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Antrag 236/I/2018 Hoffnung für Wohnungslose – Neuausrichtung der Sozialhilfe nach §§ 67 ff. SGB XII

30.04.2018

Wir fordern die Mitglieder der SPD im Berliner Senat, im Abgeordnetenhaus und im Deutschen Bundestag dazu auf, sich für Folgendes einzusetzen:

 

Einführung eines Wohnungslosenhilfe-Konzeptes mit sozialpolitischem Schwerpunkt:

  • Am Beginn der „Hilfekette“ der Hilfsmaßnahmen nach §§ 67 ff. SGB XII, muss die Wohnung mit normalem Mietvertrag stehen („Housing First“). Für den Mietvertrag und dessen Kündigung, gelten die regulären Gesetzesbestimmungen. Folgende Kriterien sollen Geltung finden:
    – dezentrale Wohnung in normaler Nachbarschaft
    – nicht mehr als 20% der Wohnungen eines Blocks
    – Trennung von Wohnversorgung und persönlicher Hilfe
  • Voraussetzung für die in Inanspruchnahme der Leistung durch den Rechtsträger ist die Einwilligung zu einem wöchentlichen Hausbesuch durch Sozialarbeiter*innen.
  • Eine Nachrangigkeit der Hilfsmaßnahmen zur eigenen Wohnung vor anderen Hilfsmaßnahmen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft, betreutes Wohnen mit befristeter Aufenthaltsdauer), muss beendet werden.

 

Ausbau der Wohnungsstruktur für die Vermeidung und den Abbau von Obdachlosigkeit

  • Das „geschützte Marktsegment“ zur  Versorgung wohnungslos gewordener Menschen, ist weiter auszubauen und die Kooperationsverträge mit den kommunalen Wohnungsunternehmen und städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind so zu gestalten, dass eine Nichterfüllung der Vereinbarungen sanktionspflichtig wird.
  • Die kommunalen Wohnungsunternehmen dürfen nicht länger das Recht haben, die von der zuständigen Koordinierungsstelle beim Landesamt für Gesundheit und Soziales vermittelten Marktsegment-Berechtigten abzulehnen. Das Primat der Politik muss durchgesetzt werden.
  • Partner des Berliner Rahmenvertrages wie z.B.  „GEBEWO – Soziale Dienste – Berlin gGmbH“ oder entsprechende kommunale Träger, sind finanziell so auszustatten, dass sie vermehrt auf dem privaten Wohnungsmarkt Wohnungen anmieten oder erwerben kann, um diese an Wohnungslose weiter zu vermieten. Auch private Wohnungsunternehmen müssen stärker verpflichtet werden, Wohnungen in diesem Sinne zur Verfügung zu stellen.

 

Schaffung der Rahmenbedingungen für koordinierte Hilfsangebote

  • Entscheidend zur erfolgreichen Konzeption des hier dargelegten „Housing First“- Ansatzes ist der begleitende Aus-und Aufbau von ambulanten Hilfsangeboten für multidimensionale Problemlagen, wie z.B. der Gemeindepsychiatrie, Suchtberatung, etc. Daher muss es hier zu einem zielgerichteten Einsatz in der finanziellen Ausstattung kommen.
  • Die Hilfepläne nach § 67 ff. SGB XII sind mit den Eingliederungsvereinbarungen der Jobcenter abzustimmen. Für eine dementsprechende Schnittstellenkooperation auf Verwaltungsebene sind  Hilfskonferenzen in kontinuierlichem Turnus zu institutionalisieren bzw. zu verstetigen.
  • Die Mitglieder der SPD im Berliner Senat und im Abgeordnetenhaus Berlin, werden aufgefordert, zur Finanzierung des dargelegten Konzeptes unter stärkerer Einbeziehung von Bundesmitteln, eine Bundesratsinitiative in diesem Sinne anzustoßen.
  • Die Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion werden aufgefordert, zur Finanzierung des dargelegten Konzeptes unter stärkerer Einbeziehung von Bundesmitteln, im Bundestag tätig zu werden.

 

Antrag 42/I/2018 Energiesperrungen an Freitagen und vor Feiertagen verbieten

30.04.2018

Die Netzgesellschaften der Grundversorger werden verpflichtet, Energiesperrungen nicht mehr an Freitagen und vor Feiertagen durchzuführen.

Antrag 120/I/2018 219a StGB jetzt abschaffen – für Informationsfreiheit und sexuelle Selbstbestimmung

30.04.2018

Wir fordern unsere Berliner Vertreter*innen im Bundesrat und im Bundestag auf, sich für die sofortige Abschaffung des §219a StGB einzusetzen. Im Bundestag soll auf die Möglichkeit hingewirkt werden, die Fraktionsdisziplin zugunsten einer Gewissensentscheidung aufzuheben.

Antrag 31/I/2018 Berlins Startup-Welt muss weiblicher werden

30.04.2018

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats und des Abgeordnetenhauses von Berlin werden aufgefordert, folgende Forderungen umzusetzen:

 

Berlins Startup-Welt muss weiblicher werden

Die Gründungsaktivitäten von Frauen haben sich nicht zuletzt dank engagierter Frauen und verbesserter Förder- und Beratungsbedingungen verstärkt. Es bleibt aber noch viel zu tun, schließlich ist die Mehrheit der Gründungspersonen immer noch männlich.[1]

Berlins Wirtschaft kann es sich gar nicht leisten, auf Geschäftsideen von Gründerinnen zu verzichten. Hier entsteht die Basis für künftiges Wirtschaftswachstum am Standort Berlins sowie der Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze.

 

Klarheit schaffen:
Wir brauchen eine regelmäßige, verlässliche Zahlenbasis zu Gründungsaktivitäten von Frauen

 

Es existieren zwar viele Gründungsstatistiken, aber die Datenerhebung folgt jeweils unter- schiedlichen Quellen und bringt keine vergleichbaren und zuverlässigen Ergebnisse.[2] Wir brauchen ein besseres Fundament für politische Entscheidungsfindung. Der Senat von Berlin wird aufgefordert, in regelmäßigen Abständen einen Gründerinnenreport vorzulegen. Dabei ist ein gemeinsam mit dem Land Brandenburg erstellter Gründerinnenreport für die Metropolregion Berlin-Brandenburg anzustreben. Dieser Bericht enthält Erhebungen über die Gründungsaktivitäten und Unternehmensnachfolge von Frauen über alle Wirtschaftsbereiche, die Inanspruchnahme von Förder- und Fremdfinanzierung sowie die Problemlagen bei der Unternehmensgründung durch Frauen. Die benötigten Mittel für den Bericht sollen im Berliner Haushalt vorgesehen werden, um die Finanzierung langfristig zu sichern.

In die Festlegung der Methodik und der Untersuchungsgegenstände des Gründerinnenreports sollen Interessensvertretungen der Frauen, Hochschulen, Kammern und Unternehmensverbände und Gewerkschaften mit einbezogen werden.

Das Land Berlin wird sich auf Bundesebene für eine vergleichbare regional differenzierte Statistik der Gründungsaktivitäten von Frauen und die Schaffung eines bundesweiten Gründerinnenreports einsetzen.

 

Frauen fördern: Verbesserung und Schaffung finanzieller und fachlicher Förderprogramme

 

Förderprogramme evaluieren

Viele innovative Geschäftsideen von Gründerinnen werden als solche nicht wahrgenommen und finanziell gefördert, weil sie derzeit nicht dem männlich geprägten Innovationsbegriff entsprechen. Dies wiegt doppelt schwer, weil Gründerinnen bekanntlich im Normalfall über weniger Gründungskapital verfügen als Gründer. Wir wollen in der Förderpolitik die gesamte Bandbreite innovativer Geschäftsideen fokussieren und dadurch den Genderbias der Förderprogramme korrigieren. Dies ist gleichstellungs- und wirtschaftspolitisch geboten.

 

Der Senat von Berlin wird aufgefordert eine Kommission einzusetzen, welche einmalig alle Förderprogramme des Landes Berlins einschließlich der Landesförderinstitute und der Hochschulen auf mittelbare geschlechtsspezifische Benachteiligungen hin überprüft unter besonderer Berücksichtigung von Inanspruchnahme und Fördersummen. Ergebnisse und Verbesserungsvorschläge werden in einem Evaluationsbericht aufgezeigt. Auf dieser Basis passt das Land Berlin dann binnen einer Legislatur- bzw. Förderperiode die betroffenen Landesprogramme ggfs. an. Das geschlechtsspezifische Monitoring wird im Folgenden verstetigt.

 

Auf Bundesebene wird sich der Senat von Berlin ebenfalls für eine Evaluation von Fördermaßnahmen einsetzen und eine solche Analyse auch auf europäischer Ebene initiieren.

 

Der Evaluationsbericht erfüllt neben der quantitativen und qualitativen Überprüfung der Förderprogramme mit nachvollziehbaren Kriterien auch die Funktion, Sensibilität und Aufmerksamkeit für eine Gründungsförderung zu erzeugen, die Frauen faktisch gleiche Zugangschancen zur beruflichen Perspektive Unternehmensgründung verschafft wie Männern.

 

Frühe Förderung von Unternehmerinnentum – Orientierung und Unterstützung verbessern

Die bereits begonnenen Bemühungen zur Förderung des Unternehmerinnentums in den Schulen und die Vernetzung mit den zahlreichen Unternehmerinnennetzwerken sollen weiter ausgebaut werden. Ziel ist es, Unternehmerinnen als Vorbilder für Schülerinnen sichtbar zu machen.[3]

 

Parallel soll die Kooperation mit den Berliner Jugendmedienzentren, die der digitalen Medienkompetenzbildung sowohl im schulischen als auch im Freizeitbereich dienen, verstärkt werden. Workshops zu Digitalisierung, Technologie und Entrepreneurship für Mädchen sollen die Aktivitäten der Schulen unterstützen.

 

Eine wichtige Lotsen- und Beratungsfunktion bei beruflichen Weichenstellungen von Frauen nehmen auch die Arbeitsagenturen ein. Sie sind häufig die erste Anlaufstelle, da gerade gründungsinteressierte Frauen nach Mitteln suchen, wovon sie in der Durststrecke vor und nach der Gründung ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Die Arbeitsagenturen werden aufgefordert, potenziellen GründerInnen sachdienliche Hinweise zu geben sowie Wege zur Gründungsberatung zu weisen, auch wenn die Gründerin oder der Gründer aus Sicht der Agentur „vermittelbar“ ist und daher nicht in den Genuss der Ermessensleistung eines Gründungszuschusses kommt.

 

Ausbau von Mentoring-, Coachingprogrammen und Netzwerken

Frauen gründen anders und fühlen sich von vielen Unterstützungsmaßnahmen nicht angesprochen. Neben der Überprüfung der Tonalität bestehender Programme fordern wir den Ausbau der Coachingprogramme für Gründerinnen und Unternehmerinnen in Berlin und Brandenburg.

 

Wir sehen hier vor allem Handlungsbedarf in folgenden Bereichen:

  • Ausbau und Verstärkung von Beratungsstrukturen
  • Pitch-Kurse anbieten / Unterstützung bei der Präsentation des eigenen Unternehmens
  • weibliche Business Angels / Unterstützung beim Zugang zu Venture Capital

 

Es soll zudem darauf geachtet werden, dass die Qualität der Gründerinnenberatung gesichert ist.

 

Unterstützung von Kleinstunternehmen und Kleinstgründungen

Der Fokus der Förderung des Unternehmerinnentums soll sich auch auf bereits bestehende Kleinunternehmen richten. Hier fehlen derzeit Programme, welche kleinen, bereits bestehenden Unternehmen Unterstützung beim Wachstum geben, z.B. in den Bereichen geschäftliches Know-How, Personalwesen, Zugang zu Fremdkapital.

 

Viele selbstständige Frauen verfügen über ein Einkommen, das kaum zur materiellen Sicherung der eigenen Existenz und zur Absicherung von Phasen der Einkommenslosigkeit ausreicht – die Problematik der prekären Selbstständigkeit betrifft relativ mehr Frauen als Männer, das Gender-Income-Gap ist im Falle selbstständig tätiger Personen größer als bei unselbstständig Beschäftigten. Hier steht bei selbstständigen Frauen das gleichstellungspolitische Ziel der eigenständigen Existenzsicherung faktisch infrage.[4] Gleichwohl: Gründerinnen brechen ihre Projekte nicht häufiger ab als Gründer und sind im Hinblick auf das langfristige Überleben ihrer Vorhabens mindestens genauso erfolgreich. Selbstständige Frauen beim Unternehmenswachstum zu unterstützen, verbessert deren Einkommenssituation, hilft das Gender-Income-Gap zu schließen und kann zusätzliche Arbeitsplätze generieren.

 

Frauen sind bei Nebenerwerbsgründungen überproportional vertreten. Diese Gründungsform ist aus volkswirtschaftlicher Sicht in jeder Hinsicht chancenreich. Gerade hier gilt es, Wachstumspotenziale erkennen zu helfen und das Wachstum – im Idealfall bis in die Vollerwerbsselbstständigkeit – zu unterstützen.[5]

 

Dabei stellen die sprungfixen Kosten bei den Sozialversicherungsbeiträgen, insbesondere Krankenversicherungsbeiträgen ein besonderes Wachstumshemmnis gerade für Nebenerwerbsgründerinnen dar.[6] Bis zu einem regelmäßigen monatlichen Einkommen von 435 EUR kann eine Familienversicherung in Anspruch genommen werden; sobald diese Grenze überschritten wird, ist ein eigener Krankenversicherungsbeitrag von ca. 400 EUR zu entrichten. Der Senat wird aufgefordert sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die somit sprunghaft ansteigenden Beiträge durch Einführung einer Progressionszone vermieden werden. Dazu soll die Verabredung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode, die Bemessungsgrundlage für die Mindestkrankenversicherungsbeiträge von heute 2283,75 Euro auf 1150 Euro nahezu zu halbieren, zur Entlastung von kleinen Selbstständigen zügig umgesetzt werden.

 

KleinunternehmerInnen können sich häufig Weiterbildung, die für die Führung und das Wachstum ihres Unternehmens hilfreich sein kann, nicht leisten. Der Senat wird aufgefordert, eine Förderung der individuellen Weiterbildung aufzulegen, in deren Genuss auch Selbstständige kommen können. Perspektivisch profitiert auch dieser Personenkreis von der Einführung einer Arbeitsversicherung oder eines Erwerbstätigenkontos. Der Senat wird aufgefordert, sich für die Einführung einzusetzen.

 

Wir fordern den Senat zudem auf, zusammen mit den Unternehmerinnennetzwerken in Berlin ein Netzwerk von Digitalbotschafterinnen aufzubauen, welche als Lotsinnen fungieren und damit Gründerinnen und Unternehmerinnen bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle bzw. bei der Errichtung digitaler Unternehmen unterstützend begleiten. Sie sollten Teil bereits bestehender Beratungsnetzwerke für Frauen sein und bestehende Coachingprogramme ergänzen. Der Senat wird aufgefordert, sich enger mit Unternehmerinnennetzwerken zu vernetzen, gezielt Unternehmenslenkerinnen anzusprechen und ihre Expertise in die Gestaltung der Frauenförderung einfließen zu lassen.

 

Der Senat wird darüber hinaus aufgefordert, eine eigene Landesförderung zur Unterstützung von Frauennetzwerken, Coachingprogrammen und Kleinstunternehmerinnen im Haushalt vorzusehen.

 

Die Forderung im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung zur Schaffung einer Gründerzeit für selbständige Mütter und Väter unterstützen wir ausdrücklich. Diese Unterstützung soll allen Gründerinnen unabhängig von der Unternehmensgröße zugänglich sein. In diesem Zusammenhang sollte auch das Problem des fehlenden Mutterschutzes für selbstständige Frauen gelöst werden: Eine Auszeit rund um die Entbindung können viele selbstständige Frauen sich ohne Existenzgefährdung ihres Unternehmens nicht leisten.

 

Erfolge zeigen und feiern: Vorbilder aufbauen, unterstützen, Leuchttürme errichten

 

Erfolge von Unternehmerinnen müssen sichtbarer werden. Nur so können jüngere Generationen diese als Vorbilder identifizieren, und es kann sich langfristig ein Narrativ der erfolgreichen Gründerin entwickeln. Es gibt bereits zahlreiche private Initiativen bspw. in der Digital- und Musikwirtschaft, die mit Leuchtturmveranstaltungen in Berlin die Öffentlichkeit auf erfolgreiche Geschäftsmodelle und ihre Gründerinnen aufmerksam machen und gleichzeitig die Vernetzung von Gründerinnen und Unternehmerinnen fördern.

 

Diese Initiativen wollen wir multiplizieren und möglichst viele Branchen erfassen. Der Senat wird aufgefordert, einen Haushaltstitel für branchentypische Netzwerkveranstaltungen einzurichten. Noch junge Branchennetzwerke / Unternehmensnetzwerke sollen sich mit Konzeptvorschlägen um diese Mittel bewerben können. Über das Format dieser Veranstaltungen sollen die Branchen selbst entscheiden. Ziel ist es, dass durch die Anschubfinanzierung nachhaltige Vernetzungsstrukturen mit öffentlicher Strahlkraft entstehen.

 

Begleitet werden müssen diese Initiativen des Senats durch eine Verstärkung der Netzwerkbildung und vermehrten Austausch zwischen den Unternehmerinnennetzwerken in Berlin und Brandenburg. Der Senat ist aufgefordert auch hier selbst aktiv direkt auf die Unternehmen zuzugehen und diese für eine Zusammenarbeit zu gewinnen.

 

Das Format des Berliner Unternehmerinnentages soll in diesem Zusammenhang verlässlich, regelmäßig und attraktiv ausgestaltet werden. Der Unternehmerinnenpreis muss attraktiv dotiert werden. Zusammen mit Gründungsexpertinnen und -experten soll dieses Format zu einer festen Größe in der Berliner Startup-Ökonomie weiterentwickelt werden.

 

Misserfolg ist Grundlage für künftigen Erfolg

Wer neues probiert, kann scheitern. Viele neue Geschäftsmodelle tragen sich am Ende nicht und Gründer wie Gründerin müssen ihr Unternehmen dann aufgeben. Was dennoch bleibt, sind die Erfahrungen und das erlernte Methodenwissen zum Aufbau und Führen einer Firma.

 

Gründerinnen sollten ebenso wie Gründer dabei unterstützt werden zu erkennen, wann es an der Zeit ist, ein Unternehmen zu beenden und wie dies zu geschehen hat. Wir fordern zudem, eine Kultur der zweiten Chance zu entwickeln. Dazu zählt auch, Gescheiterten die Möglichkeit zu geben, ihre Erfahrungen für einen Neuanfang zu nutzen – sei es in selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit – sowie den Erfahrungsaustausch hierüber zu fördern.

 

 

Antrag 32/I/2018 Ausbildungssituation in Berliner-Startup-Wirtschaft verbessern

30.04.2018

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses von Berlin werden aufgefordert, folgende Forderungen umzusetzen:

 

Ausbildungssituation in Berliner-Startup-Wirtschaft verbessern
Wir fordern Wirtschafts- und Sozialpartner, Politik und Verwaltung der Stadt Berlin dazu auf, alles dafür zu tun, damit sich mehr junge innovative Unternehmen für die Ausbildung des Fachkräftenachwuchses engagieren und die Voraussetzungen dafür erfüllen.

 

Ausbildung in Startup-Betrieben

Die im Bundesvergleich geringe Beteiligung Berliner Unternehmen an der Ausbildung steht im Zusammenhang mit der hiesigen Betriebsstruktur: sie ist nicht nur kleinbetrieblich, sondern weist zudem kurze Lebenszyklen und hohe Fluktuation auf. In einer so jungen Unternehmenslandschaft ist die Tradition der dualen Ausbildung nur schwach verankert.
Kleine Unternehmen erfüllen einerseits häufig nicht die fachlichen und formalen Anforderungen an Ausbildungsbetriebe – sie benötigen Lösungen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Andererseits sind ihnen häufig die erheblichen Gestaltungsspielräume bei der Berufsausbildung nicht bekannt – hier lassen sich durch Information und Beratung vermeintliche Hürden aus dem Weg räumen.

Wir fordern deshalb einen Dreiklang in der Ausbildungspolitik des Senats:

  • Gemeinsam mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern junge Unternehmen umfassend über die Chancen der Berufsausbildung für die eigene Fachkräftesicherung informieren und mit finanzieller Förderung gezielt ermuntern, selbst auszubilden,
  • Unterstützungsmöglichkeiten entwickeln und anbieten, damit junge Unternehmen den der Qualitätssicherung in der Berufsausbildung dienenden Regeln gerecht werden,
  • mit finanzieller Förderung gezielt kooperative Ausbildungsformen (“Verbünde”) stärken, um kleinen Unternehmen die Ausbildungsbeteiligung zu erleichtern.

 

Gemeinsam mit Start-ups soll ermittelt werden, in welchen Ausbildungsbereichen verstärkt ausgebildet werden soll, um ihren künftigen Fachkräftebedarf zu decken. Die Initiativen sollten flexibel genug sein, den schnellen Änderungen in der digitalen und kreativen Wirtschaft proaktiv zu begegnen.

 

Verbundausbildung
In der Verbundausbildung agieren bisher überwiegend große ausbildungserfahrene Unternehmen als Leitbetriebe. Sie tragen im Verbund diejenigen Bausteine einer Berufsausbildung bei, zu denen kleinere Betriebe aus Gründen ihres jeweils eingeschränkten Geschäftsfeldes nicht in der Lage sind. Die Verbundausbildung in dieser Form hat sich bundesweit bewährt, verharrt aber dennoch auf einem relativ niedrigen quantitativen Niveau und wird für die Einbeziehung von Start-ups in die Berufsausbildung kaum genutzt. Es gilt, die fachlichen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen für die Verbundausbildung zu schaffen und sie auszubauen. Dies geschieht entweder in Ausbildungskonsortien oder gemeinsam mit Leitbetrieben.

 

Berlin braucht Ausbildungskonsortien und Leitbetriebe in der Verbundausbildung
Der Ausbau der Verbundausbildung in Berlin kann nur gelingen, wenn sich Ausbildungskonsortien junger Unternehmen dieser Aufgabe stellen und Leitbetriebe zur Verfügung stehen. Die Gründung von Ausbildungskonsortien muss angestoßen und begleitet werden. Potenzielle Leitbetriebe müssen gezielt angesprochen und entwickelt werden. Dies ist mit Aufwand (Organisation des Verbundes) und Risiken verbunden. Deshalb bedarf es in der Startphase finanzieller Unterstützung in Form einer Anschubfinanzierung und gegebenenfalls organisatorischer Hilfe.
Dies kann in der Form eines Pilotprojektes im Rahmen der Richtlinien zur Förderung der Berufsausbildung im Land Berlin erprobt werden.

 

Landeseigene Betriebe als Vorbilder aufbauen
Viele landeseigene Unternehmen verfügen über eigene Ausbildungswerkstätten mit hochwertiger Ausstattung. Die Stadt Berlin soll mit ihren landeseigenen Betrieben als gutes Beispiel vorangehen und sie zu Leitbetrieben in der Verbundausbildung aufbauen. Aus haushaltsrechtlichen Gründen müssen eventuelle finanzielle Mehrbedarfe durch die jeweils zuständige Senatsverwaltung sichergestellt werden.

 

Förderung von Start-ups
Start-ups, die für ihre Berufsausbildung mit einem Leitbetrieb, anderen Betrieben, überbetrieblichen Berufsbildungsstätten, freien Trägern, schulischen oder hochschulischen Einrichtungen als Verbundpartner kooperieren, können bereits jetzt die Berliner Landesförderung für die Verbundausbildung nutzen. Für Startups und kleine Unternehmen generell stellt die Finanzierung von Ausbilderkapazitäten eine Hürde dar. Es ist zu prüfen, ob zusätzlich dazu in einer Pilot-Phase junge Unternehmen einmalig finanziell gefördert werden können, wenn sie innerhalb der ersten Jahre nach der Gründung entweder selbst ausbilden oder sich als Kooperationspartner an einer Berufsausbildung eines anderen Betriebes beteiligen. Eine solche Regelung sollte auf einen Zeitraum von 3 Jahren befristet werden.

 

Externes Ausbildungsmanagement, organisatorische Unterstützung, Ausbildungspersonal
Gerade in der Startphase ist der Organisationsaufwand für die eigenständige Berufsausbildung und für die Verbundausbildung hoch. Hierfür müssen in hinreichendem Maße Unterstützungsleistungen entweder durch einen Kooperationspartner oder einen externen Dienstleister zur Verfügung gestellt und finanziert werden.

Nach den geltenden Rechtsvorschriften des Bundes für die Berufsbildung müssen auch kleine, neugegründete Betriebe alle Anforderungen an die Eignung eines Betriebes für die Berufsausbildung vollständig erfüllen. Dazu gehört auch, dass der Ausbildungsbetrieb fachlich und pädagogisch geeignetes Ausbildungspersonal beschäftigt. Dies ist oft noch nicht der Fall.

 

Der Senat wird aufgefordert den Ausbau der Aus- und Weiterbildung von AusbilderInnen zu initiieren und zu fördern. Die Aus- und Weiterbildung der AusbilderInnen muss einen besonderen Schwerpunkt auf die Vermittlung digitaler Kompetenzen legen.
Für eine Übergangszeit soll jungen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, Ausbildungspersonal auch in Nebenbeschäftigung (z.B. ehemalige Ausbilder im Ruhestand oder Ausbilder aus anderen Unternehmen) zu rekrutieren. Dies kann im Rahmen von Kooperationsnetzwerken vorangetrieben werden. Ziel dabei ist, Fachwissen und zur Ausbildung qualifiziertes Personal in diesen Unternehmen aufzubauen und gleichzeitig die Qualität der Ausbildung sicherzustellen.

 

Die Ausbildungsberatung der Kammern hat auch eine Qualitätssicherungsfunktion: Betriebe müssen auch nach Zulassung als Ausbildungsbetrieb in regelmäßigen Abständen im Hinblick auf die Qualität ihrer Berufsausbildung überprüft werden. Dies gilt auch für die Berufsausbildung in der Verbundausbildung und in Kooperationsnetzwerken. Die Beratung soll hier mit gezielten Informationen über die Fördermöglichkeiten für Verbundausbildung, für Ausbildungsbetriebe sowie gegebenenfalls für die Verbesserung der Ausbildungsqualität (z.B. durch Qualifizierung des Ausbildungspersonals) verbunden werden.

 

Förderung von Ausbildungskooperationen in Verbünden
Die an der Berufsbildung Beteiligten sollen aktiv Ausbildungskooperationen anregen und deren Umsetzung fördern. Dies kann z.B. durch öffentliche Veranstaltungen, Netzwerktreffen, Betriebsbesuche geschehen und auf der Grundlage positiver Erfahrungen der Verbundausbildung in Ausbildungskooperationen erheblich verstärkt werden.
In Ausbildungskooperationen sollen auch Leitbetriebe als Vertragspartner der Auszubildenden agieren. Sie tragen dann die übergreifende Verantwortung für die gesamte Berufsausbildung. Sie kann in diesem Fall auch weitergeführt werden, wenn ein Start-up als Kooperationspartner ausfällt. Dabei muss aber gewährleistet sein, dass der Leitbetrieb rasch auf einen Ersatzbetrieb im Verbund-Netzwerk zurückgreifen kann.

Regelmäßig soll öffentlich über die Erfahrungen mit der Verbundausbildung informiert werden, um das Modell bekannt zu machen und mehr Betriebe einzubeziehen.