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Antrag 143/II/2018 Image- und Aufklärungskampagne für die Freiwillige Feuerwehr

12.10.2018

Etwa 80% der Einsätze der Feuerwehr sind Rettungsdienste. Der Anteil der Rettungsdienste unter allen Einsätzen der Feuerwehr ist in den letzten Jahren massiv angestiegen. Dieser Anstieg ist nicht alleine durch das Wachstum Berlins zu erklären. Der Notruf der Feuerwehr 112 ist zuständig für lebensbedrohliche Situationen, bei denen schnelle Hilfe notwendig ist. Von 454.143 Einsätzen im Jahr 2016 entfallen 374.942 auf den Rettungsdienst. Die durchschnittliche Hilfszeit bei diesen Einsätzen liegt bei 9,54 Minuten. Leider sind unter den über die 112 abgesetzten Notrufen auch Einsätze, bei denen eine Soforthilfe nicht unbedingt notwendig ist, sondern ein Krankentransport oder ärztliche Hilfe zu Hause ausreichend wäre. Hierbei würde ein Anruf beim kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, der ebenfalls deutschlandweit einheitlich unter der 116 117 erreichbar ist, den Notruf und die Einsatzkräfte der Feuerwehren entlasten. Ein weiterer Vorteil des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes stellt zudem die finanzielle Entlastung der Krankenkassen dar, die für den Notfalleinsatz ein Vielfaches mehr zahlen, als für einen Krankentransport.

 

In der Gesellschaft genießt die Feuerwehr einen hohen Stellenwert. Dennoch nimmt das Engagement in den Jugendfeuerwehren und Freiwilligen Feuerwehren stetig ab. Des Weiteren werden häufiger tätliche Übergriffe auf Rettungskräfte registriert. Beispiele von auf eine Notärztin geworfene voll gefüllte Glasflasche und eine mutwillige Beschädigung von Rettungswagen und Behinderung der Einsatzkräfte bei einer Re-animation eines Kindes sind hierbei nur die Spitze des Eisbergs. Eine Werbe- und Imagekampagne für das freiwillige Engagement in der Feuerwehr mit dem Hintergrund der Sicherung des städtischen Lebens soll einerseits Respekt und Achtung für die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr in der Gesellschaft schaffen und im Idealfall die Eintrittszahlen in die Freiwilligen Feuerwehren erhöhen.

 

Wir fordern deshalb die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats, die kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen auf

1)      eine Aufklärungskampagne zur Unterscheidung des Notrufs 112 und des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 zu starten und das Thema auch in schulische Lehrinhalte aufzunehmen.

2)      eine Imagekampagne für die Jugendfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport

Antrag 141/II/2018 Freiwillige Feuerwehr stärken

12.10.2018

Spätestens seit der Kampagne „Berlin brennt“ stehen die personal- und finanzwirtschaftlichen Mängel der Berliner Feuerwehr im Fokus. Wie aus einer Schriftlichen Anfrage an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hervorgeht, beträgt der Investitionsstau allein beim Fuhrpark der Berliner Feuerwehr 160 Millionen Euro. Die fehlenden Finanzmittel sind vor allem eine Folge der Sparpolitik der letzten Jahre. Die in diesem Jahr angekündigten Investitionen des Berliner Innensenators Andreas Geisel sind zwar ein erster, bitter nötiger Schritt in die richtige Richtung, gehen aber für den zu bewältigenden Aufgabenkatalog der Feuerwehr nicht weit genug.

 

Die Ehrenamtlichen der Freiwilligen Feuerwehr treffen diese Probleme durch die Doppelbelastung von Berufs- und Freiwilligentätigkeit umso schwerer. Dennoch tragen die Ehrenamtlichen einen maßgeblichen Anteil an der zivilen Sicherheit Berlins mit insgesamt 454.143 Einsätzen im Jahr 2016.

 

Forderungen

Um die Arbeit der Feuerwehr und die Tätigkeit der Ehrenamtlichen zu erleichtern fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats, insbesondere die Senatoren für Inneres und für Finanzen, sowie die Mitglieder der Abgeordnetenhausfraktion auf:

1)      Eine Beschaffung von mindestens 50 Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeugen, sowie die Prüfung zur Anmietung von Einsatzfahrzeugen zur Überbrückung bis zum Eintreffen der beschafften Fahrzeuge

2)      Eine Bezuschussung der Fördervereine der freiwilligen Feuerwehren Berlins mit mindestens 5€ pro Monat pro Freiwilliger*m aus öffentlicher Hand

3)      Die Erhöhung des SIWANA-IV-Investitionsrahmens für die bauliche Sanierung von Feuerwehrgebäuden mit Fokus auf Umkleide- und Sanitärbereiche

Antrag 142/II/2018 Freiwillige Feuerwehr stärken

11.10.2018

Das Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr (FF) bietet für viele Menschen einen Ort zur Selbstverwirklichung und zur Gestaltung der Gesellschaft und spielt außerdem eine große Rolle für gesellschaftliche Solidarität. In der Jugendfeuerwehr als Untergruppe der Freiwilligen Feuerwehr werden Jugendlichen wichtige Werte für das Zusammenleben vermittelt. Dieses Engagement muss wertgeschätzt werden.

 

Laut Berliner Feuerwehrgesetz besteht die Berliner Feuerwehr aus Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr. Die Freiwillige Feuerwehr hat daher für die öffentliche Sicherheit in Berlin den gleichen Auftrag wie die Berufsfeuerwehr. Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr müssen vor ihrem ersten Einsatz daher eine 230-stündige Qualifizierung absolvieren, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Eintritt abgeschlossen sein muss. Dennoch tragen die Ehrenamtlichen einen maßgeblichen Anteil an der zivilen Sicherheit Berlins mit insgesamt 454.143 Einsätzen im Jahr 2016.

 

Nicht erst seit diesem Jahr stehen die personal- und finanzwirtschaftlichen Mängel der Berliner Feuerwehr im Fokus. Wie aus einer Schriftlichen Anfrage an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hervorgeht, beträgt der Investitionsstau allein beim Fuhrpark der Berliner Feuerwehr 160 Millionen Euro. Die fehlenden Finanzmittel sind vor allem eine Folge der Sparpolitik der letzten Jahre.

 

Missstände wie den Fahrzeugmangel der Berufsfeuerwehr bekommt die Freiwillige Feuerwehr direkt zu spüren, weil dann Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr der Berufsfeuerwehr zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Einsatzbereitschaft einiger Wachen der Freiwilligen Feuerwehr ist deshalb bereits nicht gegeben oder gefährdet.

 

In der Gesellschaft genießt die Feuerwehr einen hohen Stellenwert. Dennoch nimmt das Engagement in den Jugendfeuerwehren und Freiwilligen Feuerwehren stetig ab. Des Weiteren werden häufiger tätliche Übergriffe auf Rettungskräfte registriert. Eine Werbe- und Imagekampagne für das freiwillige Engagement in der Feuerwehr mit dem Hintergrund der Sicherung des städtischen Lebens soll einerseits Respekt und Achtung für die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr in der Gesellschaft schaffen und im Idealfall die Eintrittszahlen in die Freiwilligen Feuerwehren erhöhen.

 

Forderungen

Um die Arbeit der Feuerwehr und die Tätigkeit der Ehrenamtlichen zu erleichtern fordern wir:

1)           Eine ausgiebige Fahrzeugausschreibung und -beschaffung von mindestens 50 Fahrzeugen für den Typ LHF, sowie die Prüfung zur Anmietung von Einsatzfahrzeugen zur Überbrückung bis zum Eintreffen der beschafften Fahrzeuge

2)           Eine Bezuschussung der Fördervereine der freiwilligen Feuerwehren Berlins mit mindestens 5€ pro Monat pro Freiwilliger*m aus öffentlicher Hand

3)           Die Erhöhung des SIWANA-IV-Investitionsrahmens für die bauliche Sanierung von Feuerwehrgebäuden mit Fokus auf Umkleide- und Sanitärbereiche

4)           Eine Imagekampagne für die Jugendfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr durch die 28 Senatsverwaltung für Inneres und Sport

 

Die Berliner Feuerwehr hat laut Jahresbericht 2016 etwa 191 Löschfahrzeuge im Fuhrpark, davon ein Großteil sogenannte Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuge (LHF). Aufgrund seiner vielseitigen Ausstattung ist das LHF das Allroundfahrzeug der Feuerwehr und wird bei Notrufen zu unterschiedlichsten Einsätzen alarmiert. Da in Berlin stets der „First Responder“, also das nahegelegenste einsatzbereite Fahrzeug, zu einem Notruf fährt, ist das LHF und seine Besatzung auch bei Rettungsdiensten tätig und unterstützt den Notärzt*innen- oder Rettungswagen vor oder nach dem Eintreffen. Im Jahr 2016 wurde das LHF insgesamt 72.132 Mal alarmiert und ist somit nach dem Rettungswagen und dem Notärzt*inneneinsatzwagen das am dritthäufigsten ausrückende Fahrzeug der Feuerwehr.

 

Nach aktueller Aussage des Landesfeuerwehrverbandes haben 80% der 108 einsatzfähigen LHF die vorgesehene Nutzungsdauer von 14 Jahren deutlich überschritten. Zur weiteren Sicherstellung der zeitnahen Versorgung der Bevölkerung bei Notrufen ist jetzt eine Investition in die Zukunft erforderlich. Die Beschaffung von mindestens 50 LHF neuer Bauart bedeutet bei Fahrzeugpreisen von 700k-1Mio Euro eine Zusatzinvestition von maximal 50Mio Euro. Um die Zeit zu überbrücken, die die Ausschreibung der Fahrzeuge und Bereitstellung durch den*die Hersteller*in in Anspruch nimmt, muss die Möglichkeit einer Anmietung von Leihfahrzeugen ähnlicher Bauart in Betracht gezogen werden.

 

Die Freiwilligen Feuerwehren Berlins haben zur Aufrechterhaltung des täglichen Betriebs und zur Anschaffung kleinerer Werkzeuge gemeinnützige Fördervereine gebildet, in denen die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren Mitglied sind. Da tendenziell jede Wache über einen eigenen Förderverein verfügt, gibt es in Berlin 57 Fördervereine der Freiwilligen Feuerwehren. Über einen jährlichen Beitragssatz und private Spenden werden die Ausstattung der Wache und die Bereitstellung von Speisen und Getränken auf der Wache sichergestellt. Aufgrund der behördenähnlichen Struktur der Freiwilligen Feuerwehren dürfen diese kein eigenes Kapital verwalten und haben in den Fördervereinen die Möglichkeit, kurzfristige Anschaffungen zu finanzieren. Die Bezuschussung der gemeinnützigen Fördervereine aus Mitteln der öffentlichen Hand ist rechtlich möglich, da die Fördervereine allgemeine Interessen der Stadt und ihrer Einwohner*innenschaft wahrnehmen. Eine Bezuschussung der Fördervereine aus öffentlicher Hand entlastet die Freiwilligen Feuerwehren finanziell und gibt den Feuerwehrangehörigen einen weiteren Spielraum bei der Ausstattung ihrer Wachen und Fahrzeuge.

 

Die bisher an die Feuerwehrangehörigen gezahlte Aufwandsentschädigung von 3,5 €/h soll durch eine Zahlung von 5 €/Monat pro Feuerwehrangehöriger*m an den Förderverein ergänzt werden. Diese zusätzliche Förderung wird nicht den Feuerwehrangehörigen ausgezahlt, sondern dient dem Förderverein für die Ausgaben der Wache. Die Höhe der monatlichen Förderpauschale soll zukünftig mit allen relevanten Partner*innen im Dialog evaluiert und ggf. angepasst werden.

 

Die Wachen der Feuerwehr befinden sich oft in stark sanierungsbedürftigem Zustand. Hierbei unterscheiden sich Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr kaum. Häufig stehen Umkleide- und Sanitärbereiche in keinem Verhältnis zu den wahrzunehmenden Aufgaben der Feuerwehrangehörigen. Wer nach einem Einsatz in der Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst auf die Wache zurückkehrt, benötigt Zeit für sich und Ruhe. Die zur Verfügung gestellten Umkleiden gewährleisten dies nicht. Die auf den Feuerwachen eingebauten Duschen vermitteln einen klaustrophobischen Eindruck und sind nicht dafür geeignet, einen zurückliegenden Einsatz verarbeiten zu können. Dazu kommt häufig, dass für alle Einsatzbeteiligten (mindestens 6 Feuerwehrangehörige auf einem Einsatzwagen) nur eine einzige Dusche zur Verfügung steht. Solche Zustände sind für die psychologischen Belastungen, denen Feuerwehrangehörige in Ihren täglichen Einsätzen ausgesetzt sind, nicht angemessen. Deshalb fordern wir, dass die Finanzmittel für die baulichen Maßnahmen deutlich erhöht werden und bei den Sanierungsmaßnahmen vorrangig für adäquate Sanitärbereiche eingesetzt werden. Im Jahr 2016 lagen die Investitionen für die Sanierung von Feuerwehrgebäuden bei lediglich 10Mio Euro.

Antrag 154/II/2018 Mehr als nur ein Spiel - Lootboxes systematisch durch die Glücksspielaufsicht auf das Vorhandensein von Glücksspielelemente überprüfen lassen

11.10.2018

Im Laufe der letzten Jahre hat die Videospielbranche massiv an Bedeutung gewonnen. Die Umsätze dort sind inzwischen weit über denen von anderen Medien wie zum Beispiel dem Fernsehen. Im Zuge dieses massiven Zuwachses wird auf Seiten der Entwickler*innen auch fleißig daran gearbeitet, mit möglichst vielen Aspekten dieser Spiele den Profit der Unternehmen zu maximieren. Ein immer bedeutsamerer Teil geht dabei auf die sogenannten „Lootboxes“ zurück. „Lootboxes“ bezeichnen dabei im Spiel erhältliche Elemente, bei denen der Inhalt, der der Nutzer*in ausgespuckt wird, rein zufällig bestimmt wird. Die Nutzer*in hat somit keinerlei Einfluss auf die „Preise“, die sie im Zuge dieser Transaktion zugesprochen bekommt.  Damit bedienen sie sich des Prinzips des klassischen Glücksspiels, bei dem Gewinn oder Verlust ebenfalls nicht durch die Spieler*in kontrollierbar sind.

 

Zwar können diese „Lootboxes“ manchmal auch direkt mit der Währung innerhalb des Spieles gekauft werden und es entsteht dadurch keine Gefahr eines finanziellen Verlustes, oft bietet sich jedoch auch die Möglichkeit, diese in Form von Geld zu erwerben. In manchen Fällen ist es sogar möglich, diese gar später auf einem digitalen Marktplatz für Geld in Form von Guthaben zu verkaufen. Dabei sind es besonders Minderjährige oder Suchtanfällige, die diesem Prinzip zum Opfer fallen und so in manchen Fällen leicht einen vierstelligen Betrag im Monat für „Lootboxes“ ausgeben. In vielen dieser Fälle führt dies wie bei einer „klassischen“ Spielsucht auch zu einer Abwärtsspirale, an deren Ende oft massive Schulden und die daraus resultierenden sozialen Folgen stehen.

 

Zwar wurde diese Thematik in bereits von der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten aufgegriffen, ob „Lootboxes“ gegen das Verbot von Kaufappellen an Kinder und Jugendliche verstoße. Diese Untersuchung führt allerdings an der eigentlichen Problematik vorbei. Die Problematik besteht primär darin, dass es für diese Art der Transaktion keinerlei Rechtsprechung gibt und damit auch keine juristische Literatur dies behandelt. Dies macht die Ausnutzung durch Publisher sehr einfach, da sie keinerlei juristische Konsequenzen zu fürchten haben. Andere Länder wie die Niederlande oder Belgien sind dort bereits weiter und haben bestimmte Formen von Lootboxes als Glückspiel eingestuft. Deshalb fordern wir folgende Maßnahmen, um die Unklarheiten bezüglich der Legalität solcher Angebote klären zu können:

 

  • Sämtliche für Echtgeld erwerbbaren Spielelemente, deren Inhalt und Umfang vom Zufall abhängig sind sollen durch das Bundesjustizministerium dahingehend überprüft werden, ob diese in bestimmten Formen  den Mechaniken des klassischen Glückspiels gleichen. Es soll eine Methode gefunden werden, diese zu regulieren.
  • Spiele, die In-Game-Zahlungen enthalten, sollen dahingehend grundsätzlich einer Altersfreigabeprüfung unterzogen werden. Alle Spiele, die In-Game-Zahlungen enthalten, sollen eine Altersfreigabe FSK18 erhalten

 

Die Definition von Glückspiel soll dahingehend überprüft werden, inwiefern sie die durch die Digitalisierung entstandenen Praktiken wie beispielsweise die angesprochenen „Lootboxes“ noch zeitgemäß ist. Sollte im Zuge dieser Untersuchung festgestellt werden, dass dies nicht der Fall ist, muss eine schnellstmögliche Überarbeitung entwickelt werden, die die Anforderungen der heutigen Zeit erfüllen kann.

Antrag 02/II/2018 Sicher leben in Berlin – wir wollen Urbane Sicherheit!

6.09.2018

12.04.2018 | Entwurf eines Beschlusstextes für die SPD-Berlin

1. Dynamische Stadtgesellschaft: Wachstum, Vielfalt und soziale Polarisierung

In einer wachsenden, sich zunehmend fragmentierenden und dynamischen Stadtgesellschaft gehört die Gewährleistung der sozialen und persönlichen Sicherheit ihrer Mitglieder zu den wichtigsten politischen Herausforderungen aktueller Stadtpolitik. Die Menschen wollen ihr Leben selbstbestimmt führen. Voraussetzungen sind soziale und persönliche Sicherheiten, die es erlauben längerfristig zu planen, im eigenen Lebensverlauf erstrebenswerte Ziele zu verfolgen und nicht allein aus Zwängen heraus zu handeln. Wir wollen Sicherheit für alle Menschen in ihrer Verschiedenheit und unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Einkommen, Alter, Gesundheit, kulturellem Hintergrund, religiöser oder sexueller Orientierung.

 

Berlin wächst und diese Entwicklung ist verbunden mit einer zunehmenden Diversität und sozial-räumlicher Ungleichheit, welche die Gelegenheiten für Gewalt und Kriminalität in den Sozialräumen beeinflussen. Soziale Ungleichheit bildet sich zunehmend in den Berliner Kiezen ab. Dieser Trend vollzieht sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Polarisierung von Einkommen im Kontext der Deregulierung des Wohnungsmarktes der vergangenen Jahrzehnte. Die Wohnungsknappheit, insbesondere für Menschen mit mittleren und unteren Einkommen, wird durch fortschreitende Gentrifizierung von innerstädtischen Quartieren verstärkt. Wir beobachten eine Konzentration von Haushalten mit niedrigem Einkommen in Stadtquartieren mit sozialen Konflikten und zum Teil mit baulichen Mängeln. Dieser Prozess muss durch Erhalt von gutem und günstigem Wohnraum, Ausbau von Rechten der Mieterinnen und Mieter und durch die Schaffung neuer Wohnungen durch sozialen, städtischen und genossenschaftlichen Wohnungsbau aufgehalten werden.

 

Die sozial-räumliche Polarisierung in der Stadt, insbesondere in Bezug auf Armut und Chancen, steht in einem Zusammenhang mit ungleicher Verteilung von Gewalt und Kriminalität. Sozial benachteiligte Quartiere sind stärker von sozialer Desintegration, sozialen Spannungen und situativen Gelegenheiten für Gewalt und Kriminalität betroffen. Dies bedeutet auch, dass Gewalt und Kriminalität räumlich ungleich in der Stadt verteilt sind (vgl. auch Berliner Monitoring Jugenddelinquenz).

 

Gleichzeitig besteht mit einer steigenden Privatisierung von Sicherheit die Gefahr, dass Zugänge zu Sicherheitsleistungen in der Stadt ebenso ungleich verteilt werden. Deshalb ist eine Unterstützung vor allem in jenen Quartieren notwendig, die mit geringeren Ressourcen ausgestattet und durch soziale Konflikte besonders betroffen sind. Darüber hinaus beeinflussen die zunehmende Bedeutung von Cyber-Gewalt und politisch-religiöser extremistischer Gewalt die Sicherheitslage in der Stadt.

 

Unser Ziel ist ein strategisch koordiniertes Handeln, das sowohl auf Opferschutz und Prävention, als auch auf die Reduktion tatbegünstigender Faktoren abzielt. Dies wird durch aktive Gestaltung von Wachstum und Vielfalt der Stadt und Aufhebung von sozialer Polarisierung ermöglicht.

 

2. Urbane Sicherheit verbindet soziale und persönliche Sicherheit

Urbane Sicherheitspolitik verbindet Strategien für soziale und persönliche Sicherheit, denn alle zusammen sind die Voraussetzungen für die Steigerung der Lebensqualität einer Gesellschaft. Soziale Sicherheit bedeutet die Absicherung von Lebensrisiken und den Ausgleich sozialer Ungleichheiten. Auf städtischer Ebene wird dies insbesondere durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik, soziale Steuerung des Wohnungsmarktes, ein starkes öffentliches Bildungswesen, Zugang zu Daseinsversorgung, verlässlicher Infrastruktur, Gesundheit, Kultur etc. umgesetzt.

 

Persönliche Sicherheit stellt die Abwesenheit von hauptsächlich durch Gewalt und Kriminalität bedingten Verlust von Besitz, körperlichen Schäden, Stress und Angstzuständen in den Mittelpunkt stadtpolitischen Handels. Zentral sind hier Maßnahmen der Prävention, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung.

 

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten verlässliche staatliche Institutionen, die – hier besonders die Polizei – ihren Aufgaben nachkommen und so für persönliche Sicherheit sorgen: Sicht- und Ansprechbarkeit und sowie Fairness im Auftreten sind wichtige Bestandteile, die das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Berliner Polizei weiter ausbauen werden.

 

Unsere Politik der Urbanen Sicherheit will ein gesellschaftliches Klima schaffen, das die Verantwortung aller für den sozialen Frieden bewusst macht und fördert sowie an den Wurzeln von Kriminalität und Gewalt ansetzt. Dies bedeutet für uns Integrierte Sicherheitspolitik.

 

Akteure der Inneren Sicherheit müssen sich der sozialpolitischen Bezüge ihrer Politik bewusst sein: Im Gegensatz zu konservativen und populistischen Positionen wollen wir nicht Arme verdrängen, sondern Armut und soziale Polarisierung bekämpfen, werden wir nicht Geflüchtete diskriminieren, sondern die Integrationspolitik vorantreiben und wir werden nicht Jugendliche kriminalisieren, sondern durch aktive Bildungs-, Jugend- und Arbeitsmarktpolitik ihre Teilhabe sichern.

 

Wir wollen soziale Polarisierung aufheben und Vielfalt gestalten. Unsere Idee ist, bei der Betrachtung von Gewalt und Kriminalität in der Stadt, bei der Bekämpfung dieser Phänomene und der Prävention soziale und persönliche Sicherheit in integrierte Strategien zusammenzuführen.

 

In einer dynamischen Stadtgesellschaft ist die Stärkung der Urbanen Sicherheit ein ständiger Prozess, der durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Sicherheitsbedarfen geprägt ist, für die wiederum Kompromisse gefunden werden müssen. Diese Herausforderung braucht ressortübergreifende Zusammenarbeit im Senat und in den Bezirken ebenso, wie den Austausch mit sozialen Akteuren und den Bürgerinnen und Bürgen in ihren Quartieren. Um diese Arbeit zu gewährleisten, haben wir in Berlin eine Landeskommission Berlin gegen Gewalt eingerichtet und wollen in allen Bezirken Arbeitsgremien der Prävention von Gewalt und Kriminalität etablieren.

 

3. Gute Arbeit, sichere Beschäftigung und solidarisches Grundeinkommen

Eine Grundbedingung sozialer Sicherheit ist es, gute Arbeit und sichere Beschäftigung für alle Berlinerinnen und Berliner zu erreichen. Die Digitalisierung der Arbeit wird dabei die zentrale Herausforderung städtischer Arbeitsmarktpolitik sein. Den Chancen von hochwertigen Tätigkeiten, Kreativität und Souveränität bei Arbeitszeit und Arbeitsort stehen Gefahren von Arbeitsplatzverlusten und Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen gegenüber. Soziale Sicherheit muss durch Regelungen in Form von Mindesthonoraren für Solo-Selbständige (z.B. in der Dienstleistungs-, Kultur- und Kreativwirtschaft) und arbeits- und sozialrechtlichen Mindestschutz bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen gewährleistet werden.

 

Unfreiwillige Teilzeit und befristete Arbeitsverträge schaffen das Gefühl von Unsicherheit und wirken sich negativ auf Lebensplanungen aus. Der öffentliche Dienst geht hier voran: Berlin schafft alle sachgrundlosen Befristungen in der Verwaltung, an den Hochschulen sowie bei den Landesunternehmen einschließlich ihrer Beteiligungen ab. Wir setzen konsequent den Mindestlohn durch – v. a. bei den öffentlichen Vergaben.

 

Mit unserer Initiative für ein solidarisches Grundeinkommen wollen wir für Menschen, die schon länger arbeitslos sind oder deren bisherige Arbeitsplätze durch die Umgestaltung der Arbeitswelt zukünftig verloren gehen, Möglichkeiten für eine befriedigende und existenzsichernde Erwerbsarbeit schaffen. In Kombination mit einer Bürgerversicherung entwickeln wir so eine breite Absicherung gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut.

 

Das solidarische Grundeinkommen soll eine grundlegende Alternative zu den bisherigen Instrumenten des Sozialsystems ALG II sein, das noch zu oft Langzeitarbeitslosigkeit nur verwaltet und zu prekären Beschaffungsverhältnissen wie Leiharbeit, Zeitverträge und schlecht oder gar nicht bezahlte Praktika führen kann. In Berlin sind aktuell 46.000 Personen als langzeitarbeitslos registriert. Diesen Menschen eine Perspektive anzubieten, ist unser Ziel. Auch die sich durch Digitalisierung und Globalisierung verändernde Arbeitswelt braucht eine Antwort auf die Frage, wie wir Menschen zukünftig beschäftigen. Arbeit ist Teilhabe an der Gesellschaft, nicht nur Existenzsicherung.

 

Mit Hilfe des solidarischen Grundeinkommens schaffen wir soziale Sicherheit für Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und Bezieher durch fair bezahlte Arbeit für zusätzliche Tätigkeiten in stadtgesellschaftlich relevanten Feldern. Gute Arbeit, insbesondere in Form von Existenzsicherung und sozialer Anerkennung, wird mit der Organisation gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten verbunden. So können bestimmte notwendige Dienstleistungen vor allem auch für diejenigen erbracht werden, die sie benötigen, aber bisher nicht bezahlen konnten.

 

Ziel sind sozialversicherungspflichtige, unbefristete, tarifvertraglich abgesicherte und freiwillig abgeschlossene Arbeitsverhältnisse, welche mindestens in Höhe des Mindestlohns bezahlt werden. Die Stellen werden durch kommunale oder landeseigene Unternehmen bzw. durch freie Träger im Auftrag des Landes angeboten.

 

Wir wollen mit dem solidarischen Grundeinkommen soziale Sicherheit erreichen, kommunale Arbeitsangebote und Arbeitssuchende zusammenbringen und Übergänge in den Arbeitsmarkt verbessern.

 

4. Urbane Polizei- und Sicherheitsarbeit

Die Polizei kann Sicherheit im Inneren nur in einer gemeinsam getragenen Verantwortung mit Politik, Gesellschaft und Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich gestalten. Sicherheit entsteht auch durch soziales Vertrauen und gemeinsamen Austausch.

 

Wir werden die Alltagssicherheit in Berlin durch eine starke Berliner Polizei und bezirkliche Ordnungsämter weiter verbessern. Die Bedingungen für eine leistungsfähige, motivierte und gut ausgerüstete Polizei wurden geschaffen. Die Einstellungszahlen im Vollzugsdienst der Polizei und Feuerwehr haben wir deutlich erhöht; aktuell werden 800 zusätzliche Stellen für Polizistinnen und Polizisten geschaffen. Wir bringen die technische Infrastruktur und die persönliche Ausrüstung bei der Polizei auf den neuesten Stand und sorgen für eine gute Ausbildung sowie stetige Weiterqualifizierung des Personals. Wir haben diesbezüglich in der aktuellen Legislaturperiode bereits zahlreiche Maßnahmen für ein sicheres Berlin auf den Weg gebracht.

 

Die Bemühungen um eine eigene Ausbildung der Außendienstkräfte der Ordnungsämter werden wir wieder aufnehmen und die Dienstzeiten an die Realitäten der Großstadt anpassen. Der Außendienst der Ordnungsämter darf nicht nur im Ausnahmefall, sondern muss auch im Regelfall in den Nachtstunden tätig sein.

 

Die Polizei ist ein wichtiger Akteur in unserer Präventionsstrategie. Mit den Präventionsbeauftragten der Polizeiabschnitte, die Arbeitsgebiete interkulturelle Aufgaben (AGIA) der Direktionen und mit der Zentralstelle beim Landeskriminalamt leistet die Polizei wichtige Beiträge zur Prävention durch ihre Arbeit für Schulen, Flüchtlingsunterkünfte, Moscheevereine und andere zivilgesellschaftliche Akteure. Dabei hat die Zentralstelle des Landeskriminalamtes (LKA) die Koordinierungs- und Steuerungsfunktionen. Die Tätigkeit der Polizei in diesem Feld ist vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen und wechselnden Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger stetig anzupassen.

 

Wir werden zwei strategische Elemente der Hauptstadtpolizei verstärken:

  • Wir wollen eine Polizei, die noch stärker die Vielfalt der Menschen in der Stadt abbildet. Eine heterogene Stadtbevölkerung braucht gegenseitige und wechselseitige Akzeptanz, auf deren Grundlage die gemeinsamen Normen umgesetzt werden. Eine moderne Polizei besteht deshalb aus Kolleginnen und Kollegen unterschiedlichen Alters, Geschlecht, Herkunft, religiöser und sexueller Orientierung.
  • Wir wollen, dass die Polizeiarbeit die Verfolgung von Straftaten und Gefahrenabwehr mit einer auf „Bündnisarbeit“ ausgerichteten Prävention verbindet. Perspektivisch wird mit der Förderung von räumlichen Präventionskonzepten – Gemeinwesen orientierte Polizeiarbeit – eine wichtige Säule einer Gesamtkonzeption zur Gewaltprävention weiterentwickelt. Dabei entstehen belastbare Arbeitsbeziehungen zwischen Polizei und anderen Akteuren im Quartier (Schulen, Soziale Arbeit etc.), die beispielsweise gewaltfreie Konfliktbearbeitung zwischen unterschiedlichen Szenen und Milieus ermöglichen.

 

5. Prävention im Quartier stärken – Sozialraumzentriertes Handeln

Wir wissen, dass sich die sozialräumlichen Megatrends Diversität und soziale Polarisierung in den Quartieren je nach räumlicher, sozialer und baulicher Lage durch unterschiedliche und spezifische Gewalt- und Kriminalitätsformen abbilden. So haben die Quartiere in den randstädtischen Großsiedlungen andere Herausforderungen als die innerstädtischen Ausgehviertel oder Quartiere, in denen eine zunehmende Gentrifizierung zu beobachten ist. Diese wiederum unterscheiden sich in der Sozial- und Sicherheitslage von Quartieren mit hoher Zuwanderung von jenen mit beispielsweise Einfamilienhaussiedlungen.

 

Die zunehmende Privatisierung von Sicherheit erhöht die Gefahr, dass Zugänge zu Sicherheitsleistungen in der Stadt ungleich verteilt werden. Deshalb ist eine Unterstützung vor allem in jenen Quartieren notwendig, die mit geringeren Ressourcen ausgestattet und durch soziale Konflikte besonders betroffen sind. Quartiere mit einer hohen Vernetzung von zivilgesellschaftlichen Strukturen, Vereinen, Initiativen etc. entwickeln stärkere Ressourcen um produktiv mit Konflikten und neuen Herausforderungen umzugehen – beispielsweise dem Zuzug von Geflüchteten. Deshalb ist die Entwicklung lebenswerter Nachbarschaften und Quartiere ein zentraler Bestandteil der Prävention von Gewalt und Kriminalität.

 

Quartierbezogene Maßnahmen haben die Nachbarschaft und den Stadtteil zum Ausgangspunkt, um lokale Kräfte zu mobilisieren und sie in die Problembearbeitung durch eine Vielzahl unterschiedlicher Handlungsformen einzubinden: Bündelung vorhandener Ressourcen, Kontakte in bestimmte Milieus, Projektarbeit, Bildungsveranstaltungen und konkrete Fallarbeit.

 

Die Zusammenarbeit von Akteuren des Sozialraums wie Polizei, Jugendhilfe, Zivilgesellschaft und Quartiersmanagement kann integrative Konzepte der Gewaltprävention wesentlich befördern.

 

Drei Maßnahmen werden wir hierfür umsetzen:

  • Das „Berliner Monitoring Jugendgewaltdelinquenz“ wird zu einem allgemeinen Monitoring von Gewalt in den Berliner Quartieren weiterentwickelt, um eine quartiersspezifische Erfassung, Beschreibung und Analyse von Gewalt- und Kriminalitätsproblemen und ihrer Prävention zu gewährleisten.
  • Wir machen eine Vielzahl von Präventionskonzepten und das Erfahrungswissen allgemein zugänglich. Dazu wird auch eine Bestandsaufnahme gehören, die insbesondere die sozial-räumlichen gewaltpräventiven Strategien, Projekten, Maßnahmen der verschiedenen Senatsverwaltungen (z.B. Quartiersmanagement/Soziale Stadt) aufzeigt, um Synergien von sozial-räumlichen Konzepten der Gewalt- und Kriminalitätsprävention zu ermöglichen.
  • Präventionsräte oder vergleichbare Arbeitsgremien werden in allen Berliner Bezirken eingerichtet um Konzepte zur Umsetzung sozialräumlicher Gewalt- und Kriminalitätsprävention zu entwickeln und umzusetzen. Unterstützt werden sie durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt.

 

6. Demokratische Kultur schafft Sicherheit

„Mehr Demokratie wagen“ und „Demokratie leben“ bleiben bei aller Gefährdung durch politischen und religiösen Radikalismus und Rechtspopulismus unsere Leitlinien. Unsere zahlreichen Ansätze und Maßnahmen zur politischen Teilhabe von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bei Stadtentwicklungsprojekten durch Quartiers- und Mieterräte sind Teil einer lebendigen demokratischen Kultur. Wir brauchen diese Formen der Beteiligung; genauso wie die zivilgesellschaftlichen Initiativen für die Weiterentwicklung des städtischen Gemeinwesens, die Lösung der aktuellen Herausforderungen der Stadt und den Ausgleich der unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Lebensstilgruppen der Stadt.

 

Zentral für eine demokratische Kultur ist der Abbau von Diskriminierung: Zur Stärke des Rechts gehören Schutz und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit. Absolute Sicherheit gibt es nicht um den Preis der Freiheit. Daher werden wir bei allen geeigneten präventiven und repressiven Maßnahmen abwägen, ob sie im Einzelfall erforderlich und in Bezug auf den angestrebten Zweck angemessen sind. Das gilt besonders für das Persönlichkeitsrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie für das Recht auf Privatheit. Wir wenden uns gegen jeden gruppenbezogenen Generalverdacht. Racial Profiling lehnen wir ab.

 

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Angriffe von Extremistinnen und Extremisten auf unsere Demokratie bekämpfen wir konsequent mit allen gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln und mit Prävention. Unsere Demokratie braucht eine Kultur gleichen Respekts für alle Menschen! Deshalb verbessern wir den Schutz vor Diskriminierung durch ein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz und die Konkretisierung des Partizipations- und Integrationsgesetzes. Wir stärken die Zivilgesellschaft, in dem wir das Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ deutlich ausbauen.

 

Mit dem Berliner Landesprogramms Radikalisierungsprävention reagieren wir auf die spezifischen Gefahren islamistischer bzw. salafistischer Radikalisierung junger Menschen. Wichtige Ziele sind neben der Aufklärung über propagandistische Vorgehensweisen und Rekrutierungsmethoden radikaler Gruppierungen, die geschlechterspezifische Aufklärung über die Folgen von Radikalisierung und der Ausreise in Krisengebiete und Umkehr von Radikalisierungsprozessen und Deradikalisierung in sicherheitsrelevanter Einzelfällen. Erfolgreiche Ansätze und Projekte wollen wir verstetigen. Auch in diesem Feld spielt die soziale und persönliche Sicherheit der von Radikalisierung betroffenen meist jungen Menschen eine gewichtige Rolle. Denn wir wissen, dass orientierungslose und abgehängte junge Menschen besonders zugänglich für radikale Einstellungen sind. Unser Ziel ist es, die Grundlagen für die Rekrutierung und Radikalisierung abzubauen.

 

7. Kinder, Jugendliche und ihre Familien – Sicher in die Zukunft

Kinder, Jugendliche und ihre Familien brauchen sichere Lebensbedingungen, die selbstbestimmte Lebensentscheidungen und gelingende Alltagsbewältigung ermöglichen. Kinder und Jugendliche sind auch Opfer von Jugendgewalt und von gewaltausübenden Eltern. Sie haben einen Anspruch auf Schutz und Hilfe. Eigene Gewalterfahrungen und Armut sind Risikofaktoren für späteres Gewaltverhalten.

 

Bildung bleibt weiterhin, und ganz besonders in einer zunehmend digitalisierten Welt, der Schlüssel zur sozialen Sicherheit. Die Abhängigkeit des Bildungserfolg und von der sozialen Herkunft muss durchbrochen werden. Eine Voraussetzung ist geschaffen: die Gebührenfreiheit unserer Bildungseinrichtungen von Kita bis zur Hochschule. Wir investieren bereits jetzt in Schulsanierungen, Ganztag, Inklusion und Digitalisierung der öffentlichen Schulen. Unsere Schulbauoffensive mit einer überdurchschnittlichen Inklusions- und Ganztagsquote ist bundesweit einzigartig. Digitalisierung, interkulturelle Öffnung, Inklusion und eine gute, praxisorientierte Berufs- und Studienorientierung sind fester Bestandteil der Schulkonzepte. Schulen mit besonderen Herausforderungen erhalten mehr Mittel.

 

In Berlin besteht ein messbarer Zusammenhang zwischen der sozialen Lage in den Kiezen und ihrer Belastung mit Jugendgewalt. Zusätzlich zu sozialen Benachteiligungen unterliegen armutsbetroffene Kinder und Jugendliche damit auch einem erhöhten Risiko, Gewalt und Kriminalität ausgesetzt zu sein. Die Vermeidung von Armut muss bei den Kindern beginnen. Deshalb bringt der Senat ein Programm zur Reduzierung der Kinderarmut auf den Weg, das gezielte Maßnahmen in allen Politikbereichen umfassen. Von der „Frühen Hilfe“ rund um die Geburt, den Stadtteilmüttern, einem flächendeckendem Kita-Angebot, verlässlichen Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, freier Jugendarbeit bis zu Jugendberufsagenturen und Familienbildung. Wir unterstützen dabei insbesondere Alleinerziehende und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Eltern mit leistungsfähigen Anlaufstellen. Auf der Bundesebene setzen wir uns für eine allgemeine Kindergrundsicherung ein. Das Kindergeld darf nicht mehr auf Sozialleistungen angerechnet werden.

 

Besonders bewährt hat sich die interdisziplinäre Abstimmung der Arbeit am Thema Kinder- und Jugenddelinquenz in Berlin durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt, die ressortübergreifende Arbeitsgruppe Kinder- und Jugenddelinquenz (RüAG) und die Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention. Eine Herausforderung bleiben Mehrfach- und Intensivtätern und -täterinnen. Wir wollen hier den Ansatz der täterorientierten Ermittlungsarbeit (TOE) und „Staatsanwaltschaft für den Ort“ stärken. Ziel ist es, möglichst frühzeitig im Lebenslauf der mehrfach aufgefallenen jungen Tatverdächtigen eine konsequente und verdichtete polizeiliche und im weiteren Verlauf ggf. staatsanwaltschaftliche Reaktion zu ermöglichen.

 

Wir wollen das neue Berliner Programm gegen Gewalt an Schulen durch finanzielle Unterlegung stärken, um Gewaltprävention, Demokratiepädagogik und Beteiligung von Schülerinnen und Schülern und Eltern als integrale Bestandteile der Schulentwicklung zu stärken und die Implementierung entsprechender Vorgaben des Rahmenlehrplans gezielt zu unterstützen.

 

8. Landesweite Strategie gegen Kriminalität und Gewalt

Organisierte Kriminalität, terroristische Bedrohung und Intensivtäterinnen und -tätern sind die Herausforderungen, die eine schnelle und effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in der Stadt erfordern. Wir werden eine landesweit abgestimmte Strategie gegen Kriminalität, Bedrohung durch Gewalt und durch negative Entwicklungen in bestimmten Brennpunktgebieten der Stadt entwickeln. Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Straßenverkehr und in öffentlichen Grünanlagen hat für uns eine hohe Priorität. Eine stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden werden wir unter der Berücksichtigung von Datenschutzstandards sowie persönliche Freiheitsrechten ermöglichen.

 

Um der organisierten Kriminalität konsequent die Stirn zu bieten müssen Standards und bessere Möglichkeiten des Austausches von Wissen und Daten entwickelt werden. Dies betrifft insbesondere die Nachverfolgung und Austrocknung von Geld- und Finanzströmen in den Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität. Wir fordern ein zentrales deutschlandweites Immobilienregister, um Geldwäsche bekämpfen zu können.

 

Wir unterstützen ein schnelleres und konsequenteres Ahnden von Straftaten. Wir stärken die Berliner Justiz und den Justizvollzug, indem wir sie besser mit Personal ausstatten und eine schnellere Bearbeitung von Strafverfahren ermöglichen. Die Möglichkeiten der besseren Beweissicherung werden wir ausschöpfen. Dazu gehört auch die Einführung der Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten. Diese kann bei der Ermittlung von Täterinnen und Tätern hilfreich sein, jedoch darf sie nur anlassbezogen und temporär (mobile Videotechnik) eingesetzt werden. Eine flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung ist nicht zielführend und steht nicht mit einer grundrechtsfreundlichen Sicherheitspolitik im Einklang. Die Wirkung von Videoüberwachung an den ausgewählten Orten wird evaluiert und daraus entsprechende Schlussfolgerungen gezogen.

 

Terrorismus und Katastrophen vorzubeugen sind vordringliche Aufgaben der Sicherheitspolitik. Wir verstärken die Vorsorge durch bessere Infrastruktur, schnelleren Datenaustausch und gezieltes Einsatztraining der Sicherheitskräfte. Wir sorgen für optimale Vernetzung und Handlungsfähigkeit aller Sicherheitsbehörden im Katastrophenfall. Dazu gehören für uns auch ein umfassender Opferschutz sowie die Wahrung von Persönlichkeitsrechten von Unbeteiligten. Wir werden nicht zulassen, dass die Gefahr durch Terrorismus die Freiheitsrechte kollektiv beschneidet.

 

Gemeinsam mit dem Bund und anderen Ländern schaffen wir die Voraussetzungen für konsequentes und gezieltes Vorgehen gegen Terrorismus, ohne ganze Personengruppen unter Generalverdacht zu stellen. Als Konsequenz aus den Erfahrungen der letzten Jahre werden wir in Berlin die verschiedenen operativen Einsatzkräfte und das für islamistischen Terrorismus zuständige Staatschutzdezernat gemeinsam an einem Standort unterbringen, um die Kommunikation und Abstimmung zwischen den einzelnen Akteuren in der Terrorismus-Abwehr zu verbessern.

 

9. „Urbane Sicherheit“ – Weil Sicherheit mehr ist als Abwesenheit von Gewalt!

Das Verständnis von Sicherheit muss um den Faktor sozialer Bedingungen erweitert werden. Die Schnittmenge der Handlungsfelder der Sozial-, Jugend-, Arbeitsmarkt-, Wohnungs-, Gesundheits-, Infrastruktur- und Bildungspolitik ergibt einen ganzheitlichen Ansatz stadtgesellschaftlicher Sicherheitskonzeption, die wir als Urbane Sicherheit bezeichnen und der wir uns verpflichten werden.

 

Die Berliner SPD steht für die Urbane Sicherheit, die persönliche Sicherheit vor Gewalt und Kriminalität und Soziale Sicherheit verbindet. Wir wollen Urbane Sicherheit für aller Berlinerinnen und Berliner in ihrer Verschiedenheit und unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Einkommen, Alter, Gesundheit, kulturellem Hintergrund, religiöser oder sexueller Orientierung gewährleisten, um allen ein selbstbestimmte leben zu ermöglichen. In einer dynamischen Stadtgesellschaft mit Wachstum, Vielfalt und sozialer Polarisierung ist Urbane Sicherheit eine unserer zentralen Herausforderungen, der wir uns stellen werden. Nur eine Stadt, die soziale und persönliche Sicherheit miteinander in Einklang bringt, die die dazu notwendigen öffentlichen Güter allen Bürgerinnen und Bürgern verlässlich zur Verfügung stellt und damit verstärkenden Spaltungs- und Verunsicherungstendenzen entgegenwirkt, ist eine solidarische Stadtgesellschaft.