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Antrag 84/II/2023 Gewährleistung eines umfassenden Gewaltschutzes und Gründung einer „Koordinierungsstelle Gewaltschutz inklusiv“

21.08.2023

Berlin zum sicheren und inklusiven Ort für Frauen mit Behinderungen machen

 

Wir Sozialdemokrat*innen begrüßen, dass sich in den letzten Jahren viele Verantwortliche in vielen Bereichen auf den Weg gemacht haben, um die Situation von gewaltbetroffenen Menschen – zumeist Frauen – mit Behinderungen zu verstehen.

 

Bis Berlin insbesondere für Frauen mit Behinderungen ein sicherer und inklusiver Ort ist, sind allerdings noch viele – auch gesetzgeberische – Maßnahmen einzuleiten bzw. auszubauen:

 

  • In Berlin ist eine Fachstelle mit einem inklusiven Team („Koordinierungsstelle Gewaltschutz inklusiv“) einzurichten und im Doppelhaushalt 2024/25 ausreichend zu finanzieren.
  • Erstellung einer umfassenden Berliner Studie zur Gewaltbetroffenheit von Frauen in den bedeutsamsten Teilhabe-Bereichen, u.a. Gesundheit und Pflege, Mobilität, (selbstbestimmtes bzw. betreutes) Wohnen, Eingliederungshilfe, Arbeitsmarkt und Beschäftigung.
  • Das im Wohnteilhabegesetz (WTG) geforderte Schutzkonzept bedarf dringend der fachlichen Konkretisierung und rechtlichen Ausformung, z.B. durch ein Muster-Schutzkonzept.
  • Aufnahme der Themen Behinderung als auch Gewalt- und Opferschutz in Ausbildung als auch Fortbildungsmaßnahmen zur Sensibilisierung von Fachkräften in allen gesellschaftspolitischen Bereichen.
  • Ausbau an einfachen, niedrigschwelligen und ausfinanzierten Zugängen zu Dolmetscher*innen für DGS und leichte Sprache.
  • Flächendeckende Ausfinanzierung von qualifizierten Selbstbehauptungskursen für Frauen (und ggf. auch für Männer) mit Behinderungen z.B.: über Sportvereine. Für die Teilnehmenden sollte dies kostenlos bzw. sehr günstig und ohne bürokratischen Aufwand erreichbar sein.
  • Damit betroffene Frauen mit Behinderungen insbesondere in und nach Gewaltsituationen rasch Hilfe erhalten können, sind Verwaltungs- und Hilfewege zu entwickeln, die im Bedarfsfall akut und ohne Vorlauf funktionieren. Eine psychosoziale, medizinische und rechtsmedizinische Akutversorgung muss nach sexualisierter Gewalt für alle Betroffenen gewährleistet sein. Betroffene Frauen brauchen barrierefreie Zugänge zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten und zu den Strafverfolgungsbehörden außerhalb der Einrichtungen. Hierfür sind für die Kommunikation mit Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen sensibilisierte und geschulte Ansprechpartner*innen in Beratungsprojekten, bei Polizei und Justiz sowie medizinischen Einrichtungen erforderlich.
  • Informationen zu Rechtsansprüchen, zu Hilfe und Schutz kommen bisher z.B. bei Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung oft gar oder nicht ausreichend an. Es braucht mehr und vielfältigere Zielgruppen- und Multiplikator*innen-Ansprachen. Hierzu gehören insbesondere auch die Frauen-Beauftragten in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM), die dadurch in ihrer Rolle auch stärker wertgeschätzt werden.
  • Frauen-Beauftragte in den WfbM haben bislang lediglich ein Mitwirkungerecht in den Werkstätten. Gesetzlich zu verankern ist ein Mitbestimmungsrecht. Weiterhin sind Frauen-Beauftragte auch im Bereich Wohnen verbindlich einzuführen und mit entsprechenden Rechten und Möglichkeiten zu versehen. Bereitzustellen sind die notwendigen Schulungen und Fortbildungen.
  • (Potentiell) gewaltbetroffene Frauen mit Behinderungen werden in Kampagnen (bspw. „Noteingang“) zwar mitgedacht – aber nicht erreicht. Es braucht mehr Anstrengungen und Kompetenz, um Frauen mit verschiedenen Arten von Behinderungen wirklich zu erreichen (kommunikative Barrierefreiheit).
  • Bedeutend mehr Aufmerksamkeit und Kontrolle braucht das Thema Übergriffe durch Mitarbeitende der Behinderten-Fahrdienste. Derzeit ist hier niemand für das Thema Gewaltschutz zuständig.

 

Antrag 83/II/2023 Inklusionstaxis in Berlin Menschen mit Behinderungen direkt zugänglich machen

21.08.2023

„Mobilität für alle“ ist ein erklärtes Ziel des Berliner Mobilitätsgesetzes und das Inklusionstaxi ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung dieses Ziels. Damit diese barrierefreien Taxen mit genügend Platz für den schnellen, unkomplizierten und sicheren Transport von Menschen im Rollstuhl auch auf Berliner Straßen gewährleistet werden, hatten mittlerweile die Senatsverwaltungen für Soziales als auch für Verkehr Förderprogramme, u.a. zur Umrüstung von Taxis bzw. zur Neuanschaffung von Inklusionstaxis aufgelegt. Studien haben ergeben, dass es 250 Inklusionstaxis in Berlin braucht, um auch für Menschen im Rollstuhl spontane und flexible Mobilität zu ermöglichen.

 

Da sich die Klagen häufen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen keinen direkten Zugang zu den Taxiunternehmen mit Inklusionstaxis erhalten, fordern wir den Senat auf, zusammen mit betroffenen Expert*innen und weiteren Akteur*innen ein neues entsprechendes Konzept – u.a. eine zentrale Vermittlungsstelle für Inklusionstaxis – zu erarbeiten, damit Menschen mit Beeinträchtigungen die gleichen Chancen auf Mobilität haben wir Menschen ohne Beeinträchtigungen.

Antrag 60/II/2023 Keine Festung Europa - Das EU-Asylrecht darf nicht zum Nachteil der Schutzsuchenden geschwächt werden!

21.08.2023
  • Die Innenminister*innen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich am 08.06.2023 auf eine Verhandlungsposition zur Asylverfahrensverordnung (AsylVerf-VO) und zur Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement (AMM-VO) geeinigt. Sie wird die Grundlage für die Verhandlungen des Ratsvorsitzes mit dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission (Trilog) bilden, um das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) zu reformieren.
  • Die Verhandlungen des Rats der Europäischen Union für die Verordnung im Fall von Krisen, höherer Gewalt und Instrumentalisierung („Krisenverordnung“) finden darüber hinaus derzeit noch statt und sollen in den kommenden Wochen abgeschlossen werden.

 

  1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, der „Verordnung im Fall von Krisen, höherer Gewalt und Instrumentalisierung“ im Rat nicht zuzustimmen, sollten die im aktuellen Verordnungstext enthaltenen Abschwächungen der derzeitigen Standards für die Registrierung, Unterbringung und rechtliche Verfahren unter Berufung auf „Instrumentalisierung“, Krisen und „force majeure“ zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht vollständig entfernt worden sein.
  2. Die SPD-Mitglieder der S&D-Fraktion im EU-Parlament werden aufgefordert, sich bei den Verhandlungen mit dem Rat für die Rechte schutzsuchender Menschen einzusetzen und jegliche Einigung abzulehnen, die diese Grundstandards missachtet. Dies muss insbesondere auch in Fällen von Krisen, höherer Gewalt (,force majeure‘‘) und Instrumentalisierung gelten.

 

 

Die Mitglieder der S&D-Fraktion im EU-Parlament sowie die Bundesregierung werden darüber hinaus aufgefordert, der GEAS-Reform nicht zuzustimmen, wenn die folgenden Bedingungen nicht gegeben sind:

 

  1. Einführung eines echten und effektiven Solidaritäts- und Verteilungsmechanismus für alle Asylsuchenden (nicht nur 30.000, wie aktuell vorgesehen) in der Europäischen Union als Nachfolge des Dublin-III-Verfahrens, welcher die Staaten an den EU-Außengrenzen, insb. die Mittelmeeranrainerstaaten, im Registrierungs- und Entscheidungsprozess nachhaltig finanziell und personell entlastet. Sollten einzelne Mitgliedsstaaten diesen Solidaritätsmechanismus nicht mittragen wollen, muss die Bundesregierung gemeinsam mit gewillten EU-Partnerstaaten vorangehen und ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ für die Registrierung, Aufnahme und Integration von Flüchtlingen anführen;
  2. Einführung eines echten Anreizsystems für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in Form eines EU-Fonds aller Mitgliedsstaaten, welcher aufnahmewillige Staaten und Kommunen ausreichend finanziell unterstützt;
  3. Ein Ablassen von der derzeit geplanten Verwendung der Fiktion der Nicht-Einreise, welche die Rechtsposition der betroffenen weitere verschlechtert und die Schaffung von Haftlagern und Abschiebungen ohne rechtsstaatlich angemessene Verfahren unterstützt.
  4. Eine Ablehnung von Grenzverfahren ohne rechtstaatliche Einzelfallprüfung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, welche durch die Anerkennungsquote bezüglich eines bestimmten Herkunftslandes oder die auf der Flucht durchquerten Drittstaaten ausgelöst würden. Diese Kriterien dürfen nicht zu einem Maßstab erhoben werden, der über die faktische Inhaftierung von Betroffenen in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen entscheidet. Dieser willkürliche Maßstab verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und ist vor dem Hintergrund der Menschenrechtsbetroffenheit bei haftähnlicher Behandlung ohne verpflichtenden Rechtsbeistand völlig ungeeignet;
  5. Eine Ausnahme von Familien mit minderjährigen Kindern von jeglicher Form von Grenzverfahren, wobei die Definition „Kind“ entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention alle Minderjährigen unter 18 meint;
  6. Eine Garantie, dass Menschen mit besonderen Verfahrens- und Unterbringungsbedürfnissen (unter anderem Opfer von Folter, Betroffene von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt sowie des Menschenhandels, LGBTIQ+ und Schwangere) ebenfalls aus den Grenzverfahren ausgenommen werden sowie, dass alle EU-Mitgliedsstaaten kollektiv in den Ausbau adäquater psychologischer, medizinischer und rechtlicher Betreuungskapazitäten dieser Personengruppen investieren;
  7. Eine Garantie, dass die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrages von unbegleiteten Minderjährigen bei fehlenden Familienangehörigen, die sich rechtmäßig in einem EU-Mitgliedstaat aufhalten, bei dem Mitgliedsstaat liegt, in welchem dieser sich aufhält und seinen Antrag gestellt hat ;
  8. Eine Garantie, dass Zivilgesellschafts- und Menschenrechtsorganisationen, medizinisches, psychologisches und juristisches Personal vollumfänglichen Zugang zu Registrierungs- und Aufnahmezentren in allen EU-Mitgliedsstaaten haben. Auch Seenotrettungsorganisationen müssen ohne jegliche Behinderung in EU-Gewässern operieren können, ohne kriminalisiert zu werden. Darüber hinaus ist eine europäisch koordinierte und finanzierte Seenotrettung dringend erforderlich und geboten, um weiteres Sterben an den EU-Außengrenzen zu verhindern;
  9. Die tatsächliche verpflichtende Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission ohne jegliche „Übergangsphase“ nach Einführung der GEAS-Reform, um einen Rückstau an Verfahren zu verhindern;
  10. Ein Ablassen von den Versuchen, Rückführungsabkommen mit Drittstaaten zu schließen, welche die europäischen Abhängigkeiten von Autokratien befördern und somit dem Ziel der europäischen Souveränität entgegenlaufen. Eine Bestimmung eines ,,sicheren Drittstaates‘‘ durch einzelne Mitgliedstaaten darf nicht stattfinden.
  11. Eine völkerrechtskonforme und in Übereinstimmung mit dem Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP ausgestaltete GEAS-Reform.

 

Antrag 64/II/2023 Keine Aufweichung des Rechtsstaatsprinzips und Abkehr von der Menschlichkeit

21.08.2023

Mit dem Diskussionspapier des Bundesinnenministeriums „für ein Gesetz zur Verbesserung der Rückführung und zu Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht“ beugt sich  das Ministerium einer Verschieben des politischen Diskursraums nach rechts. Es ist zu bedauern, dass eine Vielzahl der Verschärfungen welche bereits unter Führung des BMI durch Horst Seehofer erdacht wurden, nun in einem sozialdemokratisch geführten Haus umgesetzt werden sollen.

 

Eine immer restriktivere Politik die auf Abschreckung und Abschottung setzt, ist ungeeignet um den Herausforderungen unserer Zeit, zu der im Zuge globaler Ungleichheit und Klimawandel auch Migrationsbewegungen gehören, entgegen zu treten.

 

Durch die Verschärfungen würde es zu massiven Grundrechtseingriffen bei Menschen kommen, welche lediglich einen aufenthaltsrechtlichen Verstoß begangen haben. Diese Vierschiebung ist sowohl verfassungsrechtlich bedenklich als auch politisch nicht zielführend und falsch.

 

Wir fordern daher die Bundestagsfraktion der SPD im deutschen Bundestag sowie die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung dazu auf, sich gegen solche Verschärfungen einzusetzen.

 

Dabei fordern wir konkret folgende Punkte aus dem Diskussionspapier abzulehnen:

 

  • Ausschreibung zur Fahndung zur Identitätsfeststellung

(Ist bisher nur vorgesehen für Abschiebung. Würde massiv Druck auf alle Betroffenen die keinen Pass oder Passersatz nachweisen können massiv erhöhen, da diese stets zur Fahndung ausgeschrieben werden könnten.

 

  • Ausweiseinteresse bei Bildung eine kriminellen Vereinigung unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung

(Dass Ausländerbehörden ohne vorherige rechtsstaatliche Verurteilung eigenhändig darüber entscheiden, ob eine Person aktuelles oder ehemaliges Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §129 StGB ist, ist eine Aufweichung rechtsstaatlicher Standards. Dies ist insbesondere angesichts des kriminologisch sehr vagen „Clan“-Begriffs problematisch, da Ausländerbehörden Verwandte von Mitgliedern krimineller Vereinigungen zunehmend in den Fokus nehmen könnten. Ein besonders schweres Ausweisungsinteresse festzustellen, also voraussichtlich einem Menschen den weiteren Aufenthalt in Deutschland zu verwehren, ist ein schwerer Eingriff – dieser sollte weiterhin an hohe Hürden wie eine rechtskräftige Verurteilung gekoppelt sein.)

 

  • Betreten aller Wohnungen oder andere Räumlichkeiten, die als Wohnung iSd GG eingeordnet werden können in Gemeinschaftsunterkünften

(bei Abschiebungen soll in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht nur die Wohnung des Betroffenen oder bei einem konkreten Verdacht eine andere Wohnung durchsucht werden können, sondern per se immer alle Wohnungen der gesamten Unterkunft. Das würde bedeuten, dass die Bewohner:innen einer Gemeinschaftsunterkunft jederzeit damit rechnen müssten, dass die Polizei in ihre Wohnung eindringen darf. Ein Rückzugsraum wäre ausgeschlossen. Bei möglicherweise traumatisierten Menschen ist dies gefährlich und unmenschlich und darüber hinaus ein massiver Grundrechtseingriff in Art. 13, Unverletzlichkeit der Wohnung. Bei Anhaltspunkten, dass sich eine Person in einer anderen Wohnung / einem anderen Bereich einer Gemeinschaftsunterkunft aufhält, sind Durchsuchungen nach § 58 (6) Aufenthaltsgesetz ohnehin schon möglich – ein generelles Durchsuchungsrecht ohne entsprechende Anhaltspunkte lehnen wir ab.)

 

  • Verschärfte Regelung für nächtliche Durchsuchungen in Gemeinschaftsunterkünften

(bestehende Beschränkungen sollen aufgehoben werden. Gerade Durchsuchungen bei Nacht sind für die Betroffenen traumatisierend bzw. retraumatisierend, nicht zuletzt für Kinder)

 

  • Aufhebung der Ankündigung der Abschiebung bei Abschiebehaft

(War bisher eine Möglichkeit um noch einmal juristschen Beistand zu suchen und ist sicher auch für Verabschiedung etc. emotional und menschlich geboten)

 

  • Aufhebung der Ankündigung der Abschiebung nach ausgesetzter Abschiebung für mindesten 1 Jahr

(Bisher wurden geduldete Personen 1 Monat vor wieder anstehenden Abschiebung informiert. Durch diese Information konnte Beratung eingeholt werden und geprüft werden, ob die Möglichkeit für einen geregelten Aufenthaltstitel in der Zwischenzeit gegeben ist.)

 

  • Ausweitung von Haft

Die Möglichkeit Menschen in Haft zu nehmen sollen massiv ausgeweitet werden: Bei Verstoß gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote als selbständiger Haftgrund, bei Menschen die vollziehbar ausreisepflichtig sind. Ausweitung der Sicherungshaft vor einer Abschiebung auf sechs Monate. Einführung von Mitwirkungshaft.)

 

  • Verlängerung des Abschiebegewahrsams von 10 auf 28 Tage

(Freiheitsentziehende Maßnahme ohne Straftat)

 

  • Durchsuchung zum Zweck der Kostenübernahme für die Abschiebung

(Ausweitung des Begriffs der Hilfeleistung für Einreise. Zuvor nur Schleuser erfasst, jetzt auch Menschen, die in einer anderen Form Hilfe geleistet haben und damit Gefahr laufen durchsucht und finanziell geschädigt zu werden)

 

  • Abschiebung während eines Strafverfahrens

(Staatsanwaltschaften müssen nicht mehr ihr Einverständnis geben, dass trotz eines laufenden Verfahrens die Abschiebung vollzogen wird.

 

  • Ausweitung der Anforderungen an Mitwirkungspflichten

(Neben dem Erscheinen und der ärztlichen Untersuchung soll jetzt auch Mitwirkung bei der Identitätsklärung eingefordert. Ist diese aber in Fällen bei denen es keinen ausreichenden Unterlagen mehr gibt, nicht möglich, könnten Restriktionen bis zu Mitwirkungshaft folgen.)

 

  • Keine aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage

(Anordnungen der Wohnsitzauflage oder einer Sicherheitsleistung sollen sofort vollziehbar sein. Auswirkungen sind bei Vollzug nicht mehr rückgängig zu machen – z.B. durch Verlust der Wohnung. Daher stellt auch dies einen möglichen massiven Eingriff in Grundrechte dar.)

 

  • Streichung der Erfordernis der wiederholten Begehung einer Tat

(Bereits der einmalige Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften wie Verweigerung der Wohnsitznahme oder Meldepflicht wird direkt strafbar. Vorher waren wiederholte Begehungen bzw Nichtnachkommen trotz wiederholtem Hinweis erforderlich. Die Verschärfung führt zu einer Kriminalisierung  auch unbeabsichtigter Versäumnise. Außerdem steht die Ausweitung aufenthaltsrechtlicher Verstöße und dem damit zusammenhängenden Strafrahmen späteren Legalisierungsbemühungen entgegen, wie die Diskussion über die Ausschluss-Gründe vom Chancen-Aufenthaltsrecht auch bei rein ausländerrechtlichen Verstößen gezeigt hat. )

 

Antrag 63/II/2023 Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte im Europäischen Asylsystem verteidigen

21.08.2023

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Europäischen Parlaments werden aufgefordert folgende Punkte bei der GEAS-Reform umzusetzen:

  • Grenzverfahren müssen freiwillig bleiben und durch EU-Mittel finanziert und deren Durchführung durch EU-Personal begleitet werden. Eine Fiktion der Nichteinreise ist abzulehnen.
  • Verpflichtendes Menschenrechtsmonitoring durch Nichtregierungsorganisationen in allen Phasen des Asylprozesses. Der Zugang und die Transparenz müssen vollumfänglich gewährleistet sein.
  • Analog zur deutschen Regelung sollten Geflüchtete eine unabhängige Verfahrensberatung an die Seite gestellt bekommen. Hilfsorganisationen brauchen jederzeit Zugang.
  • Keine de facto Inhaftierungen: Alle Einrichtungen müssen im laufenden Asylprozess jederzeit und an jedem Schritt unverzüglich verlassen werden können.
  • Vollständige Ausnahme aller minderjährigen unter 18 Jahren von Außengrenzverfahren und vulnerabler Gruppen
  • Vulnerabilität muss fachlich adäquat durch unabhängige Stellen geprüft werden. Medizinische und psychologische Betreuung ist dauerhaft sicherzustellen.
  • Sichere Drittstaaten müssen unter qualifizierten Kriterien durch die Kommission und das Europäische Parlament festgelegt werden. Eine Durchreise oder ein Aufenthalt zur Durchreise dürfen nicht als Verbindung zum Drittstaat gewertet werden.

 

Sollten sich diese Punkte nach dem Trilog nicht wiederfinden, ist ein Kompromiss durch die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung abzulehnen.