innen und Demonstrant*innen belegen, dass diese Strategie gescheitert und niemandem der Beteiligten zuzumuten ist. Wer auf Gewalt aus ist, bedient sich selbst Eskalationsstrategien und wird sich durch Aufrüstung und Druck nicht abschrecken lassen. Dafür ist aber die freie Grundrechtsausübung aller friedlichen Demonstrant*innen gefährdet.

 

Aus dem Desaster der Polizeiarbeit während der G20-Gipfelveranstaltungen müssen nun entsprechende lehren gezogen werden. Zunächst einmal muss das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit nicht leichtfertig eingeschränkt werden. Ein Verbot des Protestcamps kurz vor dem Gipfel führte bereits zu ersten Spannungen und einem Unverständnis der Demonstranten gegenüber der Polizei aber auch den Genehmigungsbehörden.

 

Die erste Lehre muss daher sein: Auch den Demonstrant*innen gehört der öffentliche Raum, die Politik sollte sie bei ihren Demonstrationsbestrebungen unterstützen. Den Demonstranten muss Raum für ihre freie und friedliche Meinungsäußerung zugesichert werden.

 

Die benötigte Ausrüstung zum Schutz der Schutzpersonen wie zum Beispiel besonders gefährdete Politiker*innen darf nur zu deren Schutz, in deren unmittelbarer Nähe eingesetzt werden. Sie darf nicht gegenüber Demonstrant*innen oder anderen Zivilpersonen zur Einschüchterung verwendet werden.

 

Auch die demonstrative Zurschaustellung zunehmend paramilitärischer Ausrüstung in Verbindung mit martialischem Auftreten von Polizist*innen trägt nicht zur Deeskalation bei. Solche Ausrüstung wird vorgeblich vor dem Hintergrund steigender Terrorgefahr beschafft. Tatsächlich kommen sie aber auch zur Abschreckung bei Demonstrationen wie beim G20-Gipfel zum Einsatz. Der Zweck von Kriegswaffen wie Sturmgewehren ist das Töten von Menschen. Werden sie im Umfeld von Demonstrationen, wie in Hamburg geschehen, eingesetzt, wird den Teilnehmenden insofern implizit mit ihrer Tötung gedroht. Unter diesen Voraussetzungen ist die freie Ausübung der Grundrechte Versammlungsfreiheit und freier Meinungsäußerung nicht mehr gewährleistet.

 

Deshalb fordern wir Abrüstung bei den Polizeien des Bundes und der Länder. Alle direkt in Kontakt mit den Demonstrierenden stehenden Polizist*innen müssen die Versammlungsfreiheit sicherstellen. Dazu gehört, dass Polizist*innen dem äußeren Erscheinungsbild und ihrer Ausrüstung nach nicht in erster Linie als potentielle Gefahrenquelle, sondern als politisch neutrale Grundrechtswahrer*innen wahrgenommen werden können. Pfefferspray und andere chemische Reizstoffe, sowie Panzerwagen und Wasserwerfer haben auf Demonstrationen grundsätzlich nichts zu suchen. Schlagstöcke und Schusswaffen dürfen nur im äußersten Notfall eingesetzt werden, wenn alle Mittel zur Deeskalation ausgeschöpft sind. Diese müssen abseits bereitgehalten getragen werden. Die Polizist*innen in der ersten Reihe müssen stets unbewaffnet sein.

 

Statt die Polizei mit immer schwereren Geschützen auszurüsten fordern wir einen stärkeren Fokus auf Deeskalationsstrategien innerhalb von Fortbildungen und in der Ausbildung der Polizist*innen.

Antrag /I/2018 Erhalt des Unterrichtsfachs Politische Bildung an der Polizeiakademie Berlin in hoher Qualität und Quantität

30.04.2018

Wir fordern die Mitglieder der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zu Berlin auf, sich dafür einzusetzen, dass das Unterrichtsfach Politische Bildung in hoher Quantität und Qualität in der Ausbildung von PolizeimeisteranwärterInnen an der Polizeiakademie Berlin durch dafür fachlich ausgebildetes Lehrpersonal mit praktischer Personalerfahrung fortgeführt wird.

 

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist klar, dass eine starke Polizei auf dem Fundament  der freiheitlichen demokratischen Grundordnung basiert. Ein Demokratieverständnis kann nur dann durch zukünftige Polizistinnen und Polizisten gelebt werden, wenn dies durch das Unterrichtsfach „Politische Bildung“ in angemessener Weise vermittelt wird.

Antrag /I/2018 Böllerzonen in Berlin einführen

30.04.2018

Die SPD fordert den Berliner Senat auf, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die ein Konzept erarbeiten soll, in welchen dicht besiedelten Kiezen in Berlin das Abschießen von Feuerwerk untersagt wird. Dabei sollen die Erfahrungen von Polizei, Ordnungsamt und Feuerwehr mit einfließen.

Antrag WV156/I/2018 Maßnahmen zur Verbesserung der Sauberkeit und Beleuchtung im öffentlichen Raum als Bestandteil der Sicherheitspolitik in Berlin

30.04.2018

Aktuell werden viele wichtige Ansätze und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitspolitik in Berlin, von der besseren Ausstattung der Sicherheitsbehörden bis zur Ausweitung der Videoüberwachung, auch innerhalb der SPD diskutiert. In einem ganzheitlichen Konzept der Berliner SPD zur Sozialen und Inneren Sicherheit sollen jedoch auch Aspekte wie die Sauberkeit und die ausreichende Beleuchtung im öffentlichen Raum durch die Aufnahme der nachfolgend beschriebenen Maßnahmen angemessene Berücksichtigung finden.

 

Die Sauberkeit im Stadtbild trägt wesentlich zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger bei. Zur Verbesserung der Sauberkeit im öffentlichen Raum wollen wir zum einen die Kontrollen der zuständigen Ordnungsämter in den Bezirken ausweiten und intensivieren, um illegale Müllentsorgung, Schmierereien, Verschmutzungen etc. zu verhindern. Dazu sollen die Ordnungsämter personell besser ausgestattet werden. Zum anderen wollen wir auch das Bewusstsein und das bürgerschaftliche Engagement der Anwohnerinnen und Anwohnern in den Berliner Kiezen vor Ort zur Erhaltung und Förderung eines sauberen und lebenswerten Wohnumfeldes stärken.

 

In Parkanlagen und auf der Straße wollen wir mehr Abfalleimer aufstellen, zerstörte Müllbehälter müssen regelmäßig erneuert werden. Auch die Zahl der Hundekotbeutelspender soll in den Bezirken deutlich erhöht werden. Im gesamten Stadtgebiet sollen mehr öffentliche Toiletten angeboten werden. Dabei ist es uns wichtig, dass die gesamte Infrastruktur an öffentlichen Toiletten in der Stadt den BürgerInnen kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Um die illegale Sperrmüllentsorgung im Stadtgebiet zu bekämpfen, soll zweimal im Jahr eine kostenfreie Sperrmüllabholung durch die BSR für die Bürgerinnen und Bürger in allen Bezirken angeboten werden, vergleichbar mit der Abholung der Tannenbäume im Januar.

 

Vor allem auch im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist es unser Ziel, illegale Graffiti/Schmierereien und Plakate sowie zerstörte Scheiben an städtischen Gebäuden innerhalb von 24 Stunden beseitigen oder ersetzen zu lassen, um der Vernachlässigung von Stadtgebieten und der Entstehung von Kriminalität effektiv entgegenzuwirken. Um den künstlerischen Aspekt von Graffitis zu stärken und Schmierereien im Stadtbild zu vermeiden, wollen wir die Anzahl von sog. „Free-Walls“ (Flächen zum legalen Gestalten mittels Graffitis) berlinweit erhöhen. Die Bezirke sollen dazu auch gezielt Gebäude (z.B. leerstehende Turnhallen) an Graffiti-Künstler freigeben. Die Flächen und Wände sollen so künstlerisch anspruchsvoll gestaltet werden.

 

Auch die ausreichende Ausleuchtung von Straßen, Plätzen und Parkanlagen in der Dunkelheit ist ein weiterer Eckpunkt unseres Sicherheitskonzeptes für Berlin. Die öffentliche Beleuchtung trägt wesentlich zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bei und beeinflusst die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Wir wollen durch die Aufstellung neuer Laternen im gesamten Stadtgebiet, insbesondere an kriminalitätsbelasteten Orten und in Parkanlagen, die Entstehung von „Angsträumen“ gezielt verhindern bzw. diese zurückdrängen. Zudem muss ein schneller Austausch von defekten Leuchtmitteln innerhalb von 24 Stunden stadtweit gewährleistet werden.

 

Die oben beschriebenen Sicherheitsaspekte im Hinblick auf die Sauberkeit und Beleuchtung im öffentlichen Raum sollen nicht nur für touristisch attraktive Stadtteile im Zentrum Berlins gelten, sondern auch in den Randbezirken der Stadt umgesetzt werden.