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Antrag 107/II/2015 Gegen wachsende Ungleichheit, für mehr soziale Gerechtigkeit

16.10.2015

Nicht erst kurz vor der Bundestagswahl 2017, sondern schon jetzt  muss die Partei im Dialog mit den Mitgliedern und den Wählerinnen und Wählern glaubwürdig erklären: Wir wollen als führende Regierungspartei einen Politikwechsel durchsetzen, um das dramatische Anwachsen der Ungleichheit zu stoppen, wodurch sowohl der soziale Zusammenhalt als auch die wirtschaftliche Entwicklung gefährdet wird. Wir wollen mehr Gerechtigkeit wagen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und der wachsenden Politikverdrossenheit der Wählerinnen und Wähler entgegenzuwirken.

 

Der Landesparteitag der SPD Berlin ist besorgt: Die Bemühungen führender SPD-Politikerinnen und SPD-Politiker, sich vom „linken“ Wahlprogramm 2013 zu distanzieren, insbesondere von der Forderungen nach höheren Steuern für Superreiche zur Finanzierung dringender Zukunftsinvestitionen, werden keine verlorenen Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen, sondern die Wahlchancen der SPD noch weiter verschlechtern. Daher lehnt der Landesparteitagauch das vom Parteipräsidium beschlossene Impulspapier „Starke Ideen für Deutschland 2025“ als Grundlage für die Diskussion über das Wahlprogramm 2017 als kontraproduktiv ab, da es inhaltlich für ein „Weiter so mit Merkel!“ plädiert. Insbesondere die Distanzierung von den steuerpolitischen Forderungen der SPD von 2013 zeigt, dass die SPD keine politische Alternative zu CDU/CSU anbieten, sondern die Politik der Union übernehmen will: „Eine alte Trennungslinie zwischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und Konservativen“ bei der Frage nach den Mitteln zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben existiere nicht mehr. Anders als die SPD früher Antworten die „Starken Ideen“ auf diese Frage: „Die SPD ist gut beraten, die Antwort darauf nicht vorschnell mit dem Ruf nach höheren Schulden oder höheren Steuern zu geben.“

 

Diese Antwort ist für die SPD diffamierend, weil sie im Klartext bedeutet: Als es diese Trennungslinie 2013 noch gab, hatten die Konservativen gegen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Recht. Denn diese (CDU/CSU, FDP, AFD) waren „gut beraten“, als sie höhere Steuern ablehnten, während SPD, Grüne und LINKE nicht „gut beraten“ waren, weil sie „vorschnell“ nach höheren Steuern riefen und daher die Wahl verloren haben. Beim Thema unzureichende Investitionen sehen die „Starken Ideen“ nur das Problem, dass sich die privaten Investoren zu sehr zurückhalten. Und zur Lösung dieses Problems erinnern sie an eine Wunderwaffe aus dem Nachlass der verblichenen FDP: „Die innere Öffnung unserer Gesellschaft für die Chancen der Zukunft bedarf höherer Akzeptanz und besserer Anreize für solche Investitionen. Bürokratieabbau ist dafür ein wichtiger Schritt.“ (S. 23)

 

Während die „Starken Ideen“ akute Probleme, wie wachsende Ungleichheit, private und öffentliche Armut, ignorieren, malen sie das Bild einer heilen Welt nie gekannten Wohlstands und fragen nur: „Wie sichern und schaffen wir auch in Zukunft Wohlstand, Sicherheit und Zusammenhalt?“ (S. 2) Aber sie stellen nicht einmal die Frage: Wie können wir in naher Zukunft den heute in Armut lebenden 12, 5 Millionen Menschen helfen, dass sie wieder bescheiden am sozialen, kulturellen und politischen Leben teilnehmen können und sich nicht mehr ausgegrenzt fühlen? Das Papier wendet sich nur an die, die im Wohlstand leben und verspricht ihnen: Diesen Wohlstand wird die SPD gegen alle künftig drohenden Gefahren erfolgreich verteidigen.

Da die grundsätzliche Tendenz und Richtung dieses Papiers einen radikalen Bruch mit den Grundforderungen und Grundwerten der SPD bedeutet  und ihren „Markenkern der sozialen Gerechtigkeit“ unkenntlich macht, fordert die  SPD alle Gremien und Mitglieder der SPD auf, dieses Papier als für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unzumutbar zurückzuweisen.

 

Als „Grundlage für eine breite Diskussion über die Zukunft unseres Landes“ (Starke Ideen“, S. 1) unterstützen wir sowohl das Wahlprogramm von 2013 als auch das vom Landesvorstand der SPD Schleswig-Holstein am 1. Juni 2015 beschlossene Diskussionspapier „DIE ZEIT IST REIF: MEHR GERECHTIGKEIT WAGEN – POSITIONEN DER SPD SCHLESWIG-HOLSTEIN FÜR EINE GERECHTE POLITIK“

 

Dieses Diskussionspapier distanziert sich nicht vom „linken“ Wahlprogramm 2013, rückt nicht „in die Mitte“, klammert nicht die akuten Gegenwartsprobleme aus, benennt die konkreten Gegenwartsaufgaben, und damit die Probleme, die in der Zivilgesellschaft und in der Partei diskutiert werden. Es macht konkrete Vorschläge für die Lösung dieser Probleme und verschweigt nicht die Tatsache, dass dafür höhere Steuereinnahmen notwendig sind. Und es macht die „soziale Gerechtigkeit“ sichtbar zum „Markenkern“ der SPD.

 

Der Landesparteitag bzw. der Bundesparteitag fordert alle Gremien und Mitglieder der SPD auf, für ein Wahlprogramm zu arbeiten, das klar als Alternative zur Politik von CDU/CSU erkennbar ist, als glaubwürdiges Bekenntnis für einen Politikwechsel in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit, gegen zunehmende Ungleichheit und Armut.

 

Mit einem solchen Programm, verbunden mit der realistischen Machtperspektive Rot-Rot-Grün, kann die SPD im glaubwürdigen Dialog mit den stärker gewordenen Initiativen und Organisationen der kritischen Zivilgesellschaft jene Wechselstimmung erzeugen, die 2017 den notwendigen Politikwechsel möglich macht.

Antrag 106/II/2015 Hitzeschutz in der Stadt - „Stadtentwicklungsplan Klima“ (STEP) zügig umsetzen

16.10.2015

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Berliner Bezirksverordnetenversammlungen, der Bezirksämter und des Berliner Senats werden aufgefordert, den seit 2011 vorliegenden „Stadtentwicklungsplan Klima“ durch gesetzliche Regelungen und konkrete Maßnahmen verstärkt in die Praxis umzusetzen und konkret in die Stadtplanung aufzunehmen. Die SPD-Mitglieder im Abgeordnetenhaus werden aufgefordert, sich für eine regelmäßige Berichterstattung zum Fortschritt bei der Klimaanpassung in Berlin einzusetzen.

 

 

Antrag 105/II/2015 Girokonto für alle!

16.10.2015

Wir fordern, dass alle Menschen in Deutschland, unabhängig von ihrer Herkunft, für ihre gesellschaftliche Teilhabe diskriminierungsfrei ein Recht auf ein Girokonto erhalten und den Banken und Sparkassen Rechtssicherheit gegeben wird.

 

Nur mit einem Girokonto wird die Existenz am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Kein Konto bedeutet keine Teilhabe. Die Folgen eines fehlenden Girokontos sind dramatisch. Kein Girokonto bedeutet: kein legaler Arbeitsplatz (Anreiz für Schwarzarbeit), keine eigene Wohnung, keine Mitgliedschaft in einem Verein, Probleme beim Erhalt von überweisungsgebundenen Sozialleistungen und so weiter.

 

Wir unterstützen die „Zahlungskontenrichtlinie zum diskriminierungsfreien Zugang zu einem Bankkonto“ der EU und fordern die schnellstmögliche Umsetzung in nationales Recht mit folgenden Rahmenbedingungen:

  • Gesetzlicher Kontrahierungszwang (Vertragsverpflichtung) zur Girokonteneröffnung für alle in Deutschland tätigen Banken und Sparkassen
  • Aufenthaltsgestattungen und Duldungsbescheinigungen müssen die Voraussetzungen für eine Bankkontoeröffnung nach dem Geldwäschegesetz erfüllen
  • Keine diskriminierenden Preise für die Kontoführung
  • Freie Wahl des Kreditinstitutes
  • Beaufsichtigung und Kontrolle der Einhaltung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

 

Aktuelle Situation:

  1. Menschen, die durch ihre Duldung in Deutschland lediglich über Duldungsbescheinigungen verfügen oder durch die noch andauernde Prüfung ihres Erstantrages nur eine Aufenthaltsgestattung erhalten, besitzen häufig keinen gültigen amtlichen Ausweis mit Lichtbild. Nach dem Geldwäschegesetz (GWG) ist ein gültiger amtlicher Ausweis mit Lichtbild für eine Kontoeröffnung zwingend notwendig. Die Banken und Sparkassen genießen keine Rechtssicherheit und riskieren Verstöße gegen das Geldwäschegesetz.
  • Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis besitzen durch den Reisepass für Flüchtlinge den gültigen amtlichen Ausweis mit Lichtbild, welcher eine Kontoeröffnung nach dem Geldwäschegesetz ermöglicht. Es gibt für die Banken und Sparkassen jedoch keine gesetzliche Pflicht zur Kontoeröffnung. 1995 wurde von der Deutschen Kreditwirtschaft lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung der Kreditinstitute definiert. Durch das ertragsschwache Girokontogeschäft mit zugewanderten Menschen verweigert ein Großteil der Banken trotz der freiwilligen Selbstverpflichtung die diskriminierungsfreie Kontoeröffnung.

 

Antrag 104/II/2015 Kommunen entlasten - Unterkunftskosten für SGB II-Leistungsberechtigte vom Bund übernehmen

16.10.2015

Der Senat von Berlin wird aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur Übernahme der Unterkunftskosten für SGBII-Leistungsberechtigte durch den Bund zu starten.

Antrag 103/II/2015 SPD Strategie gegen die „neue Rechte“

16.10.2015

Die SPD ist gefordert, sich der politischen Auseinandersetzung mit allen Dimensionen von rechtsextremen und menschenfeindlichen Einstellungen in unserer Gesellschaft zu stellen und politische Antworten zu finden. Der Parteivorstand wird aufgefordert, den Gliederungen einen Argumentationsleitfaden und weiteres Informationsmaterial für die Arbeit vor Ort zur Verfügung zu stellen.

 

  • Der Parteivorstand muss einen Diskussionsprozess in den Parteigliederungen in Gang setzen, mit dem Ziel, die Entstehungsgründe der rechtspopulistischen Bewegung und Motive der Organisatoren und Anhängerschaft zu analysieren, eine politische Strategie gegen diese Bewegung zu formulieren und in praktische Politik um zu setzen.
  • Zu den rechtspopulistischen Bewegungen ist auch die AfD zu rechnen als mögliches politisches Auffangbecken national-konservativer Strömungen.
  • Aus dieser Diskussion muss der Parteivorstand eine geeignete politische Argumentationslinie entwickeln und in der Mitgliedschaft verankern. Dabei ist es bedeutsam, die Motivlagen der Anhängerschaft zu differenzieren, Gründe sozialer Ungerechtigkeiten auf zu spüren, Sorgen ernst zu nehmen und geeignete Antworten der Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik zu finden.
  • Die sozialdemokratischen Bundesminister sowie die Landesregierungen mit SPD-Beteiligung werden aufgefordert, politische Bildung in den Schulen und in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung intensiv zu stärken.
  • Der Parteivorstand wird aufgefordert, gemeinsam mit den Parteigliederungen als zivilgesellschaftliche Akteure Kriterien und Handlungskonzepte für breite demokratische Bündnisse gegen jede Form von Ausgrenzung, Rassismus, Fremdenhass und Nationalismus zu entwickeln, um somit in der Öffentlichkeit als die zivilgesellschaftliche Kraft gegen diese Tendenzen wahrgenommen zu werden.
  • Zugleich wird Parteivorstand aufgefordert, einen Diskurs mit den islamischen Gemeinden in Deutschland auf zu nehmen, die eine Trennung von religiöser Betätigung und demokratischer Willensbildung und Politikentfaltung im Sinne der Aufklärung erreicht und einer Radikalisierung islamistischer Gruppen vorbeugt. Dies gilt ebenso für reaktionäre Tendenzen in allen anderen Religionen.
  • Des Weiteren muss der Parteivorstand Konzepte für Parteigliederungen und Handlungskonzepte für Bund, Länder und Kommunen entwickeln, die antifaschistische Erinnerungskultur in Deutschland zu stärken – zum einen durch entsprechendes Gedenken in der Sozialdemokraties seitens der staatlichen Ebenen und zum anderen durch höhere Mittel für (binnen)demokratische Verbände, insbesondere für die Kinder- und Jugendverbände.