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Antrag 75/II/2017 Sicherheit für Radfahrer*innen an Kreuzungen kurzfristig und dauerhaft verbessern

14.10.2017

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats auf, darauf hinzuwirken, dass auf allen Straßen des übergeordneten Straßennetzes, auf denen noch keine Fahrradstreifen existieren bzw. keine geplant sind sowie auf allen Nebenstraßen, die Sicherheit für Radfahrer*innen erhöht wird.

 

Dazu sind mindestens drei Maßnahmen durchzuführen:

  1. Eine Radwegfurt mit Fahrradpiktogramm und roter Einfärbung muss eingerichtet werden. Diese müssen das Einfädeln in einen beginnenden Radweg bzw. das Überqueren und Abbiegen an Ampelkreuzungen und Vorfahrtsstraße sichern, indem sie sich optisch klar von der Fahrbahn abgrenzen.
  2. An Straßen mit Parkspur muss die Radwegfurt mindestens am ersten möglichen Parkplatz vor der Kreuzung beginnen, um das Einfädeln tatsächlich sicher zu gestalten.
  3. Je nach Situation ist das absolute Halteverbot ggf. um eine Fahrzeuglänge zu vergrößern. In jedem Fall müssen aber die beginnenden Zonen des absoluten Halteverbots mit Sperrflächen markiert werden. Damit das Halteverbot nicht umgangen werden kann, müssen geeignete bauliche Maßnahmen umgesetzt werden, wie z.B. das Aufstellen von Baken. Diese erhöhen zusätzlich die optische Aufmerksamkeit der Autofahrer*innen.

 

Diese Maßnahmen sind unabhängig von mittelfristig geplanten Straßenbaumaßnahmen durchzuführen. Dies gilt insbesondere für Kreuzungen, die nicht kurzfristig mit Fahrradanlagen ausgestattet werden sollen, wie Nebenstraßen, die nicht zu Fahrradstraßen umgebaut oder Hauptstraßen, die nicht kurzfristig mit Radwegen ausgestattet werden sollen. Mit diesen unaufwendigen Mitteln kann die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer*innen an allen Kreuzungen kurzfristig und dauerhaft verbessert werden.

 

Laut amtlicher Statistik kam es in Berlin im Jahr 2016 zu 7.495 registrierten Verkehrsunfällen mit Radfahrer*innenbeteiligung. Im selben Jahr sind gelichzeitig 19 Radfahrer*innen durch Verkehrsunfälle ums Leben gekommen – 9 mehr als im Jahr zuvor. Jeder dritte im Straßenverkehr verunglückte Mensch wird bei Unfällen mit Radfahrer*innenbeteiligung gezählt. Am häufigsten entstehen Unfälle zwischen Auto- und Fahrradfahrer*innen beim Abbiegen durch deutliches Fehlverhalten der Autofahrer*innen.

 

Diese kurze Auflistung aussagekräftiger Zahlen zeigt: Das Radfahren ist in Berlin noch immer lebensgefährlich. Gleichzeitig nutzen immer mehr Menschen dieses Verkehrsmittel und zwar längst nicht mehr nur im Innenstadtbereich oder um den Weg zur nächsten ÖPNV-Anbindung zu überbrücken. Das Fahrrad wird immer mehr zum flexiblen und konstant genutzten Substitut. Eine positive Entwicklung, sowohl für die Umwelt, als auch die Lebensqualität in der Stadt an sich. Umso mehr ist es die Verantwortung der Politik, dieser Entwicklung zum einen Rechnung zu tragen und sie zum anderen weiter zu fördern.

 

Die im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag festgehaltenen Maßnahmen gehen dabei in die richtige Richtung. An Hauptstraßen soll demnach ein Radstreifen errichtet werden, oft mit physischer Trennung des Radverkehrs vom Auto- und Fußgängerverkehr. Auf Nebenstraßen soll dazu ein Netz aus Fahrradstraßen entstehen. Dies sollte zügig umgesetzt werden und wird die Sicherheit verbessern.

 

Es bleiben allerdings Lücken an vielen Straßen und Kreuzungen. Diese entstehen durch lange Planungszeiträume und vor allem dadurch, dass viele Kreuzungen durch die Vorhaben der Koalition nicht abgedeckt sind. Die Forderungen des Antrags sollen helfen, diese Lücken zu schließen. Dadurch, dass sie vor allem auf die Gefahren beim Abbiegen an Kreuzungen eingehen, kann die Sicherheit durch kurzfristige und unaufwendige Lösungen schnell und deutlich erhöht werden.

Antrag 78/II/2017 Autoverkehr – aber bitte klimafreundlich! oder Die Zukunft ist elektrisch!

14.10.2017

Die Sozialdemokratie bedarf einer erneuerten umweltpolitischen Ausrichtung, die sich nicht an Konzerninteressen, sondern an die Einhaltung klima-sowie umweltpolitischer Standards orientiert.

 

Daher fordern wir:

  • Umweltschädliche Subventionen verhindern eine klimagerechte Verkehrspolitik und müssen deshalb sukzessive abgebaut werden. Das Privileg für den Dieselkraftstoff bei der Mineralölsteuer wird abgeschafft;
  • Die Schadstoffgrenzen müssen eingehalten und Elektromobilität vorangetrieben werden. Ab 2035 werden keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor in Deutschland zugelassen. Die dafür notwendige Infrastruktur muss jetzt geschaffen werden;
  • Die Automobilhersteller*innen müssen für das Erreichen der Umwelt- und Klimaziele im Verkehrssektor in die Pflicht genommen werden. Autos, die die Grenzwerte auf der Straße nicht einhalten, müssen auf Kosten der Konzerne nachgebessert und wo nötig umgetauscht werden;
  • Für eine wirksame Verkehrswende muss Mobilität auch jenseits des motorisierten Individualverkehrs gestaltet werden. Der ÖPNV und der Radverkehr sind daher sowohl in urbanen als auch ländlichen Regionen echte Alternativen zum Auto auszubauen. Des Weiteren sollen Ansätze zur Reduzierung des Autoverkehrs gefördert werden.

Antrag WV79/II/2017 Diesel-Skandal muss Konsequenzen haben – Rechte der Betroffenen stehen an oberster Stelle!

14.10.2017

Vor zwei Jahren begann der Skandal um Betrugssoftware in Dieselfahrzeugen von VW. Was sich als Versagen eines einzelnen Konzerns dargestellt hatte, entpuppt sich nun als organisierter Betrug deutscher Autohersteller und Teilen der Zulieferindustrie. Aufsichtsbehörden und Teile der Politik haben diesen Skandal mit ermöglicht.

 

Der „Dieselgipfel“ Anfang August hat zur Lösung des Problems nicht beigetragen und den Eindruck erweckt, Politik und Wirtschaft würden die gesundheitlichen Belastungen der von den Emissionen tagtäglich Betroffenen in den Städten ignorieren und auch die Konsequenzen für die Eigner*innen von Dieselfahrzeugen nicht beachten.

 

Die Politik muss hier umsteuern: Die Autokonzerne und ihre Manager*innen in die Verantwortung zu nehmen, ist eine Frage der Gerechtigkeit. Es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Autofahrer*innen dürfen nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Arbeitnehmer*innen dürfen nicht den Preis für die Verfehlungen der offenbar entrückten Vorstände zahlen müssen.

 

Deshalb fordern wir, aus dem Diesel-Skandal folgende Konsequenzen zu ziehen:

 

1. Notwendige technische Nachrüstungen für betroffene Dieselautos müssen auf Kosten des jeweiligen Autobauers bei voller Kompensation der Eigentümer*innen ausgeführt werden. Es ist wahrscheinlich, dass Software-Aktualisierungen allein nicht helfen werden, um Dieselabgase zu reinigen. Die Verantwortlichen müssen aufhören den Bürger*innen in die Tasche zu lügen. Hier hilft nur eines: Die Konzerne müssen klare Garantien abgeben, dass die Software-Updates erstens die angegebenen Umweltentlastungen erreichen und zweitens die vorhandene Hardware nicht schädigen. Weiterhin ist eine persönliche Haftung der Vorstände notwendig, wie sie z.B. bei kleinen und mittleren Unternehmen üblich ist. Erst wenn die Garantien und die persönlichen Haftungserklärungen abgegeben sind, zeigt die Automobilindustrie, dass sie wirklich ernsthaft das Kapitel „tricksen und täuschen“ beenden will.

 

2. Die Rechtsdurchsetzung für Verbraucher*innen muss verbessert werden. Wer Recht hat, soll auch Recht bekommen. Eigentümer*innen von betroffenen Fahrzeugen sollten einfacher und kostengünstiger ihr Recht vor Gericht durchsetzen können. Durch die Einführung einer Musterfeststellungsklage wollen wir diese Möglichkeit schaffen und Verbraucher*innen stärken. Qualifizierte Verbände sollen rechtliche Streitigkeiten, die viele Verbraucher*innen betreffen, künftig mit nur einer Klage vor Gericht klären lassen können. Das Musterverfahren wird in einem elektronischen Klageregister öffentlich bekannt gemacht, die Anmeldung soll gegen eine geringe Gebühr erfolgen. Mit der Musterfeststellungsklage schaffen wir ein Instrument, mit dem Verbraucher*innen ihre Rechte auch gegenüber Großkonzernen einfach und rasch durchsetzen können. Bislang sind die Menschen oft auf sich allein gestellt: Sie müssen sich ihr gutes Recht individuell, kompliziert und teuer zu erstreiten. Das hält viele Betroffene davon ab, ihre Ansprüche durchzusetzen. Heiko Maas und Martin Schulz haben hier bereits einen Vorschlag dazu vorgelegt. Die Musterfeststellungsklage könnte in Deutschland bereits längst Gesetz sein und den Autokäufer*innen offenstehen, wenn die Union sie nicht blockiert hätte.

 

3. Die Sicherung von Arbeitsplätzen und des Wirtschaftsstandorts Deutschland muss oberste Priorität haben. Mit der Bildung eines illegalen Automobilkartells hat die deutsche Autoindustrie nur Verlierer*innen produziert. Verbraucher*innen und die Umwelt zahlen die Zeche. Der Ruf Deutschlands als innovativer Technologiestandort – insbesondere im Bereich der Umwelttechnik – leidet massiv. Die Autoindustrie muss stärker kontrolliert werden und mit allen Mitteln der Wettbewerbsmarkt wiederhergestellt werden.

 

4. Politik und Autoindustrie müssen entflochten, Wechsel von Ministerien in die Industrie erschwert und Lobbyist*innen stärker kontrolliert werden. Der Dieselskandal ist auch durch die enge Verflechtung von Politik und Automobilwirtschaft ermöglicht worden. Effektive Aufsicht kann nur durch strikte Trennung erfolgen. Daher gilt es, die engen Verflechtungen zwischen Automobilindustrie und Politik zu kappen. Mitarbeiter*innen der Automobilkonzerne dürfen nicht mehr länger im Verkehrsministerium tätig sein. Spitzenpolitiker*innen dürfen nicht einfach aus Ministerien innerhalb weniger Wochen in Vorstandsposten der Industrie wechseln und Einfluss auf Regierungshandeln nehmen dürfen. Wir fordern daher eine verlängerte Abklingphase von zwei Jahren, bevor hochrangige Ministeriumsmitarbeiter*innen ihrer Kontakte wegen in die Wirtschaft wechseln dürfen. Den Fall des Kanzlerin-Vertrauten, Eckhard von Klae­den, der nun im Abgasskandal das Kanzleramt beeinflusst hat, hätte es nie geben dürfen.

 

5. Wir brauchen einen klaren Stufenplan hin zu emissionsfreier Mobilität. Ähnlich wie im Bereich Atom- und Kohleindustrie, brauchen wir einen Stufenplan, um einen Übergang zu emissionsfreier Mobilität zu schaffen. Dazu verpflichtet uns schon das Pariser Klimaabkommen. Nur eine politische Entscheidung kann die nötige Klarheit für alle Marktteilnehmer*innen und gute Rahmenbedingungen für Innovationen schaffen. Dieselabgase zu reinigen ist aufwendig und teuer und sollte lediglich eine Übergangstechnologie hin zu emotionsfreier Mobilität sein. In einem ersten Schritt sind die Subventionen für Diesel zu streichen und die freiwerdenden Mittel sind in einem guten öffentlichen Nahverkehr, in Forschungsgelder für emissionsfreie Mobilität und den Umbau unserer Strom- und Gasnetze umzulenken.

 

6. Der Umgang mit Fahrverboten und Umrüstungen muss sozial verträglich umgesetzt werden. Es muss sichergestellt werden, dass Bewohner*innen von Innenstadtbereichen nicht doppelt belastet werden. Einerseits leiden Sie am meisten unter den Emissionen und verlieren unter Umständen auch noch die Erlaubnis ihr Fahrzeug zu nutzen. Besonders Kleinunternehmer*innen müssen davor geschützt werden unverschuldet ihrer Arbeit nicht nachgehen zu können, weil Fahrzeuge nicht mehr nutzbar sind.

 

7. Verantwortlichkeiten müssen schonungslos aufgeklärt werden. Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, welche Unternehmen und Personen wann und in welchem Rahmen betrogen haben. Ebenso ist lückenlos aufzuklären, ob Aufsichtsbehörden Fehler oder sich gar mit schuldig gemacht haben sowie ob und ab wann Regierungsmitglieder auf Landes- und Bundesebene von den Betrugsvorwürfen und der Kartellbildung gewusst haben. Es muss klargestellt werden, dass Manager*innen bei schwerem Fehlverhalten zukünftig einer persönlichen Haftung unterzogen werden, aus der sie sich auch nicht durch Versicherungen herauskaufen können.

 

8. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor den krebserzeugenden Dieselmotoremissionen effizient schützen. Der neu beschlossene und im Oktober veröffentlichte Grenzwert bei Dieselmotoremissionen von 50 Mikrometer (µm) muss eingehalten werden. zur Überwachung und Überprüfung müssen dafür die Arbeitsschutzbehörden mit den notwendigen personellen und technischen Ressourcen ausgestattet werden.

Antrag 83/II/2017 Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, Teilhabe am Arbeitsmarkt, solidarisches Grundeinkommen

14.10.2017

für eine soziale Grundsicherung für Arbeitssuchende, für ein neues Sozialgesetzbuch II

Passiv-Aktiv-Transfer auch in Berlin einführen

Wir fordern das Förderinstrument „Passiv-Aktiv-Transfer“ (PAT) nachhaltig im System des Arbeitslosengeldes II (ALG-II) auf Landesebene zu integrieren.

Zielstellung des Passiv-Aktiv-Transfers ist die langfristige Integration von Menschen in den ersten Arbeitsmarkt auf Basis tarifgebundener, sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse zu fördern.

 

Antrag 44/III/2016 Ein Recht auf Kultur - Kultur für Alle!

22.11.2016

Berlin hat eine pulsierende und international geschätzte Kulturlandschaft, welche die vielen jährlich hierher kommenden Besucher*innen sowie die hier lebenden Menschen begeistert und die Stadt lebenswerter macht. Mehr als 160.000 Beschäftigte wirken in der Kultur-und Kreativwirtschaft, 20.000 professionelle Künstler*innen arbeiten hier in diversen Kunstprojekten, großen staatlichen Museen, Theatern oder aber in kleinen, unabhängigen Projekten. Das Angebot in Berlin ist groß, die Berliner Kulturlandschaft unkonventionell. Berlin bietet künstlerische Freiräume, die wichtige Aufgaben für ein solidarisches Miteinander übernehmen. Wir wollen diese Kulturlandschaft erhalten und uns dafür einsetzen, dass weiterhin eine Entwicklung möglich ist, die ein kiezspezifisches Angebot schafft und dabei auf ein ausgewogenes Verhältnis von Kultur mit kommerziellem wie nicht-kommerziellem Charakter achtet.

 

Die kulturelle Landschaft ist ein wichtiger Bestandteil unserer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft. Nicht nur, weil Kulturschaffende tagespolitische Themen schwerpunktmäßig in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Arbeit stellen; kulturelle Angebote sind auch Bildungsangebote, die vielerorts einen bedeutenden Bezugspunkt für gelebte Integration und Austausch zwischenverschiedenen Lebensmodellen und kulturellen Settings darstellen. Kultur als von Menschen für Menschen geschaffene Ausdrucksform ist dabei ein kommunikatives Medium verschiedener Diskussionen, Erzählungen und/oderpolitischer Ansichten. In einer pluralistischen Gesellschaft thematisieren emanzipierte kulturelle Erzeugnisse (kritisch) aktuelle Entwicklungen und machen auf Missstände aufmerksam. Beispielsweise sind Theaterhäuser für viele Menschen nicht nur Unterhaltungsmedien, sondern beinhalten darüber hinaus eine Kontaktebene, die den (inter-)kulturellen Austausch ermöglicht.

 

Unser Kulturverständnis muss inklusiv sein. An vielen Stellen jedoch versperren Hürden den Zugang zu kultureller Partizipation, das wiederum eine Ungleichheit nach sich zieht, die es zu überwinden gilt. Der in der Berliner Verfassung verankerte Grundsatz, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten bzw. dieses zu fördern (Art 20, 21 VvB) stellt zwar keine politische Verpflichtung zur Erhaltung oder Errichtung bestimmter kultureller Einrichtungen dar. Dennoch erwächst daraus ein kulturpolitischer Gestaltungsauftrag. Dieser sollte in erster Linie einem partizipatorischen Kulturverständnis folgen und allen Menschen einen Zugang zu den zahlreichen kulturellen Angeboten ermöglichen. Dabei ist darauf zu achten, dass profitorientierte Einrichtungen keine Monopolstellung innerhalb der Kulturlandschaft einnehmen. Die Förderung der „großen“ Theater, Konzerthäuser etc. darf nicht zu Ungunsten unabhängiger, kleiner Kulturprojekte erfolgen. Diese müssen nachhaltig gefördert und zugleich Teil der Strukturen im Kiez werden, so dass wiederum Menschen solidarisch miteinander umgehen und  der (inter-)kulturelle Austausch über die kulturellen Angebote ermöglicht wird. Kulturprojekte in der Nachbarschaft sollen stärker gefördert werden. Die Politik muss die Potenziale der Stadt Berlin sowohl auf Landesebene als auch in den Bezirken besser erkennen und ausschöpfen. Dafür muss ein besserer Dialog zwischen den Bezirksverordnetenversammlungen und der Senatskanzlei, aber auch den Kulturschaffenden sowie -rezipierenden entstehen.

 

Kultur ist ein Teil der (Heraus-)Bildung eines reflektierten, kritischen und emanzipierten  Umgangs mit der eigenen Lebenswelt. Gerade junge Menschen sollten frühzeitig von den vielfältigen Angeboten profitieren können. Aber auch Menschen, die aufgrund von finanziellen Hürden nicht auf das Angebot Zugriff haben müssen in einer progressiven Kulturlandschaft mitgenommen werden. Um Empfänger*innen von Transferleistungen den Zugang zum kulturellen Angebot zu erleichtern gibt es bislang das 3-Euro-Kulturticket. Dieses Instrument geht in die richtige Richtung und muss weiter Fördermitteln des Landesunterstützt sowie öffentlichkeitswirksam beworben werden. Wir plädieren in dieser Hinsicht für eine Öffnung der Museen, Ausstellungen und Theaterhäuser und fordern die Abschaffung des Eintrittsgeldes für Studierende, Schüler*innen, Transferleistungempfänger*innen, Auszubildende, FSJ-ler*innen, Bufdis und weitere. Wir fordern, dass alle staatlichen Museen und Theaterhäuser an einem festen Tag in der Woche für alle Besucher*innen kostenfrei zugänglich sind.

 

Gerade in Bildungsinstitutionen wie Hochschulen und Schulen muss der Zugang zu kulturellen Einrichtungen gefördert werden. Theater ist gewissermaßen immer ein Spiegel der Gesellschaft. Es gibt viele Theaterprojekte an Schulen, die Themen wie Rassismus und Ausgrenzung thematisieren.  So kann angesichts von rechtspopulistischen Tendenzen in unserer Gesellschaft das Demokratieverständnis von jungen Menschen geformt und gefördert werden. Allerdings fehlt vielfach staatliche finanzielle Unterstützung, um vorhandene Projekte auszubauen und an die Schulen tragen zu können.

 

Durch den Ausbau eines kostenfreien Zugangs können Bevölkerungsgruppen, die sonst im Zugang zu kulturellen Gütern diskriminiert werden, gesellschaftlich eingegliedert statt ausgegrenzt werden. Der Geldbeutelentscheidet leider immer noch über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Gerade für Empfänger*innen von Transferleistungen bleiben die Türen zu kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen meist verschlossen. Wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft, die sollte sich auch in Museen und Theaterhäusern widerspiegeln. Der Geldbeutel steht momentan für gesellschaftliche Separierung. Gerade der integrative Charakter von Kunst und Kultur eröffnet die Möglichkeit, Geflüchtete in der Mitte der Gesellschaft ankommen zu lassen. Diesen bereits begonnen Prozess muss die Politik weiter voranbringen und Initiativen, die Geflüchtete (besonders im Kiez) in die Arbeit mit einbeziehen, unterstützen.

 

Menschen mit Behinderungen werden auf dem Arbeitsmarkt stark diskriminiert. Nicht nur der Zugang zu Jobs wird ihnen kaum bis fast gar nicht möglich gemacht. In den gegenwärtigen  Ausstellungen und Theaterinszenierungen sind Menschen mit Behinderungen kaum zu sehen. Deshalb ist es vor allen Dingen wichtig, dass Projekte, wie z.B. das Theater „RambaZamba“, das selbst von Menschen mit Behinderungen geschaffen worden sind und bei denen sie selbst in ihrer Entwicklung und Kreativität gefördert werden, auch finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite erfahren. Doch die Ausgrenzung zeigt sich nicht nur beim Zugang zu Jobs im kulturellen Sektor, sondern auch bei der Bezahlung. Arbeit, die von Künstler*innen mit Behinderungen geschaffen worden ist, wird sehr schlecht bezahlt. Deshalb ist es wichtig, dass eine Angleichung des Arbeitsentgelts stattfindet. Wir sind gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse von freischaffenden Künstler*innen und fordern deshalb den Mindestlohn in Kulturbetrieben sowie bei freischaffenden Künstler*innen. Ferner fordern wir Tarifverträge für alle nicht-künstlerisch Beschäftigten an staatlichen Theatern und Museen.

 

Deshalb fordern wir:

  • einen kostenfreien Zugang zu staatlichen Museen, Ausstellungen und öffentlichen Theaterhäusern für Studierende, Schüler*innen und Transferleistungsempfänger*innen, Auszubildende, FSJ-ler*innen, Bufdis und weitere.
  • die Förderung kultureller Projekte an Bildungseinrichtungen.
  • eine stärkere Einbindung und Förderung von Kulturschaffenden mit Migrationsbiographie in die Kunst- und Theaterszene Berlins.
  • die finanzielle Stärkung inklusiver Projekte und die Anpassung des Arbeitsentgelts auf ein gleiches Niveau.
  • Gender Mainstreaming und interkulturelle Aspekte berücksichtigen sowie Gender Budgeting anwenden
  • Bei subventionierten kulturellen Einrichtungen muss es einen Haustarif für die dort auftretenden Künstler*innen geben. – der Mindestlohn muss flächendeckend für die Kreativ-und Kulturwirtschaft und v.a. für die Arbeit in Behindertenwerkstätten gelten.