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Antrag 184/I/2022 Mehr naturverträgliches und klimaresilientes Bauen in Berlin

17.05.2022

Die Abgeordneten der Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus werden aufgefordert, die Novelle der Berliner Bauordnung (BauO) dahin gehend zu unterstützen, dass insbesondere in § 8a

 

  1. die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden dauerhaft gewährleistet wird,
  2. alle Versiegelungen des Bodens bis auf im Rahmen der genehmigten Nutzung unabweisbare Teile, begrünt und bepflanzt werden,
  3. unabhängig davon mindestens 30 % der Fassadenfläche eines Gebäudes und Dächer größer als 30 m² zu 70% dauerhaft begrünt werden.
    Darüber hinaus sind im Bereich der Mischwasserkanalisation Retentionsdächer anzulegen.
    Eine Doppelnutzung zusammen mit erneuerbaren Energien (z.B. Solarenergie oder kleine Windkraft mit Vertikalrotoren) ist zulässig und möglich.
  4. Der Biotopflächenfaktor (BFF) ist in die BauO aufzunehmen, damit er rechtsverbindlich umsetzbar wird.

 

Bei vorhandenen Landschaftsplänen haben deren Inhalte Vorrang, so dass der BFF umfänglich zur Anwendung kommt. Diese dienen besonders der Darstellung und dem Nachweis geeigneter Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Berliner Naturschutzgesetz. Sie ersetzen damit die Anforderungen des §8a, soweit dessen Inhalte nicht darüber hinaus gehen.

 

Zum Schutze der urbanen Flora ist in der Berliner BauO vorzusehen:

  • Ab einer Gebäudebreite von 30 m sind je drei Niststätten für Vögel und Quartiere für Fledermäuse herzustellen.
  • Die Gebäude müssen so gestaltet werden, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Vögel durch Kollision mit dem Bauwerk nicht erhöht wird.
  • Bei der Außenbeleuchtung ist die Beleuchtungsintensität und die Abstrahlung sowie die Blaulichtanteile des Lichts zum Schutz der freilebenden Tierwelt auf das unabweisbar erforderliche Maß zu begrenzen.

 

In der Berliner BauO ist ein Freiflächengestaltungsplan vorzusehen, der folgenden Anforderungen entsprechen muss. Er muss wirksam werden, bezüglich

  • der Freiflächennutzung,
  • der Biodiversität,
  • des tierunterstützenden Entwerfens (animal aided design)
  • und der Klimaanpassung.

 

Die Anforderungen werden durch Verwaltungsvorschriften (beispielsweise auch DGNB-Zertifizierung) geregelt, damit eine fachgerechte Ausführung gewährleistet wird.

 

Antrag 196/I/2022 Gegen Armutsdiskriminerung in der häuslichen Pflege- für eine dauerhafte Erhöhung der Pflegehilfsmittelpauschale!

17.05.2022

Eine Pflegehilfsmittelpauschale, die Aufwendung der Pflegekassen für alltägliche Verbrauchsmaterialien, steht allen Menschen zu,

 

  1. bei denen eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde,
  2. die in einem häuslichen Umfeld leben und
  3. von Angehörigen und/oder ambulanten Pflegekräften gepflegt werden.

 

Mit der Pflegehilfsmittelpauschale sollen medizinische Verbrauchsprodukte wie Einmalhandschuhe, Krankenunterlagen und Desinfektionsmittel finanziert werden.

 

Durch die Covid19-Pandemie sind die Kosten für Pflegehilfsmittel, zu denen beispielsweise auch Masken zählen, stark gestiegen. Deswegen wurde die Pflegehilfsmittelpauschale von Mai 2020 bis einschließlich Dezember 2021 von 40€ auf 60€ erhöht. Diese Erhöhung ist zum 1. Januar 2022 unkommentiert ausgelaufen. Wir finden, das geht so nicht!

 

Seit der Pandemie sind die Preise für Pflegehilfsmittel stetig gestiegen, auch die aktuelle Inflation lässt die Preise signifikant höher werden. Es gibt keinen Grund dafür anzunehmen, dass die finanzielle Mehrbelastung durch die Pandemie vorüber sei.

 

Betroffene berichten gar davon, sich nicht genügend Einmalhandschuhe leisten zu können, um ihre Körperpflege hygienisch halten zu können. Auch ist es gerade für Pflegende oder Gepflegte auf Grund der erhöhten Gefahr für schwere Verläufe in Folge einer Corona-Infektion besonders wichtig, Zugang zu FFP2-Masken zu erhalten. Dieser wird mit einer zu niedrigen Pflegehilfsmittelpauschale versperrt.

 

Dazu kommt, dass die Pflegehilfsmittelpauschale schon der Covid19-Pandemie zu niedrig war.

 

40€ ändern nichts daran, dass häusliche Pflege und Hilfsmittelqualität stark vom Privatvermögen der Pflegebedürftigen und ihrer Familien abhängt. Dadurch wird der Effekt verstärkt, dass ärmere und arme Menschen eine schlechtere Gesundheitsversorgung erfahren. Dabei gilt zu beachten, dass besonders diskriminierte Menschen, Flinta*, Menschen mit Behinderung und von Rassismus betroffene Personen eher von Armut betroffen sind und gleichzeitig häufiger auf pflegerische Hilfsmittel angewiesen sind.

 

Deswegen fordern wir eine dauerhafte Erhöhung der Pauschale auf mindestens 100€ monatlich.

Antrag 199/I/2022 Gender Pay Gap im Sport: Jetzt konsequent bekämpfen!

17.05.2022

Immer noch gibt es reale Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern bei gleichwertigen Tätigkeiten und die Schlechterstellung von übergehend „weiblichen“ Berufen. Man spricht von einem Gender Pay Gap von 18% Lohnunterschied. Für uns steht dabei schon lange fest, dass die strukturellen Ungleichbehandlungen, sowie die Lohnunterschiede überwunden werden müssen, damit Chancengleichheit hergestellt werden kann. Dabei ist der Gender Pay Gap auf vielfältige und sich gegenseitig bedingende Ursachen zurückzuführen. So unterscheiden sich Frauen und Männer in ihren Erwerbsbiografien und der Wahl von Berufsfeldern.  Dies führt häufig zu unterschiedlichen Karriereverläufen und zu Verdienstunterschieden. Im Wesentlichen sind es vier Ursachenkomplexe: Schlechte Bezahlung von „Frauen*typischen“ Berufen wie Erzieher*innen, Friseur*innen, Kassierer*innen etc., Reduzierung der Erwerbstätigkeit durch unbezahlte Sorgearbeit, sowie patriarchale und diskriminierende Strukturen.

 

Gerade letztere zeigen sich vermehrt im Sport. Fußballerinnen* kommen demnach durchschnittlich auf 39.000 Euro, pro Jahr. Zum Vergleich,  bereits in der dritten Liga liegt das durchschnittliche Jahresgehalt bei den Männern bei 120.000 Euro. Konkret bedeutete das bei der letzten Fußball Weltmeisterschaft 2018, dass die deutschen Spielerinnen (bei einem Gewinn) 75.000 Euro pro Person bekommen hätten. Bei den männlichen* Kollegen wären es 350.000 Euro gewesen – Sprich knapp 5 mal mehr.

 

In andere Sportarten sieht es dabei nicht wirklich besser aus. So erhalten nicht wenige männliche Nationalspieler* 500.000 Euro pro Jahr. Hingegen es für die Handballerinnen* unmöglich ist, von ihrem Sport hauptberuflich leben zu können. Dies zeigt sich auch in den Prämien, wo auch im Handball die Männer* 4 mal mehr zugesprochen bekommen als ihre Kolleginnen* in der gleichen Sportart für die gleiche Leistung.

 

Gender Pay Gap- Alternativlos? 

 

Doch woran liegt das? Die Argumentation des Deutschen Fußball Bunds, Deutschen Handballbunds  oder anderen Verbänden ist dabei seit Jahren gleich: Es könnten bei weitem nicht die gleichen Erlöse mit der Frauen*sport, wie mit dem Männer*sport erzielt werden. Somit wird die Begründung für die fehlende Gleichbehandlung ausschließlich auf die besseren Einschaltquoten und Werbe- bzw. Sponsoringverträge im Männer*sport aufgebaut. Auch wird immer wieder versucht darzustellen, dass sich die Verbände eine gleiche Bezahlung schlicht nicht leisten könnten.

 

Dabei wird jedoch schnell vergessen, dass nicht jede Sportart ein Gender Pay Gap hat. So erhalten sowohl Männer* als auch Frauen* dieselbe Vergütung bei den vier Grand-Slam-Turnieren im Tennis. Gewinner*innen beim Turnier in Wimbledon erhalten 2,5 Millionen Euro Siegprämie, ganz unabhängig vom Geschlecht.

 

Doch Beispiele gibt es genug: So wird in der australischen Liga seit 2019 ein genderübergreifendes Grundgehalt von 10.100 Euro gezahlt. In Norwegen erhalten die Nationalmannschaften bereits seit mehreren Jahren die gleichen Gehälter bzw. Prämien und nun hat es sogar die US- Fußballnationalmannschaft der Frauen* geschafft, dass die Einnahmelücke zwischen Spielerinnen* und Spielern* geschlossen wird. Zudem wurde sich auf eine Entschädigung von 22 Millionen Dollar geeinigt. Das alles zeigt: Es kann auch anders gehen!

 

Equal Pay im Equal Game!

 

Auch die Argumentation vieler Verbände, wonach die Einschaltquoten keine gleiche Bezahlung zulassen würden und auch die nicht finanziell umsetzbar sei, ist irreführend. Denn  zum einen würden das Interesse am Frauensport steigen, wenn mehr davon gezeigt würde. Das dies nicht der Fall ist, liegt auch und vor allem am Handeln der Verbände. Zum anderen ist der Sport getragen von einem gemeinnützigen und gesellschaftlichen Charakter. Diesem Charakter fühlen sich die meisten Verbände nicht nur verbunden, sondern sind durch ihre Vereinsstruktur schlicht daran gebunden. Das Argument der Gewinnorientierung darf und kann also nicht für sie gelten.

 

Und selbst, wenn dieses Argument der Gewinnorientierung, worauf sich viele Profisportvereine beziehen und strukturieren, darf es keine Ausnahme darstellen, die gleiche Arbeit ungleich zu entrichten. Denn für uns bleibt weiterhin klar, dass das Gehalt nicht vom Verhandlungsgeschick während der Gehaltsverhandlungen abhängen sollten, sondern von der Leistung! Die Leistung welche im Frauensport erbracht wird, sollte dementsprechend auch gleich bezahlt werden, wie der Männer*sport!

 

So fordern wir, dass alle Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion, die Bundesministerin für Inneres und für Heimat Nancy Faser, sowie alle SPD Mitglieder in Sportverbänden dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass alle Sportverbände die gleichen Prämien genderunabhängig vergeben.

 

Des Weiteren fordern wir alle Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion, die Bundesministerin für Inneres und für Heimat Nancy Faser, sowie die Bundesregierung auf, dass:

  1. Staatliche Förderungen im Breitensport nur noch unter der Vorgabe der gleichen Prämiensätze und Bezahlung bei gleicher Leistung vergeben wird.
  2. Sämtliche Förderungen oder Unterstützungen durch öffentliche Unternehmen oder aus steuerlichen Mitteln nicht gegeben oder vergeben werden, sollten diese den Gender Pay Gap zwischen dem professionellen Männer*sport und dem professionellen Frauen*sport vergrößern oder diesen nicht verringern.
  3. Die Mindestlohnregelung auch im Falle aller Spitzensportler*innen und deren Vereine oder Kapitalgesellschaften im Sport greift, in welchem auch die Trainingszeiten Berücksichtigung finden. Denn zur Zeit verdienen ein Viertel aller Spitzensportler*innen keinen Mindestlohn, wobei dies meist auf die Sportlerinnen* zutrifft.

 

 

Antrag 84/II/2021 Für eine echte Förderung weiblicher und diverser Literatur: Berliner Literaturpreis für Frauen und nicht-binäre Personen!

9.11.2021

Der literarische Kanon ist sehr männlich geprägt. Viele Schüler*innen beenden ihre Schulzeit, ohne als Schullektüre auch nur ein einziges Buch einer Autorin gelesen zu haben. Die Initiative #frauenlesen hat es sich zur Aufgabe gemacht zu untersuchen, wie es um die Repräsentation der Geschlechter in den Medien und der Literaturbranche steht. Die Ergebnisse decken sich mit vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft: Frauen und nicht-binäre Personen werden strukturell benachteiligt. Bei den 13 höchstdotierten Literaturpreisen in Deutschland gewinnen Männer fünfmal häufiger als Frauen*.

 

Die Förderung vielfältiger Literatur muss ein zentrales Anliegen einer modernen und bunten Stadt wie Berlin sein. Was wir lesen prägt unseren Blick auf die Welt. Es ist also an der Zeit, dass im öffentlichen Diskurs nicht mehr überwiegend die Literatur weißer cis-männlicher Personen besprochen wird. Frauen* und nicht-binäre Personen schreiben schließlich von jeher auch; ihren Werken wird nur weniger Beachtung geschenkt. Es ist eben kein Zufall, dass z.B. die Werke Lew Tolstois zur großen Weltliteratur zählen, kaum Leser*innen aber die Bücher seiner Frau Sofja Tolstaja, die selbst eine hervorragende Schriftstellerin war, kennen. Was als literarisch wertvoll gilt, bestimmen Männer seit Jahrhunderten.

 

Die geschlechterspezifischen Unterschiede in der Literaturbranche beginnen schon vor den Preisverleihungen. So werden Bücher von Männern eher im Hardcover veröffentlicht, während jene von Frauen eher im deutlich weniger prestigeträchtigen Format Taschenbuch verlegt werden. Für Literaturpreise werden meist jedoch Bücher nominiert, die als hochliterarisch gelten und im Hardcover erschienen sind. Zudem werden im Feuilleton mehr Bücher von Männern besprochen: Knapp zwei Drittel der Besprechungen drehen sich um Bücher von Männern. Auch die Personen, die die Kritiken verfassen, sind überwiegend männlich. Schließlich sind auch Rezensionen, welche von Männern verfasst werden im Schnitt länger als die von Frauen* und ihnen wird damit mehr medialer Raum gegeben. Schaffen es Bücher von Frauen* allerdings dennoch nominiert zu werden, so zeigt sich das „Genderauge“. Das Phänomen des „Genderauge“ beschreibt, dass am meisten Literaturpreise an Bücher gehen, die sowohl von einem Mann verfasst wurden als auch aus der Perspektive eines Mannes geschrieben sind. Darauf folgen Bücher, die zwar von Frauen* geschrieben wurden, jedoch aus der Perspektive eines Mannes erzählen. Am wenigsten Preise gewinnen solche Bücher, die von Frauen* und über Frauen* sind. Die Welt aus einer männlichen Perspektive wird öfter ausgezeichnet als die aus anderen Perspektiven. So gibt es viel weniger Identifikationsmöglichkeiten für nicht cis-Männer in preisgekrönter Literatur.

 

Auch die Jurys für Literaturpreise sind nicht gerade feministische Vorzeigegremien: Bei den acht höchst dotierten deutschen Literaturpreisen sind zusammen gerechnet gerade einmal 23 % der Mitglieder der Jury weiblich. Darüber hinaus sind nicht-binäre Juror*innen und Rät*innen in den Jurys überhaupt nicht vertreten.

 

Die staatlich geförderten Akademien glänzen auch nicht durch mehr Diversität: Bei der Berliner Akademie der Künste sind etwa nur 22 % der Mitglieder weiblich.

 

Es ist eine staatliche Aufgabe, Chancengleichheit zu fördern. In diesem Fall ist es also notwendig, der Literatur von Frauen* und nicht-binären Personen zu mehr Öffentlichkeit zu verhelfen.

 

Bei Literaturpreisen werden Frauen* und nicht-binäre Personen konsequent zu wenig nominiert und auch ausgezeichnet. Es geht nicht nur um unmittelbare Vorteile wie Ruhm und Geldpreise für Nominierte und Gewinner*innen, sondern auch darum den literarischen Blick auf die Welt diverser zu gestalten und Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken.

 

Es ist höchste Zeit, die männliche Dominanz im Literaturkanon aufzubrechen!

 

Daher fordern wir u. a.

 

  • von der Senatsverwaltung für Kultur eine Schaffung eines Buchpreises ausschließlich für deutschsprachige Werke weiblicher und nicht-binärer Autor*innen, der mit 37.500 € genauso hoch wie der deutsche Buchpreis dotiert ist. Zudem soll eine paritätisch besetzte Jury den Preis verleihen.
  • Außerdem muss für solch einen Preis der Anspruch gelten, auch nicht-weiße Autor*innen und ihre Werke verstärkt zu berücksichtigen.

 

So wird Literatur, die von Frauen* oder nicht-binären Autor*innen verfasst wurde, mehr Raum in der Öffentlichkeit sowie Anerkennung entgegengebracht. Gute Literaturförderung ist auch feministische Literaturförderung.

 

Antrag 16/I/2021 Berliner Wohnraum-Sicherungsgesetz – Verdrängung und Spekulation eindämmen und einen sozialen Wohnungsmarkt erhalten

18.03.2021

Die Situation am Wohnungsmarkt ist auch ein Jahr nach der Einführung des Mietendeckels angespannt, obgleich dieser bereits viele Berliner*innen finanziell entlastet hat. Gleichwohl sind die landesrechtlichen Möglichkeiten zur Regulierung noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. Insbesondere im Bereich der Länderkompetenzen im Wohnungs- und Ordnungswesen verbleiben weitreichende Spielräume. Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und Abgeordnetenhaus werden daher zur Umsetzung der folgenden Punkte aufgefordert diese Handlungsspielräume zu nutzen und wenn nötig im Wege einer Bundesratsinitiative abzusichern:

 

Landesrechtliche Wohnraumsicherung

 

Der Bestand an belegungsgebundenen Sozialwohnungen in Berlin sinkt kontinuierlich. Belegungsgebunden bedeutet, dass die Wohnungen nur an Mieter*innen mit einem Wohnungsberechtigungsschein (WBS) vermietet werden dürfen. Ein WBS wird auf Antrag vom zuständigen Wohnungsamt erteilt, wenn das Haushaltseinkommen eine bestimmte Grenze nicht übersteigt. Schätzungsweise haben inzwischen über die Hälfte der Berliner Haushalte Anspruch auf einen WBS. Im Gegenzug für die Belegungsbindung erhalten Immobilieneigentümer*innen meist Förderungen wie z. B. günstige Kredite. Die Belegungsbindung endet innerhalb einer gewissen Frist nach Ablauf der Förderung, sodass Sozialwohnungen in der Regel nach 30 Jahren in den “freien” Markt übergehen.

 

Als Ergänzung zu Mietpreisbegrenzung wie dem Mietendeckel und der Mietpreisbremse, fordern wir die Einführung eines Berliner Wohnraumsicherungsgesetz. Dieses Gesetz stützt sich auf die ausschließliche Landeskompetenz im Wohnungswesen. Es soll vorschreiben, dass ein signifikanter Teil des Wohnungsbestandes, auch ohne Gegenleistung der Wohnraumförderung der Belegungsbindung unterliegt, also nur an Mietinteressent*innen mit WBS vergeben werden darf. Die Miethöhe für solche Belegungsgebunden Wohnung soll sich an der Ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren und diese um einen festzulegenden Prozentsatz unterschreiten.

 

Auf dem freien Mietmarkt werden zahlungskräftige Interessent*innen regelmäßig bevorzugt. Zusätzlich sehen sich Interessent*innen rassistischer Diskriminierung, sowie Benachteilugung aufgrund ihres sozialen Status ausgesetzt. Diese Phänomene sind, auch bei der Vermietung belegungsgebundener Wohnungen zu beobachten. Im Bundesrecht gibt es bereits die Möglichkeit Mieter*innen für belegungsgebundene Wohnungen staatlich zuzuweisen (Besetzungsrecht nach § 26 Abs. 2 WoFG). Berlin soll davon insbesondere zugunsten von Mieter*innen Gebrauch machen, die vergleichsweise geringe Chancen auf einen Mietvertrag hätten.

 

Belegungsbindung nach öffentlich geförderter Sanierung

 

Fast 50% der städtischen klimaschädlichen Emissionen kommen aus dem Bau- und Immobilienwesen. Um die Vision einer klimaneutralen Stadt zu verwirklichen, muss ein Großteil des Wohnungsbestandes in Berlin innerhalb der nächsten Jahre energetisch saniert werden.

 

Um eine schnelle Transformation zur Klimaneutralität zu fördern, soll das Land Berlin Förderprogramme zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden auflegen. Hierbei sollen die bestehenden Möglichkeiten des Baugesetzbuches, wie zum Beispiel Sanierungssatzungen genutzt werden, sofern diese Möglich und zur Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum zweckmäßig sind.

 

Im Gegenzug für die Förderung, soll das Land nach §2 WoFG, Belegungsrechte an bestehende Wohneinheiten erwerben, die im Rahmen der vorgeschlagenen Wohnraumsicherung genutzt werden. So können Wohnung, die nach Ablauf der Belegungsbindung dem sozialen Wohnungsmarkt entzogen wurden, wieder einer sozialverträglichen Nutzung zugeführt werden.

 

Umlageverbot bei unangetasteter Gewinnsubstanz

 

Ein Großteil des Wohnungsbestandes in Berlin befindet sich in der Hand von Aktiengesellschaften. Diese sollen künftig Mieter*innen vor einer Umlage von Kosten für Modernisierungen und verkappten Entmietungen auf den Mietzins glaubhaft machen müssen, dass ein Sanierung nicht unter Rückgriff auf die bisherigen Unternehmensgewinne finanzierbar ist. Zum Unternehmensgewinn zählen auch die Auszahlungen an Aktionär*innen. Die Auszahlungen dürfen bis auf die Höhe des durchschnittlichen Zinssatzes gekürzt werden. Ist diese Tatsache den Mieter*innen nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, kann die Mieterhöhung einseitig bis auf den vorherigen Mietzins gemindert werden.

 

Sanierungs-TÜV und Zweckentfremdungsverbot

 

Berlin soll als ordnungsrechtliches Mittel einen Sanierungs-TÜV für Mietobjekte einführen. Wir fordern die sozialdemokratischen Senator*innen und Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf, die zur Beauftragung dieser Einrichtung erforderliche gesetzliche Grundlage zu schaffen. Vermieter*innen müssen alle 10-Jahre den Zustand des Mietobjekts vor einer unabhängigen und mit der Aufsicht und Vergabe von Prüfsiegeln beauftragten Einrichtung nachweisen.  Entspricht dieser nicht der aktuellen Rechtslage, insbesondere der gebotenen Instandhaltungen und energetischen Sanierungen, ist der TÜV zu verweigern. Für diesen Fall soll ein Zweckentfremdungsverbot nach Hamburger Vorbild (Hamburgisches Wohnraumschutzgesetz) greifen. Die Aufsichtsbehörde kann demnach die Sanierung der Wohnung treuhänderisch auf Kosten der Eigentümer*innen vornehmen. Das Umlageverbot bei unangetasteter Gewinnsubstanz bleibt unberührt.

 

Wohnungs- und Mietenkataster und Transparenzregister

 

Die geringe öffentliche Kontrolle beim Erwerb und Verkauf von Immobilien, machen Berlin seit längerem zu einem attraktiven Ort für Geldwäsche.

 

Gleichzeitig basieren viele gesetzliche Regelungen auf der sog. ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Streit um ihre Höhe prägt eine Vielzahl von Mieterhöhungs- und Mietpreisbremsenverfahren. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird in der Regel über Mietspiegel abgebildet, die Erstellung methodisch ausbaufähig ist und häufig angegriffen werden.

 

Um den Mangel an Informationen über Wohnraum, sei es Eigentümer*in, wirtschaftliche Berechtigte, oder Miethöhen zu beseitigen, fordern wir die Einführung eines Wohnungs- und Mietenkataster. Dieses soll für jede Immobilie die Eigentums- und Berechtigungsverhältnisse, den Bestand an Mietwohnungen und die vereinbarten Miethöhen samt Nebenabreden erfassen.

 

Milieuschutzberatung und Finanzierungsagentur

 

Milieuschutzgebiete sind ein baurechtliches Instrument der Stadtentwicklung. Vorrangiges Ziel ist es die Sozialstruktur, also die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, in einem bestimmten Gebiet zu erhalten.

 

Wird eine Immobilien in einem Milieuschutzgebiet verkauft, so hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht. Er kann innerhalb von zwei Monaten selbst oder zu Gunsten Dritter in den Kaufvertrag eintreten. Der*die Kaufende kann einen Vorkauf mittels einer Abwendungsvereinbarung verhindern. Im Gegenzug werden bestimmte Auflagen vereinbart. Beispielsweise dürfen für eine bestimmte Zeit lang keine Sanierungen oder Umwandlungen in Eigentumswohnungen durchgeführt werden.

 

In der Praxis herrscht ein enormes Kräfteungleichgewicht zwischen Mieter*innen und Bezirk gegenüber Käufer*innen und Verkäufer*innen. Einerseits liegen aufgrund des überhitzten Marktes die Kaufpreise deutlich über dem Verkehrswert der Objekte, andererseits muss das Vorkaufsrecht innerhalb einer vergleichsweise kurzen Frist gezogen werden, wobei die Finanzierung des Vorkaufs sichergestellt sein muss. Wir fordern daher weiterhin, dass sich die SPD auf allen Ebenen für eine Preislimitierung beim Vorkauf von Immobilien in Milieuschutzgebieten einsetzt.

 

Zusätzlich fordern wir die Einführung einer Milieuschutzberatung. Betroffene Mieter*innen sollen vom Bezirk aktiv über die Situation und die Möglichkeiten eines Vorkaufs informiert werden. Ziel ist es, dass nicht nur die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, welche oft nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten entscheiden, ob sie in den Kaufvertrag eintreten, miteinbezogen werden. Stattdessen soll auch auf die Möglichkeit durch den Erwerb durch andere, gemeinwohlorientierte Dritte hingewiesen werden.

 

Der Senat soll die Überführung von Objekten in Milieuschutzgebieten in die Hände der Mieter*innen oder gemeinwohlorientierte Akteur*innen durch Fördermaßnahmen unterstützen, beispielsweise indem günstige Darlehen gewährt werden.

 

Ein Vorkaufsrecht für einzelne Wohneinheiten

 

Zudem sollten Mieter*innen von Einzelwohnungen ein über § 577 Abs. 1 BGB hinausgehendes Vorkaufsrecht erhalten. Vermieter*innen werden in dem Rahmen verpflichtet Mieter*innen vor Verkauf der Wohnung das Mietobjekt zu einem angemessenen Preis anzubieten. Angemessen ist der Preis, wenn er den Verkehrswert der Wohnung nicht übersteigt. Als Einzelwohnungen gelten alle Mietwohnungen, die sich im Privateigentum des* der Vermieter*in befinden und keine zusammenhängenden Wohneinheiten darstellen bzw. als zusammenhängende Wohneinheiten an unterschiedliche Dritte zum Verkauf angeboten werden sollen. Das Vorkaufsrecht kann unbeschadet des Milieuschutzes auch an staatliche Stellen abgetreten werden, und von diesen zugunsten der Mietenden im Rahmen der Erbpacht ausgeübt werden. Entsprechende Mittel insbesondere für sozial bedürftige sollen in den Haushalt eingestellt werden. Diese Maßnahmen sollen insbesondere Verdrängungseffekten entgegenwirken.