12.10.2022
Die sozialdemokratischen Senatsmitglieder und die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus werden aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass bei dem im Aufbau befindlichen Landeseinbürgerungszentrum neben einem fachlich kompetenten, personell stark und vielfältig ausgestatteten Amt auch ein Schwerpunkt auf die Willkommenskultur gegenüber den Einbürgerungswilligen gelegt wird.
Das richtige politische Ziel einer deutlichen Steigerung der Einbürgerungen kann nur gelingen, wenn ein starker Servicegedanke den Geist des Amtes prägt, der Einbürgerungswilligen Wertschätzung und Unterstützung auf dem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft entgegenbringt und bestehende Hürden im Antragsverfahren entsprechend der rechtlichen Vorgaben im Sinne der Antragstellenden überwinden hilft. Um diese Aufstellung des Landeseinbürgerungszentrum zu gewährleisten, ist die fachliche Expertise der vom Land Berlin finanzierten Fachstelle Diversitätsorientierte Organisations- und Kompetenzentwicklung im Land Berlin (Fachstelle DOKE) zu beteiligen.
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11.10.2022
Damit Entwicklungszusammenarbeit auf global gerechte Verhältnisse hinarbeiten kann, muss sie zuerst ihre eigenen Strukturen neudenken. Denn diese manifestieren koloniale und rassistische Verhältnisse: Wie wir bereits mit dem Antrag 35/I/2022 „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Für gerechtere Arbeitsstrukturen in der Entwicklungszusammenarbeit“ festgestellt haben, sind vor allem die Arbeitsverhältnisse von Mitarbeiter*innen mit deutschem Arbeitsvertrag und lokalen Beschäftigten unverhältnismäßig unterschiedlich- zum Nachteil der lokal Beschäftigten. Erfolgreich hat die SPD Berlin auf dem Landesparteitag im Juni 2022 ein umfangreiches Maßnahmenpaket an die Bundestagsfraktion weitergeleitet, dass die Situation lokal Beschäftigter maßgeblich verbessern wird, z.B. durch transparente Gehaltsstrukturen, effektiveren Versicherungsschutz und den Zugang zu leitenden Positionen.
Allerdings deckt diese Beschlusslage nur eine Seite der Medaille ab- die in vielen Fällen überhöhte Bezahlung von entsandten Mitarbeitenden mit deutschem Arbeitsvertrag wird nicht miteinbezogen. Inwiefern die Entlohnung von Entsandten überhöht sein kann, zeigt das Beispiel Tunesien: Dort verdient eine nationale Arbeitskraft an deutschen Organisationen oder Institutionen 700 bis 900 Euro, während deutsche Entsandte mit Gehalt und Auslandszuschlägen auf ca. 6500 Euro netto kommen. Das ist auch für vergleichbare Tätigkeiten, die in Deutschland ausgeführt werden ein eher hoch einzustufendes Gehalt. Bedenkt man dann noch die niedrigeren Lebenshaltungskosten in Tunesien und den Mietzuschuss, der 80 Prozent oder mehr der Miete der*s Entsandten deckt, wird die Unverhältnismäßigkeit noch evidenter. Das lädt zu villenartigen Residenzen ein, obwohl eine Dreizimmerwohnung in einem auch bei Expats beliebten Stadtteil der Hauptstadt Tunis auch für 250 Euro pro Monat gemietet werden kann. Der Mietkostenzuschuss läuft nicht nur Gefahr die lokalen Mietpreise in die Höhe zu treiben, sondern hat auch Auswirkungen auf den deutschen ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt: Der Mietzuschuss in Kombination mit dem üppigen Gehalt laden viele Entsandte dazu ein, eine Wohnung in Deutschland zu halten und leer stehen zu lassen.
Aus diesem Grund muss sich die SPD, die die Regierungsverantwortung im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit hat fragen:
Ist die entsandte Arbeitskraft, die noch dazu nicht die Expertise über den nationalen politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Kontext hat, wirklich mehr als sechsmal so viel wert wie eine lokale Arbeitskraft? Wir denken eindeutig nein!
Deswegen fordern wir:
- Eine Neubewertung und Anpassung der Auslandszuschläge durch das AA und das BMZ unter Einbeziehung der Differenz der Lebenshaltungskosten in Deutschland und im Entsendeland. Auslandszuschläge sollen nicht einen überdurchschnittlichen Lebensstil finanzieren, sondern einen angemessenen Standard gewährleisten. Die familiäre Situation der entsandten Person muss in der Berechnung des Auslandszuschlages einbezogen werden.
- Besonders der Mietkostenzuschuss muss an dieser Stelle hinterfragt und neu bewertet werden zumal er eine Gentrifizierung und den Anstieg der lokalen Mietpreise im Globalen Süden nach sich ziehen kann. Besonders eklatant ist dies in Situationen der Fragilität oder nach Naturkatastrophen, wo externe Fachkräfte den lokalen Wohnmarkt zerstören durch einen exponentiellen Anstieg der Mietpreise.
- Dabei sollten selbstverständlich erhöhte Mietkosten, die durch die Notwendigkeit von erhöhten Sicherheitsvorkehrungen ( z.B.Gated Communities) in Ländern mit erhöhter Gefahreneinstufung durch das Auswärtige Amt entstehen, weiterhin übernommen werden.
Mit diesen Maßnahmen kann einerseits der extremen Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz in der Entwicklungszusammenarbeit, die mehr als deutlich gegen den Grundsatz “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!” geht, effektiv entgegengewirkt werden. Das macht die Entwicklungsarbeit glaubwürdiger, weil sie so ihre Arbeitsweise so an eines ihrer Hauptanliegen, globale Gerechtigkeit zu schaffen, anpasst. Auf der anderen Seite adressiert die Abschaffung des Mietkostenzuschusses, der in Deutschland zu unnötigem Leerstand von Wohnraum und im globalen Süden den lokalen Wohnungsmarkt in vielen Fällen zu überzogenen Preissteigerungen führt, adressiert.
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10.10.2022
Wir begrüßen, dass das Bundesjustiz- und das Bundesfamilienministerium Eckpunkte für das im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vorgesehene Selbstbestimmungsgesetz vorgelegt haben. Damit rückt die lange überfällige Abschaffung des „TSG“ endlich näher. Wir unterstützen ausdrücklich, dass die Anpassung von Vornamen und Geschlechtseintrag künftig in einem einfachen Verfahren vor dem Standesamt ohne vorherige Zwangsgutachten möglich sein soll.
Dennoch bleiben die Eckpunkte hinter einem echten Selbstbestimmungsgesetz zurück. Wir fordern deshalb die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung auf, sich für folgende Verbesserungen und Klarstellungen einzusetzen:
- Die Erklärungen zur Änderung von Namen und Geschlechtseintrag müssen an jedem Standesamt abgegeben werden können. Es wäre nicht zumutbar, wenn Menschen nur für die Abgabe dieser Erklärung das Standesamt ihrer Geburt aufsuchen müssten.
- Auch Menschen, die ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland leben, müssen das Selbstbestimmungsgesetz in Anspruch nehmen können. Die derzeit übliche Prüfung, ob das Recht des Heimatstaats eine vergleichbare Regelung kennt, verursacht unnötigen und zeitraubenden Bürokratieaufwand.
- Auch die Anpassung geschlechtsspezifischer Nachnamen soll in das Selbstbestimmungsgesetz aufgenommen werden. Wenn ein trans* Mensch einen Namen mit geschlechtsspezifischer Endung führt, wie es z.B. in nord- und osteuropäischen Ländern verbreitet ist, würde es andernfalls zu einer sinnwidrigen Diskrepanz zwischen Vor- und Nachnamen kommen.
- Auch bei Minderjährigen unter 14 Jahren soll das Familiengericht eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung treffen können, wenn die Sorgeberechtigten die Zustimmung zur Anpassung von Namen oder Geschlechtseintrag verweigern. Im familiengerichtlichen Verfahren ist sicherzustellen, dass ein*e Verfahrensbetreuer*in bestellt wird, die mit der Situation und den Bedürfnissen von trans* Menschen vertraut ist.
- Bei Minderjährigen ist das Verfahren altersunabhängig so zu gestalten, dass diese die Erklärung zur Änderung von Namen und Geschlechtseintrag selbst abgeben, wie es im Eckpunktepapier bereits für Minderjährige ab 14 Jahren vorgesehen ist.
- Das Standesamt soll von Amts wegen das Familiengericht anrufen, wenn ein*e Minderjährige*r die Anpassung von Namen und Geschlechtseintrag verlangt und die Sorgeberechtigten auch nach Aufforderung durch das Standesamt keine Zustimmung erteilen.
- Sowohl die Sorgeberechtigten als auch das Familiengericht müssen verpflichtet sein, die Wünsche eines minderjährigen Kindes bezüglich des eigenen Namens und Geschlechtseintrags vorrangig zu berücksichtigen. Bei entsprechender Reife muss die Entscheidung in das Selbstbestimmungsrecht des Kindes fallen. Daher muss auch die Altersgrenze für eine eigenständige Entscheidung ohne Beteiligung der Eltern abgesenkt werden.
- Ergänzend zum Offenbarungsverbot, das mit § 5 TSG bereits Teil der geltenden Rechtslage ist, ist eine ausdrückliche Regelung aufzunehmen, wonach Menschen nach Anpassung von Namen oder Geschlechtseintrag einen gesetzlichen Anspruch gegen private und öffentliche Stellen auf Ausstellung von Dokumenten, Zeugnissen und anderen Bescheinigungen mit den neuen Personendaten haben.
Das Selbstbestimmungsgesetz soll darüber hinaus nur Erleichterungen für die Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag enthalten. Um die Lebenssituation von trans* Menschen wirksam zu verbessern, braucht es aber weitere Maßnahmen. Wir fordern deshalb die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung auf, sich für folgende zusätzliche Maßnahmen einzusetzen und diese zeitnah in die Wege zu leiten:
- Um trans* Menschen zu unterstützen und in die Lage zu versetzen, ihr Selbstbestimmungsrecht in Anspruch zu nehmen, ist die in den Eckpunkten vorgesehene Stärkung von Beratungsangeboten besonders wichtig. Insbesondere für Minderjährige sind niedrigschwellige spezialisierte Anlauf- und Beratungsstellen auszubauen, abzusichern oder neu zu schaffen, die diese bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützen und während des Verfahrens, das das Selbstbestimmungsgesetz vorsieht, begleiten können. Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine qualifizierte Beratung ist zu prüfen. Weiterhin ist zu prüfen, ob Sorgeberechtigte von trans* Kindern zur Wahrnehmung einer Beratung verpflichtet werden können.
- Eltern, die ihren Geschlechtseintrag haben ändern lassen, sind in der Geburtsurkunde des Kindes mit einer Bezeichnung einzutragen, die ihrem geänderten Geschlechtseintrag entspricht.
- Wie vom Koalitionsvertrag gefordert müssen die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Das gilt auch für eventuell angeforderte Gutachten. Das Bundesministerium für Gesundheit muss zeitnah ein Konzept vorlegen, mit dem sichergestellt wird, dass trans* Menschen bei entsprechender ärztlicher Empfehlung einen Anspruch auf Kostenübernahme hinsichtlich der Behandlungen haben, die in der einschlägigen S3-Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit“ empfohlen werden, welche unter Federführung der der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung erarbeitet wurde.
- Bezüglich der Teilnahme an Sportveranstaltungen und Wettkämpfen ist sicherzustellen, dass keine Regelungen getroffen werden, die trans* Sportler*innen ohne sachlichen Grund ausschließen oder unverhältnismäßig benachteiligen.
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10.10.2022
Die Berliner Landesregierung soll zur Ermöglichung eines Aufenthaltsrechts für russische Regimekritiker*innen eine Anordnung nach § 23 Abs. 1 AufenthG treffen, die es ermöglicht, sich in Deutschland aufzuhalten und aus Deutschland an einer pluralistischen, demokratischen russischen Öffentlichkeit mitwirken zu können. Dies umfasst ein Aufenthaltsrecht sowie ein in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium wohlwollend zu prüfendes Arbeitsrecht.
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10.10.2022
Ein neuer Antifeminismus bzw. sogenannte Maskulisten bahnen sich ihren Weg durch die Gesellschaft. Die diversen, eng vernetzten antifeministischen Organisationen einen der Kampf gegen die Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter. Ziel ist die Rücknahme und Eindämmung sämtlicher gleichstellungspolitischer Maßnahmen. Dabei reicht der politische Arm u.a. in die AfD hinein, aber auch die Liberalen Männer der FDP werden als antifeministische Bewegung eingestuft. Das ebnet den Antifeministen den Weg bis in die Ebenen der politischen Entscheidungsträger*innen, wo sie wirken können, wie sie sind: antifeministisch, rassistisch, frauenfeindlich.
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und die von ihr angeführten Regierungen werden aufgefordert, Kooperationen auf antifeministische Bewegungen zu überprüfen, die Zusammenarbeit mit antifeministischen Bewegungen konsequent auszuschließen sowie antifeministische Bewegungen in der öffentlichen Meinungsbildung und politischen Entscheidungsfindung aktiv zu bekämpfen.
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