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Antrag 159/I/2020 Migrant*innenselbstorganisationen stärken, strukturelle Diskriminierung verhindern!

30.09.2020

Der Innensenator und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport werden aufgefordert, Verfahren durch das Landeskriminalamt (LKA) zur Einstufung von Migrant*innenselbstorganisationen (MSO) als Ausländervereine zu unterbinden und eine missbräuchliche Auslegung des Vereinsgesetzes künftig zu unterlassen.

 

Im August 2019 wurde eine berliner Migrant*innenselbstorganisation, offenbar nicht die einzige, vom LKA Berlin aufgefordert sich als Ausländerverein gem. § 14 Abs. 1 des Vereinsgesetzes anzumelden. Auf die Nachfrage, wie das LKA zu dieser Auffassung kam, wurde telefonisch mitgeteilt, dass das LKA die Namen der Vereinsvorstände der MSO sichtet und je nachdem wie „deutsch“ oder „fremd“ die Namen klingen, geht das LKA davon aus, ob es sich um einen Ausländerverein handelt oder nicht.

 

Ausländervereine sind solche, deren Mitglieder oder Leiter*innen sämtlich oder überwiegend Ausländer*innen sind und nicht die deutsche Staatsbürgerschaft oder die eines Mitgliedstaates der EU besitzen. Ausländervereine können zusätzlich einfacher unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 VereinsG verboten werden.

 

Migrant*innenselbstorganisationen in Berlin haben eine enorm wichtige gesellschaftliche Funktion, indem sie die Teilhabe und Inklusion vieler ermöglichen und ein fester Ansprechpartner der Politik in den Belangen der Migration und Integration sind. Diese Vereine anhand der Namen der Vorstände zu kategorisieren, ob sie „deutsch“ oder „fremd“ sind, lässt eine Wertschätzung innerhalb der Sicherheitsbehörden für MSO missen und deutet auf strukturellen Rassismus hin.

 

Viele Genoss*innen sind auch in MSO organisiert und verrichten wichtige ehrenamtliche und außerparteiliche Arbeit. Wir stehen für eine Einwanderungsgesellschaft in Deutschland. Zur Stärkung unserer Gesellschaft gehört nicht nur das Bekenntnis zu einer offenen Gesellschaft, sondern auch die Bekämpfung von struktureller Diskriminierung und anderen Hürden.

 

Antrag 38/I/2020 Clubkultur schützen – Freiräume erhalten

30.09.2020

Die Berliner Clubkultur ist über Jahrzehnte historisch gewachsen und einem kontinuierlichen Wandel unterworfen. Bislang gehörte die Neugründung, der Umzug aber auch die Schließung dieser kulturellen Orte zum Geschäftsmodell in den Freiräumen Berlins. Im Zuge der Verdichtung der Stadt seit den Neunzigerjahren erfolgte auch eine allmähliche Umsiedlung der Berliner Clubs weg aus den Kiezstrukturen der Wohngebiete hinein in Gewerbegebiete und Bahnareale. Heutzutage ist ein Großteil der Berliner Clubkultur im Spreeraum sowie entlang der östlichen Stadt- und Ringbahn konzentriert.

 

Doch auch diese brachliegenden oder wenig genutzten Areale geraten zunehmend in den Fokus der Stadtentwicklung und von Investor*innen. Berlin benötigt viele der bisher wenig genutzten Flächen um Wohnraum und Arbeitsplätze für eine wachsende Bevölkerung zu schaffen. Damit stehen wir als Stadtgesellschaft vor der zunehmend schwierigen Frage: „Wie können das Wachstum der Stadt und der Erhalt der Clubkultur in Einklang gebracht werden?“ Problematisch ist dabei mittlerweile vor allem der Mangel an Freiräumen. Wenn heute ein Club verdrängt wird, dann findet sich häufig kein Ersatzstandort mehr. Dasselbe Problem hat längst auch andere Bereiche der Kreativszene erfasst. Für Clubs ist besonders problematisch, dass sie einerseits einen innerstädtischen Standort mit guter Verkehrsanbindung benötigen aber andererseits wegen Lärmemissionen Abstand zu Wohnbebauung brauchen. Außerdem besteht durch die aktuelle bauplanungsrechtliche Einschätzung als Vergnügungsstätten wenig Rechtssicherheit. Deshalb können bestehende Clubs sowohl nur erschwert gegen Verdrängung vorgehen, als auch Neuansiedelung nur sehr begrenzt stattfinden. Clubkultur bedeutet nämlich nicht nur das Abspielen von Musik, sondern Clubs stellen professionell kuratierte Programme zusammen, die neben Musik auch andere darstellenden Künste beinhalten. Diese bieten neben etablierten und renommierten Künstlerinnen auch jungen Künstlerinnen aller Bereiche eine Plattform für ihre Arbeit. Diese Mischung macht die Berliner Clubszene einzigartig.

 

Darüber können Clubs häufig nur begrenzte Umsätze erwirtschaften und sind angesichts der hohen Gewerbemieten nicht in der Lage, die benötigten großen Flächen anzumieten. Zu einer zusätzlichen Prekarisierung tragen kurzfristig kündbare und nur auf Zwischennutzung ausgelegte Mietverhältnisse bei.

 

Die Verdrängung der Clubs ist auch für die Breite der Berliner Wirtschaft eine große Gefahr. Bis heute kommen Millionen Tourist*innen nicht wegen der Hochkultur, sondern wegen der Clubkultur nach Berlin. Nicht zuletzt tausende Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von den Berliner Clubs ab. Ebenso hervorzuheben sind die identitätsstiftende Bedeutung der Clubkultur für Berlin sowie die Bedeutung als Standortfaktor. Um die Berliner Clubkultur langfristig zu erhalten, fordern wir:

 

  • die Festsetzung und Sicherung von Standorten zukünftiger clubkultureller Nutzung, bis dahin Bestandsschutz für bestehende Clubs
  • Die Anerkennung von Clubs als kulturelle Einrichtungen. Sie sind rechtlich Konzert­sälen, Opern, Theatern und Programmkinos als Kultureinrichtungen gleichzustel­len.
  • Clubs, welche kulturelle und künstlerische Zwecke verfolgen, werden in der Baunutzungsverordnung als Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke behandelt und nicht als Vergnügungsstätten.
  • Die Schaffung von Kulturschutzgebieten. Kulturschutz soll als Teil der Er­haltungsordnung (§172 BauGB) eingeführt werden. Eine neue Baugebietskategorie „Kulturgebiet“ soll eingeführt werden, um beste­hende Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Ansiedlung neuer Clubs auch in Innenstädten zu ermöglichen.
  • die Clusterung innerstädtischer Alternativen für bedrohte Standorte, dabei ist die Vermietung landeseigener und bundeseigener Liegenschaften an Clubs zu prüfen
  • die Erhebung von Potenzialstudien in allen Bezirken, um geeignete Flächen für neue Clubs und Kulturschutzgebiete zu identifizieren. Bei der Erschließung neuer städtebaulicher Areale und der Erstellung neuer Bebauungspläne sollen außerdem zukünftig per Ausschreibung auch gezielt
  • Berliner Kulturprojekte und Clubs berücksichtigt werden.
  • die Einrichtung einer Koordinierungsstelle zwischen Clubbetreiber*innen, kommunaler Verwaltung und Politik, die Nutzungskonflikte lösen und mögliche Umnutzungen und Umsiedlungen von Clubs ermöglichen soll
  • Eine dauerhafte, nicht nur projektgebundene, finanzielle Förderung der Berliner Clubcommission
  • Eine langfristige Sicherung und Aufstockung des Berliner Schallschutzfonds
  • Die Einrichtung eines Haushaltstitels für die Clubs als Kulturstätten im Berliner Haushalt für Kultur oder Bau
  • Einbettung in eine ganzheitliche Strategie zum Erhalt und der Förderung der Berliner Kreativszene insgesamt

 

Weiterleitung an AGH-Fraktion

Antrag 175/I/2020 Digital Empowerment für geflüchtete Frauen!

30.09.2020

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Abgeordnetenhaus und im Senat werden aufgefordert, sich im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit dafür einzusetzen, dass die Förderung des Projekts „Digital Empowerment“ mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen aufgestockt wird, um die Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen in Berlin bedarfsgerecht zu fördern.

Antrag 218/I/2020 ÖPNV-Einzelfahrschein für Notunterkünfte

29.09.2020

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert allen Notunterkünften im Land Berlin ein monatliches Kontingent an Einzelfahrscheine für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zur Verfügung zu stellen. Diese Fahrscheine können die Mitarbeitenden in den Unterkünften an die Personen verteilen, die aufgrund fehlender Schlafplätze zu einer anderen Unterkunft fahren müssen oder einen Arzt- oder Amtstermin haben.

Antrag 120/I/2020 Wohnortnahe ärztliche Versorgung

29.09.2020

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und der Bezirksämter werden aufgefordert, ein Konzept zur bedarfsgerechten wohnortnahen ärztlichen Versorgung in Berlin zu erarbeiten. Dies darf nicht auf Bezirksebene als Steuerungsform enden, sondern muss die einzelnen Stadtgebiete als Steuerungsgröße anwenden. Das Konzept sollte außerdem Anreizmöglichkeiten für Ärzt*innen entwickeln, damit sich diese in weniger versorgten Gebieten niederlassen.