Berlin zum sicheren und inklusiven Ort für Frauen mit Behinderungen machen
Wir Sozialdemokrat*innen begrüßen, dass sich in den letzten Jahren viele Verantwortliche in vielen Bereichen auf den Weg gemacht haben, um die Situation von gewaltbetroffenen Menschen – zumeist Frauen – mit Behinderungen zu verstehen.
Bis Berlin insbesondere für Frauen mit Behinderungen ein sicherer und inklusiver Ort ist, sind allerdings noch viele – auch gesetzgeberische – Maßnahmen einzuleiten bzw. auszubauen:
- In Berlin ist eine Fachstelle mit einem inklusiven Team („Koordinierungsstelle Gewaltschutz inklusiv“) einzurichten und im Doppelhaushalt 2024/25 ausreichend zu finanzieren.
- Erstellung einer umfassenden Berliner Studie zur Gewaltbetroffenheit von Frauen in den bedeutsamsten Teilhabe-Bereichen, u.a. Gesundheit und Pflege, Mobilität, (selbstbestimmtes bzw. betreutes) Wohnen, Eingliederungshilfe, Arbeitsmarkt und Beschäftigung.
- Das im Wohnteilhabegesetz (WTG) geforderte Schutzkonzept bedarf dringend der fachlichen Konkretisierung und rechtlichen Ausformung, z.B. durch ein Muster-Schutzkonzept.
- Aufnahme der Themen Behinderung als auch Gewalt- und Opferschutz in Ausbildung als auch Fortbildungsmaßnahmen zur Sensibilisierung von Fachkräften in allen gesellschaftspolitischen Bereichen.
- Ausbau an einfachen, niedrigschwelligen und ausfinanzierten Zugängen zu Dolmetscher*innen für DGS und leichte Sprache.
- Flächendeckende Ausfinanzierung von qualifizierten Selbstbehauptungskursen für Frauen (und ggf. auch für Männer) mit Behinderungen z.B.: über Sportvereine. Für die Teilnehmenden sollte dies kostenlos bzw. sehr günstig und ohne bürokratischen Aufwand erreichbar sein.
- Damit betroffene Frauen mit Behinderungen insbesondere in und nach Gewaltsituationen rasch Hilfe erhalten können, sind Verwaltungs- und Hilfewege zu entwickeln, die im Bedarfsfall akut und ohne Vorlauf funktionieren. Eine psychosoziale, medizinische und rechtsmedizinische Akutversorgung muss nach sexualisierter Gewalt für alle Betroffenen gewährleistet sein. Betroffene Frauen brauchen barrierefreie Zugänge zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten und zu den Strafverfolgungsbehörden außerhalb der Einrichtungen. Hierfür sind für die Kommunikation mit Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen sensibilisierte und geschulte Ansprechpartner*innen in Beratungsprojekten, bei Polizei und Justiz sowie medizinischen Einrichtungen erforderlich.
- Informationen zu Rechtsansprüchen, zu Hilfe und Schutz kommen bisher z.B. bei Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung oft gar oder nicht ausreichend an. Es braucht mehr und vielfältigere Zielgruppen- und Multiplikator*innen-Ansprachen. Hierzu gehören insbesondere auch die Frauen-Beauftragten in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM), die dadurch in ihrer Rolle auch stärker wertgeschätzt werden.
- Frauen-Beauftragte in den WfbM haben bislang lediglich ein Mitwirkungerecht in den Werkstätten. Gesetzlich zu verankern ist ein Mitbestimmungsrecht. Weiterhin sind Frauen-Beauftragte auch im Bereich Wohnen verbindlich einzuführen und mit entsprechenden Rechten und Möglichkeiten zu versehen. Bereitzustellen sind die notwendigen Schulungen und Fortbildungen.
- (Potentiell) gewaltbetroffene Frauen mit Behinderungen werden in Kampagnen (bspw. „Noteingang“) zwar mitgedacht – aber nicht erreicht. Es braucht mehr Anstrengungen und Kompetenz, um Frauen mit verschiedenen Arten von Behinderungen wirklich zu erreichen (kommunikative Barrierefreiheit).
- Bedeutend mehr Aufmerksamkeit und Kontrolle braucht das Thema Übergriffe durch Mitarbeitende der Behinderten-Fahrdienste. Derzeit ist hier niemand für das Thema Gewaltschutz zuständig.