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Antrag 133/I/2020 Ein Untersuchungsausschuss zum rechten Terror in Neukölln

30.09.2020

Der Landesvorstand wird aufgefordert, im Wahlprogramm und bei den Koalitionsverhandlungen für die kommende Legislaturperiode (19. Wahlperiode) einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum jahrelangen rechten Terror in Neukölln einzurichten, der auf den Ergebnissen der vom Senat zu diesem Thema neu eingesetzten Ermittlungskommission bei Justiz und Polizei basiert.

 

Antrag 228/I/2020 EU-Landwirtschaftspolitik

30.09.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Mitglieder in der Bundesregierung sowie die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament werden aufgefordert, mittelfristig den Systemwechsel in der Gemeinsamen Agrarpolitik unter folgenden Gesichtspunkten durchzusetzen:

 

  • weitgehend herbizit- und pestizidfreie Landwirtschaft z. B. durch Umpflügen des Bodens
  • minimaler Einsatz von Düngemitteln
  • artgerechte Tierhaltung und artgerechter Lebendtransport
  • Erhalt der Artenvielfalt im ländlichen Raum
  • Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte in Hand von bäuerlichen oder handwerklichen Betrieben
  • Förderung kleiner, bäuerlicher, unternehmergeführter Betriebe
  • nachhaltige Landwirtschaft mit jährlichen Fruchtwechseln statt Monokulturen

 

Die Förderung muss umgestellt werden von den bisherigen ungelenkten Direktsubventionen pro Fläche auf eine Förderung der Bauern für die Erbringung öffentlicher Leistungen wie Gewässer-, Bestäuber- oder Klimaschutz entsprechend den Forderungen einer nachhaltigen Landwirtschaft. Dies ist unerlässlich, um dem Ziel der GAP, die Landflucht zu stoppen, näher zu kommen. Notwendig zur erfolgreichen Umsetzung einer nachhaltigen Landwirtschaft ist ein wirksames Kontroll- und Sanktionssystem für das ebenso Geld bereitgestellt werden muss, wie für die Förderung der Landwirtschaft insgesamt.

 

Ferner darf sich Europa nicht länger für ungezügelten Freihandel im Agrarsektor einsetzen. Ungleichgewichte der Akteure auf dem Weltmarkt wegen Subventionen führen zur Vernichtung von kleinbäuerlichen Existenzen im Afrika südlich der Sahara. Sie erzeugen Armut, eine schlechte Versorgungslage und verstärken so als weitere Fluchtursache die Land-Stadtflucht und Migrationsbewegungen. Fairer Handel hingegen erlaubt diesen Ländern nicht nur Zölle, sondern darüber hinaus Einfuhrverbote für bestimmte Produkte. Anders sind beispielsweise tiefgefrorene Fleischreste nicht von funktionierenden landwirtschaftlich geprägten Ökonomien des globalen Südens fernzuhalten.

Antrag 225/I/2020 Europapolitik vorantreiben!

30.09.2020

Die Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten ist für uns keine Option. Daher fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion auf, sich für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten europapolitischen Ziele mit Vehemenz in der zweiten Hälfte der Wahlperiode einzusetzen. Insbesondere gehören dazu im Sinne einer Fortentwicklung der europäischen Integration:

 

  • eine verstärkte Demokratisierung der europäischen Entscheidungsprozesse mit einem gestärkten Europäischen Parlament,
  • der Ausbau der europäischen Investitionsprogramme – auch zur Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung in den verschiedenen Regionen Europas,
  • eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Europa durch die Revision der Entsenderichtlinie und einen europäischen Rahmen für Mindestlohnregelungen,
  • ein Investitionshaushalt für die Eurozone,
  • eine überzeugte proeuropäische Antwort der Bundesregierung auf die Initiativen für Europa des französischen Staatspräsidenten,
  • die Bekämpfung der populistischen Strömungen, die eine Renationalisierung der EU anstreben und gegen Grundwerte der EU von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstoßen und
  • eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz international einzunehmen und für eine ambitionierte Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens einzutreten.

 

Antrag 17/I/2020 Servicegesellschaften abschaffen – Tarifbindung stärken!

30.09.2020

Immer mehr Unternehmen nutzen die Möglichkeit der Ausgründung von Dienstleistungen und Personalkosten. Ziel ist die Reduktion von Kosten und eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes.

 

Im Krankenhausbereich setzte durch den steigenden Kostendruck bereits in den 80er Jahren eine massive Ausgliederungswelle ein. Durch die Fremdvergabe bestimmter Leistungen konnten bereits Kosten gesenkt werden. Um auch noch die Umsatzsteuer einzusparen, gibt es die Möglichkeit der Gründung einer Servicegesellschaft unter der Voraussetzung einer umsatzsteuerlichen Organschaft i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Das heißt vereinfacht, dass der*die Träger*in in finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Form an der Servicegesellschaft beteiligt ist, also in gewisser Weise einen Unternehmenszweig gründet.

 

Durch die Ausgliederung von bestimmten Dienstleistungen in Tochterunternehmen oder Servicegesellschaften kann die Tarifbindung des Ursprungsunternehmens umgangen werden. Damit verschlechtern sich meistens die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Zum einen besteht für die Träger*innen Spielraum bei der Befristung von Verträgen. Beschäftigte in Servicegesellschaften haben häufig befristete Verträge und werden am Ende der Befristung gekündigt. Sie arbeiten zu deutlich niedrigeren Löhnen als Beschäftigte im Hauptbetrieb. Auch bei Urlaub, Weihnachtsgeld und Schichtzulagen kann das Unternehmen in Servicegesellschaften Geld sparen. Dadurch entsteht zwischen Beschäftigten, die innerhalb eines Betriebes zu unterschiedlichen Bedingungen arbeiten, Frust und Entfremdung. Das erschwert auch eine Organisation von Arbeitnehmer*innen in Gewerkschaften.

 

Die SPD hat in Berlin bereits die Rückführung der Servicegesellschaften von Charité, Vivantes und BVG beschlossen. Doch in Berlin arbeiten noch viele Arbeitnehmer*innen unter prekären Bedingungen in Servicegesellschaften von Stiftungen, Krankenhäusern, Altenheimen und anderen Unternehmensformen.

 

Wir fordern daher:

  • Verbot der Ausgründung von Dienstleistungen in Servicegesellschaften
  • Abschaffung der steuerlichen Anreize zur Ausgründung von Dienstleistungen in Servicegesellschaften (Umsatzsteuer)
  • Stärkung der Tarifbindung durch die Einführung der unternehmerischen Einheit zwischen Mutterunternehmen und Ausgründungen
  • Rückführung von allen Servicegesellschaften kommunaler Unternehmen und Gesellschaften unter Berücksichtigung der Erfahrungsstufen der Beschäftigten bei Lohnverhandlungen und einer Arbeitsplatzgarantie für alle bisher bei den Servicegesellschaften beschäftigten

 

Antrag 149/I/2020 Presse- und Meinungsfreiheit und -vielfalt schützen – Soziale Medienplattformen nicht für Gewaltaufrufe missbrauchen!

30.09.2020

Am 14. August 2017 in Folge des G20-Gipfels in Hamburg wurde die Website  linksunten.indymedia vom Bundesministerium des Innern verboten. Das Verbot nach dem Vereinsrecht durch den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellte das erste Verbot einer “linksextremistischen Vereinigung” dar. Das Verbot basierte maßgeblich auf der Einschätzung des damals von Hans Georg Maaßen geführten Verfassungsschutzes, laut dem die gesamte Plattform als ‘verfassungsfeindlich’ einzustufen sei.

 

Das Verbot der Website halten wir für nicht gerechtfertigt. Das Bundesinnenministerium argumentierte in der Verbotsverfügung, dass die mutmaßlichen Betreiber*innen sich zu einem, den Strafgesetzen zuwiderlaufenden Zweck, zusammengeschlossen hätten. Ziel der Plattform sei die „Schaffung einer linken Gegenöffentlichkeit“, unter anderem durch die Veröffentlichung von Gewaltaufrufen und anderen verbotenen Inhalten. Deshalb habe das Betreiber*innenkollektiv eine Vereinigung gebildet, auf die das Vereinsrecht anwendbar sei. Die Betroffenen reichten gegen das Verbot der Plattform Klage ein und scheiterten damit im Januar 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Begründung des Gerichts lag darin, dass die mutmaßlichen Betreiber*innen als Einzelpersonen nicht klageberechtigt seien. Um im Prozess klageberechtigt zu sein,  müssten sie sich laut Gericht als Mitglieder des mutmaßlichen Vereins bekennen, was vor dem Hintergrund der damit zusammenhängenden drohenden Strafverfolgung unmöglich erscheint. Die bisher laufenden Verwahren gegen die fünf Betroffenen wurden aufgrund des Mangels an Beweisen eingestellt. Auf eine materielle Prüfung der Vorwürfe verzichtete das Gericht ausdrücklich.

 

Linksunten.indymedia war eine Open-Posting-Plattform, das heißt, jede*r konnte dort eigene Inhalte anonym veröffentlichen. Die Inhalte umfassten größtenteils linke Theoriedebatten, Demonstrationsaufrufe und antifaschistische Recherchen, die auch von traditionellen Medien als Grundlage ihrer Berichterstattung genutzt wurden. Deshalb stellt linksunten.indymedia keine Vereinigung mit verbotenem Zweck, wie der Veröffentlichen von z.B. Gewaltaufrufen, sondern eine publizistische Plattform dar, die im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags zu behandeln und durch die Pressefreiheit geschützt ist. Wir sehen in dem Verbot von linksunten.indymedia somit einen schweren Eingriff in die Meinungs- und Pressefreiheit, da damit durch eine fragwürdige Berufung auf das Vereinsrecht eine journalistische Plattform durch die Hintertür  verboten wird.

 

Einzelne Beiträge auf der Plattform mögen als verfassungsfeindlich einzustufen sein. Allerdings wurde gegen diese nicht einzelnen juristisch vorgegangen und die unterstellte Strafbarkeit somit nicht durch ein Gericht festgestellt – stattdessen wurde einfach die gesamte Plattform verboten.

 

Das Verbot war unmittelbar aus den Vorfällen bei G20 motiviert. Dies ist beunruhigend, da somit die Presse- und Meinungsfreiheit aus politischem Kalkül eingeschränkt wird. Die Argumentation des Bundesinnenministerium fußt dabei darauf, dass die Betreiber*innen diese verfassungsfeindlichen Inhalte nicht entfernten. Da allerdings keine Aussagen darüber vorliegen, wie groß der Anteil dieser mutmaßlich verfassungsfeindlichen Beiträge auf der Plattform war, schafft der Fall linksunten.indymedia einen besorgniserregenden Präzedenzfall. Basierend auf der Argumentation, dass einzelne mutmaßlich verfassungsfeindliche Beiträge auf einer Plattform ausreichen, um diese zu verbieten, müssten konsequenterweise auch andere Plattformen wie beispielsweise Facebook verboten werden, da dort regelmäßig Todesdrohungen und klare Bekenntnisse gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung publiziert werden. Die Argumentation zum Verbot von linksunten.indymedia ist insbesondere vor dem aktuellen gesellschaftlichen Hintergrund bemerkenswert. Während das Bundesinnenministerium fast 30 Jahre braucht um eine militante Neonazi-Organisation zu verbieten, reicht hier im Falle einer linken Plattform eine mehr als schwammige Argumentation. Wir stellen uns entscheiden gegen solch eine Instrumentalisierung des Vereinsrechts.

 

Wir sehen das Verbot von linksunten.indymedia daher als massiven Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit. Insbesondere sehen wir auch die dort angewendete Argumentation und Vorgehensweise, die Plattform über den Umweg des Vereinsrecht es zu verbieten, als höchst problematisch an. Denn dies öffnet die Tür dahingehend, dass auch in Zukunft kritische Portale selektiv mit Berufung auf das Vereinsrecht verboten werden könnten. Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und insbesondere der Bundesregierung auf, auf eine Rücknahme des Verbots der Plattform linksunten.indymedia hinzuwirken und so die Presse- und Meinungsfreiheit zu stärken.